SCHULE & POLITIK
21
1/2019 ·
lehrer nrw
werden soll, ist so ein Beispiel für eine aus
purer Not geborene Maßnahme.
Sinn und Zweck der Tarifverhandlungen
kann es jedoch nur sein, für alle in der TdL
zusammengeschlossenen Bundesländer
Vereinbarungen zu treffen, die den Lehrer-
arbeitsmarkt gleichermaßen attraktiv er-
scheinen lassen. Denn in fast allen Bun-
desländern herrscht Lehrermangel, vor al-
lem im Primar- und Sekundarstufe I-Be-
reich. Wenn nun jedes Bundesland auf sei-
ne Weise Versuche startet, anderen
Bundesländern Lehramtsabsolventen ab-
spenstig zu machen, dann spielen auf
Dauer die Ergebnisse dieser Tarifverhand-
lungen nur eine untergeordnete Rolle.
Wichtiger werden dann die besonderen
Vergütungsleistungen, die die einzelnen
Bundesländer ihren Beschäftigten gewäh-
ren.
INFO
Nach dem Auftakt der Tarifverhandlun-
gen am 21. Januar findet die zweite
Runde am 6./7. Februar 2019 in Pots-
dam statt, wo auch die dritte Verhand-
lungsrunde vom 28. Februar bis zum
2. März 2019 zu einem abschließenden
Tarifergebnis führen soll.
Aktuelle Infos erhalten
lehrer nrw
-
Mitglieder über unseren E-Mail-Vertei-
ler.
Foto: koldunova/AdobeStock
Als Arbeitgeber
attraktiver werden
Wenn man die finanzielle Situation der Bun-
desländer in den Blick nimmt, wird deutlich,
dass die sprudelnden Steuereinnahmen, die
neben einer Schuldentilgung noch weitge-
hende finanzielle Spielräume zulassen, In-
vestitionen in die Zukunft der Länder mög-
lich machen. Der öffentliche Dienst, der in
Zeiten der Finanzkrise mit moderaten Lohn-
abschlüssen zur Stabilität des Staates we-
sentlich beigetragen hat, sollte in dieser fi-
nanziellen Situation des Landes nun einen
Teil der Einkommensrückstände zu anderen
Branchen aufholen. Das wäre nur recht und
billig. Zudem geht es auch darum, im Ver-
gleich zu anderen Branchen als Arbeitgeber
attraktiver zu werden. Schließlich werben
alle Branchen einer Gesellschaft um die vor-
handenen Schul- und Hochschulabsolventen
gleichermaßen. Und wer da mit finanziell
besseren Perspektiven aufwarten kann, hat
per se einen Wettbewerbsvorteil.
Einkommensunterschiede
angleichen
Schließlich geht es bei diesen Tarifverhand-
lungen auch darum, innerhalb des öffentli-
chen Dienstes für gleiche Verhältnisse zu
sorgen. Die Abschlüsse für die Beschäftigten
bei Bund und Kommunen haben im vergan-
genen Jahr zu einem Ergebnis von 7,5 Pro-
zent geführt. Nicht nur der Einkommensun-
terschied von Bundesland zu Bundesland,
auch der Abstand zu den Beschäftigten bei
Bund und Kommunen ist inzwischen erheb-
lich und liegt bei über acht Prozent. Ein Lan-
desbeschäftigter mit einem Monatsentgelt
von 3000 Euro verdient somit zum Beispiel
etwa 240 Euro weniger als der Bundes-
oder Kommunalangestellte. Da ist eine For-
derung von sechs Prozent Entgelterhöhung
geradezu moderat.
Alle in der TdL zusammengeschlossenen
Bundesländer sind also gehalten, die dies-
jährigen Tarifverhandlungen mit größtmögli-
cher Umsicht zu führen. Die durch die Föde-
ralismusreform eingeleitete Zersplitterung
des Arbeitsmarktes im Öffentlichen Dienst
führt zwar zu mehr Wettbewerb, allerdings
auch mit dessen negativen Auswirkungen.
Ob das der politische Wille sein soll, müssen
die Bundesländer für sich entscheiden.
NRW muss sein
politisches Gewicht nutzen
Auch Nordrhein-Westfalen als größtes Bun-
desland der TdL sollte sein politisches Ge-
wicht dazu nutzen, um mit den Verbänden
und Gewerkschaften einen Tarifabschluss
herbeizuführen, der den übergeordneten
Zielen der Tarifgemeinschaft der Länder zur
Schaffung vergleichbarer Lebensverhältnisse
in allen Bundesländern Rechnung trägt,
gleichzeitig aber auch zur deutlichen Attrak-
tivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes
hierzulande, und damit auch des Lehrerar-
beitsmarktes im Land Nordrhein-Westfalen,
maßgeblich beiträgt. Denn hier gibt es auch
ein paar besondere altbekannte ’Baustellen’
wie zum Beispiel die Einführung der Paral-
leltabelle oder der Ausbau der Stufe 6.
Wer bei diesen Tarifverhandlungen nur auf
einen Minimalkonsens setzt, bringt damit
nicht nur seine geringe Wertschätzung für
die Arbeit und Leistung der Lehrkräfte dieses
Landes zum Ausdruck, sondern läuft auch
Gefahr, personell noch weiter ins Hintertref-
fen zu geraten. Wer jedoch seine Beschäftig-
ten an der aktuell guten wirtschaftlichen
Entwicklung teilhaben lässt, gibt ihnen ihren
angemessenen Anteil daran und damit auch
seine Anerkennung für ihren Beitrag zu die-
ser Entwicklung. »Wer will, der kann, wer
nicht will, der muss!« (Seneca)
Ulrich Gräler
ist stellv. Vorsitzender des
lehrer nrw
E-Mail:
Ugraeler@t-online.de