3Unter der Lupe
Salto mortale
15 Dossier
Die beschleunigte Abwärts-
spirale im deutschen
Bildungswesen
28 Recht§ausleger
Privat oder Staat
6Im Brennpunkt
Die Gewaltspirale
stoppen!
Kampf dem Lehrkräftemangel
Salto mortale
Pädagogik & Hochschul Verlag . Graf-Adolf-Straße 84 . 40210 Düsseldorf · Foto: AdoeeStock
1781 | Ausgabe 1/2023 | FEBRUAR | 67. Jahrgang
INHALT
lehrer nrw ·
1/2023
2
UNTER DER LUPE
Sven Christoffer: Salto mortale 3
BRENNPUNKT
Sarah Wanders:
Die Gewaltspirale stoppen! 6
JUNGE LEHRER NRW
Marcel Werner: Gut vorbereitet
in die Staatsprüfung 8
Hardi Gruner: Same procedure
as every Legislaturperiode? 9
SERIE HAUPTSCHULEN
Hauptschule Wegberg:
Positive Pädagogik 10
TITEL
Dramatischer Personalmangel 12
DOSSIER
Prof. Dr. Hans Peter Klein:
Die beschleunigte Abwärtsspirale
im deutschen Bildungswesen 15
SCHULE & POLITIK
Mitglied werden, Mitglied werben 19
Energiesparmeister gesucht 20
Digitale Fortbildungsoffensive
wird verlängert 21
Ulrich Gräler: Politischer Teufelskreis 22
FORTBILDUNGEN
Klassenführung und Achtsamkeit 24
BATTEL HILFT
Was haben Sie sich vorgenommen? 26
SENIOREN
Neues Jahr – neue Angebote 27
IT-Fortbildung für Senioren 27
Exkursion nach Essen im Juni 27
RECHT§AUSLEGER
Christopher Lange: Privat oder Staat 28
ANGESPITZT
Jochen Smets: Sonderposten
aus dem Horrorladen 30
HIRNJOGGING
Aufgabe 1: Tiere mit Geheimnissen
Aufgabe 2: Homophone
Aufgabe 3: Reisefieber 31
IMPRESSUM
lehrer nrw
– G 1781 –
erscheint sieben Mal jährlich
als Zeitschrift des
‘lehrer nrw’
ISSN 2568-7751
Der Bezugspreis ist für
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‘lehrer nrw’
im Mitgliedsbeitrag enthal-
ten. Preis für Nichtmitglieder
im Jahresabonnement:
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Herausgeber und
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lehrer nrw e.V.
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Redaktion
Sven Christoffer,
Ulrich Gräler,
Christopher Lange,
Jochen Smets,
Sarah Wanders,
Marcel Werner
Düsseldorf
Verlag und
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PÄDAGOGIK &
HOCHSCHUL VERLAG
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vom 1. Oktober 2021
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währ übernommen werden.
Namentlich gekennzeichnete
Beiträge geben die Meinung
ihrer Verfasser wieder.
Salto
mortale
Das Ministerium für Schule und Bildung hat
am 14. Dezember sein ’Handlungskonzept
Unterrichtsversorgung’ veröffentlicht.
Es gleicht in mehrfacher Hinsicht einem Salto mortale.
A
Als Kind habe ich mit großer Begeiste-
rung im Fernsehen die Serie ’Salto
Mortale’ verfolgt. Sie erzählt die Ge-
schichte einer Schweizer Artistenfamilie, den
’Flying Dorias’. Vater Carlo (unvergessen in die-
ser Rolle: Gustav Knuth) hält die Fäden der Fa-
milie in der Hand. Seine Kinder bilden die Tra-
peztruppe. Der jüngste Sohn Viggo (Hans-Jürgen
Bäumler) ist mit dem Dreifach-Salto, dem Salto
mortale, der Star der Gruppe. Gelingt die Drei-
fach-Rolle in der Luft, ist dem Artisten der
Applaus des Publikums sicher, misslingt sie,
können die Folgen katastrophal sein.
Spagat zwischen
Quantität und Qualität
Die Brücke zum ’Handlungskonzept Unterrichts-
versorgung’ ist schnell geschlagen: Schulminis-
terin Dorothee Feller steht vor der schwierigen
Aufgabe, 8000 unbesetzte Stellen schnellstmög-
lich besetzen zu müssen, gleichzeitig ist aber
unstrittig, dass dafür bei weitem nicht ausrei-
chend grundständig ausgebildete Lehrkräfte zur
Verfügung stehen. Deshalb setzt die Ministerin
auf den Seiteneinstieg. In der Tat ist die Situati-
on dergestalt, dass sich die Frage, ob wir ver-
mehrten Seiteneinstieg zulassen wollen oder
nicht, längst nicht mehr stellt. Ohne ihn wird es
nicht gehen. Umso wichtiger ist es daher, dass
diese Menschen intensiver als bisher qualifiziert
werden. Am Ende muss in der Regel das zweite
Staatsexamen stehen. Das sind wir der Unter-
richtsqualität schuldig und auch den Seitenein-
steigenden, die ansonsten aufgrund schlechter
Bezahlung und fehlender Aufstiegsperspektiven
zu einer großen Gruppe Berufsfrustrierter dege-
nerieren werden. Die Entscheidung, den Seiten-
einstieg für das Lehramt an Grundschulen zu
öffnen und mit einem berufsbegleitenden Vor-
bereitungsdienst zu verknüpfen, an dessen Ende
das zweite Staatsexamen steht, halte ich aus
diesen Gründen für folgerichtig.
Balanceakt zwischen
Gegenwartstristesse und
Zukunftsattraktivität
Unter der Überschrift ’Dienstrechtliche Maßnah-
men’ enthält das Handlungskonzept nicht weni-
ge Härten: So sollen (auch schulformübergreifen-
de) Abordnungen stärker genutzt und vorausset-
zungslose Teilzeitanträge intensiver geprüft wer-
den. Bei Rückkehr aus einer Beurlaubung oder
Freistellung ist zukünftig ein wohnortnaher Ein-
satz an einer Schule mit entsprechendem Bedarf
im Umkreis von bis zu fünfzig Kilometern zum
Wohnort vorgesehen. Damit wird der Einsatzra-
dius um fünfzehn Kilometer erweitert. Aus mei-
ner Sicht ist das ein völlig falsches Signal: Wie
soll der Lehrkräfteberuf für künftige Generatio-
nen attraktiver werden, wenn man ihn in der
Gegenwart noch unattraktiver macht? Das
Ministerium befindet sich in einer klassischen
Dilemmasituation: Einerseits scheint es der Auf-
fassung zu sein, dass sich die Unterrichtsversor-
gung nur sicherstellen lässt, wenn man zu oben
beschriebenen Härten greift, andererseits ist es
davon abhängig, dass sich aktuell mehr junge
Menschen als bisher für den Lehrerberuf ent-
scheiden, um die Unterrichtsversorgung der Zu-
kunft sicherzustellen. Die vom Ministerium im
Handlungskonzept angekündigte ’Informations-
und Werbekampagne für den Lehrerberuf’ droht
so jedenfalls ins Leere zu laufen.
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UNTER DER LUPE
von SVEN CHRISTOFFER
lehrer nrw · 1/2023
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UNTER DER LUPE
Rolle rückwärts
Manchmal lässt sich der Erfolg gewerkschaftlicher
Arbeit daran festmachen, dass man eigene Ziele
erreicht – so zum Beispiel bei der Anschaffung
dienstlicher Endgeräte für Lehrkräfte oder bei der
Anhebung der Eingangsbesoldung auf A13 –
manchmal muss man sich aber auch damit begnü-
gen, Schlimmeres verhindert zu haben. Als die Mi-
nisterin im Vorfeld den Verbänden, Gewerkschaften
und Hauptpersonalräten den Entwurf ihres Hand-
lungskonzeptes im Rahmen der vertrauensvollen
Zusammenarbeit vorgestellt hat, fand sich unter den
dienstrechtlichen Maßnahmen auch der Punkt ’Vor-
griffsstunde’. In den Diskussionsrunden war die Wel-
le des Widerstands jedoch groß, was letztlich dazu
geführt hat, dass das Ministerium von der Maßnah-
me (zumindest vorerst) Abstand genommen hat.
leh-
rer nrw
hat hier eine gute Rolle gespielt und unsere
stellvertretende Vorsitzende, Sarah Wanders, hat als
Personalratsmitglied für den HPR Realschule eben-
falls stringent und überzeugend vorgetragen.
Bruchlandung vermieden
Die Berichterstattung in der ’Westdeutschen Allge-
meinen Zeitung’ trifft es am Ende ganz gut: »Die
Lehrerverbände äußern sich zwar kritisch, aber sie
verteufeln die Maßnahmen zur Unterrichtsversor-
gung nicht. Schulministerin Feller hat in den vergan-
genen Monaten den Dialog mit den mächtigen Ver-
bänden gesucht und offenbar den richtigen Ton ge-
troffen. Das Paket muss man wohl als eine Art ’Deal’
verstehen. Das ’Gespenst’ der Mehrarbeit wurde ver-
trieben, dafür gibt es Abstriche bei der Teilzeit.« Viel-
leicht kein Dreifach-Salto, aber immerhin auch keine
Bruchlandung.
Sven Christoffer ist Vorsitzender des
lehrer nrw
sowie Vorsitzender des HPR Realschulen
E-Mail: christoffer@lehrernrw.de
Foto: AdobeStock/lisheng2121
Bruchlandung oder Applaus?
Welche Folgen das ’Handlungskonzept
Unterrichtsversorgung’ für den Lehrerberuf
haben wird, muss der Realitäts-Check zeigen.
lehrer nrw · 1/2023
6
BRENNPUNKT
Die
Gewaltspirale
stoppen!
Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst hat in
den letzten Wochen und Monaten eine erschreckende
Dimension erreicht. Nötig sind ein entschiedenes Vorgehen
gegen die Täter und wirksame Hilfsangebote für die Opfer.
I
In was für einem Land leben wir, in dem
Polizisten und Feuerwehrleute mit Feuer-
werkskörpern angegriffen werden, in dem
eine Lehrerin erstochen und ein Anschlag auf
ein Gymnasium in Essen geplant wird, in dem
einige Klimaaktivisten Angriffe auf Polizisten
mit Steinen und Molotow-Cocktails als legiti-
mes Mittel des Protests rechtfertigen? Das
kann und will ich nicht akzeptieren, als Bürge-
rin dieses Landes, als Mutter und als Lehrerin!
Solche Taten sind Angriffe gegen unsere De-
mokratie und als solche müssen sie auch ge-
wertet, unterbunden und geahndet werden.
Gewalt gegen Lehrkräfte
In der Ausgabe 4/2022 berichtete unser
Verband zum wiederholten Mal über dieses
Thema und mahnte an, dass wir dringend
eine Kultur des Hinsehens bei dieser Proble-
matik brauchen. Aber alleine das Hinsehen
durch Schulleitungen und Bezirksregierun-
gen reicht nicht aus. Hilfe zur Selbsthilfe
(Verweis auf den schulpsychologischen
Dienst, die Hotline des BAD, die Handrei-
chung der Bezirksregierung Münster) ist zu
wenig. Eine deutliche Rückendeckung für
die Kolleginnen und Kollegen, die im Zu-
sammenhang mit ihrer Arbeit Gewalt (psy-
chisch oder physisch) erfahren haben, ist
zwingend erforderlich, um auch ganz deut-
lich ein Signal zu setzen: Wir schauen nicht
weg, wir stehen an Ihrer Seite!
Entwicklungen im
vergangen halben Jahr –
Licht und Schatten
In der Gemeinschaftlichen Besprechung des
Hauptpersonalrates Realschule im Frühjahr
von SARAH WANDERS
Stopp! Bei Gewalt gegen Lehrkräfte und andere
Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes bedarf es nicht
nur starker Gesten, sondern entschlossener Maßnahmen.
November letzten Jahres
war Gewalt gegen Lehrkräf-
te ein Schwerpunktthema.
Der Hauptdezernent des
Dezernates 47 (Personal-
und Stellenangelegenhei-
ten), Marco Hübl, teilte den
Anwesenden mit, dass er als
Ansprechpartner für Kolle-
ginnen und Kollegen, die Ge-
walt erfahren haben, zur Ver-
fügung stehe. Des weiteren
hat die Bezirksregierung
Düsseldorf eine entspre-
chende Handreichung veröf-
fentlicht, welche auch direkt
den Link zu den Ansprech-
partnern enthält. Begleitend
hat der Bezirkspersonalrat
Realschule ein Personalrats-
Info in Form eines Plakates
’Vorgehensweise bei Straf-
taten im dienstlichen Zu-
sammenhang’ in Absprache
mit Marco Hübl entwickelt
und an alle Realschulen ver-
sandt. Denn jeder weiß: Kol-
leginnen und Kollegen befinden sich nach
einer Gewalterfahrung in einer absoluten
Ausnahmesituation. Hier ist schnelle Hilfe
gefragt. Zeit für langes Suchen im Internet
nach der richtigen Vorgehensweise oder
Ansprechpartnern bleibt nicht.
Nachholbedarf in Köln,
Münster und Detmold
Genau dieses Engagement wünscht sich
lehrer nrw
von allen Bezirksregierungen. Auf
Nachfrage des
lehrer nrw
-geführten Haupt-
personalrats Realschule bei den Bezirksper-
sonalräten Realschule stellte sich leider he-
raus, dass nur die Bezirksregierung Düssel-
dorf reagiert hat. In den Bezirksregierungen
Köln, Münster und Detmold gibt es nach wie
vor keine konkreten Ansprechpartner. Es wird
lediglich auf die Zuständigkeit des Dezernats
47 und fehlende personelle Ressourcen ver-
wiesen. Dies hat der HPR Realschule gegen-
über dem Schulministerium erneut moniert.
Steter Tropfen höhlt den Stein. Schulen bzw.
BRENNPUNKT
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Sarah Wanders ist stellv. Vorsitzende
des
lehrer nrw
E-Mail: wanders@lehrernrw.de
Foto: AdobeStock/ajr_images
Mit diesem Plakat informiert der Bezirks-
personalrat Realschule Düsseldorf über die Vorgehens-
weise bei Straftaten im dienstlichen Zusammenhang.
des vergangenen Jahres – seinerzeit noch
mit der damaligen Schulministerin Yvonne
Gebauer – sicherte diese zu, sich das ’Arns-
berger Modell’ anzuschauen, damit dieses
auf alle Bezirksregierungen übertragen wer-
den könne. In Arnsberg gibt es nämlich ei-
nen direkten Ansprechpartner bei der Be-
zirksregierung. Sie hat Wort gehalten, und
dieses Thema wurde in einer Dienstbespre-
chung von Vertretern des Ministeriums mit
den Dezernaten 47 der Bezirksregierungen
erörtert. Auch im Arbeitsschutzausschuss
auf Ministeriumsebene wurde das Thema
behandelt.
Sehr positiv lässt sich die Entwicklung im
Regierungsbezirk Düsseldorf bewerten. Bei
der Personalversammlung Realschule Ende
Kolleginnen und Kollegen können zusätzliche
Aufgaben, teilweise ebenfalls bedingt durch
fehlende personelle Ressourcen, auch nicht
mit dem Verweis auf fehlende Kapazitäten
ablehnen.
Gemeinsam gegen Gewalt
Die vergangenen Wochen sollten uns gelehrt
haben, dass Gewalt gegen Beschäftigte im
öffentlichen Dienst zunimmt und eine demo-
kratische Gesellschaft so etwas nicht einfach
hinnehmen darf.
lehrer nrw
wird in seinen
Anstrengungen, diesem Problem im Bereich
Schule entschieden entgegenzutreten, sicher-
lich nicht nachlassen. Wir werden uns bei
den politisch Verantwortlichen sowie über
unsere Personalratsmitglieder bei den Be-
zirksregierungen und im Ministerium für
stärkere präventive Maßnahmen und
Rückendeckung für Kolleginnen und Kolle-
gen einsetzen, die Gewalt erfahren haben.
lehrer nrw ·
1/2023
8
JUNGE LEHRER NRW
Marcel Werner ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft
junge
lehrer nrw
E-Mail: werner@lehrernrw.de
von MARCEL WERNER
Gut vorbereitet in
die Staatsprüfung
Am 16. Januar führte die Arbeitsgemeinschaft
junge lehrer nrw
gemeinsam mit Swiss
Life Select eine Fortbildung für die Lehramtsanwärterinnen und -anwärter in Nordrhein-
Westfalen durch. Die Veranstaltung gab Tipps zur Staatsprüfung für die angehenden
Lehrkräfte – von der Planung über die Vorbereitung bis zu Gesprächsstrategien.
Z
Ziel der Fortbildung war es, unseren Lehramtsan-
wärterinnen und -anwärtern einen Leitfaden an
die Hand zu geben, der ihnen hilft, sich optimal
auf den Prüfungstag vorzubereiten. Als Experten stan-
den Sarah Wanders, stellvertretende Vorsitzende von
lehrer nrw
und Mitglied des Hauptpersonalrats Real-
schule, sowie Hardi Gruner, Leiter des Referats Fachlei-
tungen im
lehrer nrw
, Rede und Antwort. Gruner ist
nicht nur Fachleiter, sondern auch Kernseminarleiter und
hat als solcher schon an vielen Prüfungen teilgenommen
und gleichzeitig jahrelange Erfahrung mit der Ausbil-
dung von Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern.
Tipps zur Vorbereitung
des Prüfungstages
Wir wählten für diese Veranstaltung bewusst das digi-
tale Format, so konnten viele angehende Lehrkräfte
aus dem ganzen Land nach ihrem Unterricht/Seminar
daran teilnehmen. Hardi Gruner erläuterte die Prü-
fungsordnung nicht nur aus der rechtlichen Perspekti-
ve, sondern gab den Teilnehmenden ebenfalls Tipps für
die Vorbereitung des Tages. Dazu gehörten auch banale
Dinge, wie eine Wegbeschreibung für die Prüfer oder
die ideale Lage des Raums für die Prüfungskommissi-
on. Denn eine gute Vorbereitung sorgt für Entspannung
am Prüfungstag. Gerade die 2. Staatsprüfung erzeugt
bei den Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern einen
enormen Druck, der durch die ruhige und besonnene
Art von Hardi Gruner genommen werden konnte.
Unsicherheiten abbauen,
Selbstsicherheit aufbauen
Die Fortbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer
konnten sich durch die Veranstaltung nicht nur ein Bild
vom Prüfungstag machen, sondern bekamen gleich ei-
nen Leitfaden für eine strukturierte Vorbereitung an die
Foto: AdobeStock/Martin Villadsen
Angst vor der
Staatsprüfung?
Wie die Vorbereitung
stressfreier und der
Prüfungstag erfolg-
reich gestaltet wer-
den können, erfuhren
die Teilnehmenden in
der Fortbildung von
lehrer nrw
.
Hand. Während der gesamten Veranstaltung gab es
immer wieder Raum zur Diskussion, was die Teilneh-
menden auch rege in Anspruch nahmen. So konnten
im gemeinsamen Gespräch Fragen geklärt und Unsi-
cherheiten abgebaut werden. In der Gruppe wurden
auch mögliche Prüfungsfragen durchgesprochen –
hier galt es ebenfalls, den Lehramtsanwärterinnen und
-anwärtern den Leistungsdruck zu nehmen und ihnen
Antworttechniken zu vermitteln. Weiterhin erhielten die
Teilnehmenden Einblick in Herangehensweisen an die
möglichen Fragen, zum Beispiel: »Wie gehen Sie als
Lehrkraft mit dem Thema Hausaufgaben um?«.
Angebot wird verstetigt
Letztlich lässt sich festhalten, dass es eine rundum
gelungene Veranstaltung war, die viel Zuspruch
unter den Lehramtsanwärterinnen und -anwärtern
gefunden hat und für den nächsten Durchgang
wiederholt wird. Denn uns als Verband ist es sehr
wichtig, die jungen Menschen, die sich für den
Lehrerberuf entscheiden, direkt von Beginn an zu
begleiten und zu unterstützen. Dies gilt umso
mehr, da die Zeiten für Lehrkräfte in der gesamten
Bundesrepublik immer herausfordernder werden,
der Lehrermangel immer dramatischer wird und
die Forderungen
der Ständi-
gen
Wissen-
schaftli-
chen Kom-
mission
der Kultus-
minister-
konferenz
(SWK) immer skur-
riler.
Same procedure as every
Legislaturperiode?
lehrer nrw
und das Netzwerk Fachleiter/innen NRW leisteten
im Düsseldorfer Landtag Überzeugungsarbeit für mehr
Wertschätzung und eine gerechtere Bezahlung für die Arbeit
der Fachleitungen im Rahmen der Lehrerausbildung.
D
Die Landesregierung startete im letz-
ten Jahr mit einem vielversprechen-
den Koalitionsvertrag. Entspre-
chend der Anpassung der Eingangsbesol-
dung für alle Lehrämter auf A13 sollte
auch die Besoldung der Fachleitungen an-
geglichen werden. Die Freude währte zu-
mindest kurz. Bei der nachfolgenden
’Roadmap’ zur Umsetzung des Abschnitts
des Koalitionsvertrags tauchte weder der
Begriff der Fach- noch der Schulleitungen
auf. Für diese Bereiche sei schlichtweg
kein Geld mehr da, war zu vernehmen.
Für länger aktive Fachleitungen kam
dies nicht ganz so überraschend, wurden
doch die Wichtigkeit ihrer Tätigkeit und die
Ungerechtigkeit im Rahmen der Besoldung
auch schon durch frühere Schulministerin-
nen wie Sylvia Löhrmann und Yvonne Ge-
bauer betont – dabei blieb es jedoch auch
immer. The same procedure as every Legis-
laturperiode!?
lehrer nrw
und Netzwerk
Fachleiter/innen NRW im
Schulterschluss
Damit geben sich die Fachleitungen jedoch
nicht mehr zufrieden. Das Netzwerk der
Fachleiter/innen NRW trat erneut an
lehrer
nrw
heran und bat um Unterstützung. Da
sich der Verband schon seit vielen Jahren
sehr aktiv für die Interessen der Seminar-
ausbilderinnen und Seminarausbilder ein-
setzt, erfolgte die positive Rückmeldung
durch den Verbandsvorsitzenden Sven
Christoffer postwendend. Am 23. Novem-
ber 2022 fand ein Gesprächstermin zwi-
schen Claudia Schlottmann (MdL, CDU,
Sprecherin des Ausschusses für Schule und
Bildung) sowie Wiebke Meyer, Ingo Thiele,
Hardi Gruner (Netzwerk Fachleiter/innen
NRW) und Sven Christoffer im Landtag
statt. Innerhalb des konstruktiven Gesprä-
ches fielen klare Worte. So konnte erneut
die herausfordernde Situation der Fachlei-
tungen der Lehrämter HRSGe, G und SF ver-
deutlicht werden. Der Schwerpunkt lag
hierbei auf den Themen der Besoldung und
Arbeitsbelastung im Verhältnis zu GyGe
und BK.
Beförderungsamt für
Fachleitungen gefordert
Ein Fokus liegt auf dem ’Projekt Seitenein-
stieg’ zur Bekämpfung des Lehrermangels.
Sollte dieses Vorhaben erfolgreich sein,
können gute und motivierte neue Kollegin-
nen und Kollegen zur Verfügung stehen.
Ihnen fehlen jedoch – bedingt durch das
nicht komplettierte Lehramtsstudium – gro-
ße Teile der Bereiche der Pädagogik, Didak-
tik und Methodik, also Schlüsselqualifika-
tionen eines professionellen Lehrens. Dies
zu kompensieren, stellt die nächste zusätz-
liche große Herausforderung für die Fach-
leitungen dar. Benötigt wird hierzu die
Möglichkeit einer Bestenauslese bei der
Besetzung der vielen offenen Stellen an
den ZfsL. Ein Schlüssel ist eine entspre-
chende Wertschätzung durch die vertrag-
lich angekündigte Anpassung der Besol-
dung über ein mit GyGe oder BK vergleich-
bares Beförderungsamt. Dies wäre ein
wichtiger Beitrag für das Gelingen des
’Projekts Seiteneinstieg’. Die Schulstatisti-
ken mögen ansonsten zwar stimmen, aber
auch die Qualität der Lehrkräfteausbildung
und damit des Unterrichts? Hardi Gruner
Referat Fachleitungen im
lehrer nrw
, Mitglied des
Netzwerks Fachleiter/innen NRW
Lobbyarbeit im Düsseldorfer Landtag für die Arbeit der Fachleitungen (v.l.):
Hardi Gruner, Ingo Thiele, Wiebke Meyer (Netzwerk Fachleiter/innen NRW) und
Sven Christoffer (
lehrer nrw
Vorsitzender).
JUNGE LEHRER NRW
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SERIE HAUPTSCHULEN
D
Den Wesenskern der ’Schule am
Grenzlandring’ bringen zwei Wörter
auf den Punkt: Positive Pädagogik.
Die schlichte, aber prägnante Formel, die
auf der Homepage zu lesen ist, fasst das
Konzept, mit dem die Wegberger Haupt-
schule erfolgreich ist, treffend zusammen.
»Jedes Kind hat Potentiale, die es zu entde-
cken gilt«, beschreiben Schulleiter Markus
Monjeamb und Konrektorin Angela Theißen
das Leitmotiv ihrer Arbeit. »Wir sind eine
kleine Schule, keine Bildungsfabrik – bei uns
kennt jeder jeden«, sagt Monjeamb. Auf 225
Schülerinnen und Schüler kommen 25 Lehr-
kräfte, vier Sonderpädagoginnen und -päda-
gogen und eine Schulsozialarbeiterin. Viele
Klassen haben eine doppelte Klassenlehrer-
Besetzung. Das erleichtert Beziehungsar-
beit, die an der Schule am Grenzlandring
intensiv gepflegt wird.
Stärken fördern – auch auf
unkonventionellen Wegen
»Wir schauen nicht auf die Defizite, sondern
auf die Stärken unserer Schülerinnen und
Schüler«, betont der Schulleiter. Die liegen
oft im praktischen Bereich – was auch un-
konventionelle Herangehensweisen nach
sich zieht. Da wäre zum Beispiel der Acht-
klässler mit Rechtschreibschwäche, der re-
gelmäßig tiefrot korrigierte Diktate und
Aufsätze produzierte. Ihn bat der Deutsch-
lehrer, dem Hausmeister beim Aufbau eines
Schrankes zur Hand zu gehen. Das tat der
Junge mit großem Elan – und lieferte an-
Arbeitsgemeinschaft mit Nadel und Faden: In der von Sonder-
pädagogin Beate Berger ins Leben gerufen Nähwerkstatt können sich Schüle-
rinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf kreativ entfalten.
Foto: GHS Wegberg
»Jedes Kind hat Potentiale, die es zu entdecken gilt«: Schulleiter
Markus Monjeamb und Konrektorin Angela Theißen vor einer von den Schülerinnen und
Schülern gestalteten Mottowand.
Foto: Smets
Positive
Pädagogik
Praktisches Lernen, das auch unkonventionelle Herangehensweisen zulässt,
ist zentraler Bestandteil im Konzept der Hauptschule Wegberg. Stark ist die
Schule ebenfalls im Bereich Inklusion und Integration.
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SERIE HAUPTSCHULEN
INFO
In Nordrhein-Westfalen gibt es (immer noch) rund 170 Hauptschulen, etwa 6100 Haupt-
schul-Lehrkräfte und 48000 Hauptschüler. Und doch bewegt sich die Hauptschule in der
öffentlichen Wahrnehmung und beim Image unter dem Radar. Aber gerade in Zeiten, da
Schlagworte wie Fachkräftemangel, individuelle Förderung oder Integration die (schul-)
politische Diskussion prägen, kann die Hauptschule ihre Stärken ausspielen. Höchste
Zeit also, die vermeintlich vergessene Schulform wieder stärker ins öffentliche Bewusst-
sein zu rücken.
lehrer nrw
tut dies mit einer Serie, in der wir in loser Folge Hauptschulen
vorstellen, die mit innovativen Konzepten und guter Arbeit erfolgreich sind.
Unterwegs in Sachen politische Bildung:
Eine Delegation der Hauptschule Wegberg besuchte das Europaparlament in Brüssel.
Foto: GHS Wegberg
schließend eine auch orthografisch ziemlich
solide Vorgangsbeschreibung ab. Offenbar
hatte das praktische Erleben gegenüber
einem eher abstrakten Aufsatzthema ein
tieferes Verständnis zur Folge.
Einem ähnlichen Ansatz folgt auch die
Nähwerkstatt, die Sonderpädagogin Beate
Berger ins Leben gerufen hat. Schülerinnen
und Schüler mit sonderpädagogischem För-
derbedarf nehmen an der kreativen Arbeits-
gemeinschaft teil. Das Erlernen praktischer
Fertigkeiten ist dabei eher ein Nebeneffekt –
viel wichtiger ist der kreative Prozess, der
Energie freisetzt und Selbstvertrauen
schafft. Solche Erfolgserlebnisse wirken
sich wiederum positiv im Schulalltag aus.
Deutschlehrer Marcel Robertz räumte im
Unterricht Platz für eine Schreibwerkstatt
ein. Er ermutigte seine Schülerinnen und
Schüler, eine Kriminalgeschichte zu Papier
zu bringen. Entstanden sind daraus acht-
zehn phantasievolle Kurzkrimis, die nicht
nur der Lehrer so spannend fand, dass da-
raus ein gedrucktes Buch entstand. Titel:
’Kriminalfälle der Klasse 7a’. Auflage:
50 Exemplare. Man muss kein Pädagoge
sein um zu ermessen, wie stolz die Jung-
Autorinnen und -Autoren waren, als sie ihr
eigenes Werk zwischen zwei Buchdeckeln
in Händen hielten.
Praktikum als Türöffner
»Wenn wir praktisch mit unseren Schülerin-
nen und Schülern arbeiten, laufen sie zu
Hochform auf«, unterstreicht Markus Mon-
jeamb. Nicht von ungefähr steht ’Schule für
praktisches Lernen und Berufsorientierung’
als Zusatz im Logo der Wegberger Haupt-
schule. Die vielfältigen praktischen Angebo-
te weiten nicht selten den Blick für berufli-
che Perspektiven. Das wird unter anderem
gefördert durch Berufsfelderkundungstage
in Klasse 8 sowie durch mehrwöchige Be-
triebspraktika in den Klassen 9 und 10. Ein
Berufsorientierungsbüro in der Schule bietet
den angehenden Absolventinnen und Absol-
venten Rat und Unterstützung. »Oft ist ein
Praktikum ein Türöffner«, weiß Monjeamb.
Bei der lokalen Wirtschaft hat sich die
Hauptschule einen guten Ruf erarbeitet –
das zeigt sich nicht zuletzt in einigen teils
langjährigen Kooperationen mit örtlichen
Unternehmen aus Handel und Handwerk
oder auch mit Banken.
»Wir sind eigentlich alle
Sonderpädagogen«
Stark ist die Schule am Grenzlandring auch
in den Bereichen Integration und Inklusion,
wo sie einen wertvollen gesellschaftlichen
Beitrag leistet. »Wir sind schon lange
Schule des gemeinsamen Lernens und
haben viel Erfahrung in diesem Bereich«,
berichtet Konrektorin Angela Theißen.
Aktuell weisen 27 Schülerinnen und Schü-
ler einen sonderpädagogischen Förderbe-
darf auf. Neben vier Sonderpädagog/innen
und einer Schulsozialarbeiterin können
viele Kolleginnen und Kollegen eine son-
derpädagogische Zusatzqualifikation vor-
weisen. Inklusion wird im Kollegium als
Gemeinschaftsaufgabe verstanden: »An
unserer Schule sind wir eigentlich alle
Sonderpädagogen«, bringt es Angela
Theißen auf den Punkt.
Aktuell gibt es an der Schule am Grenz-
landring zudem drei Willkommensklassen
für geflüchtete Kinder. Allein 33 Jungen
und Mädchen aus der Ukraine hat die
Schule aufgenommen. 16 weitere Kinder
und Jugendliche aus sechs verschiedenen
Ländern werden in der Erstförderung be-
schult. Viele von ihnen können in einigen
Fächern schon in den Regelunterricht inte-
griert werden.
Auch das ist ein ermutigendes Beispiel
für die wichtige Arbeit der Hauptschulen
im Allgemeinen und der Schule am Grenz-
landring im Besonderen. »Bei uns können
junge Menschen sich entwickeln und ihren
Weg gehen – ihren eigenen Weg«, betont
Markus Monjeamb. Jochen Smets
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12
TITEL
Dramatischer Personalmangel
Das Deutsche Schulbarometer hat ein grelles Schlaglicht auf
die Probleme an deutschen Schulen geworfen: Die repräsenta-
tive Umfrage der Robert Bosch Stiftung unter mehr als 1000
Schulleitungen zeigt Personalmangel als mit Abstand größte
Herausforderung an den Schulen, gefolgt von Themen wie
Digitalisierung, Bürokratie und eigener Arbeitsbelastung.
D
Deutschlands Schulen leiden unter
einem massiven Fachkräftemangel,
der alle anderen Sorgen und Pro-
bleme überlagert. Zwei Drittel (67 Prozent)
der Schulleitungen sehen im fehlenden pä-
dagogischen Personal die größte Heraus-
forderung für ihre Schule. An sozial be-
nachteiligten Standorten sagen dies sogar
80 Prozent. Erst mit großem Abstand nen-
nen sie weitere Themen wie die schlep-
pend vorankommende Digitalisierung, eine
schlechte technische Ausstattung (22 Pro-
zent), zu viel Bürokratie (21 Prozent) und
die hohe eigene Arbeitsbelastung (20 Pro-
zent). Die Corona-Pandemie und die damit
einhergehenden Maßnahmen beschäftigen
Foto: AdobeStock/corri seinger
Grafik: Robert Bosch Stiftung
TITEL
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hingegen nur noch jede zehn-
te Schule (9 Prozent). Das
geht aus dem am 18. Januar
veröffentlichten Deutschen
Schulbarometer der Robert
Bosch Stiftung hervor. Für die
repräsentative Umfrage, die
die Stiftung seit 2019 unter
Lehrkräften durchführen lässt,
hat forsa erstmals ausschließ-
lich Schulleitungen befragt.
Keine einfachen
Lösungen
»Für den Lehrkräftemangel
gibt es keine schnelle
Mangelerscheinung:
Unterrichtsausfall durch Lehrer-
mangel ist landauf, landab ein
Symptom des grassierenden
Lehrermangels.
ZENTRALE ERGEBNISSE AUF EINEN BLICK
1. Personalmangel ist die
größte Herausforderung
Zwei Drittel (67 Prozent) der Schulleitungen sehen
den Personalmangel als größte Herausforderung
an ihrer Schule. An Hauptschulen, Realschulen und
Gesamtschulen sind es sogar 73 Prozent.
2. Mehr Personal und weniger Büro-
kratie als wichtigste Maßnahmen
zur spürbaren Entlastung
41 Prozent der Schulleitungen geben an, dass
mehr Personal ihren Arbeitsalltag spürbar entlas-
ten würde. Mehr Leitungsstunden und eine gerin-
gere Unterrichtsverpflichtung (34 Prozent) sowie
die Einstellung von Verwaltungsassistenzen
(28 Prozent) bzw. insgesamt weniger Bürokratie
(25 Prozent) sehen die Schulleitungen als wichtigs-
te Maßnahmen.
3. Keine adäquate Unterstützung beim
Lernen und aktuelle Lernrückstände
Mehr als drei Viertel der Schulleitungen (78 Pro-
zent) meinen, dass sie einigen Schülerinnen und
Schülern nicht die adäquate Unterstützung beim
Lernen bieten können, die diese benötigen. Durch-
schnittlich 35 Prozent der Schülerinnen und Schü-
ler haben aktuell deutliche Lernrückstände.
4. Ziel verfehlt: Geringe Wirksamkeit
der Corona-Aufholprogramme
Eine positive Wirksamkeit der Corona-Aufholpro-
gramme sieht nur ein Drittel aller Schulleitungen
(32 Prozent). Insbesondere Schulen in sozial
schwieriger Lage und solche mit dem höchsten
Anteil an Schülerinnen und Schülern mit Lernrück-
ständen wurden von den Förderprogrammen nicht
erreicht (nur 23 Prozent und 25 Prozent sehen eine
positive Wirksamkeit).
5. Psychosoziale Versorgung von
Schülerinnen und Schülern
weiterhin unzureichend
Durchschnittlich gibt es an 69 Prozent der Schulen
Angebote der Schulsozialarbeit. 35 Prozent der
Schulen bestätigen, Unterstützung durch Schul-
psycholog/innen zu erhalten. Jedoch sagt die
Hälfte der Schulleitungen, die ein jeweiliges
Angebot an ihrer Schule haben, dass dennoch
der Bedarf nicht ausreichend gedeckt wird.
6. Traditionelle Prüfungspraxis kann
starke psychische Belastung für
Schülerinnen und Schüler sein
48 Prozent der Schulleitungen meinen, dass die
traditionelle Prüfungskultur und Benotungspraxis
eine starke psychische Belastung für die Schülerin-
nen und Schüler ist. Allerdings sagen nur sieben
Prozent aller befragten Schulleitungen, dass sie zu
diesem Thema gezielt Schulentwicklungsprozesse
angestoßen haben.
7. Hoher Fortbildungsbedarf zum
Umgang mit psychosozial belas-
teten Kindern und Jugendlichen
57 Prozent der Schulleitungen sehen Bedarf an
Fortbildungen zum Umgang mit psychosozial
belasteten Kindern. Fast die Hälfte (45 Prozent)
wünscht sich zu diesem Thema eine Supervision
bzw. ein Coaching. Fortbildungen zum Umgang
mit Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung
erachten 39 Prozent aller Schulleitungen als not-
wendig.
8. Beschulung von neu zugewander-
ten Schülerinnen und Schülern
häufiger in Schulen in sozial
schwieriger Lage
Seit März 2022 wurden an den Schulen fast ge-
nauso viele neu zugewanderte Schülerinnen und
Schüler aus anderen Ländern beschult wie ukraini-
sche Schülerinnen und Schüler (Anteil an der Ge-
samtschülerinnen-/Gesamtschülerzahl für beide
Zuwanderungsgruppen: 2,7 Prozent). Ukrainische
und insbesondere neu zugewanderte Schülerinnen
und Schüler aus anderen Ländern als der Ukraine
werden häufiger in Schulen in sozial schwieriger
Lage beschult (3,7 Prozent und 5,3 Prozent).
9. Ausreichende Förderung in
Deutsch für Neuzugewanderte
kann häufig nicht gewährleistet
werden
Mehr als die Hälfte der Schulleitungen (59 Pro-
zent) geht nicht davon aus, dass eine ausreichende
Förderung in Deutsch für Neuzugewanderte an
ihrer Schule gewährleistet werden kann.
10. Fast die Hälfte der Schulen kann
noch einzelne neu zugewanderte
Schüler:innen aufnehmen
Insgesamt haben 43 Prozent der Schulen noch
Kapazitäten für die Aufnahme weiterer neu zuge-
wanderter Schüler:innen. Allerdings sehen 26 Pro-
zent der Schulleitungen keine Kapazitäten mehr.
27 Prozent geben sogar an, bereits über ihrer Ka-
pazitätsgrenze zu arbeiten.
lehrer nrw · 1/2023
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TITEL
lehrer nrw
FORDERT
Lehrerberuf muss attraktiver werden
Aus Sicht von
lehrer nrw
legen die aktu-
ellen Ergebnisse des Deutschen Schulba-
rometers die Defizite des deutschen Bil-
dungssystems einmal mehr schonungslos
offen. Obwohl das Problem seit Jahren
bekannt ist, hat die Bildungspolitik beim
Problem des Lehrkräftemangels immer
noch nicht den Turnaround geschafft.
Der Lehrerberuf muss attraktiver werden,
lautet die Folgerung der Robert-Bosch-
Stiftung. »Dem schließt sich
lehrer nrw
vorbehaltlos an. Die NRW-Landesregie-
rung hat mit der schrittweisen Erhöhung
der Eingangsbesoldung nach A13 für alle
Lehrämter ein wichtiges und richtiges
Signal gesetzt – aber das kann nur ein
erster Schritt sein«, betont der Verbands-
vorsitzende Sven Christoffer. Aus Sicht
von
lehrer nrw
müssen zur nachhaltigen
Attraktivitätssteigerung des Lehrerberufs
vier Punkte Priorität haben:
Eine qualitativ hochwertige
Ausbildung
Eine zeitgemäße Ausstattung des
Arbeitsplatzes Schule
Fokussierung: Lehrkräfte dürfen sich
nicht weiter in Nebentätigkeiten oh-
ne pädagogischen Hintergrund auf-
reiben, sondern müssen sich auf ihr
Kerngeschäft – guten Unterricht –
konzentrieren dürfen.
Entbürokratisierung: Insbesondere
Schulleitungen verbringen einen
Großteil ihrer Arbeit mit aufwändigen
Dokumentationspflichten und ande-
ren administrativen Tätigkeiten, die
wenig mit guter Schule zu tun haben.
Zu guter Letzt: »Es geht nicht allein um
Geld, Ausstattung und Arbeitsbedingun-
gen, sondern um Wertschätzung für Lehr-
kräfte. Das kostet nichts und fehlt leider
trotzdem oft. Dies ist allerdings nicht
allein ein Appell an Politik und Dienst-
herren, sondern eine gesamtgesellschaft-
liche Aufgabe«, so Christoffer.
und vor allem keine einfache Lösung«,
sagt Dr. Dagmar Wolf, Leiterin des Be-
reichs Bildung der Robert Bosch Stiftung.
»Weniger bürokratischer Aufwand könnte
die aktuelle Personalnot an den Schulen
aber zumindest lindern, indem beispiels-
weise die Anstellung von Unterstützungs-
fachkräften in der Verwaltung, von päda-
gogischen Assistenzkräften oder ausländi-
schen Lehrkräften erleichtert wird. Gleich-
zeitig muss jetzt langfristig geplant wer-
den. Eine Erhöhung der Kapazitäten in
den Lehramtsstudiengängen reicht dazu
nicht aus. Der Lehrerberuf muss attrakti-
ver werden.«
Deutliche Lernrück-
stände trotz Corona-
Aufholprogrammen
Wie in den letzten Befragungen des Deut-
schen Schulbarometers sehen die Schulen
bei mehr als einem Drittel der Schülerin-
nen und Schüler nach wie vor einen deut-
lichen Lernrückstand (Schulleitungen im
November 2022: 35 Prozent, Lehrkräfte
im April 2022: 41 Prozent). An Schulen in
sozial benachteiligter Lage betrifft dies
sogar zwei Drittel der Kinder (65 Pro-
zent). Fast 80 Prozent der Schulen geben
zudem an, dass sie nicht allen Kindern
und Jugendlichen die benötigte Unter-
stützung beim Lernen bieten können.
Dementsprechend verzeichnet lediglich
ein Drittel (32 Prozent) eine Wirkung der
Corona-Aufholprogramme. Trotz der zwei
Milliarden Euro schweren Unterstützung
benötigt die große Mehrheit der Schullei-
tungen (70 Prozent) dringend weitere För-
dermittel. »Das Ziel, insbesondere sozial
benachteiligte Kinder und Jugendliche zu
unterstützen, wurde weit verfehlt, weil
alle Schulen über einen begrenzten Zeit-
raum Fördermittel nach dem sogenannten
Gießkannenprinzip erhalten haben. Das
zeigen die Ergebnisse des aktuellen
Schulbarometers mehr als deutlich«,
erläutert Wolf.
Kaum Kapazitäten für
weitere neu zugewanderte
Schülerinnen und Schüler
Seit März 2022 hat das deutsche Schulsys-
tem eine sehr hohe Zahl an geflüchteten
Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine
aufgenommen. Den Anteil an der Gesamt-
zahl der Schülerinnen und Schüler schät-
zen die Schulleitungen auf 2,7 Prozent.
Laut Deutschem Schulbarometer sind im
selben Zeitraum fast genauso viele neu
zugewanderte Schülerinnen und Schüler
aus anderen Ländern an die Schulen ge-
kommen. Rund die Hälfte der Schulen
sieht aktuell keine Kapazitäten mehr für
die Aufnahme weiterer Schülerinnen und
Schüler. Insbesondere Schulen an sozial
benachteiligten Standorten arbeiten be-
reits über ihrer Kapazitätsgrenze (45 Pro-
zent). Hier wurden neu zugewanderte
Schülerinnen und Schüler überdurch-
schnittlich häufig aufgenommen (Ukraine:
3,7 Prozent, andere Länder: 5,3 Prozent/
Anteil an der Gesamtzahl der Schülerin-
nen und Schüler).
INFO
Über das Deutsche
Schulbarometer
Das Deutsche Schulbarometer ist ei-
ne Umfrage der Robert Bosch Stif-
tung unter Lehrkräften an allgemein-
bildenden und beruflichen Schulen in
Deutschland. Für die aktuelle Ausga-
be wurden erstmals ausschließlich
Schulleitungen befragt. Die repräsen-
tative Stichprobe umfasste insgesamt
1055 Schuleiter:innen und wurde
zwischen dem 31. Oktober und dem
16. November 2022 als Online-Befra-
gung von forsa durchgeführt.
Die beschleunigte Abwärtsspirale
im deutschen Bildungswesen
Ursachen und Folgen der Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2021
und anderer aktueller Studien
Blickrichtung unten:
Der Bildungsforscher Prof. Dr.
Hans Peter Klein sieht die
Bildung in Deutschland
in der Abwärtsspirale
15
1/2023 · lehrer nrw
Ergebnisse des IQB-Bildungstrends-2021
Mit dem Bildungswesen in Deutschland ist es nicht
zum Besten bestellt. Das pfeifen die Spatzen längst von
den Dächern. Seit PISA 2000 und anderen IQB-Studien
sollte zwar vieles empirisch begleitet und dadurch bes-
ser werden. Das erweist sich nun als frommer Wunsch-
traum. Der kürzlich vorgestellte IQB-Bildungstrend 2021,
der auf der empirischen Ermittlung von Daten der
Kompetenzstufen in Mathematik und Deutsch am En-
de der vierten Klasse beruht, hat eine signifikante Ab-
nahme in allen Kompetenzbereichen nachgewiesen.1
Der Zeitpunkt der Erhebung war zwischen April und
August 2021 und beinhaltete eine Stichprobe von
26 844 Schülern in den 16 Bundesländern. Weder die
Optimalstandards, noch die Regelstandards und nicht
einmal die Mindeststandards werden von großen Tei-
len der Probanden erreicht. In der aktuellen Studie von
2021 erreichen oder übertreffen bundesweit nur noch
knapp 58 Prozent der Schülerinnen und Schüler im
Bereich Lesen, etwa 59 Prozent im Bereich Zuhören und
rund 44 Prozent im Bereich Orthografie den Regelstan-
dard, den Mindeststandard verfehlen knapp 19 Pro-
zent.1 In Mathematik erreichen oder übertreffen den
Regelstandard 54,8 Prozent, während rund 22 Prozent
nicht einmal den Mindeststandard erreichen. In Bay-
ern und in Sachsen fällt das Ergebnis signifikant
Foto: AdobeStock/SC-Photo
besser aus als in Deutschland insgesamt. In Bremen und
Berlin werden die Regelstandards seltener erreicht oder
übertroffen und die Mindeststandards häufiger verfehlt als
dies deutschlandweit der Fall ist.
1
In Brandenburg und NRW
fallen die Ergebnisse zum Erreichen der Regelstandards in
allen Kompetenzbereichen signifikant ungünstiger aus, das
Erreichen der Mindeststandards in zwei Kompetenzberei-
chen liegt deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt.
1
Vergleich der Ergebnisse der IQB-Bildungstrends
2011, 2016 und 20212, 3
Der IQB-Bildungstrend wurde nach 2011 und 2016 im fünf-
jährigen Turnus 2021 zum dritten Mal erhoben und lässt
auch Vergleiche über diesen Zeitraum zu. In Lesen, Ortho-
grafie und Rechnen fallen die deutschen Viertklässler im-
mer mehr zurück. Vergleicht man die aktuelle Studie mit
der von 2016, ist ein Bildungsabsturz festzustellen: Schülerin-
nen und Schüler erreichen in allen getesteten Kompetenz-
bereichen im bundesweiten Durchschnitt signifikant weni-
ger die Regelstandards und verfehlen in gleicher Deutlich-
keit die Mindeststandards. Nur in Bremen, Hamburg und
Rheinland-Pfalz blieben die Ergebnisse relativ unverändert,
wenn auch auf deutlich unterschiedlichem Niveau. Ham-
burgs Bildungssenator Ties Rabe feierte dies bei der Vorstel-
lung als großen Erfolg seiner hanseatischen Bildungspolitik.
In der Tat ist Hamburg hinter Bayern und Sachsen auf Platz
3 vorgerückt. Die Aufstellung derartiger Rankings ist auch
aufgrund der Datenerhebung mehr als fraglich und wenig
aussagekräftig, wie die Leiterin der Studie, Petra Stanat, bei
der Vorstellung ausdrücklich betonte. Schließlich ist man in
Hamburg keinesfalls besser geworden, sondern weniger
schlecht als die anderen Bundesländer.
Interessant ist, dass im Vergleich zwischen 2011 und 2016
im Kompetenzbereich Lesen keine Veränderungen auftra-
ten. Lediglich im Bereich Zuhören und Mathematik erreich-
ten oder übertrafen 2016 weniger Probanden den Regel-
standard und etwas mehr verfehlten das Erreichen der Min-
deststandards. Geschlechtsbezogene Disparitäten spielten
dabei nur eine geringe Rolle.
Ein Blick auf die zuwanderungsbedingten Disparitäten
zeigt allerdings ein anderes Bild. Im Jahr 2021 haben rund
38 Prozent der Kinder einen Zuwanderungshintergrund.
Dies entspricht einem signifikanten Zuwachs von 14 Prozent
gegenüber 2011, wobei die Anteile für die ostdeutschen Län-
der zwischen 7 Prozent und 9 Prozent und in den anderen
Ländern zwischen 9 Prozent und 19 Prozent (Bremen) liegen.
Aus der Studie lässt sich ablesen, dass die zu beobachten-
den Kompetenzeinbußen in dieser Schülerpopulation in al-
len getesteten Kompetenzbereichen signifikant höher aus-
fielen, als bei den Schülerinnen und Schülern ohne Migrati-
onshintergrund. Mindeststandards werden insbesondere
dann nicht erreicht, wenn zuhause kein oder nur wenig
Deutsch gesprochen wird. Die Lernbedingungen dürften
durch die Corona-bedingten Maßnahmen des Fern- und
Wechselunterrichts diesen Trend verstärkt haben.
Das Fazit des IQB Trends 2021 lautet dann auch: »Die Er-
gebnisse des IQB-Bildungstrends liefern ein besorgniserre-
gendes Bild. Die negativen Trends sind erheblich und der
Anteil der Viertklässlerinnen und -klässler, die nicht einmal
die Mindeststandards erreichen, ist zu hoch. Im Jahr 2021
liegt dieser Anteil in Deutschland insgesamt zwischen gut
18 Prozent (Zuhören) und etwa 30 Prozent (Orthografie), wo-
bei die Anteile in einzelnen Ländern noch deutlich höher
sind. Es dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass solche Zah-
len nicht hinnehmbar sind.«
1
Die Folgen dieser Entwicklung werden für den einzelnen
und die Gesellschaft desaströs sein. »Das holen die Kinder nie
wieder auf«, äußerte sich der sonst eher zurückhaltende Kolle-
ge Olaf Köller, Vorsitzender der Ständigen Wissenschaftlichen
Kommission der Kultusministerkonferenz, in einem Interview
mit der Tageszeitung Die Welt.
4
Neben der Unfähigkeit zur
Berufsausbildung und der zu rechnenden Abschiebung in
den noch funktionierenden Wohlfahrtstaat wären weitere
wirtschaftliche und sozialpolitische Erosionen die Folge.
»Was bremst den Bildungsabsturz?«
Dies fragte die Wochenzeitschrift Die Zeit schon in ihrer Aus-
gabe Nr.28 vom 7. Juli 2022 nach Vorlage der Zahlen zu-
recht.
5
Die vier vorgestellten Individuallösungen Sportsgeist
beim Lesen, Lückenlose Aufklärung, Familienyoga gegen
Schulangst und Teamspiel als Taktik sicherlich nicht. Gerade
beim letzten Vorschlag einer Schulleiterin aus einer Brenn-
punktschule in einem Berliner Randgebiet geht es aus-
schließlich um die Teamarbeit ihres Lehrerkollegiums, der
Eltern, von Sozialarbeitern, der Polizei und vielen Akteuren
mehr. Hat hier nicht längst die Politik versagt, die derartige
Zustände überhaupt zulässt?
Die Frage, die sich hier zwingend stellt, ist die, wie es dazu
kommen konnte und ob überhaupt Abhilfe möglich ist.
Kann die Schule, kann guter Unterricht, können Lehrerinnen
und Lehrer, die die Förderung aller Schüler im Blick haben
müssen, bei einer solch extremen Heterogenität überhaupt
allen Schülern gerecht werden? Mit Binnendifferenzierung
ist es hier nicht getan. Wie konnte es die Politik es zulassen,
dass überhaupt Brennpunktschulen entstanden sind? Boo-
men nicht gerade Privatschulen, weil bildungsinteressierte
Eltern lieber in die Tasche greifen, um ihren Kindern die
bestmögliche Bildung in einem wohlhabenden Stadtteil
zukommen zu lassen? Denn längst ist bekannt, dass der
Wohnort und in den Großstädten die Wohngegend ent-
scheidend für den schulischen Erfolg sind. Schulen in Brenn-
punktgebieten müssen sicherlich andere Wege finden, um
ihren sozial benachteiligten Kindern wenigstens das Errei-
chen der Basiskompetenzen zu ermöglichen. Das ist traurig
genug, denn von Vermittlung einer grundlegenden, auf
Erziehung und Wissen basierten Bildung ist hier nirgends
mehr die Rede. Die Antworten sind daher vielfältig und
widersprüchlich zugleich und betreffen teils völlig gegen-
sätzliche pädagogische, didaktische, soziale bis hin zu
ideologischen Maßnahmen.
16 1/2023 · lehrer nrw
Was ist überhaupt guter Unterricht?
Auch diese Frage ist nicht nur in den Bildungswissen-
schaften nach wie vor umstritten. Finnland hat die Fä-
cher weitgehend abgeschafft, was dem Land in der
PISA-Studie ganz offensichtlich Spitzenplätze gekostet hat.
Auch in Deutschland haben sich zumindest in Teilen der
Schullandschaft reformpädagogische Ansätze der »Neu-
en Lernkultur« durchgesetzt, in denen die neue Lehrerrolle
die des Lernbegleiters sein soll und in der ein mehr offe-
ner Unterricht durch Selbstorganisation, problemlösendes,
forschendes und individuelles Lernen und anderes ge-
kennzeichnet ist. Dies gilt auch für die Ausbildung im
Referendariat in den meisten Bundesländern.
Auch hier sei die Frage erlaubt, ob diese Konzepte
durch Ergebnisse der Bildungsforschung empirisch
abgesichert sind. Auch diese Frage muss mit einem kla-
ren »Nein« beantwortet werden. Der Neuseeländer John
Hattie hatte schon 2008 in seiner weltweit viel beachte-
ten Metaanalyse der Funktion der Rolle des Lehrers als
Lernbegleiter (teacher as facilitator) eine klare Absage
erteilt.
5
In mehr als 50 000 untersuchten Einzelstudien
fanden sich dafür keine Belege, und es konnten nur ge-
ringe Effektstärken nachgewiesen werden. Demnach ist
ein vom Lehrer gesteuerter Unterricht (teacher as in-
structor) wesentlich effektiver.
6
Seine Untersuchungen
hat Hattie auch in den Jahren danach weiter durchge-
führt und es ist nicht zu grundlegenden Änderungen in
der Bewertung gekommen. Auch der dahinterstehen-
den konstruktivistischen Theorie erteilt Hattie eine klare
Absage: »Constructivism is a form of knowing and not a
form of teaching.« (a.a.O., S. 243). Auch Kirschner und
Kollegen kommen in ihrer Metastudie zum ähnlichen
Ergebnis: »Why minimal guidance during instruction
does not work. An Analysis of the failure of constructi-
vist, discovery, problem-based, experiential, and inqui-
ry-based teaching.«
7
Gerade Migrantenkinder ohne el-
terliche Unterstützung profitieren von einem durch den
Lehrer gesteuerten Unterricht deutlich mehr. John Hattie
äußerte sich dazu explizit in einem Interview von 2019
mit News4Teachers: »Es gibt nicht ’die’ Unterrichtsmetho-
den, die per se eine hohe Wirksamkeit haben«.
8
In
Deutschland wissen es selbsternannte Reformpädago-
gen besser. Nahezu der gesamte pädagogische Nach-
wuchs wird auf das selbstgesteuerte und selbstorgani-
sierte Lernen getrimmt. Die Ergebnisse sind jedenfalls
fatal und tragen vor allem zum Absturz lernschwäche-
rer Kinder aus bildungsfernen Schichten bei.
Ein Blick in die USA
Auch lohnt sich ein Blick in die Praxis in den USA, die
ebenfalls je nach Bundesland unterschiedlich ist. Allein
aus rechtlichen Gründen ist dort der Unterricht sowohl
an Schulen als auch an Hochschulen buchorientiert.
Alle Prüfungsaufgaben müssen die Inhalte des Buches
zum Thema haben. Die Schüler haben dadurch aber
die Möglichkeit, genau zu wissen, was in den Arbeiten
verlangt wird. Gerade lernschwächere Schüler können
nicht verstandene Kapitel durch Hausaufgaben und
vielfältiges Üben anhand vielfältiger Übungsaufgaben
wiederholen. Innerhalb von rund vierzehn Tagen wer-
den täglich jeweils die nächsten Seiten durchgenom-
men, und zum Abschluss eines jeden Kapitels wird ein
Test oder eine Arbeit über genau diese Seiten geschrie-
ben. Während des Halbjahres wird so nahezu das ge-
samte Buch »abgearbeitet«.
9
Der Vorteil liegt auf der
Hand. Alle Schülerinnen und Schüler wissen genau,
was zu tun ist. Die Mathematikbücher sind wie bei uns
in den 1970er Jahren so aufgebaut, dass sie vornweg
an einem ausführlichen Beispiel eine neue Aufgaben-
stellung und deren Lösung erklären. Danach folgt min-
destens eine ganze Seite mit vielen zu erledigenden
Übungsaufgaben, die nach und nach höhere Schwie-
rigkeitsgrade beinhalten. Ziel ist, die mathematische
Problemstellung und Lösung durch Üben zu festigen.
Schon das Wort ’Üben’ ist heutzutage aus den Schu-
len in Deutschland weitgehend verbannt. Dabei stellt
es die Grundlage einer jeden Kompetenz dar! Selbst-
verständlich gibt es im Unterricht ein gemeinsames
Lernziel. Jeder Schüler und auch die Eltern wissen ge-
nau Bescheid darüber, was inhaltlich verlangt wird
und können sich durch Erledigung der Hausaufgaben,
zusätzliches Üben oder auch Nachhilfeunterricht auf
die jeweiligen Inhalte fokussieren. Auch die Bewertung
ist interessant: Fünf Prozent Mitarbeit, fünf Prozent
Hausaufgaben und 90 Prozent Faktenwissen! Metho-
den wie Gruppenarbeit und Präsentationen: 0 Prozent.
Im Rahmen eines back to the basics ist man an vielen
High-Schools hier schon einen Schritt weiter als in
Deutschland und legt nach wie vor ein besonderes
Augenwerk auf die Vermittlung und das wiederholen-
de Abprüfen von grundlegenden Fachinhalten. Außer-
dem wird jedes Fach in vier unterschiedlichen Leis-
tungsstufen angeboten, sodass man sich erst einmal
selbst entsprechend seiner Vorkenntnisse einnorden
kann.
17
1/2023 · lehrer nrw
Prof. Dr. Hans Peter Klein ist
Präsident der Gesellschaft für
Didaktik der Biowissenschaf-
ten, hatte bis 2018 den gleich-
namigen Lehrstuhl an der
Goethe Universität Frankfurt
inne, ist Mitbegründer der Ge-
sellschaft für Bildung und Wis-
sen und war in den 80er und
90er Jahren Gymnasiallehrer am Städtischen Gym-
nasium in Rheinbach/NRW.
DER AUTOR
18 1/2023 · lehrer nrw
Auch die Amerikaner haben mit Zuwanderern und Teilen
der afroamerikanischen Bevölkerung durchaus ein Bil-
dungsproblem, indem es dort auf den Wohnort und den
Geldbeutel ankommt, ob man eine gute Bildung erhält.
Diese Entwicklung haben wir in Deutschland mittlerweile
auch, vor allem in den Städten. In teuren Gegenden liegen
die Migrantenanteile beispielsweise an einem Gymnasium
vor allem bildungsferner Schichten bei unter 10 Prozent, auf
der anderen Rheinseite in Köln-Kalk bei 85 Prozent, Tendenz
überall in deutschen Großstädten stark zunehmend. Für die
meist tabuisierte Frage, ob ein Bildungswesen für derartige
gesellschaftliche Entwicklungen eine Art Reparaturanstalt
darstellen soll, gibt es eigentlich nur eine klare Antwort: Das
kann Schule und können Lehrerinnen und Lehrer gar nicht
leisten, es ist vielmehr ein gesamtgesellschaftliches Pro-
blem.
Die Folgen
Was hat diese Entwicklung nun mit dem deutschen Schul-
wesen zu tun? Keineswegs sind dort Schritte unternommen
worden, den von niemandem mehr zu leugnenden Leis-
tungsverfall an allen deutschen Schulen zumindest zu ver-
langsamen oder zu stoppen. Gründe dafür gibt es viele. Erst
einmal werden die oben geschilderten Bildungsdefizite von
unten nach oben durchgereicht. Schon die Grundschule
muss sich mit einer kontinuierlich zugenommen Diversität
der Schülerleistungen ihrer Klientel auseinandersetzen. Als
Ergebnis reicht die Grundschule diese von ihr nicht mehr zu
bewältigende Leistungsdiversität an die weiterführenden
Schulen weiter. Selbst das Gymnasium ist davon betroffen.
Die Politik sonnt sich im zweifelhaften Licht der politisch ge-
wollten Verdopplung der Abiturientenzahlen im Vergleich
mit denen der 90er Jahre. Das geht nur über eine Absen-
kung der Leistungsanforderungen, wie viele Untersuchun-
gen speziell von schriftlichen Abiturarbeiten gezeigt ha-
ben.10 Das in den meisten Bundesländern mittlerweile gel-
tende Elternwahlrecht hat ein Übriges dazu getan. Trotzdem
sind auf subtilen Druck von oben die Noten im mittleren
Schulabschluss als vor allem auch im Abitur kontinuierlich
besser geworden, selbst in Corona-Zeiten, in denen man da-
von ausgehen kann, dass bis zu einem dreiviertel Jahr Lern-
rückstände entstanden sind. Nach dem mittleren Schulab-
schluss oder dem Abitur erreichen die Defizite die Ausbil-
dungsbetriebe oder die Hochschulen.11 Eine leistungsorien-
tierte Selektion und die darauf aufbauende Allokation –
einstmals das entscheidende Kriterium in einer gerechten
Zuweisung angestrebter Berufe und Mittelzuflüsse in einer
Demokratie – wird als Ausgrenzung bewertet. Spitzenämter
in der Politik werden mittlerweile wie im Mittelalter nach
Gruppenzugehörigkeit und nicht mehr nach Leistung verge-
ben. Ein fatales Zeichen, dass sich Leistung nicht mehr lohnt.
Einer neueren Studie des Instituts für Wirtschaft (IW) zufolge,
zeigt der Bildungsstand der europäischen Bevölkerung ins-
gesamt eine gute Entwicklung, außer in Deutschland, der
mittlerweile unterhalb des europäischen Durchschnitts
liegt.12 Dies wird – zeitlich versetzt – weitere wirtschaftliche
und gesellschaftliche Erosionen zur Folge haben.
Hinzu kommt, dass die im Rahmen der Ökonomisierung
erfolgte Umstellung auf Kompetenzorientierung die ehemali-
gen Bildungsinhalte nahezu pulverisiert hat. Von Bildung
und Wissen ist kaum noch die Rede. Am deutlichsten lässt
sich dies durch die allgemeine Reduzierung des Fächerka-
nons und seiner Inhalte in den Kultusministerien nach dem
Motto beschreiben: »Ist das Kompetenz oder kann das auch
weg?« Ursprünglich einmal als Grundlage einer Allgemein-
bildung für wesentlich befundene Fächer sind bereits ausge-
dünnt, nur noch rudimentär oder gar nicht mehr vorhanden.
Jetzt soll die Digitalisierung es richten. Jeder ältere Prakti-
ker wird über so viel Enthusiasmus nur müde lächeln. Die
Digitalisierung scheint von ihren Protagonisten als Allheil-
mittel wahrscheinlich auch gegen die oben erwähnten
Disparitäten wirksam zu sein. Dabei ist sie doch nur eine
Methode, mit der eigentlich die Inhalte verständlich den
Schülern vermittelt werden sollen. Die Digitalisierung ist
allerdings kein Bildungsinhalt an sich! Wo sie Vorteile zum
Verständnis einer Sache bringt, sollte sie natürlich einge-
setzt werden.
Das Schlusswort soll mein Kollege und Philosoph Konrad
Liessmann haben. Nach seiner »Theorie der Unbildung«
folgte der zweite Band »Geisterstunde – die Praxis der Unbil-
dung«, die die derzeitige Entwicklung auf den Punkt bringt:
»Wo Kompetenzen vermittelt, Tests ausgefüllt, im Team
geteacht, international verglichen und modular studiert
wird – dort ist die Praxis der Unbildung am effizientesten.«13
Quellen
1 Stanat, P., Schipolowski, S., Schneider, R., Sachse, K. A., Weirich, S. & Henschel,
S. (Hrsg.) (2022): IQB-Bildungstrend 2021. Kompetenzen in den Fächern
Deutsch und Mathematik am Ende der 4. Jahrgangsstufe im dritten
Ländervergleich. Waxmann.
2 Stanat, P., Schipolowski, S., Rjosk, C., Weirich, S., Haag, N. (Hrsg.) (2017): IQB-Bil-
dungstrend 2016. Kompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik
am Ende der 4. Jahrgangsstufe im zweiten Ländervergleich. Waxmann.
3 Stanat, P., Pant, H.A., Böhme, K., Richter, D. (Hrsg.) (2012): Ergebnisse des IQB-
Ländervergleichs 2011. Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern am
Ende der vierten Jahrgangsstufe in den Fächern Deutsch und Mathematik.
Waxmann.
4 Köller, Olaf im Interview mit der WELT vom 8. November 2022:
Das holen die Kinder nie wieder auf. https://www.welt.de/politik/deutsch-
land/plus241930689/Bildungskrise-Das-holen-die-Kinder-nie-wieder-auf.html
5 Schoener, J. (2022): Was bremst den Bildungsabsturz? DIE ZEIT Nr. 28
6 Hattie, John (2009): Visible Learning. A synthesis of over 800 Meta-Analyses
Relating to Achievement. S. 247f
7 Sweller, J., Kirschner, P., Clark, R. (2006): Why minimal guidance during
instruction does not work: An analysis of the failure of constructivist,
discovery, problem-based, experiential, and inquiry-based teaching.
Educational Psychologist 41(2), 75-86
8 Star-Bildungsforscher Hattie im News4teachers-Interview: »Es gibt nicht ‘die‘
Unterrichtsmethoden, die per se eine hohe Wirksamkeit haben« vom 30. April 2019
9 Klein, Hans Peter (2016): Vom Streifenhörnchen zum Nadelstreifen.
Das deutsche Bildungswesen im Kompetenztaumel. ZuKlampen, Springe
10 Klein, Hans Peter (2010): Die neue Kompetenzorientierung.
In: Journal für Didaktik der Biowissenschaften (F) 1, 1-8.
11 Klein, Hans Peter (2018): Abitur und Bachelor für alle.
Wie ein Land seine Zukunft verspielt. ZuKlampen, Springe
12 Geis-Thöne, Wido (2022): Bildungsstand der Bevölkerung im europäischen
Vergleich. Gute Lage, aber schwache Entwicklung in Deutschland,
IW-Report, Nr. 3, Köln
13 Liessmann, Konrad (2014): Geisterstunde. Die Praxis der Unbildung. Zsolany.
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1/2023 · lehrer nrw
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können sich eine Prämie verdienen.
E
Es gibt eine Menge guter Gründe, Mitglied im
lehrer nrw
zu sein. Eine exzellente Rechtsberatung, ein vielfältiges Fortbildungsprogramm,
umfangreiche Service- und Informationsangebote, ein XXL-Versicherungspaket und eine starke Gemeinschaft sind nur einige davon.
Nicht zu vergessen: Die ersten sechs Monate sind für Neu-Mitglieder beitragsfrei.
Bitte helfen Sie mit!
lehrer nrw
hat nun eine Mitgliederwerbeaktion gestar-
tet, bei der wir Sie um Mithilfe bitten möchten: Sie fin-
den in dieser Ausgabe ein Plakat, das die Vorteile ei-
ner Mitgliedschaft in unserem Verband herausstellt.
Bitte hängen Sie dieses Plakat am Schwarzen Brett
Ihrer Schule aus. Darüber hinaus geht die Bitte an
alle Vertrauenslehrerinnen und -lehrer, die ebenfalls
dieser Ausgabe beiliegende Karte zu entnehmen,
mit Ihrem Namen zu versehen und zusätzlich zum
Plakat am Schwarzen Brett zu platzieren. So kön-
nen Sie sich als Ansprechpartner für eventuelle
Neu-Mitglieder zu erkennen geben. Sollte es an
Ihrer Schule keine Vertrauensperson von
lehrer
nrw
geben, würden wir uns freuen, wenn Sie
sich an Ihre Kreisvorsitzende bzw. Ihren Kreis-
vorsitzenden wenden und sich bereiterklären,
diese Aufgabe zu übernehmen.
50 für 3: Holen Sie sich
Ihren Wunschgutschein!
Nicht zuletzt soll es sich auch für Sie lohnen,
wenn Sie Neu-Mitglieder für
lehrer nrw
wer-
ben. Darauf weist die Anzeige auf der letz-
ten Seite dieser Ausgabe unserer Verbands-
zeitschrift hin. Für je drei durch Sie neu
geworbene Mitglieder erhalten Sie einen
online einlösbaren Gutschein im Wert von
50 Euro, mit dem Sie sich einen persönli-
chen Wunsch erfüllen können. Wichtig ist
dabei nur, dass Ihr Name als Werber oder
Werberin auf dem Beitrittsformular des
Neu-Mitglieds vermerkt ist.
lehrer nrw · 1/2023
20
SCHULE & POLITIK
Energie-
sparmeister
gesucht
Die besten Klimaschutzprojekte an Schulen in Nordrhein-West-
falen werden im Rahmen des bundesweiten Energiesparmeister-
Wettbewerbs gesucht. Dieser ist mit insgesamt 50 000 Euro
dotiert. Bewerbungen sind bis zum 24. März möglich.
D
Der bundesweite Energiesparmeister-
Wettbewerb sucht wieder das beste Kli-
maschutzprojekt an Schulen. Ob Projektta-
ge, Schülerfirmen oder Windkraftmodelle:
Prämiert werden besonders effiziente, krea-
tive und nachhaltige Projekte aus jedem
Bundesland. Es winken Geld- und Sachprei-
se im Wert von 50000 Euro. Schülerinnen,
Schüler und Lehrkräfte aller Schulformen
und Altersklassen in Nordrhein-Westfalen
können sich bis zum 24. März 2023 auf
www.energiesparmeister.de bewerben.
Sonderpreis für
ehemalige Preisträger
Schulen, die schon einmal teilgenommen
haben oder sogar bereits Preisträger sind,
können sich ebenfalls bewerben. Die über-
zeugendste Weiterentwicklung vergangener
Projekte wird mit einem Sonderpreis für
langfristiges Engagement ausgezeichnet
und mit 1000 Euro belohnt. Der Energie-
sparmeister-Wettbewerb ist eine Aktion der
gemeinnützigen Beratungsgesellschaft
co2online und wird unterstützt durch das
vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Klimaschutz geförderte Projekt ’Online-
Klimaschutzberatung für Deutschland’.
Welche Schule wird Energie-
sparmeister in NRW?
Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 24. März.
Eine Jury mit Experten aus Politik und Ge-
sellschaft kürt daraufhin das beste Projekt
aus jedem Bundesland. Die Sieger erhalten
die Auszeichnung ’Energiesparmeister 2023’
sowie 2500 Euro Preisgeld. Außerdem gibt
es eine Patenschaft mit einem renommier-
ten Unternehmen aus der Region. Alle Lan-
dessieger haben zudem die Chance auf den
mit weiteren 2500 Euro dotierten Bundes-
sieg. Dieser wird per Online-Abstimmung
ermittelt. Neben Geld- und Sachpreisen wer-
INFO
Der Energiesparmeister-Wettbewerb (www.energiesparmeister.de) ist eine Aktion der
gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online, unterstützt durch das Projekt ’Online-
Klimaschutzberatung für Deutschland’ und gefördert durch das Bundesministerium für
Wirtschaft und Klimaschutz. co2online realisiert den Schulwettbewerb im 15. Jahr in Fol-
ge und vergibt jedes Jahr Preise im Gesamtwert von 50000 Euro an engagierte Schulen.
Foto: AdobeStock/Sukjai Photo
Klimaschutz beginnt im Kleinen:
Die besten Ideen und Konzepte von Schulen werden im
Rahmen des Energiesparmeister-Wettbewerbs prämiert.
SCHULE & POLITIK
21
1/2023 · lehrer nrw
den die Gewinner-Schulen mit der Paten-
schaft eines Partners aus Wirtschaft und
Gesellschaft belohnt. Die Paten unterstützen
ihren Energiesparmeister bei der Öffentlich-
keitsarbeit.
Vorbild für Klimaschutz
und Nachhaltigkeit:
Schule aus Essen
Landessieger des letzten Jahres ist das Gym-
nasium an der Wolfskuhle. Die Schule hat
die Jury mit ihrer Schülerfirma ’The Green
Club’ überzeugt. Die Mitglieder klären nicht
nur über Nachhaltigkeit auf, sondern setzen
sie auch direkt um, etwa mit veganem Fair-
Trade-Angebot im Schulkiosk, neuen Fahr-
radständern an der Schule oder eigenen
Anteilen an der Solargenossenschaft Essen.
Mit ihren Aktionen erreichen sie nicht nur
die Schulgemeinschaft, sondern aktivieren
auch viele andere Essener.
Digitale Fortbil-
dungsoffensive
wird verlängert
Die im Frühjahr 2022 gestartete Digitale Fortbil-
dungsoffensive für Schulleitungen und Lehrkräf-
te in Nordrhein-Westfalen wird für ein weiteres
halbes Jahr bis 30. Juni 2023 fortgesetzt. Damit
stehen Schulleitungen und Lehrkräften die Ange-
bote zur Unterstützung bei der digitalen Transfor-
mation weiterhin zur Verfügung. Darüber hinaus
wird den Schulen ein zusätzliches Fortbildungsbud-
get sowie ein zusätzlicher Pädagogischer Tag zur
Verfügung gestellt. Dies teilt das NRW-Schulministe-
rium mit.
Durch die Fortsetzung der Maßnahmen auch im
zweiten Schulhalbjahr haben die Schulen in Nordrhein-
Westfalen nun mehr Zeit, das umfängliche Angebot zu
nutzen und es in ihre schulischen Entwicklungsprozesse
zu integrieren.
Zusätzlich können registrierte Schulleitungen und
Lehrkräfte ab sofort auch auf eine umfangreiche E-Book-
Bibliothek zugreifen. Die Auswahl der Fachbeiträge und
Ratgeber für Schulleitungen ist inhaltlich auf das Online-
Kursangebot der Schulleitungsmaßnahme abgestimmt und
unterstützt daher die Weiterarbeit an der Schule. Registrier-
te Lehrkräfte erhalten mit der für sie bereitstehenden
E-Book-Bibliothek zusätzliche Unterstützung bei der Nut-
zung digitaler Medien im Unterrichtsalltag. Auch über die
Maßnahmen der Digitalen Fortbildungsoffensive hinaus sollen
die Schulen in ihrer weiteren Entwicklung unterstützt werden.
Alle öffentlichen Schulen und genehmigten Ersatzschulen
des Landes erhalten eine Fortbildungsbudget-Sonderzuweisung
in Höhe von jeweils 1000 Euro (Berufskollegs einschließlich der
Berufskollegs als Förderschule erhalten eine Fortbildungsbudget-
Sonderzuweisung in Höhe von jeweils 2000 Euro), die für das
Lehren und Lernen in der digitalen Welt einzusetzen ist. Insge-
samt stehen hierfür Mittel in Höhe von rund 5,8 Millionen Euro
zur Verfügung.
In Verbindung mit der Nutzung des Sonderbudgets sind die Schu-
len aufgefordert, einen Pädagogischen Tag zu planen. Dieser soll im
Nachgang zur Digitalen Fortbildungsoffensive durchgeführt werden
und für eine Standortbestimmung des Kollegiums bezüglich des
Lehrens und Lernens in der digitalen Welt genutzt werden. Mit den
Ergebnissen sollen die eingeleiteten Entwicklungen auf diesem wichti-
gen pädagogischen Feld beurteilt und fortgesetzt werden. Alternativ
kann das Sonderbudget für gezielte Maßnahmen an diesem zusätzli-
chen Pädagogischen Tag verwendet werden.
lehrer nrw · 1/2023
22
SCHULE & POLITIK
Die Politik braucht nicht nur den Willen, sondern vor allem
die Weitsicht und den Mut, um den Arbeitsplatz Schule
attraktiver zu gestalten und den Personalmangel im
Bildungsbereich nachhaltig zu bekämpfen.
D
Der Befund ist offenkundig, allerorten
schlägt der akute Fachkräftemangel
durch und bedroht die wirtschaftliche
Entwicklung. Nicht anders ergeht es dem öf-
fentlichen Dienst, der die Dienstleistung für
die öffentliche Daseinsvorsorge und damit
auch die allgemeinen Grundlagen für die
Funktionsfähigkeit ’der Wirtschaft’ sicher-
stellt. Als staatliches ’Zuliefersystem’, das
nicht den Prinzipien des freien Marktes und
damit der wirtschaftlichen Konkurrenz unter-
liegt, wurde der öffentliche Dienst deshalb
zumeist als Selbstverständlichkeit betrachtet,
der seine Beschäftigten aufgrund des Privi-
legs eines sicheren Arbeitsplatzes stets unter
dem Niveau vergleichbarer Stellen in der Pri-
vatwirtschaft entlohnen zu können glaubte.
Dramatischer Mangel an
pädagogischem Personal
Im Bildungs- und Erziehungsbereich, aber
nicht nur dort, wird dies derzeit mehr als
deutlich. Es finden sich viel zu wenig Be-
werber für fast alle Bildungsinstitutionen,
von der Kita bis hin zum Berufskolleg. Die
Folgen, die jahrelang durch Arbeitsver-
dichtung und -ausweitung aufgefangen
wurden, zu Lasten der Betroffenen, grei-
fen nun real in die Funktionsfähigkeit der
Systeme. Der Staat ist für alle spürbar
nicht mehr in der Lage, seinen Bildungs-
auftrag quantitativ und qualitativ so zu
erfüllen, wie es von Gesetzes wegen her
geboten wäre. Gleichzeitig gibt es sogar
massive Bestrebungen, den (außer-)schuli-
schen Bereich im Hinblick auf eine zuneh-
mende ganztägige Betreuung noch auszu-
weiten.
Alle Landesregierungen tun sich extrem
schwer, die missliche Lage des Bildungs-
systems zu beheben. Im Gegenteil, von
Legislatur zu Legislatur verschlimmert sich
die Lage zusehends. Die jeweils getroffe-
nen Maßnahmen greifen nicht oder zu
kurz. Und der Mut zu entschiedenen
Schritten fehlt bzw. kommt schnell ganz
abhanden, weil der politische Mitbewer-
ber dies ausnutzen könnte/würde, um
eigene politische Vorteile zu ’erobern’.
Ein Dilemma, das alle Landesregierungen
lähmt und deshalb zu dieser Abwärtsspi-
rale führt.
Bildungspolitische
Kurzatmigkeit
Doch wie kann es gelingen, in diesem poli-
tischen System der ’Kurzatmigkeit’ einer
Legislatur in zentralen gesellschaftlichen
Fragen wie der Bildung über den Zeithori-
zont von vier bis fünf Jahren hinaus Ent-
scheidungen auf den Weg zu bringen, die
uns aus dem Dilemma herausführen? Ein
einziges Mal in der Bildungspolitik der jün-
geren Vergangenheit hat es den Versuch
INFO
Einkommensrunde bei
Bund und Kommunen
Der Auftakt für die Tarifverhandlungen
zur Einkommensrunde 2023 für die Be-
schäftigten bei Bund und Kommunen
erfolgte bereits am 24. Januar 2023.
Für den weiteren Fortgang der Gesprä-
che wurden weitere Verhandlungster-
mine für den 22./23. Februar sowie den
27. bis 29. März 2023 vereinbart.
Foto: AdobeStock/bluedesign
von ULRICH GRÄLER
Kein Ausweg? Um den Personalmangel
im Bildungsbereich zu bekämpfen, verfällt
die Politik oft in kurzatmigen Aktionismus.
Doch das verschärft das Problem und löst
neuerlichen Aktionismus aus.
Politischer
Teufelskreis!
23
1/2023 · lehrer nrw
SCHULE & POLITIK
FALLBEISPIEL
Eine Erzieherin erklärt
ihre Kündigung
(Auszug):
»Der Moment, in dem ich mei-
ne Entscheidung getroffen ha-
be, war die Planung des neuen
Kitajahres. Mit unserem Perso-
nalschlüssel sollten wir in einer
Gruppe mit zwanzig Kindern
von zwei bis sechs Jahren
sechs Kinder unter drei Jahren
zur Eingewöhnung aufnehmen.
Und mir wurde klar: Das kann
ich so emotional nicht mehr
mittragen und das will ich
auch nicht mehr bedienen. Mit
pädagogischer Arbeit hat das,
was wir in den Kitas noch leis-
ten können, nichts mehr zu
tun. Wir betreuen und versor-
gen nur noch, kompensieren
und verwalten Mängel. Das
geht natürlich auf Kosten unse-
rer Gesundheit und der Freude
an der Arbeit. Vor allem aber
geht es auf Kosten der Kinder.
Man muss es klar so sagen:
Viele Kinderseelen leiden mitt-
lerweile in den Kitas. Sie müs-
sen funktionieren in einem
Takt, der überhaupt nicht ihren
Bedürfnissen entspricht. Sie
müssen das tun, weil auch ihre
Eltern funktionieren müssen
und wir Erzieher ebenfalls.
Aber es macht was mit ihnen.
Sie werden teilnahmslos,
schalten sich oft einfach ab,
gehen innerlich vollständig in
den Rückzug. Es gibt aber
auch das Gegenteil, nämlich
dass Kinder zeitweise aggres-
siv werden. Besonders die Ru-
higeren und Kleineren sind im
Nachteil, laufen einfach mit
und kommen oft zu kurz, die
Gruppen werden bestimmt
von den lauten und älteren
Kindern.«
Quelle: Neue Westfälische,
28. Dezember 2022
KOMMENTAR
Kein Pakt?
Die vergangenen Jahr-
zehnte haben gelehrt,
dass politisches Han-
deln in den gesamtge-
sellschaftlich relevan-
ten Bereichen sich
nicht zum parlamenta-
rischen Streit eignet.
Nicht umsonst arbei-
ten Regierung und
Opposition auf Bun-
desebene in diesen
Fragen fast durchweg
konstruktiv zusam-
men.
Auf Landesebene
gilt dieser Gemeinsinn
nicht bzw. zu wenig,
da es kaum politische
Profilierungsmöglich-
keiten von Gewicht
außerhalb der zentra-
len Aufgaben von Bil-
dung, Polizei und zum
Teil Finanzen/Steuern
gibt. Dies führt dann
dazu, dass diese Berei-
che mit wechselnden
Regierungen auch
stets den Wechselfäl-
len der politischen
Ausrichtung ausge-
setzt sind. Die Auswir-
kungen sind fatal und
werden zumeist zu
spät wahrgenommen.
Die Lösung kann
nur darin bestehen,
dass Regierung und
Opposition sich stärker
dem Gemeinwohl in
diesen zentralen Be-
reichen verpflichtet
fühlen.
Ulrich Gräler
Ulrich Gräler ist stellv. Vorsitzender des
lehrer nrw
E-Mail: graeler@lehrernrw.de
gegeben, diesen Teufelskreis zu durchbre-
chen und mit einem ’Schulkonsens’ in Nord-
rhein-Westfalen Ruhe in schulpolitische De-
batten zu bringen. Ein Versuch, der letztend-
lich gescheitert ist, weil zahlreiche Akteure
zum Teil zu fragwürdigen bzw. unlauteren
Mitteln des ’modernen’ Change-Manage-
ment gegriffen haben, um Verabredungen
aus dem Vertrag zu unterlaufen und damit
den politischen Mitbewerber zu hinterge-
hen. Vielfach und vielerorts ein heftiger
Schlag gegen die Prinzipien der demokrati-
schen Kultur.
Trendumkehr im
Trippelschritt?
Daher bleibt es wohl dabei, dass die jeweili-
ge Landesregierung nur mit ’Trippelschritten’
den Versuch unternehmen kann, eine Tren-
dumkehr herbeizuführen, die den Arbeits-
markt ’Schule’ derart attraktiv macht, dass
sich vermehrt Menschen für diesen Beruf in-
teressieren und ihn dann vielleicht ergreifen
wollen. Bei diesem Weg mit sich langsam
vortastenden Schritten wird die freie Wirt-
schaft jedoch stets die Nase vorn haben und
potenziell gute Bewerber ’wegschnappen’.
Eine echte Chance hätte der Staat nur,
wenn er sich attraktiver darstellt als die
Wirtschaft. Doch das gelingt nur, wenn die
Arbeitsbedingungen insgesamt als attrakti-
ver wahrgenommen werden. Die deutlich
höhere, für alle erkennbare Wertschätzung
durch die neue Eingangsbesoldung A13 ist
der erste, längst überfällige Schritt. Weitere
Verbesserungen auf dem Gebiet der kon-
kreten Arbeitswirklichkeit müssen folgen,
sonst wirkt auch eine höhere Besoldung
nicht.
Kipp-Punkt überschritten
Insofern war es klug, das derzeit vorhan-
dene Personal, das bereits die gravieren-
den Defizite vor Ort auffängt, im Rahmen
der Maßnahmen zur Sicherung der Unter-
richtsversorgung nicht mit noch mehr De-
putatsstunden zu belasten. Der Kipp-Punkt
zur Überlastung des Systems ist schon
längst überschritten. Stattdessen wären
jetzt Aufgabenkontrolle und -reduktion das
Gebot der Stunde, um über Qualitätsstei-
gerungen die Sinnhaftigkeit des eigenen
Erzieher- und Lehrerhandelns zu fördern.
Nur so kann ein höheres Maß an Zufrie-
denheit und damit eine neue Attraktivität
des jeweiligen Berufsbilds entstehen.
lehrer nrw · 1/2023
24
FORTBILDUNGEN
Klassenführung und Achtsamkeit
lehrer nrw
startet mit spannenden Fortbildungen ins neue Jahr. Am 20. April geht es zum Beispiel
um ’Effektive Klassenführung’, und am 2. Mai steht das Thema ’Achtsamkeit’ auf dem Programm.
Weitere Fortbildungs-Highlights der kommenden Wochen finden Sie in der Tabelle rechts.
Anmeldungen sind online möglich.
»Effektive Klassenführung – Maßnah-
menkiste, Zauberformel oder was?«
»Kein anderes Merkmal korreliert so eindeutig mit dem
Lernfortschritt wie die Klassenführung.«
(Helmke)
Wie gut eine Lehrperson ihre Klasse im Griff hat, dafür gibt es
zwar keine direkten Rezepte, die Forschung hat aber eine
Handvoll non-reaktiver Strategien des Unterrichtens ermittelt,
mit denen man ’Störungen’ nicht hinterherläuft, sondern ihr
Aufkommen vorbeugend verhindern bzw. reduzieren kann.
Anhand eines Impulsreferats sowie Workshop-Phasen, Fall-
besprechungen, dem kollegialen Austausch sowie Materialien
zum Thema erfahren die Teilnehmenden, wie effektive Klas-
senführung gelingen kann. Unser Referent Michael Felten war
35 Jahre Lehrer an einem Gymnasium in Köln. Er arbeitet heu-
te als Autor sowie in der Lehrerausbildung und als freier
Schulberater.
Referent: Michael Felten
Seminar-Nr.: 2023-0420
Ort: Leonardo Hotel Köln, Waldecker Straße 11-15,
51065 Köln
Termin: Donnerstag, 20. April 2023
Uhrzeit: 9:00 bis 16:00 Uhr
Kosten: 130 Euro für
lehrer nrw
-Mitglieder, 180 Euro
für sonstige Teilnehmer (inklusive Tagesverpflegung
und Getränken)
Anmeldung: online unter www.lehrernrw.de/lehrernrw-de-
fortbildungen/ lehrernrw-de-fortbildungsuebersicht/
Anmeldeschluss: 13. März 2023
»Stress lass nach –
bewusster Leben mit Achtsamkeit«
Uns geht häufig vieles im Kopf herum, wir machen uns Sorgen und tun
alles gleichzeitig. Doch wenn wir uns nicht auf das Hier und Jetzt ein-
lassen und konzentrieren können, dann geraten wir unter Druck. Was
uns helfen kann, ist es, achtsamer zu werden. Achtsam zu sein hilft uns,
unter anderem
unsere Warnsignale rechtzeitig zu erkennen, gut auf uns zu achten,
uns wertzuschätzen und damit gesund zu bleiben.
den Augenblick mehr zu genießen und zu entspannen.
ausgeglichener, gelassener und positiver gestimmt zu sein.
Im Workshop erfahren die Teilnehmenden einiges über die Hintergründe
und Wirksamkeit des Achtsamkeitstrainings und versuchen sich selbst in
konkreten Übungen.
Referentin ist die Diplom-Sozialpädagogin Yvonne Michel. In ihrer
Funktion als Fachkraft für Suchtprävention bei der Suchthilfe Aachen
beschäftigt sie sich mit den Themen Glück, Zufriedenheit, Achtsamkeit
und Resilienz.
Referentin: Yvonne Michel
Seminar-Nr.: 2023-0502
Ort: Leonardo Boutique Hotel, Oststraße 128, 40210 Düsseldorf
Termin: Dienstag, 2. Mai 2023
Uhrzeit: 9:00 bis 16:30 Uhr
Kosten: 130 EUR für
lehrer nrw
-Mitglieder, 180 EUR für sonstige
Teilnehmer (inklusive Tagesverpflegung und Getränken)
Anmeldung: online unter www.lehrernrw. de/lehrernrw-de-
fortbildungen/ lehrernrw-de-fortbildungsuebersicht/
Anmeldeschluss: 22. März 2023
Foto: AdobeStock/Kzenon
Lernerfolg und gutes Unterrichtsklima
sind Resultat effektiver Klassenführung. Wie das
gelingen kann, zeigt eine Fortbildung von
lehrer nrw
.
25
1/2023 · lehrer nrw
FORTBILDUNGEN
Seminar
Nr. Titel Kurzinhalt Referenten Wo Wann Uhrzeit
Gebühr
lehrer nrw-
Mitglied
Gebühr
sonst.
Teilnehmer
Anmelde-
schluss
2023-0314 Das Einmaleins des iPads In dieser Veranstaltung werden grundlegende Kompetenzen im Umgang
mit dem iPad vermittelt. Die konkreten Seminarinhalte decken die Berei-
che Anschlüsse, Gestensteuerung, Einstellungen, Tastatur, Kontrollzen-
trum, Dateien, AirDrop und werksseitig installierte Applikationen ab.
Moritz Becker
und
Piotr Wysluch
Realschule Kastanienallee
Raum 41
Kastanienallee 32
42549 Velbert
Dienstag
14.03.2023
14:00 bis
17:00 Uhr
20 EUR 35 EUR 01.03.2023
2023-0320 Schulentwicklung ja – aber mit
den richtigen Akzenten!
Die Fortbildung inspiriert zu schulinterner Lehrerweiterbildung, die nicht
nur die Wirksamkeit von Unterricht steigert, sondern auch die Zufrieden-
heit seiner Akteure.
Michael Felten Azimut Hotel Cologne
Hansaring 97
50670 Köln
Montag
20.03.2023
09:00 bis
16:00 Uhr
130
EUR
180
EUR
16.02.2023
2023-0321 Den Durchblick behalten
im App-Dschungel
In dieser Veranstaltung soll ein Überblick zu vorinstallierten und optiona-
len Apps insbesondere für das iPad gegeben werden. Die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer erfahren an konkreten Unterrichtsanlässen und Praxisbei-
spielen den konkreten und zielgerichteten Einsatz der Apps im Schulun-
terricht. Dabei sollen Apps in den Bereichen Feedback geben, Urteilen,
kollaboratives Lernen, Einstiegsimpulse und allgemeine Unterrichtsorga-
nisation vorgestellt und erprobt werden.
Moritz Becker
und
Piotr Wysluch
Realschule Kastanienallee
Raum 41
Kastanienallee 32
42549 Velbert
Dienstag
21.03.2023
14:00 bis
17:00 Uhr
20 EUR 35 EUR 07.03.2023
2023-0322 Motivierende Gesprächs-
führung: Menschen helfen,
sich zu verändern
Das Seminar gibt einen Überblick über die Werkzeuge und die Grundhal-
tung in der motivierenden Gesprächsführung und lädt in abwechslungs-
reichen Übungen zum Ausprobieren ein. Das hier erlernte Wissen ist nutz-
bar in Gesprächen mit Schülerinnen, Schülern, Eltern und Kolleginnen und
Kollegen und übertragbar auf alle Gespräche, bei denen es um Verände-
rungen jeder Art geht.
Yvonne Michel Leonardo Boutique Hotel
Oststraße 128
40210 Düsseldorf
Mittwoch
22.03.2023
09:00 bis
16:30 Uhr
130 EUR 180 EUR 17.02.2023
2023-0323 Wege in den Ruhestand Beamtenversorgung und Altersteilzeit Horst Joosten GDL Sitzungsraum (1. OG)
Graf-Adolf-Straße 84
40210 Düsseldorf
Donnerstag
23.03.2023
15:00 bis
18:00 Uhr
50 EUR 80 EUR 06.03.2023
2023-0403 IT-Schulung Die Teilnehmenden lernen das Arbeiten mit den vielfältigen Werkzeugen
von Miccrosoft Word 2019, die Handhabung unterschiedlicher Browser,
Synchronisationsmöglichkeiten zwischen Laptops und Handys mit Vor-
und Nachteilen und das Erstellen von Einladungen und Grußkarten mit
Publisher.
Pia di Lauro Collegium Leoninum Bonn
Noeggerathstraße 34
53111 Bonn
Mo. bis Mi.
03.04. bis
05.04.2023
14:00 bis
12:15 Uhr
160 EUR 210 EUR 27.02.2023
2023-0420 Effektive Klassenführung –
Maßnahmenkiste, Zauberformel
oder was?
Wie gut eine Lehrperson ihre Klasse im Griff hat, dafür gibt es zwar keine
direkten Rezepte. Die Forschung hat aber eine Handvoll non-reaktiver
Strategien des Unterrichtens ermittelt, mit denen man ’Störungen’ nicht
hinterherläuft, sondern ihr Aufkommen vorbeugend verhindern bzw. redu-
zieren kann.
Michael Felten Leonardo Hotel Köln
Waldecker Straße 11-15
51065 Köln
Donnerstag
20.04.2023
09:00 bis
16:00 Uhr
130 EUR 180 EUR 13.03.2023
Was haben Sie sich
vorgenommen?
Der Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Stefan Battel gibt in
seiner Kolumne regelmäßig Antworten auf Fragen aus dem
Lehreralltag. Diesmal geht es um die berühmt-berüchtigten
guten Vorsätze zum neuen Jahr.
I
Ich sitze gerade zur Vorbereitung an ei-
nem Vortrag in einem großen Gymnasi-
um und überlege mir, welches der vielen
möglichen Themen im schulischen Kontext
Relevanz haben könnte. In diesem Zusam-
menhang wurde mir der Umstand der Pro-
krastination, also die wissenschaftliche Be-
zeichnung für pathologisches Aufschiebe-
verhalten, auf mein Arbeitsverhalten vor
Augen geführt. Über was soll man in den
heutigen Zeiten noch einen Vortrag halten?
Vielleicht könnte ich etwas erzählen über
den Umgang mit den aktuellen Krisen, die
uns umgeben, oder die Auswirkung meiner
Betrachtungsweise auf die mir anvertrau-
ten Patienten oder im schulischen Kontext
Schüler.
Dazu ist mir in den letzten Tagen ein in-
teressantes Buch in die Hände gekommen.
In Anlehnung an den Titel von Neil Postman
’Wir amüsieren uns zu Tode’ (eine sich be-
wahrheitende Vision) veröffentlichte Gerald
Hüther gemeinsam mit Robert Burdy ein
Buch mit dem Titel ’Wir informieren uns zu
Tode’. Schon seit längerem unternehme ich
den Versuch, mich nicht zu sehr von dieser
Flut von Informationen einsaugen zu las-
sen. Unter dem Strich komme ich nicht um-
hin, gut für mich selbst zu sorgen, um im
Außen mit den Menschen, die sich mir an-
vertrauen, eine möglichst wertneutrale und
wertschätzende Haltung einzunehmen. So-
lange ich im inneren Zorn (kann auch ein
anderes Gefühl sein) verharre über das,
was mir täglich an Information begegnet,
und dies nicht in mir verorten und reflektie-
ren kann und nach außen trage, spürt mein
Gegenüber unter Umständen Ängste, Wut
etc. in der Gegenübertragung. Das kann zu
einer Beziehungsstörung führen.
Somit habe ich mir für 2023 vorgenom-
men, deutlich weniger an Information zu-
zulassen und die Nähe und Beziehung zu
meinen Mitmenschen zu intensivieren. Da-
bei will ich mich gleichwohl nicht gänzlich
verabschieden von den vielen Informati-
onsblasen, aber sie wohldosiert und acht-
sam mit mir selbst nutzen. Ob ich dann am
Ende dieses Jahres ein anderer Mensch ge-
worden bin, glaube ich nicht. Aber es kann
sein, dass die zwischenmenschlichen Be-
ziehungen sowohl im familiären, freund-
schaftlichen und professionellen Kontext
intensiver erlebt, weniger durch eigene
Ängste und Sorgen beeinträchtigt wurden.
Schlussendlich möchte ich erreichen,
dass die mir anvertrauten Menschen in
meinem beruflichen Kontext eine positive
Haltung gegenüber der Welt vermittelt be-
kommen. So habe ich mir vorgenommen,
diese Kolumne 2023 dafür zu nutzen, Ih-
nen systemische Techniken für den Schul-
alltag näherzubringen. In jeder Ausgabe
wird eine ’Technik’ dargestellt, die Sie auf
die Praxistauglichkeit überprüfen können.
Also, einen guten Start in 2023!
KOLUMNE
ZUR PERSON
Dr. med. Stefan
Battel ist Facharzt
für Kinder- und Ju-
gendpsychiatrie
und -psychothera-
pie (tätig in einer
Praxis in Bonn) und
seit 2012 systemi-
scher Familienthe-
rapeut (DGSF). Im
Rahmen des
lehrer
nrw
-Fortbildungs-
programms greift
er in einer Vor-
tragsreihe regel-
mäßig verschiede-
ne Themen aus
dem Bereich der
Jugendpsychologie
auf.
Foto: Andreas Endermann
lehrer nrw · 1/2023
26
27
1/2023 · lehrer nrw
SENIOREN
Neues Jahr –
neue Angebote
Das neue Jahr hält wieder einmal interessante, kurzweilige und
spannende Ausflüge, Exkursionen und Fortbildungen für die Senio-
rinnen und Senioren im
lehrer nrw
bereit. Hier ein kleiner Auszug.
Tagestour zur
Abtei Brauweiler
Am 21. März 2023 besuchen die
lehrer nrw
Seniorinnen und Senioren die Abtei Brauwei-
ler. Sie ist in den Gebäuden eines ehemaligen
Benediktinerklosters in Pulheim, westlich von
Köln, ansässig. Während einer Führung tau-
chen Sie in die wechselhafte Geschichte des
Ortes ein und werden zu Rundgängen durch
das ehemalige Kloster eingeladen. Sie erhal-
ten Informationen über die fast 800-jährige
Klosterzeit und die darauffolgenden anderen
Nutzungen als Arbeitsanstalt, Gestapoge-
fängnis und psychiatrische Klinik. Erst 1988
wurde aus dem ehemaligen Kloster das heu-
tige Kultur- und Dienstleistungszentrum des
Landschaftsverbandes Rheinland.
Im Anschluss an die Führung haben Sie
Gelegenheit, sich bei einem Mittagessen im
nahe gelegenen Gasthof Müller für eine indi-
viduelle Erkundung oder begleitete Führung
in der Abteikirche, der Gedenkstätte oder
dem Abteipark zu stärken oder einfach nur
in gemütlicher Runde zusammenzusitzen.
Für die Führung und den Eintritt fallen Kos-
ten im einstelligen Bereich an.
Termin: Dienstag, 21. März 2023
Treffpunkt: 10:30 Uhr auf dem Parkplatz
gegenüber Hausnummer 11,
Vom-Werth-Straße, in
50259 Pulheim. Beginn
der Führung um 11:00 Uhr
Anmeldung: Monika Holder,
holder@lehrernrw.de
Es sind noch wenige Plätze frei.
Exkursion nach
Essen im Juni
Diese Exkursion am 6. Juni beinhaltet
unter anderem ein gemeinsames Mit-
tagessen sowie eine Dom- und Dom-
schatzführung. Anschließend folgt eine
Beratung in der Verbraucherzentrale
zum Thema Versicherungen: ’Versiche-
rungen im Alter, welche sind nötig,
welche nicht?’
Den genauen Tagesablauf und die
Anmeldemöglichkeit erfahren Sie im
nächsten Seniorenbrief bzw. auf der
Seniorenseite der nächsten Ausgabe
dieser Verbandszeitschrift.
IT-Fortbildung
für Senioren
Die Veranstaltung findet vom 3. April
ab 14:00 Uhr bis 5. April 12:30 Uhr im
Collegium Leoninum Bonn, Noegge-
rathstraße 34 in Bonn statt. Die Teilneh-
menden können sich auf ein tolles An-
gebot bei der IT-Schulung freuen. Basics
und Feinheiten aus verschiedenen
Office-Programmen und Internet-
browsern und unter anderem auch die
Nutzung von Synchronisierungsmög-
lichkeiten zwischen Laptop und Handys
werden vorgestellt. Darüber hinaus ist
die Veranstaltung eine einmalige Gele-
genheit, sich in kleiner Runde auszutau-
schen, Gespräche zu führen und die
Rundumversorgung zu genießen. Es
sind noch Plätze frei, also melden Sie
sich bei Interesse zeitnah an und freuen
sie sich mit uns auf ein paar gemeinsa-
me, entspannte und lehrreiche Tage.
Die Seminargebühr beträgt 160 Euro
für Mitglieder von
lehrer nrw
(inklusive
Übernachtung und Verpflegung). An-
meldeschluss ist am 27. Februar 2023.
INFO/ANMELDUNG
www.lehrernrw.de/2023/01/05/
fortbildung-it-schulung-fuer-
senioren/
Die Abtei Brauweiler mit ihrer
Jahrhunderte langen, sehr wechselvollen
Geschichte ist Ziel einer Exkursion der
lehrer nrw
Seniorinnen und Senioren.
Foto: AdobeStock/Klaus Büth
lehrer nrw · 1/2023
28
PPrriivvaatt
ooddeerr
SSttaaaatt??
Was beim Wechsel von einer öffentlichen an eine
private Schule – oder umgekehrt – zu beachten ist.
I
Immer wieder erreichen
lehrer nrw
Anfra-
gen von Mitgliedern, die sich für einen
Stellenwechsel besonderer Art interessie-
ren: Entweder sie wollen aus dem Ersatz-
schuldienst in den öffentlichen Schuldienst,
oder der Wechsel soll genau anders herum
erfolgen. Manch eine Lehrkraft lockt bei-
spielsweise ein bestimmtes pädagogisches
Konzept oder ein bestimmtes Wertefunda-
ment einer Ersatzschule, mit dem sie sich
besonders identifiziert oder von dem sie sich
angesprochen fühlt. Andere zieht es zum
Beispiel eher in die Strukturen des öffentli-
chen Schulwesens. Die Fragen beziehen sich
manchmal schlicht darauf, ob ein Wechsel
aus dem Ersatzschuldienst in den öffentli-
chen oder umgekehrt überhaupt möglich ist.
Häufiger noch sind grundsätzliche dienst-
rechtliche, besoldungsrechtliche, versor-
gungsrechtliche und tarifrechtliche Themen.
Durchlässigkeit zwischen
den Systemen
§ 103 Schulgesetz NRW (SchulG) regelt
die Wechselmodalitäten ausdrücklich.
Darin kommt zum Ausdruck, dass Artikel
7 Grundgesetz und Artikel 8 der Landes-
verfassung NRW von einem mehrgestalti-
gen Schulwesen ausgehen. In der Konse-
quenz dessen werden Wechsel von Lehr-
kräften zwischen den Systemen als för-
derlich für die weitere Entwicklung des
Schulwesens betrachtet. Dadurch, dass
die Systeme auch hinsichtlich des Lehr-
kräftewechsels nicht voreinander ver-
schlossen sind, sollen öffentliche Schulen
und Ersatzschulen voneinander lernen
können1.
§ 103 SchulG regelt die Möglichkeiten
des Wechsels ausdrücklich für Planstellen-
inhaberinnen und -inhaber, das heißt für
die angestellten Lehrkräfte eines Ersatz-
schulträgers, die insbesondere besol-
dungs- und versorgungsrechtlich eine
beamtenähnliche Position2 innehaben.
Wechselmöglichkeiten bestehen aber letzt-
lich genauso für Tarifbeschäftigte.
Erfahrungsstufe
bleibt erhalten
So gilt, dass die Übernahme von Planstel-
leninhaberinnen und -inhabern in den
öffentlichen Schuldienst im Rahmen freier
und besetzbarer Stellen in einem Amt zuläs-
sig ist, das ihrer rechtlichen Stellung nach
dem Planstelleninhabervertrag entspricht.
Entsprechendes gilt für die Übernahme von
Lehrkräften aus dem öffentlichen Schul-
dienst als Planstelleninhaberinnen und
-inhabern in den Ersatzschuldienst. Die bis-
her festgesetzte Erfahrungsstufe bleibt er-
halten. Auch die besitzstandswahrende
Übernahme von Planstelleninhaberinnen
und -inhabern in den Schulaufsichtsdienst
ist möglich, sofern natürlich die für eine der-
artige Tätigkeit notwendigen Voraussetzun-
gen nach § 35 Laufbahnverordnung NRW
vorliegen. Dienstzeiten von Planstelleninha-
berinnen und -inhabern an Ersatzschulen
werden als ruhegehaltsfähig anerkannt,
§ 103 Absatz 2 SchulG.
RECHT§AUSLEGER
von CHRISTOPHER LANGE
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1/2023 · lehrer nrw
Beurlaubung als Option
Interessant kann für Planstelleninhaberin-
nen und -inhaber, die in den öffentlichen
Schuldienst wechseln, gerade auch zur
Vermeidung von Schwierigkeiten beim
Vertragsende folgende Option sein: Sie
können vom Ersatzschulträger ohne Bezü-
ge, aber unter Fortdauer ihres Planstellen-
inhabervertrages beurlaubt werden. Die
Beurlaubung erfolgt dann für die Dauer
des Beamtenverhältnisses auf Probe und
bis zur Übernahme in das Beamtenverhält-
nis auf Lebenszeit sowie bis zur Erfüllung
der für die Ruhegehaltsfähigkeit maßgebli-
chen Wartezeitvoraussetzung von mindes-
tens fünf Jahren gemäß § 4 Beamtenversor-
gungsgesetz NRW.
An das Stichwort Beurlaubung ist auch
für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen zu
denken. Diese können ohne Dienstbezüge
zur Dienstleistung an Ersatzschulen beur-
laubt werden. Entsprechende Dienstzeiten
an Ersatzschulen sind dann hinsichtlich der
Ruhegehaltsfähigkeit einer Tätigkeit im öf-
fentlichen Schuldienst gleichgestellt. Seit
dem 15. Schulrechtsänderungsgesetz aus
dem Jahr 2020 gibt es auch keine Befris-
tung für eine derartige Beurlaubung mehr.
Über die Beurlaubung entscheidet nach
§ 34 Absatz 3 Satz 2 Freistellungs- und Ur-
laubsverordnung NRW die obere Schulauf-
sichtsbehörde.
Ebenso denkbar ist eine sogenannte Zu-
weisung einer Lehrkraft aus dem öffentli-
chen Dienst an eine Ersatzschule nach § 20
Absatz 1 Nr. 2 Beamtenstatusgesetz mit Zu-
stimmung aller Beteiligten. In diesem Fall
besoldet das Land die Lehrkraft weiterhin.
Eine Beurlaubung oder Zuweisung kann
die Schulaufsichtsbehörde jedoch ableh-
nen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn
dienstliche Gründe entgegenstehen. Dies
wiederum trifft vor allem dann zu, wenn
die jeweiligen Lehrkräfte zur Bedarfsde-
ckung in den öffentlichen Schulen unent-
behrlich sind.
Für Tarifkräfte aus dem Ersatzschul-
dienst, die in den öffentlichen Schuldienst
übernommen werden, ist hinsichtlich ihres
Entgeltes bedeutend die Möglichkeit der
Berücksichtigung einer beim vorherigen
Arbeitgeber erworbenen Stufe bei der Stu-
fenzuordnung. Dies gilt auch für Planstel-
leninhaberinnen und -inhaber, die als Lehr-
kräfte im Tarifbeschäftigungsverhältnis
übernommen werden3.
Wechsel möglich,
aber nicht schrankenlos
Wie aus dem Vorbeschriebenen ersichtlich,
ist die Durchlässigkeit der Schulsysteme
nicht schrankenlos, sondern nur unter spe-
ziellen Voraussetzungen und Fallgestaltun-
gen möglich. Diese sind aber so ausgestal-
tet, dass sich keine Wechselwillige und
kein Wechselwilliger grundsätzlich davon
abhalten lassen sollte, die Arbeitsumge-
bung zu suchen, die ihr beziehungsweise
ihm am meisten zusagt.
1 Zum Ganzen: Rausch in Schulrechtshandbuch NRW,
herausgg, v. Jülich, van der Hövel, zu § 103
2 Entgegen landläufiger Bezeichnung handelt es sich
dabei nicht tatsächlich um ’Beamte’.
3 § 16 Absatz 2 a Tarifvertrag der Länder, Runderlasse
des Ministeriums für Schule und Bildung vom
23. April 2007 und 4. August 2009
RECHT§AUSLEGER
Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw
E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de
Foto: AdobeStock/vchalup
Ganz so waghalsig ist
ein Wechsel von einer
öffentlichen an eine private
Schule (oder in die andere
Richtung) nicht. Einige recht-
liche Vorgaben sind aber
dennoch zu beachten.
lehrer nrw ·
1/2023
30
ANGESPITZT
F
Firmen, die in Zeiten des Fachkräfte-
mangels neue Mitarbeitende gewin-
nen und alte halten möchten, müssen
sich etwas einfallen lassen. Zum Bei-
spiel bessere Arbeitsbedingungen. Oder
gute Angebote zur Vereinbarkeit von
Familie und Beruf. Oder Flexibilität bei
Arbeitszeit und -ort. Auch ein freundli-
ches Wort vom Chef kann motivierend
wirken und kostet nichts.
An Schulen ist das anders. Bei Lehrer-
mangel werden nicht die Arbeitsbedin-
gungen verbessert, sondern die Dau-
menschrauben angezogen. Im Hand-
lungskonzept Unterrichtsversorgung,
das Schulministerin Dorothee Feller
Ende 2022 vorgestellt hat, sind auf den
hinteren Seiten ein paar hübsche Son-
derposten aus dem Winterschlussver-
kauf des kleinen Horrorladens enthal-
ten. Schulformübergreifende Abordnun-
gen von Bestandslehrkräften zum Bei-
spiel stehen nicht im Verdacht, sponta-
ne Heiterkeitsattacken auszulösen. Auch
die Beschneidung von Teilzeitangeboten
gilt in der Belegschaft nicht zwingend
als Stimmungsaufheller.
Ebenfalls ein Kracher ist die Idee, die
räumlichen Einsatzmöglichkeiten von
Lehrkräften zu erweitern. Das geht so:
Bisher konnten Lehrkräfte nach einer
Beurlaubung oder Freistellung von mehr
als acht Monaten (zum Beispiel Eltern-
zeit) an einer Schule in einem Umkreis
von 35 Kilometern zum Wohnort einge-
setzt werden. Diese Grenze wurde nun
auf 50 Kilometer hochgesetzt. Klingt
erstmal nicht sooo dramatisch. Aber
sind Sie schonmal morgens zwischen
7:00 und 8:00 Uhr durchs Ruhrgebiet
gefahren (soweit man im Dauerstau auf
der A40 und anderen befreundeten Au-
tobahnen von fahren sprechen kann)?
Da ist jeder Weg zur Arbeit eine Expedi-
tion ins Ungewisse – von den Pünktlich-
keitserfahrungen wackerer Bahnpendler
ganz zu schweigen.
Da ist Improvisationskunst von jun-
gen Lehrer-Eltern gefragt. Die Kita öff-
net erst um 7:00 Uhr? Macht nix. Wir
parken das Kind mit Mütze, Schal und
ein paar aufmunternden Worten um
6:40 Uhr vor dem Eingang, um rechtzei-
tig zu Dienstbeginn in Gelsenkirchen
anzukommen. Trägt ja auch dazu bei,
dass die kleinen Racker schneller selbst-
ständig werden.
Übrigens will das NRW-Schulministe-
rium demnächst eine neue Werbekam-
pagne starten, um junge Menschen für
den Lehrerberuf mit seinen attraktiven
Arbeitsbedingungen zu begeistern.
Na dann: Viel Erfolg! Jochen Smets
Sonderposten aus dem Horrorladen
Über Feedback zu meinen Gehirnjogging Übungen würde ich mehr sehr freuen: mail@heike-loosen.de Heike Loosen
Tiere mit
Geheimnissen
a) Farbige Tiere
In diesen Tieren sind Farben versteckt. Verwenden Sie die Buchstaben der Tiere, um
Farben zu finden. Bei manchen Tieren sind auch mehrere Lösungen möglich. Jeder
Buchstabe darf nur in der im Ursprungswort vorhandenen Anzahl verwendet werden.
Beispiel: Walross = Rosa
1. Fischotter
2. Chinchilla
3. Alligator
4. Warzenschwein
5. Schwertfisch
6. Jakobsmuschel
7. Breitmaulnashorn
8. Nachtigall
9. Vierauge
10. Wüstenspringmaus
b) Versteckte Tiere
Auch die ’Vorstadtgartenlandschaft’ birgt Geheimnisse. In ihr bzw. dem Wort sind
mindestens 14 Tiere versteckt. Finden Sie alle?
Homo-
phone
Im Gegensatz zu Teekesselchen, die iden-
tisch geschrieben werden, jedoch unter-
schiedliche Bedeutungen haben, werden
Homophone unterschiedlich geschrieben,
klingen aber gleich.
Das bekannteste Beispiel hierfür ist
das Q, die Kuh, der Coup’.
So extrem sind die Unterschiede in der
Schreibweise selten. Häufiger wird ein Wort
mit E, das andere mit Ä geschrieben oder ei-
nes mit und eines ohne Dehnungs-H. Es ist
erstaunlich, wie viele Homophone in der
deutschen Sprache zu finden sind. Wenn Sie
Dialekte hinzunehmen, sind es sogar noch
viel mehr.
Ihre Aufgabe lautet: Sammeln Sie so viele
Homophone, wie Sie finden können. Ohne
zu schummeln natürlich!
Reisefieber
Lange Dia-Abende sind out! Anstatt die Freunde stundenlang mit Reiseerinnerungen zu ’erfreuen’, hat Ursula
Urlaub die Highlights ihrer letzten Reise in einem Bild zusammengefasst. Welche Städte hat Ursula besucht?
Lösungen Aufgabe 1a: 1. Rot | 2. Lila | 3. Rot | 4. Schwarz | 5. Weiss | 6. Blau | 7. Blau, Rot, Braun | 8. Lila | 9. Grau | 10. Grün, Grau, Weiss
Aufgabe 1b: Adler, Aal, Schaf, Star, Natter, Lachs, Gans, Storch, Docks, Otter, Ratte, Dohle Vogel, Falter
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1/2023 · lehrer nrw
AUFGABE 1:
AUFGABE 2:
AUFGABE 3:
HIRNJOGGING