3Unter der Lupe
Von Schulfreiheit,
Innovationen und
Investitionen
15 Dossier
Schluss mit der
Bildungs-Deform
20 Schule & Politik
Wahlprüfsteine
6Im Brennpunkt
Personalnot! –
Notpersonal?
Pädagogik & Hochschul Verlag . Graf-Adolf-Straße 84 . 40210 Düsseldorf
1781 | Ausgabe 2/2022 | MÄRZ | 66. Jahrgang
I verdie
A13!
INHALT
lehrer nrw ·
2/2022
2
UNTER DER LUPE
Sven Christoffer: Von Schulfreiheit,
Innovationen und Investitionen 3
BRENNPUNKT
Ulrich Gräler:
Personalnot! – Notpersonal? 6
Kommentar: Sich ehrlich machen 7
JUNGE LEHRER NRW
Marcel Werner: Krieg und Schule 8
Beschulung von Flüchtlingskindern 10
TITEL
Sarah Wanders: Wir sind Cato!
Warum sich Beharrlichkeit auszahlt 12
Ich verdiene A13 14
DOSSIER
Schluss mit der Bildungs-Deform 15
BATTEL HILFT
Wozu sind Kriege da? 19
SCHULE & POLITIK
Wahlprüfsteine 20
SENIOREN
Das zerbrechliche Paradies
IT-Fortbildung im April
Zu den Schönheiten Ostfrieslands 25
FORTBILDUNGEN
Auf die Stimme kommt es an 26
RECHT§AUSLEGER
Christopher Lange:
Corona als Dienstunfall ? –
Nicht ganz so einfach 28
ANGESPITZT
Jochen Smets: Der große Bluff
oder: Warum eine Partie Poker mitunter
seriöser ist als ein Wahlprogramm 30
HIRNJOGGING
Aufgabe 1: Spieglein, Spieglein
Aufgabe 2: Streichholz-Rätsel 31
IMPRESSUM
lehrer nrw
– G 1781 –
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‘lehrer nrw’
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Düsseldorf
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Von Schulfreiheit,
Innovationen
und Investitionen
Am 16. Februar hat der nordrhein-westfälische
Landtag das ’Gesetz zur Modernisierung und Stärkung
der Eigenverantwortung von Schulen’ (16. Schulrechts-
änderungsgesetz) beschlossen. Zuvor hatte unser Verband sowohl
eine schriftliche Stellungnahme zur Entwurfsfassung abgegeben als
auch am 18. Januar an der Sachverständigenanhörung im Ausschuss
für Schule und Bildung teilgenommen.
I
In diesem Gesetz kommt aus meiner Sicht ein
freiheitlicher Bildungsbegriff zum Ausdruck, der
den Verbandsvorstellungen durchaus nahe-
kommt. Ich glaube fest daran, dass Bildung nicht
von oben verordnet und unten nur umgesetzt wer-
den sollte. Innovation entsteht nur, wenn den Schu-
len Spielräume eröffnet und Gestaltungsmöglichkei-
ten gegeben werden. Dass das Schulprogramm ge-
mäß § 3 nun ein Schulprofil ausweisen kann, führt
aus meiner Sicht im Idealfall zu mehr Individualisie-
rung, mehr Profilierung, mehr Passgenauigkeit im
Hinblick auf das Umfeld, das die Schule umgibt, und
auch im Hinblick auf die eigenen Stärken, Mittel und
Möglichkeiten.
Im Grundsatz positiv zu sehen sind auch die er-
weiterten Erprobungsspielräume im Rahmen der
schulischen Selbstverwaltung und Eigenverantwor-
tung (§ 25). Hier sind Abweichungen von den Ausbil-
dungs- und Prüfungsordnungen möglich, um innova-
tive Wege zum Beispiel in der Unterrichtsorganisati-
on und Schulmitwirkung zu eröffnen. Das stärkt die
Position der Schulleitungen und der Lehrkräfte vor
Ort – zumindest in der Theorie.
Viel Wasser im Wein
Denn ein Zusatz im Gesetzesentwurf besagt, dass
entsprechende Vorhaben nur dann genehmigt wer-
den können, wenn sie keine Kosten verursachen.
Damit erstickt die Landesregierung leider viele gute
Ideen und Konzepte im Keim. Das ultimative Gebot
der Kostenneutralität wird neben dem ohnehin all-
gegenwärtigen Personalmangel zum Hemmschuh.
Wer Innovationen will, darf aus meiner Sicht Investi-
tionen nicht ausschließen. Diese erweiterte Selbst-
ständigkeit im § 25 ist zudem an das Modellvorha-
ben ’Selbstständige Schule’ angelehnt. Bei den
Schulen, die seinerzeit am Modellvorhaben teilge-
nommen haben, wurde jedoch eine halbe Stelle zu-
sätzlich als Ressource investiert, die auch kapitali-
siert werden konnte. Ich war selbst an einer solchen
selbstständigen Schule und weiß deshalb, wie gut es
getan hat, dass auf diese Weise Spielräume geschaf-
fen wurden, um sich den Entwicklungsvorhaben, die
im Modellprojekt ’Selbstständige Schule’ angelegt
waren, intensiv widmen zu können.
Elternwille bleibt entscheidend
Um den Eltern eine qualifizierte Entscheidung für
den Bildungsweg ihres Kindes nach der Klasse 4 zu
ermöglichen, soll künftig, neben der Grundschule,
auch die weiterführende Schule die Eltern beraten,
falls das Kind keine – auch keine eingeschränkte –
Empfehlung für diese Schulform erhalten hat. Sie
sollen dadurch die Fördermöglichkeiten der Schule
besser beurteilen können. Eltern können jedoch
nicht zu dem Beratungsgespräch verpflichtet wer-
den. Somit bleibt es am Ende dabei, dass die Eltern
über den weiteren Bildungsgang ihres Kindes in der
Sekundarstufe I entscheiden.
Mehr Verbindlichkeit
wünschenswert
Ich würde das als kleinen Schritt in die richtige Rich-
tung bezeichnen wollen, könnte mir aber noch deut-
lich mehr Verbindlichkeit vorstellen. Über wel-
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lehrer nrw
UNTER DER LUPE
von SVEN CHRISTOFFER
lehrer nrw ·
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UNTER DER LUPE
che Situation sprechen wir? Wir sprechen über die
Situation, in der der Wunsch der Eltern in krassem
Widerspruch steht zur Expertise der Grundschullehr-
kräfte. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben
gezeigt, dass, wenn auf dem Elternwunsch beharrt
wird, in nicht wenigen Fällen am Ende der Erpro-
bungsstufe ein Bildungsgangwechsel notwendig ist.
Das wird von den Kindern selbst als subjektives
Scheitern empfunden. Insofern müssten wir uns
doch bemühen, einen Weg zu finden, der dieses Sze-
nario wenig wahrscheinlich werden lässt. Aus die-
sem Grund habe ich die Befürchtung, dass die avi-
sierte Beratung an den weiterführenden Schulen ein
Stück zu kurz greift. Sie ist vielerorts ohnehin bereits
gelebte Praxis. Der Schritt von der vierten in die
fünfte Klasse ist von enormer Wichtigkeit für die
Schülerinnen und Schüler. Daher sollte es eine sorg-
fältig abgewogene Entscheidung sein, die adäquate
Schulform zu finden, die zu den Fähigkeiten und
Neigungen des Kindes passt.
Schulvielfalt als Stärke
An dieser Stelle würde ich deshalb gerne noch ein-
mal eine Lanze brechen für das nordrhein-westfäli-
sche Schulsystem. Wir haben in Nordrhein-Westfalen
eine Schulvielfalt, die ein breites Angebot bereithält
– aus meiner Sicht eine enorme Stärke. Wir haben
Schulformen, die Differenzierung und kognitive Ho-
mogenisierung auf ihre Fahnen geschrieben haben.
Wir haben Schulformen, die gemeinsames Lernen
und Kollaboration in den Mittelpunkt stellen. Wir ha-
ben die Neigungsdifferenzierung und die Berufs-
wahlorientierung an unseren Realschulen. Und wir
haben große Systeme wie die Gesamtschulen und
die Gymnasien, aber auch kleine, sehr behütete Sys-
teme. Und auch die werden von einigen Schülerin-
nen und Schülern in besonderer Weise benötigt, weil
sie sich dort besonders aufgehoben und individuell
betreut fühlen. Deshalb ist die Entscheidung nach
Klasse vier eine so wichtige. Und jede Maßnahme,
die die Expertise der Lehrkräfte stärkt, wird von mir
ausdrücklich begrüßt.
Sven Christoffer ist Vorsitzender des
lehrer nrw
sowie Vorsitzender des HPR Realschulen
E-Mail: christoffer@lehrernrw.de
Wenn der Dienstherr auf dem
Geld sitzt, können die Ideen noch so gut sein:
Ohne Investitionen sind Innovationen nicht
möglich.
Foto: AdobeStock/Minerva Studio
lehrer nrw ·
2/2022
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BRENNPUNKT
Personalnot! –
Notpersonal?
Über Personalnot im Schulbereich wird seit Jahren geklagt,
gleichzeitig weist die Politik wiederholt und statistisch be-
legt auf zunehmend umfangreichere Neueinstellungen hin.
Und zwar als Ausdruck nachhaltigen politischen Bemühens,
diesen Personalmangel zu beheben und damit ein funktio-
nierendes Schulwesen zu gewährleisten.
D
Die Bandbreite der Nachrichten
reicht einerseits von »Rund drei
Prozent der knapp 160000 Lehrer-
stellen in Nordrhein-Westfalen unbesetzt«
bis hin zu »deutlich verbesserte Lehrerver-
sorgung seit Amtsantritt 2017« anderer-
seits (zum Beispiel ’Neue Westfälische’,
11. Februar 2022). Gerade im auf Landes-
ebene so politisch bedeutsamen Schulbe-
reich findet medial von Zeit zu Zeit immer
wieder ein Ringen um die Deutungshoheit
der schulischen Personalausstattung statt.
Mit verwirrenden Konsequenzen für die
allgemeine Öffentlichkeit, mit zum Teil
verstörenden Eindrücken auf die betroffe-
ne Lehrerschaft vor Ort.
Denn in all diesen Diskussionen ist es
unerlässlich, vorab zuerst den Bereich zu
definieren, über den man Aussagen irgend-
welcher Art tätigen möchte. Die Personal-
not betrifft schließlich nicht alle Bereiche
des Schulwesens gleichermaßen. Deshalb
sei vorweg klargestellt, dass es in diesem
Artikel vorrangig um die Schulen der
Sekundarstufe I gehen soll.
Missverhältnis von
Angebot und Nachfrage
Unbestreitbar scheint zu sein, dass der
Nachwuchs an Lehrkräften nicht ausreichen
wird, die notwendigen Nachbesetzungen für
die ausscheidenden Lehrkräfte der gebur-
tenstarken Jahrgänge zu kompensieren. Wer
die Zahlen aus den Zentren für schulfachli-
che Lehrerbildung (ZfsL) in den Blick nimmt
und diese ins Verhältnis zu den im Jahres-
durchschnitt in den Ruhestand tretenden
Kollegen setzt, kann allein zahlenmäßig das
Missverhältnis zwischen Zu- und Abgängen
erkennen. Und wer dann noch einmal fach-
spezifisch dieses Zahlenverhältnis betrach-
tet, stößt auf besondere Diskrepanzen beim
Missverhältnis von Angebot und Nachfrage.
Das Ergebnis für den Sekundarstufe I-Be-
reich besteht nun darin, dass für bestimmte
Fächer kaum bzw. keine grundständig quali-
fizierten Bewerber mehr zur Verfügung ste-
hen. Das Land NRW steht deshalb vor dem
Dilemma, entweder eine Kürzung der Stun-
dentafel in dem jeweiligen Fach zuzulassen
oder den Mangel an bestimmtem Fachper-
sonal anderweitig aufzufangen.
von ULRICH GRÄLER
Das Angebot kann den Bedarf nicht decken: Um den strukturellen Lehrermangel in den Griff zu bekommen,
bedarf es vor allem einer Attraktivitätssteigerung des Arbeitsplatzes Schule.
Foto: AdobeStock/bluedesign
BRENNPUNKT
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2/2022 ·
lehrer nrw
Defizitäre Lösungen
Die Lösungen dazu sind, gemessen am
Idealzustand, wenn man das eigene Ausbil-
dungssystem des Landes NRW für Lehrkräf-
te zum Maßstab nimmt, stets defizitär. Sie
reichen von Lehrkräften, die einen Zertifi-
katskurs in dem Mangelfach absolviert
haben, über fachfremd erteilten Unterricht
unbefristet eingestellter regulärer Lehrkräf-
te bis hin zu so genannten Seiteneinstei-
gern, befristet oder unbefristet, mit mehr
oder minder fachspezifischer Qualifikation.
Die Bandbreite der ’Seiteneinsteiger’ be-
ginnt per definitionem bei Gym/Ge-Lehr-
kräften, die zwar auch am Gymnasium bzw.
einer Gesamtschule in der Sekundarstufe I
unterrichten sollen, dennoch aber wegen
des ’falschen’ Lehramtes unter die Katego-
rie ’Seiteneinsteiger’ fallen. Die Modelle
des Landes NRW, überzählige Bewerber
aus dem Gym/Ge-Bereich mit einem Garan-
tieversprechen auf einen späteren Arbeits-
platz an einem Gymnasium oder einer Ge-
samtschule zunächst in der Sekundarstufe I
einzusetzen, erwies sich als qualitativ und
quantitativ sehr erfolgreich.
Die Einstellung von Hochschulabsolven-
ten mit einem unterrichtsaffinen Fach als
Seiteneinsteiger, die Anspruch auf eine ein-
jährige Qualifizierungsmaßnahme in Form
einer ’Pädagogischen Einführung’ haben,
trug ebenfalls in hohem Maße zur quali-
tätsorientierten Bedarfsdeckung bei, da
von Bewerbern aus diesen Berufsfeldern
vielfach der praktische Anwendungsbezug
des Faches überzeugend und glaubwürdig
mit eingebracht werden konnte.
Quadratur des Kreises
Nun ist die ’Not’ an den Schulen jedoch so
groß, dass die Rekrutierung von Ersatzein-
stellungen auf diesem Qualifikationsniveau
in immer mehr Fällen nicht mehr gelingt,
vor allem im Vertretungsbereich. Schulen
sehen sich gezwungen, auf Bewerber zu-
rückzugreifen, die entweder als Student für
das Lehramt mit wenigen Fachsemestern
oder als anderweitig ausgebildete Fach-
kraft eine noch deutlich größere Distanz
zum originären Arbeitsplatz Lehrer aufwei-
sen. Und die dann auch immer häufiger mit
voller Stundenzahl zum Einsatz kommen
sollen.
Personalräte schlagen bei dieser ’Quadra-
tur des Kreises’ Alarm. Denn für Bewerber
mit diesen Voraussetzungen gibt es weder
ausreichende Unterstützungs- noch Qualifi-
zierungsmaßnahmen. Diese wären aber
dringend geboten, will man auch nur annä-
hernd ein Qualitätsniveau für den zu ertei-
lenden Unterricht sicherstellen, der nicht nur
bei einer Qualitätsanalyse den Anforderun-
gen genügen sollte, sondern der vor allem
auch vor einer Elternschaft zu rechtfertigen
wäre, die im Hinblick auf den weiteren
Lebensweg einen Anspruch auf einen lehr-
plankonformen Unterricht für ihre Kinder
und Jugendlichen hat.
Anspruch auf
bestmögliche Vorbereitung
Um es klar herauszustellen: Schulen wenden
enorme Anstrengungen auf, geeignetes Per-
sonal zu finden, und sie sind äußerst dank-
bar für jeden Interessierten, der sich der
Aufgabe von Unterricht und Erziehung stel-
len will und sich diese auch zutraut. Diese
sollten dann aber auch den Anspruch haben
dürfen, dass sie auf diese Aufgabe bestmög-
lich vorbereitet werden.
Es liegt in der Verantwortung der aktuel-
len und vorherigen Landesregierungen, die-
sen Bereich des Schulpersonals wenig bis
gar nicht in den Blick genommen zu haben.
Er darf jedoch keinesfalls allein der Verant-
wortung oder der bisweilen wirklich ehren-
werten Improvisationskunst der Schullei-
tung vor Ort überlassen bleiben.
Den Arbeitsplatz Schule
attraktiver machen
Die quantitative Absicherung von Unterricht
kann nicht das Ziel von Schule sein, sondern
nur der sowohl quantitativ als auch qualita-
tiv hinreichende Unterricht. Und von diesem
Ziel entfernen wir uns seit Jahren stetig
mehr. Die Gründe dafür sind seit langem
bekannt. Getan und geleistet für eine Abhil-
fe wurde jedoch zu wenig. Es gilt nach wie
vor: Eine Trendumkehr wird nur gelingen,
wenn die auch von
lehrer nrw
stets einge-
forderten Bedingungen des Arbeitsplatzes
Schule insgesamt attraktiv werden. Nur
dann werden sich wieder mehr Bewerber
für dieses Berufsfeld interessieren und finden.
Ulrich Gräler ist stellv. Vorsitzender des
lehrer nrw
E-Mail: graeler@lehrernrw.de
KOMMENTAR
Sich ehrlich machen!
Die Politik wird zu sehr
vom Disput über Zahlen
bestimmt, derweil sich die
Lage nicht zum Guten
wendet. Vor allem im
Sek-I-Bereich, der in den
Medien viel zu wenig Auf-
merksamkeit erfährt. Doch
gerade dieses ’schwierige’
Alter sowie die Aufgabe
der Berufsfindung und
-vorbereitung sollten ein
vordringliches Interesse
der Gesellschaft bekom-
men. Denn gerade hier
gibt es Reibungsverluste,
zahlreiche gelingende oder
vertane Chancen sowie
viele persönliche Entschei-
dungen der Kinder und
Jugendlichen.
Dazu bedarf es mehr
Personal, für mehr Flexibili-
tät bei der Bildung von
Lerngruppen, für mehr
Qualitätsanspruch bei den
Ergebnissen. Dass dieses
derzeit nicht genügend zur
Verfügung steht, ist offen-
kundig. Insofern bedarf es
’unkonventioneller’ Lösun-
gen, dieses Personal zu fin-
den und zu gewinnen. Da-
zu gehört dann aber auch,
dieses Personal mit Hilfs-
angeboten und Qualifizie-
rungsmaßnahmen massiv
zu unterstützen und zu
begleiten, damit deren Ein-
satz im Unterricht einen
größeren Nutzen für alle
Schülerinnen und Schüler
nach sich zieht. Alles ande-
re wäre fahrlässig!
Ulrich Gräler
lehrer nrw ·
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JUNGE LEHRER NRW
von MARCEL WERNER
Der Krieg in der Ukraine sorgt
für Fassungslosigkeit, Wut,
Verunsicherung und Angst –
auch in den Schulen. Lehrkräf-
te sollten ihre Antennen für
die Stimmungslage in ihren
Klassen ausfahren.
Ä
Ängste, Wut und viele Fragen be-
schäftigen wahrscheinlich gerade
alle Bürgerinnen und Bürger
Europas, wenn sie an den Krieg in der
Ukraine denken. Aber wir als Lehrkräfte sind
trotz der eigenen Ängste und Sorgen mal
wieder besonders gefragt. Es wird von uns
erwartet, dass wir professionell mit dem
Thema umgehen. Natürlich dürfen auch wir
Gefühle zeigen und diese mit unseren Schü-
lerinnen und Schülern teilen, doch müssen
wir dieses Thema in der Schule mit Bedacht
behandeln.
Schließlich treffen in der Schule viele
Nationen zusammen. In unserer Schule zum
Beispiel leben und lernen Russen und Ukrai-
ner friedlich unter einem Dach, gehen pro-
blemlos miteinander um, sind befreundet.
Hier ist besondere Vorsicht geboten, denn
wir wollen keinesfalls, dass sich die rus-
sischstämmigen Schülerinnen und Schüler
schuldig oder ausgegrenzt fühlen. Daher
ist es wichtig, ihnen zu vermitteln, dass es
Putins Krieg ist.
Schulalltag gibt
Sicherheit und Struktur
Dennoch sollten wir die Schülerinnen und
Schüler inhaltlich nicht mit dem Thema des
Krieges überfrachten, denn die Psyche unse-
rer Schützlinge ist noch durch die Pandemie
angeschlagen genug. Auch wenn es wichtig
ist, sich zu informieren, sollten wir die Ju-
gendlichen zwischendurch aktiv abschalten
lassen. Besprechen Sie mit Ihren Kollegen,
wann und von wem das Thema aufgegriffen
wird – eine Möglichkeit bieten die Klassen-
lehrerstunden. In der Regel sind die Klassen-
lehrerinnen und -lehrer sehr gut in der Lage,
die Stimmung in der Klasse sensibel wahr-
zunehmen und optimal drauf einzugehen.
Denn für unsere Schüler ist es wichtig, auch
etwas Normalität in ihrem Alltag zu erfah-
ren, daher ist eine enge Absprache mit den
Kollegen ratsam. Der gewohnte Schulalltag
gibt den Kindern Sicherheit und Struktur.
Unterstützung durch
Experten einfordern
Wichtig ist es auch, ein Zeichen des Friedens
und des Zusammenhalts in die Welt zu sen-
JUNGE LEHRER NRW
Krieg
und
Schule
den. Hier haben Sie, Ihre Kolleginnen und
Kollegen, aber auch Ihre Schülerinnen und
Schüler bestimmt schon viele kreative Ideen
und diese teilweise sicher auch bereits um-
gesetzt. Weiterhin sollten Sie die Expertise
und vor allem die ’Manpower’ des Schulpsy-
chologischen Dienstes und der Schulsozial-
arbeit einfordern. Denn in Einzelfällen kön-
nen Schülerinnen und Schüler mit der Situa-
tion emotional überfordert sein und anfan-
gen zu weinen oder zu erstarren. Hier helfen
Ihnen die Beratungsstrukturen Ihrer Schule.
Durch eine gezielte Absprache können sol-
che Zusammenbrüche vermieden werden.
Aufgrund dessen ist der Ukraine-Krieg auch
kein Thema für den Vertretungsunterricht.
Sich selbst nicht vergessen
So dramatisch die Situation auch ist – ver-
gessen Sie nicht sich selbst. Wir Lehrkräfte
haben in den letzten Jahren enormes ge-
leistet, und durch den Ukraine-Krieg
kommt die nächste Aufgabe auf uns zu.
Sorgen Sie aktiv für sich, denn in belasten-
den Situationen ist es besonders wichtig,
sich aktiv um die
Selbstfürsorge zu küm-
mern. Nehmen Sie sich
die notwendige Pause
und überlegen Sie sich,
was Ihnen aktiv hilft, den Kopf freizube-
kommen. Was sich hier immer eignet, sind
körperliche Aktivitäten wie Sport oder
Waldspaziergänge, kreative Betätigungen,
Filme schauen, Bücher lesen oder Musik
hören. Verbringen Sie aktiv Zeit mit Ihrer
Familie oder kochen gemeinsam mit Ihren
Freunden etwas Leckeres. Auch Sie sollten
sich Time Slots setzen, in denen Sie sich
bewusst nicht über die aktuelle Lage infor-
mieren. Denn leider ist davon auszugehen,
dass die aktuelle Lage noch einen länge-
ren Zeitraum andauern wird, und die
nächste Aufgabe für Sie und Ihr eh schon
gebeuteltes Kollegium wird die Aufnahme
und Integration vieler Flüchtlingskinder
sein. Dennoch sollten Sie trotz der ganzen
Belastung nie vergessen, warum Sie diesen
Job ausgewählt haben, denn auch das
kann ein Anker in der aktuellen Situation
sein.
Der Ukraine-Krieg löst bei Kindern
viele Fragen und Ängste aus. Lehr-
kräfte sollten dem Raum geben.
Foto: AdobeStock/Shangarey
Marcel Werner ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft
junge
lehrer nrw
E-Mail: werner@lehrernrw.de
lehrer nrw ·
2/2022
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JUNGE LEHRER NRW
D
Der Krieg in der Ukraine hat hundert-
tausende Menschen in die Flucht
getrieben. Auch in Deutschland
sind bereits viele Flüchtlinge angekommen
– zum großen Teil Frauen, Kinder und alte
Menschen. »Unter den Ankommenden be-
finden sich viele Kinder und Jugendliche
im schulpflichtigen Alter. Diese bedürfen
im Besonderen des Schutzes und unserer
aller Hilfe«, heißt es in der Schulmail vom
8. März. Darin gibt das NRW-Schulministe-
rium erste Informationen zur Beschulung
der Flüchtlingskinder. Hier das Wichtigste
in Auszügen:
In den kommenden Tagen und Wochen
werden die Ausländerbehörden grund-
sätzlich allen Flüchtlingen aus der
Ukraine die Aufenthaltserlaubnis nach
§ 24 Aufenthaltsgesetz erteilen, auch
denjenigen, die bislang schon eingereist
und privat untergekommen sind. Damit
erfolgt auch die Zuweisungsentschei-
dung. Sobald die Flüchtlinge ihren
Wohnsitz in der Zuweisungskommune
genommen haben, entsteht für die be-
troffenen Kinder und Jugendlichen nach
§ 34 Absatz 1 Schulgesetz die Schul-
pflicht.
Die Zuweisung eines Schulplatzes für
die schulpflichtigen Kinder und Jugend-
lichen erfolgt durch die örtlich zuständi-
gen staatlichen Schulämter.
Im Rahmen der Zuweisung erfolgt auch
eine Beratung der ankommenden Fami-
lien aus der Ukraine zur angemessenen
Beschulung ihrer Kinder. Diese Bera-
tungsleistung erfolgt in den meisten
nordrhein-westfälischen Kommunen
durch die an die Kommunalen Integrati-
onszentren abgeordneten Lehrkräfte
des Landes Nordrhein-Westfalen. Da in
den vergangenen Jahren stetig Zuwan-
derung erfolgte, liegen hier gute Bera-
tungspraxen und erprobte Konzepte vor.
VDR: DEMOKRATIEBILDUNG JETZT VERSTÄRKEN
mit historisch-politischen Zusammen-
hängen sei es möglich, den Schülerinnen
und Schülern die Bedeutung der Souve-
ränität eines Landes zu verdeutlichen,
so Böhm weiter. »Die Schulen müssen
im Rahmen des Unterrichts kontinuier-
lich Möglichkeiten bieten, den universa-
len Wert der Demokratie zu thematisie-
ren, auch um den jungen Leuten Ängste
zu nehmen«, sagt der VDR-Bundesvor-
sitzende.
»Wie die aktuelle geopolitische Lage
zeigt, sind autokratische Regime leider
wieder auf dem Vormarsch und bedro-
hen den Weltfrieden. Demokratiebildung
ist jetzt umso wichtiger, denn sie ist ein
gewaltiges und gleichzeitig gewaltloses
Schutzschild gegen Angriffe auf die frei-
heitlich-demokratische Grundordnung«,
schließt Böhm.
In Anbetracht der schrecklichen Entwick-
lungen im Ukraine-Konflikt fordert der
Bundesvorsitzende des Deutschen Real-
schullehrerverbands (VDR), Jürgen
Böhm, die Lehrkräfte dazu auf, demo-
kratische Bildungsarbeit an den Schulen
zu verstärken: »Gerade jetzt sind Lehre-
rinnen und Lehrer dazu aufgerufen, mit
den Jugendlichen intensiv über den Wert
der demokratischen Grundprinzipien zu
sprechen. Freiheit, Gleichheit und Souve-
ränität sind höchste Güter einer freien,
modernen und zukunftsgerichteten Ge-
sellschaft. Diese Werte müssen wir stets
verteidigen, und wir Lehrkräfte sind da-
zu aufgefordert, die Schülerinnen und
Schüler regelmäßig für diese demokrati-
schen Grundwerte zu sensibilisieren!«.
Nur durch umfassende Aufklärung
und ausführliche Auseinandersetzung
Foto: AdobeStock/daria antipina
Beschulung
von Flüchtlings-
kindern
Über die ersten Schritte zur Bewältigung
der pädagogischen, fachlichen und
organisatorischen Herausforderungen
im Zusammenhang mit der Beschulung
von Flüchtlingskindern hat das nordrhein-
westfälische Schulministerium informiert.
JUNGE LEHRER NRW
Die in den Schulen für die neu ankom-
menden Schülerinnen und Schüler
einzuleitenden Maßnahmen zur För-
derung der deutschen Sprache regelt
der Runderlass ’Integration und
Deutschförderung neu zugewanderter
Schülerinnen und Schüler’ (BASS
13-63 Nr. 3). Die Beschulung der neu
angekommenen Schülerinnen und
Schüler er-
folgt danach
entweder
in innerer
Differenzie-
rung, in teil-
weise oder
in vollstän-
dig äußerer
Differenzierung. Damit ist noch keine
Zuordnung der Schülerin bzw. des
Schülers zu einem Bildungsgang der
besuchten Schulform verbunden.
Das erfolgt mit Blick auf die jeweilige
schulische Entwicklung der Schülerin
bzw. des Schülers zu einem späteren
Zeitpunkt.
In Zeiten von Flucht aus der Ukraine
wird Schule ein wichtiger Ankerpunkt
sein für das Lernen und das psychische
und soziale Wohlbefinden von geflüch-
teten Kindern und Jugendlichen. Das
Erleben von Schule als sicherem Ort ist
dabei von entscheidender Bedeutung:
Hier wird Resilienz gestärkt durch die
sichere Strukturierung des Alltags und
durch die Stärkung von Kontrollüber-
zeugungen und Zugehörigkeit. Belas-
tungen wie die Sorge um Angehörige
und den Verlust von Heimat und sozia-
len Beziehungen können so in einem
ersten Schritt aufgefangen werden. Die
in jedem Kreis und jeder kreisfreien
Stadt als gemeinsame Kooperation von
Land und Kommunen vorhandenen
schulpsychologischen Beratungsein-
richtungen können von Schulen bei
Bedarf für eine inhaltliche Vertiefung
dieses Themas im Kollegium oder für
die Schulteams im Sinne einer systemi-
schen Beratung für die Schulberatung,
Gewaltprävention und Kriseninterven-
tion angefragt werden. Weitere Infor-
mationen und hilfreiche Links hat die
Landesstelle Schulpsychologie und
Schulpsychologisches Krisenmanage-
ment (LaSP NRW) in Kooperation mit
den kommunalen Stellen hier bereitge-
stellt und aktualisiert diese fortlau-
fend:
https://schulpsychologie.nrw.de/
themen/krieg/krieg.html
Heimatlos geworden:
Zahlreiche Kinder kommen
in diesen Tagen nach einer
überstürzten Flucht aus ihrer
Heimat in den Schulen auch
in Nordrhein-Westfalen an.
Zum Teil sind sie schwer
traumatisiert.
lehrer nrw ·
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12
TITEL
Wir sind Cato!
Warum sich Beharrlichkeit auszahlt
von SARAH WANDERS
Beharrlichkeit führt zum Erfolg:
Seit Jahren kämpft
lehrer nrw
für das Ziel A13 für alle’ –
unter anderem mit diesem Plakat bei der Personalratswahl 2020.
N
Neulich hörte ich einen sehr inte-
ressanten Vortrag über ’Cato den
Älteren’. Für diejenigen, die die-
sen Namen nicht ohne Weiteres in einen
geschichtlichen Kontext einordnen kön-
nen (wie ich es vor dem Vortrag wahr-
scheinlich auch nicht hätte tun können),
eine kurze Erläuterung: Der römische
Senator Marcus Porcius Cato hat sich
mit seiner Art, seine Reden zu beenden,
in den Geschichtsbüchern verewigt, denn
er soll grundsätzlich mit dem Satz »Im
Übrigen bin ich der Meinung, dass Kar-
thago zerstört werden sollte« (»Ceterum
censeo Carthaginem esse delendam«)
geendet haben, unabhängig vom sonsti-
gen Inhalt seiner Reden. Im Dritten Pu-
nischen Krieg folgte Rom schließlich
der Forderung Catos.
Von Cato lernen heißt Beharrlichkeit
in der Verfolgung seiner Ziele lernen.
Nur um nicht missverstanden zu
werden: Natürlich bewundere ich
Cato ausschließlich für die Beharr-
lichkeit seines Tuns und nicht für
den Inhalt seines Ziels.
Dreizehn Jahre
politische
Untätigkeit
Ähnlich wie Cato nicht müde
wurde, bei jeder Gelegen-
heit seine Forderung nach
der Zerstörung Karthagos
zu platzieren, wird
lehrer
nrw
nicht müde, bei je-
der Gelegenheit die
Forderung nach einer
angemessenen Besol-
dung/Vergütung
(A13/E13) für alle Lehrkräfte unabhängig
von der Schulform zu platzieren. Und die
Umsetzung dieser Forderung ist längst
überfällig.
2009 entfiel mit der Änderung des LABG
(Lehrerausbildungsgesetz) die Rechtferti-
gung für die unterschiedliche Besoldung/
TITEL
13
2/2022 ·
lehrer nrw
Vergütung unterschiedlicher Lehrämter,
denn die Regelstudienzeit wurde angegli-
chen. 2010 bis 2017 hätte die rot-grüne
Landesregierung unter Hannelore Kraft
ausreichend Zeit gehabt, diesen Missstand
endlich zu beseitigen. Leider warteten die
Lehrkräfte vor Ort vergeblich auf die An-
passung, die nicht zuletzt auch ein Zeichen
für die Wertschätzung der Arbeit aller
Lehrkräfte gewesen wäre. Und auch
unter der Nachfolgeregierung aus CDU
und FDP änderte sich nichts.
Die Wende?
Anfang Januar sagte SPD-Landeschef Kut-
schaty gegenüber der Deutschen-Presse-
Agentur in Düsseldorf, dass er im Falle sei-
ner Wahl im Mai schon ab dem 2023 be-
ginnenden Schuljahr die Eingangsbesol-
dung auf A13 für alle Lehrämter anglei-
chen wolle. »Ich kann heute keinem mehr
erklären, dass ein Lehrer an einem Gymna-
sium mehr verdienen muss als an den an-
deren Schulen. Deswegen muss das Ein-
stiegsgehalt für alle Lehrkräfte auch gleich
sein«, wurde er in der Rheinischen Post am
9. Januar 2022 zitiert. Somit sicherte sich
die SPD die Pole-Position, was das Wahl-
kampfthema ’A13 für alle Lehrkräfte’ be-
trifft.
Die SPD ist in diesem Wahlkampf aber
nicht allein mit dieser Forderung. So ist im
Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grü-
nen NRW auf Seite 61 unter dem Punkt
»Wir bringen mehr Personal in die Schule«
zu lesen: »Die gleiche Besoldung für alle
Lehrämter (A13 als Eingangsbesoldung) –
nicht nur für die neu ausgebildeten Leh-
rer*innen – ist unser Ziel.« Gut, nur ein
Satz, aber immerhin sind auch die Kolle-
ginnen und Kollegen mitgedacht, die be-
reits seit Jahren für A12/E11 arbeiten.
Natürlich könnte man sich jetzt die
Frage stellen, warum die SPD und die Grü-
nen dieses Thema nicht angegangen sind,
als sie in der Regierung waren, aber lieber
späte Einsicht als gar keine.
FDP führt im
Überbietungswettbewerb
Die FDP, die seit 2017 mit Frau Gebauer
die Schulministerin stellt, geht in ihrem
Wahlprogramm noch einen Schritt weiter:
»Die Lehrämter sind gleichwertig und er-
fordern daher auch eine einheitliche Ein-
stiegsbesoldung. Bei einer Neuordnung der
Lehrkräftebezahlung müssen jenseits der
Einstiegsbesoldung auch Beförderungsäm-
ter und eine faire Lösung für die Bestands-
lehrkräfte in den Blick genommen wer-
den.« Die FDP nimmt also nicht nur die
Neueingestellten und Bestandslehrkräfte
in den Blick, sondern auch die Kolleginnen
und Kollegen in Beförderungsämtern. Na-
türlich begrüßt
lehrer nrw
dies ausdrück-
lich, allerdings bleibt die Frage, warum die
FDP mit Schulministerin Yvonne Gebauer
diese Pläne nicht schon lange umgesetzt
hat. Ist es nur so, dass der Finanzminister
dies immer blockiert hat? Oder war die
FDP an dieser Stelle nicht ähnlich nach-
drücklich wie der alte Cato?
Bliebe zu guter Letzt noch ein Blick in
das Wahlprogramm der CDU, die schließ-
lich den Ministerpräsidenten stellt. Leider
hatte diese bis zum Redaktionsschluss
noch kein Wahlprogramm veröffentlicht.
Warum auch zwei Monate vor der Wahl
dem Wähler mitteilen, wofür man steht?
Immerhin bekennt sich die CDU in unseren
Wahlprüfsteinen zur Besoldungsgerechtig-
keit (siehe Seite 20).
Folgen den
Ankündigungen Taten?
Angesichts der Tatsache, dass sich zumin-
dest die drei Parteien, die auf Bundesebe-
ne eine Koalition bilden, dazu bekannt
haben, dass es einer Neuordnung der
Lehrkräftebezahlung bedarf, bleibt am
Ende eine entscheidende Frage: Werden
den Ankündigungen in den Wahlprogram-
men endlich Taten folgen?
Aus diesem Grund möchte ich nach
dem Vorbild Catos meinen Artikel beenden:
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass
jede Lehrkraft A13/E13 verdient!
Sarah Wanders ist stellv. Vorsitzende
des
lehrer nrw
E-Mail: wanders@lehrernrw.de
lehrer nrw ·
2/2022
14
TITEL
N
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst
bekommt demnächst reichlich Post.
Im Idealfall werden 75000 Postkar-
ten auf dem Schreibtisch des jungen Lan-
desvaters landen. Sie werden ihn daran er-
innern, dass noch ein Wahlversprechen
offen ist. ’Ich verdiene A13’ steht auf den
lehrer nrw
-gelben Postkarten. Sie bilden den
Mittelpunkt einer Kampagne, mit der
lehrer
nrw
seiner Forderung nach
einer Eingangsbesoldung
nach A13 bzw. Eingangsver-
gütung nach E13 kurz vor
der Landtagswahl am 15. Mai
nochmals Nachdruck verleiht.
Am 28. März läuft die Kam-
pagne an. Dann werden die
Postkarten an über 1000 Haupt-,
Real-, Sekundar- und Gesamt-
schulen in Nordrhein-Westfalen
verschickt. Vor Ort sollen die Lehrer-
räte an den einzelnen Schulen für
die Verteilung an die Kollegien sor-
gen. Alle Kolleginnen und Kollegen
sind aufgefordert, die Postkarten zu
unterschreiben und an Ministerpräsi-
dent Wüst zu schicken.
In einem begleitenden Anschreiben an
die Lehrerräte werden die Hintergründe
und der Ablauf der Kampagne erläutert.
Darin heißt es:
»Seit der Reform des Lehrerausbildungs-
gesetzes im Jahre 2009 ist die Ausbildungs-
dauer aller Lehramtsstudiengänge in Nord-
rhein-Westfalen gleich. Damit ist auch die
rechtliche Grundlage für eine einheitliche
Besoldung/Vergütung aller Lehrkräfte ge-
schaffen worden. Maßgeblich ist in diesem
Zusammenhang Artikel 24, Absatz 2, Satz 2
unserer Landesverfassung: ‘Für
gleiche Tätigkeit und gleiche Leistung be-
steht Anspruch auf gleichen Lohn.‘ Jedoch
haben weder die rot-grüne Landesregierung
(2010 bis 2017) noch die aktuell regierende
schwarz-gelbe Landesregierung die vergü-
tungs- und besoldungsrechtlichen Konse-
quenzen aus der Reform des Lehrerausbil-
dungsgesetzes von 2009 gezogen.« Für
lehrer nrw
ist klar:
»Eine leistungsgerechte Bezahlung der Lehr-
kräfte an Schulen der Sekundarstufe I sowie
an Grundschulen ist eine Frage der Gerech-
tigkeit und steigert gleichzeitig die Attrakti-
vität des Lehrerberufs in Nordrhein-Westfa-
len!«
’Ich verdiene A13’ ist ebenfalls auf tau-
senden von Magnetstickern und Aufklebern
zu lesen, mit denen Lehrkräfte überall ihre
Unterstützung für das A13-Ziel dokumentie-
ren können. Teil der Kampagne ist zudem
ein Plakat, das auch dieser Ausgabe unserer
Verbandszeitschrift beigelegt ist. Es soll am
schwarzen Brett aufmerksam-
keitsstark auf die Aktion hin-
weisen. Daher geht die herzli-
che Bitte an alle Leserinnen
und Leser, das Plakat an ihrer
Schule aufzuhängen und so
unsere Aktion zu unterstüt-
zen.
Mit diesem Slogan startet
lehrer nrw
am 28. März eine
Kampagne, um im Vorfeld der Landtagswahl die Forderung
nach einer gerechten Bezahlung für alle Lehrkräfte nochmals
in den Fokus der Politik und der Öffentlichkeit zu rücken.
Mit diesem Plakat
wirbt
lehrer nrw
an den
Schulen für die Postkar-
tenaktion, die der Forde-
rung nach ’A13 für alle’
Nachdruck verleiht.
Schluss mit der
Bildungs-Deform
In ihrem Ende 2021 veröffentlichten ’Manifest für Bildung’ skizziert die Gesellschaft für Bildung
und Wissen Grundzüge einer Bildungsreform nach der Corona-Krise. lehrer nrw veröffentlicht
das Manifest in zwei Teilen. Nach der Bestandsaufnahme in Teil 1 (siehe lehrer nrw 1/2022)
geht es im hier folgenden Teil 2 um die Frage, was nun notwendig ist.
Vermessen:
Quantitative Messverfahren
können Bildung nicht objektiv erfassen.
Entscheidend ist nicht eine Messmethode,
sondern ein Lehrerurteil in pädagogischer
Freiheit und Verantwortung.
15
2/2022 · lehrer nrw
Was tun und was lassen?
Das Folgende ist kein Plädoyer für eine Rückkehr
zur vermeintlich guten alten Zeit, in der faktisch
manches Gute unterlassen wurde. Die momenta-
ne Reform lehnen wir aber ab, weil sie kaum zur
Bildung mündiger Bürger beiträgt.
1. Beurteilen statt messen
Der Volksmund weiß, dass die Sau vom Wiegen
nicht fetter wird. Das gilt für das Bildungssystem
als Ganzes, dessen allein mit Kennziffern operie-
rende Qualitätskontrolle der Komplexität des
pädagogischen Auftrags nicht gerecht wer-
Foto: be free/AdobeStock
den kann. Quantitative Messverfahren haben vorder-
gründig den Vorteil, dass sie Leistungen unabhängig
von subjektiven Lehrerurteilen und sozialen Bezugsnor-
men feststellen können. Welche pädagogischen und di-
daktischen Schlussfolgerungen aus den Messergebnis-
sen zu ziehen sind, kann die empirische Forschung aber
nicht mitteilen, auch wenn sie sich zunehmend als bil-
dungspolitische Beratungsinstanz geriert. Problema-
tisch wird die Messerei, wenn sie, wie momentan, im
Dienste einer möglichst reibungslosen Steuerung des
Schulsystems steht und dabei indirekt festlegt, was als
schulisch relevante Bildung gilt. Dann bestimmt in ers-
ter Linie die Forschungsmethode, was gelehrt wird.
Natürlich ist die Objektivierung schulischer Leistungen
unvermeidbar, und die übliche Benotung leistet zunächst
nichts anderes als wissenschaftliche Messungen auch:
Sie übersetzt Qualität in Quantität. Entscheidend sind
aber die pädagogischen und fachlichen Überlegungen,
die zu einem sowohl sachangemessen wie individuell
auf Schülerinnen und Schüler abgestimmten Urteil füh-
ren. Dazu gehört auch die formative Rückmeldung jen-
seits der Zahl, also das Gespräch darüber, was verbesse-
rungsbedürftig ist und wie diese Verbesserung zu errei-
chen wäre. Dies ist insbesondere für diejenigen wichtig,
deren Bildungserfolg gefährdet ist; sie bedürfen stärker
pädagogischer Beratung, was aber nicht mit Coaching
zu verwechseln ist: Pädagogische Beratung ist auf das
Verstehen der Sache verpflichtet, Coaching nicht.
2. und 3. Bildung statt Nutztier-Training
Wir wollen den Bildungsbegriff wieder stark machen,
weil er auf die Kraft und Fähigkeit des Menschen zielt,
seine individuelle geistige und seelische Gestalt in viel-
fältiger Auseinandersetzung mit der Welt auszuprägen,
um in ihr handlungs-, gestaltungs- und urteilsfähig
werden zu können. Damit ist nichts anderes gemeint,
als der grundsätzliche verfassungsmäßige Auftrag der
Schule, nämlich die Ermöglichung von Mündigkeit,
ohne die, das sei noch einmal betont, eine demokrati-
sche Gesellschaft nicht funktionieren kann.
Das bedeutet konkret: Wenn Bildung zur Orientierung
in der Welt beitragen soll, ist Wissen über deren Sachver-
halte in den verschiedensten Bereichen unabdingbar.
Dieses Wissen auf wissenschaftlicher Grundlage zu ver-
mitteln, muss zentrale Aufgabe der Schule sein, denn
bisher wurde keine Institution gefunden, die das in der
gleichen Breite und Verbindlichkeit leisten kann. Gegen
diese Kernaufgabe werden heute häufig zwei Argumen-
te ins Feld geführt, die aber beide schwach sind.
Das erste Argument behauptet, dass die Schule nur
träges’ oder gar ’totesVorratswissen’ vermittle, das
nicht zur Lösung praktischer Probleme tauge. Dem ist
entgegenzuhalten, dass es kein ’totes Wissen’ geben
kann, da Wissen immer an lebendige Subjekte gebun-
den ist (sonst handelt es sich um bloße Information) und
dass selbstverständlich in verschiedenen Situationen
immer nur ein Teil dieses Wissens genutzt wird, ohne
dessen ’Bevorratung’ und Verknüpfung aber eine sol-
che Nutzung im Bedarfsfall gar nicht möglich wäre.
Bereits das Verstehen von Kochrezepten setzt Kenntnisse
von Mengenangaben, Ingredienzien und Zuberei-
tungsformen voraus.
Das zweite Argument verweist auf die Geschwindig-
keit, mit der sich heute das Wissen verdopple; diesem
Tempo könne der schulische Kanon unmöglich ge-
wachsen sein, weswegen es besser sei, den Unterricht
auf die Recherche von Informationen und die Vermitt-
lung von Methoden zu konzentrieren. Dahinter ver-
birgt sich ein groteskes Missverständnis der Inhalte
und der Funktion schulischer Allgemeinbildung, die
nie den Anspruch erhob, ein umfassendes Wissen in
allen Fächern zu vermitteln. Vielmehr geht es um das
Verstehen von deren Grundlagen, fachspezifischen
Gesetzmäßigkeiten und Methoden, die Ergebnis einer
langen Kulturgeschichte sind und sich nicht von heute
auf morgen ändern. Im Hintergrund steht hier natür-
lich auch die Erziehung zu Gewissenhaftigkeit und
Genauigkeit. Auf dieser Basis können die Individuen
ihren Fähigkeiten, Interessen und beruflichen Aspira-
tionen nach weiterlernen.
Mit dem Wissen verbundenes Können zielt dabei,
unabhängig vom Bildungsabschluss, nicht auf bloße
Anwendung, sondern auf sachlich angemessene, ver-
antwortliche und die Person bereichernde Könnerschaft.
Bildung, Können und Wissen sind nicht zu trennen: Wer
lediglich anwendungsbezogene Kompetenzen trainiert,
wird darauf abgerichtet, später nur die Vorgaben ande-
rer auszuführen. Dagegen umfasst Bildung neben dem
16 2/2022 · lehrer nrw
grundlegenden Wissen auch dessen Verknüpfung
und Reflexion sowie ethische Urteilskraft. Eine Schu-
le, die solche Fähigkeiten nicht zumindest anbahn-
te, hätte ihren Auftrag verfehlt.
Es gilt daher, die Bedeutsamkeit des Wissens und
Könnens und seiner schulischen Vermittlung ge-
gen jegliche rein funktionalistische Kompetenzver-
mittlung zu verteidigen und Wagenscheins Devise
»Verstehen ist Menschenrecht« Geltung zu verschaf-
fen. Daraus folgt notwendig:
Man muss
4. Ansprüche stellen
Werden fachliche Inhalte nur noch unter dem
Aspekt der unmittelbaren Nützlichkeit vermittelt
oder zum beliebigen Material für den Erwerb von
Methoden- und Präsentationskompetenzen degra-
diert, dann wird der Unterricht geistlos und igno-
riert nicht nur den Lernwillen und die Bildsamkeit
der Schülerinnen und Schüler, sondern konfrontiert
sie auch nicht mehr mit den Herausforderungen,
die das Verstehen einer Sache mit sich bringt.
Dies beginnt mit dem sicherlich manchmal müh-
samen und viel Übung erfordernden Erwerb der
Kulturtechniken in der Grundschule. Versucht man,
den Kindern aus falsch verstandener pädagogi-
scher Rücksicht heraus diese Mühen zu ersparen,
so beeinträchtigt das ihren gesamten weiteren
Lern- und Lebensweg.
Mit der Bildung in der Sekundarstufe I rücken die
Erschließung stärker fachlich strukturierter Inhalte,
die Unterschiedlichkeit ihrer Weltzugänge und die
mit ihnen verbundenen fundamentalen Fragen in
den Vordergrund, was für eine Orientierung in der
Welt, aber auch für die Entdeckung eigener Nei-
gungen und daraus sich ergebender Lebensent-
würfe unerlässlich ist.
Die Sekundarstufe II führt mit dem Gymnasium
und dem beruflichen Schulwesen zwar weiterhin
zu einer Gabelung der Bildungswege, diese ist aber
weitaus weniger markant als früher, da die Ansprü-
che in den meisten beruflichen Bildungsgängen
stark gewachsen sind und sich immer mehr an wis-
senschaftlich begründeten Verfahren orientieren.
Daraus ist bereits seit längerem die richtige Konse-
quenz gezogen worden, den Hochschulzugang
auch über berufliche Bildungswege zu ermögli-
chen und damit, ebenso wie im Gymnasium, einen
wissenschaftspropädeutischen Akzent zu setzen.
Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die nicht-
akademische Berufsausbildung nun zu vernach-
lässigen wäre, im Gegenteil: Das ausgesprochen
differenzierte und durchlässige System der berufli-
chen Bildung mit seinen dualen Bildungsgängen
muss gegen eine rein formale Expansion akademi-
scher Abschlüsse, wie die OECD sie unablässig for-
dert, verteidigt werden. Es hat seine Gründe, dass
Deutschland weltweit eine der niedrigsten Quoten
bei der Jugendarbeitslosigkeit aufweist und dass
umgekehrt in Ländern mit überdurchschnittlich
hohen akademischen Abschlussquoten auch die
Arbeitslosigkeit unter den Hochschul-Absolventen
signifikant hoch ist.
Egal, um welchen Bildungsgang und Abschluss
es geht: Fachlichkeit und sachlicher Anspruch sind
und bleiben tragende Prinzipien von Bildung.
5. Didaktik statt ’Tools’
Weder digitale Medien noch grassierende unter-
richtsmethodische ’Tools’ wie Stationenlernen,
’Think pair share oder eben PP-Präsentationen
unterstützen an sich Lernprozesse in sinnvoller
Weise. Medien und Methoden sind sekundär,
denn sie ersetzen nicht die didaktische Begrün-
dung in Bezug auf die jeweiligen Schülerinnen
und Schüler und die jeweilige Sache. Eine gute
Orientierung bieten dabei nach wie vor Klafkis
Prinzipien des Exemplarischen, Elementaren und
Fundamentalen. Die wechselseitige Erschließung
der Schüler für die Sache und der Sache für die
Schüler bleibt Kern der professionellen Aufgabe
von Lehrkräften. Sie müssen gewährleisten, dass
die Bedeutsamkeit der Inhalte auch in der didak-
tischen Vermittlung noch erkennbar bleibt, sonst
wird Unterricht aus Schülersicht sinnlos, weil sich
künstliche Motivationsinstrumente zwischen Ler-
nende und Sache schieben, statt sie miteinander
zu vermitteln.
17
2/2022 · lehrer nrw
18 2/2022 · lehrer nrw
6. Der kulturelle Generationenvertrag
ist die gesellschaftliche Grundlage und Legitimation
der Schule. Sie soll künftige Generationen systema-
tisch in die historisch gewachsene Kultur (im weitesten
Sinne verstanden) einführen. Dies ist nicht nur eine
bildende, sondern auch eine erzieherische Aufgabe,
denn sie bringt die künftigen Erwachsenen zur Ein-
sicht in ihre vielfältigen Abhängigkeiten, ohne deren
Kenntnis eine spätere mündige Haltung dazu nicht
denkbar ist. Nur in der subjektiven Auseinanderset-
zung mit dieser Kultur kann ein Mensch überhaupt
seine Individualität bilden. Die Individualisierung
wird also erst durch die schulische Enkulturation er-
möglicht und nicht durch individuelle Bildungspläne.
Selbstverständlich müssen im Vermittlungsprozess
die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen und Lern-
wege der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt wer-
den, damit ihnen die subjektive Aneignung der Kultur
gelingt. Dies darf aber nicht zu einer beliebigen An-
passung der inhaltlichen Ansprüche an ihre lebens-
weltlichen Horizonte führen, denn erst mit deren Über-
schreitung können sie sich von sozialisatorisch beding-
ten Vorurteilen und anderen Einschränkungen emanzi-
pieren und damit ihre Individualität entfalten.
7. Das Hamsterrad stoppen
Nach der Veröffentlichung der ersten PISA-Studie
und dem danach medial inszenierten ’PISA-Schock’
waren die Schuldigen schnell gefunden: Wenn die
deutschen Probanden nicht einmal durchschnittli-
che Ergebnisse erzielten, lag das scheinbar an der
mangelnden Professionalität der Lehrkräfte. Daher
veröffentlichte die Kultusministerkonferenz 2004 ihre
Standards für die Lehrerbildung, die weit mehr als
die bis dahin üblichen Aufgaben von Lehrerinnen
und Lehrern enthalten (Umgang mit Heterogenität,
Medienbildung, Schulentwicklung, empirische Bil-
dungsforschung), mit einer bezeichnenden Ausnah-
me: Von der Notwendigkeit solider Fachkompeten-
zen ist dort nicht mehr die Rede.
Die Lehrkräfte werden damit nicht nur zu individu-
ellen Coaches für hunderte von Schülerinnen und
Schülern erklärt, sondern haben sich zusätzlich mit
den Kollateralschäden der Aufgabenhäufung, näm-
Das Manifest für Bildung
kann bei der Gesellschaft
für Bildung und Wissen
in Papierform bestellt
(info@bildung-wissen.eu)
oder unter folgendem Link
heruntergeladen werden:
https://bildung-wissen.eu/
wp-content/uploads/2021/10/
Flugschrift_0_digital.pdf
INFO
lich dem enormen bürokratischem Aufwand für die
Rechenschaftslegung, herumzuschlagen, den ’indivi-
duelle Förderung’, externe Leistungsmessung und
Schulinspektion mit sich bringen. Die Lehrkräfte sind
also einer auf Dauer gestellten Reform in verschiede-
nen Bereichen ausgesetzt, deren jeweilige Wirkun-
gen nicht in Ruhe abgewartet und evaluiert werden
und deren Nutzen schon vorher fraglich war. Der so
produzierte Stress führt nicht zu mehr Sinnerfahrung,
sondern zu weiterer Erschöpfung.
8. Pädagogische Freiheit und Verantwortung
Es ist also höchste Zeit innezuhalten, um wieder über
die wesentlichen Aufgaben und Zwecke schulischer
Bildung und Erziehung nachzudenken. Dies beinhal-
tet zum einen die Konzentration auf das für die Lehrer-
bildung Essentielle, nämlich eine umfassende fachli-
che, fachdidaktische und pädagogische Bildung.
Zum anderen bedarf es des Bekenntnisses zur päda-
gogischen Freiheit und Verantwortung der Lehrerin-
nen und Lehrer. Es ist höchste Zeit, ihnen wieder Ver-
trauen in ihre professionelle Erfahrung und ihr päda-
gogisches Augenmaß entgegenzubringen, die sie in
der Mehrheit auch bisher befähigt haben, ihre Aufga-
be verantwortungsvoll wahrzunehmen.
Wenn die Fähigkeit zu verantwortungsvoller Entfal-
tung individueller Freiheit Ziel schulischer Bildung ist,
dann können Lehrerinnen und Lehrer nicht wie Un-
mündige behandelt werden. Pädagogische Freiheit
und Verantwortung statt technischer Steuerung und
Kontrolle sind daher das Elixier, aus dem auch die
Schule der Gegenwart Sinn, Richtung und Kraft für
die anstehenden wichtigen Aufgaben gewinnt.
BATTEL HILFT
19
2/2022 ·
lehrer nrw
Wozu sind
Kriege da?
Der Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Stefan Battel gibt in
seiner Kolumne regelmäßig Antworten auf Fragen aus dem
Lehreralltag. Diesmal geht es um die Frage, wie man Kindern
einen Krieg erklären kann.
D
Der Titel des Liedes von Udo Linden-
berg von 1981 ist mir in den letz-
ten Wochen häufig durch den Kopf
gegangen. Wie erklärt man in dieser Si-
tuation Kindern den Krieg? Absolut unbe-
nommen ist, dass die Situation im Mo-
ment der kriegerischen Auseinanderset-
zung uns allen große Angst machen kann
oder macht. Wie schaffen wir es nun, mit
unseren eigenen Kindern bzw. im schuli-
schen Kontext mit den Schülern darüber
zu sprechen?
Hilfreich könnte sein, auf Vertrauen und
Offenheit zu setzen. Es bedarf hier einer
vertrauensvollen und für Fragen offenen
Atmosphäre. Für uns alle sind solche
Begebenheiten nicht einfach zu erklären
und schon gar nicht von Emotionen zu
trennen. Des Weiteren ist es wichtig, ver-
ständlich zu bleiben. Überladen Sie die
Kinder nicht mit Informationen. Je jünger
das Kind, desto weniger wird es die volle
Tragweite eines Krieges begreifen können.
Geben Sie den Kindern ehrliche Antworten
und Informationen (was in Zeiten von pro-
pagandistischen Mechanismen sicherlich
uns selbst nicht einfach fällt).
Wichtig ist auch, alle Gefühlslagen
des Kindes zu akzeptieren. Krieg ist eine
sehr schwer zu erklärende Angelegen-
heit. Auch scheint es wichtig, Transparenz
eigener Gedanken und Gefühle zu er-
möglichen und sich auch selbst unter
Umständen mal hilflos zu zeigen, wenn
man gewisse Dinge nicht erklären kann.
Aber dafür sorgen bzw. Angebote ma-
chen, wie wir im Hier und Jetzt und zu-
künftig bezogen auf den professionellen
Kontext (schulischen Kontext) friedvoll
miteinander umgehen, wie man Frieden
schaffen kann, Frieden als Thema neh-
men und diesbezüglich auch keine Feind-
bilder aufbauen. Auch mit den Kindern zu
diskutieren, wo fängt Frieden eigentlich
an, was heißt das für uns als Klassenge-
meinschaft, soziale Wesen etc.?
Vielleicht kann es auch sinnstiftend
sein, je nach Entwicklungsalter philoso-
phische oder religiöse oder wie auch
immer geartete Texte zum Frieden und
zum Miteinander zu lesen. Es gibt dies-
bezüglich keine einfache Gebrauchsan-
weisung. Wichtig erscheint mir jedoch,
entgegen eines Ohnmacht-Gefühls sich
selbstwirksam zu positionieren, Ideen
zu entwickeln, wie wir auf kleinster
Mikroebene Frieden schaffen können.
»Sie stehen sich gegenüber und könnten
Freunde sein. Doch bevor sie sich ken-
nenlernen, schießen sie sich tot«
(Lindenberg).
Wir sollten keinen Hass vermitteln
gegen jegliche Art von Bevölkerungsgrup-
pen, sondern mitmenschlich überlegen,
wie wir jetzt gerade in diesen Zeiten
Menschen in Not helfen können. Mit
welcher Initiative kann es uns gelingen,
Mitmenschlichkeit vorzuleben? Wie lassen
wir die Kinder daran partizipieren? Dies
impliziert Selbstwirksamkeit und hilft uns
aus der Ohnmacht, die zwischendurch
immer mal wieder an der seelischen Tür
klopft und angstvoll fragt: »Wozu sind
denn dann Kriege da?«
ZUR PERSON
Dr. med. Stefan
Battel ist seit 2007
niedergelassener
Facharzt für Kinder-
und Jugendpsychia-
trie und -psychothe-
rapie mit eigener
Praxis in Hürth bei
Köln und seit 2012
systemischer Famili-
entherapeut (DGSF).
Im Rahmen des
lehrer nrw
-Fortbil-
dungsprogramms
greift er in einer Vor-
tragsreihe regelmä-
ßig verschiedene
Themen aus dem
Bereich der Jugend-
psychologie auf.
Foto: Andreas Endermann
Ausschließlich für Mitglieder von
lehrer nrw
bietet Dr. Stefan Battel
einmal pro Woche eine Telefonsprechstunde an. Lehrkräfte, die Infor-
mation, Rat und Hilfe im Umgang mit schwierigen Schülern oder Eltern
brauchen oder selbst in einer psychisch belastenden beruflichen Situa-
tion stecken, können dieses Angebot nutzen.
Die Hotline ist jeden Dienstag von 15 Uhr bis 16 Uhr freigeschaltet
und unter der Telefonnummer 0 22 33 / 961 01 20 erreichbar.
lehrer nrw ·
2/2022
20
SCHULE & POLITIK
Wahl-
prüfsteine
Die Bildungspolitik wird bei der Landtagswahl am 15. Mai wieder ein
entscheidender Faktor sein. Wir haben CDU, SPD, FDP und Grüne befragt,
wie sie sich zu zentralen schulpolitischen Herausforderungen positionieren.
»Gleicher Lohn für gleiche Arbeit« –
Wann wird dieser Verfassungsgrundsatz
an nordrhein-westfälischen Schulen um-
gesetzt?
Die Corona-Pandemie und die Flutkatastrophe im
vergangenen Jahr haben den Landeshaushalt in unerwarteter
Weise enorm belastet, sodass einige von der Landesregierung
geplante Vorhaben nicht mehr realisiert werden konnten. In der
nächsten Legislaturperiode werden wir die Angleichung der Lehr-
amtsausbildung für den Bereich Primarstufe und Sekundarstufe I
an die Ausbildung für Sekundarstufe II (also 10-semestriges Studi-
um + 18 Monate Vorbereitungsdienst) besoldungsrechtlich umset-
zen.
Wir werden zudem Bestandslehrerinnen und -lehrer einen Auf-
stieg in die Besoldungsgruppe A13 ermöglichen. Dafür werden wir
ihnen Angebote für eine modulare Qualifikation machen. Dies hat
sich in der öffentlichen Verwaltung bewährt. Sie können so den
Qualifikationsnachteil ausgleichen, den sie durch ihre kürzere
Hochschulausbildung haben. Das gilt auch für Hochschulabsolven-
tinnen und -absolventen mit kürzerer Studiendauer aus anderen
Bundesländern.
Die SPD bekennt sich zum Verfassungsgrundsatz »Gleicher
Lohn für gleiche Arbeit« und will diesen Realität werden
lassen. Die Ausgangslage hierbei ist, dass die Lehramtsausbildung
in ihrer Struktur für alle Lehrämter bei der ersten und zweiten Pha-
Foto: AdobeStock/Swapan
Foto: AdobeStock/johannes81
1
SCHULE & POLITIK
se der Ausbildung identisch ist. Bei gleichwertiger Ausbildung
(vgl. LABG 2009) bedeutet dies auch eine gleichwertige Besoldung
für alle Lehrämter.
Es ist sowohl ein Gebot der Fairness als auch Voraussetzung dafür,
dass genügend engagiertes und qualifiziertes Lehrer:innenpersonal
in allen Schulformen bereit steht, damit unsere Kinder die bestmögli-
che Bildung bekommen und für die Zukunft gewappnet sind. Des-
halb werden wir dafür sorgen, dass bei Regierungsübernahme alle
Lehrkräfte den gleichen Lohn beim Eingangsgehalt verdienen. Dies
haben wir bereits durch einen Gesetzentwurf bekundet.
Die Lehrämter innerhalb unseres vielfältigen Schul-
systems mit unterschiedlichen Schulformen und Bil-
dungsgängen sind gleichwertig und erfordern daher auch eine ein-
heitliche Einstiegsbesoldung. Wir wollen die Lehrkräftebezahlung
neu ordnen. Dabei müssen jenseits der Einstiegsbesoldung auch
Beförderungsämter und eine faire Lösung für die Bestandslehrkräf-
te in den Blick genommen werden. Für den Schuldienst sind ver-
lässliche und sichere Beschäftigungsverhältnisse auch im Tarifbe-
reich von großer Bedeutung für die Personalversorgung an unseren
Schulen und zudem für die persönliche Situation und berufliche
Perspektive der betroffenen Lehrkräfte. Deshalb sollen noch vor-
handene Kettenbefristungen weiter zurückgeführt und möglichst
beendet werden. Hierfür schaffen wir die notwendigen Vorausset-
zungen, damit unbefristete Beschäftigung vor allem auch für Sei-
teneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger verstärkt angeboten wer-
den kann.
Mit der Novellierung der Lehrerausbildung wurde die
Studienzeit für alle Lehrämter angeglichen. Damit
entfiel die Begründung für die unterschiedliche Besoldung. Mit der
Einstellung der ersten Absolvent*innen nach neuem Lehrerausbil-
dungsgesetz hätte eine Anpassung der Einstiegsbesoldung 2018
zwingend erfolgen müssen. Dementsprechende Versprechen hat
die Landesregierung nicht umgesetzt. Es darf darüber hinaus nicht
nur bei der Einstiegsbesoldung der Lehrämter Primar- und Sekun-
darstufe I bleiben, sondern muss für alle Lehrkräfte mit dem Lehr-
amt umgesetzt werden. Weiterhin muss es entsprechende Anpas-
sungen bei den Schulleitungen und Fachleitungen geben. Das wür-
den wir in einem Sofortprogramm nach Regierungsbildung umset-
zen. Außerdem wollen wir die Berechnung der Lehrerarbeitszeit
überprüfen, damit auch unterschiedliche Aufgaben wie Beratungs-
und Teamarbeit angemessen berücksichtigt werden. Erweiterte Be-
förderungsmöglichkeiten insbesondere für Werkstatt-, Technik- und
Fachlehrkräfte sind zudem zu gewährleisten. Die Eingangsbesol-
dung A9 muss abgeschafft werden.
Die Landesregierung hat zwar Quali-
tätsstandards für das Gemeinsame
Lernen an Schulen der Sekundarstufe I
festgelegt, allzu häufig können diese
(zum Beispiel aufgrund des gra-
vierenden Personalmangels) aber
nicht eingehalten werden. Was ist
zu tun?
Die Problematik ist uns bewusst. Wir greifen hier inten-
siv auf multiprofessionelle Teams zurück und arbeiten darüber
hinaus intensiv an der Rekrutierung weiteren Personals.
Die schwarz-gelbe Landesregierung hat ihr Versprechen
beim Gemeinsamen Lernen nicht eingelöst. Mit einer Per-
sonaloffensive werden wir dafür sorgen, dass die Qualitätsstan-
dards für das Gemeinsame Lernen an Schulen der Sekundarstufe I
gewährleistet werden. Alle Schulen werden entsprechend ihren Be-
darfen mit engagiertem und qualifiziertem Personal für die zukünf-
tigen Herausforderungen ausgestattet. Hierfür werden wir die
Foto: AdobeStock/Fokussiert
2
21
2/2022 ·
lehrer nrw
lehrer nrw ·
2/2022
22
SCHULE & POLITIK
Studienplätze für Lehramt, Sonderpädagogik und Sozialpädagogik
massiv ausbauen und die Zugangsvoraussetzungen sinnvoll anpas-
sen.
Zudem werden wir an allen Schulformen praktische Unterrichts-
inhalte in der Sekundarstufe I erhöhen und die starken Angebote
der Berufsorientierung an den Berufskollegs bereits in die Sekun-
darstufe I ziehen. Hierzu werden wir, orientiert an der individuellen
Ausgangslage der Schüler:innen, Möglichkeiten des Langzeitprakti-
kums stärken und ausbauen.
Gelingende Inklusion ist zentral für eine gerechte,
faire und offene Gesellschaft. Daher haben wir die
so wichtige Neuausrichtung der schulischen Inklusion durch eine
Bündelung vorhandener Mittel und Möglichkeiten und durch zu-
sätzliche Ressourcen vorangetrieben. Wir wollen sicherstellen,
dass schulische Inklusion mit der Gewissheit, dass sich alle Schü-
lerinnen und Schüler auf eine gelingende Teilhabe durch ein Ler-
nen von- und miteinander verlassen können, verbunden wird. Der
Lehrkräftemangel muss dauerhaft und strukturell behoben wer-
den. Mit insgesamt vier Maßnahmenpaketen haben wir seit 2017
insgesamt über 5600 Lehrerstellen an unseren Schulen zusätzlich
besetzen können. Auch eine Vielzahl weiterer Professionen unter-
stützt heute die wichtige Arbeit unserer Lehrkräfte in multiprofes-
sionellen Teams. Diesen Weg wollen wir konsequent fortsetzen.
Neben dem kontinuierlichen weiteren Stellenausbau wollen wir
mehr Sonderpädagoginnen und -pädagogen an zusätzlichen Stu-
dienstandorten ausbilden. Daher haben wir bereits fast 1 500
neue Studienplätze für das Grundschullehramt und die Sonderpä-
dagogik geschaffen.
Die Zahl nichtbesetzter Stellen hat eine Rekordhöhe
erreicht. Gerade in den vergangenen zwei Jahren
der Pandemie floss fast eine halbe Milliarde Euro zurück an den
Finanzminister und wurde so den Schulen entzogen. Das Geld
auch für nicht besetzte Stellen muss den Schulen zur Verfügung
gestellt werden. Es könnte multiprofessionelles Personal akquiriert
werden, was die Lehrkräfte entlastet und ergänzt. Der Anspruch
auf die Besetzung der Lehrerstellen darf dadurch aber nicht aufge-
hoben werden. Die Lerngruppengröße im Gemeinsamen Lernen
muss verbindlich reduziert werden. Inklusionsassistenzen müssen
systemisch verankert werden und an den Schulen vorhanden sein,
anstatt für jedes einzelne Kind Ressourcen organisieren zu müs-
sen. Vorrangig in den Ganztagsschulen müssen Therapieräume
eingerichtet werden können, um notwendige Angebote für die
Kinder und Jugendlichen in der Schulzeit anbieten zu können.
Die Lehramtskapazitäten im Bereich der Sonderpädagogik müssen
weiter ausgebaut werden, auch in der Kombinationsmöglichkeit
der Fächer. Regionale Qualitätszirkel mit kollegialem Austausch
tragen zur Unterstützung bei wie ein systematisches Fortbildungs-
management. Beides muss mit ausreichenden zeitlichen und fi-
nanziellen Ressourcen ausgestattet sein.
Die Gleichwertigkeit von beruflicher
und akademischer Bildung ist seit Jah-
ren ein Herzensanliegen unseres Ver-
bandes. Wer in Nordrhein-Westfalen die
duale Ausbildung stärken will, muss die
Schulformen stärken, die in besonderer
Weise auf die Ausbildungsreife ihrer
Schülerinnen und Schüler hinwirken:
Realschulen, Hauptschulen, Gesamtschu-
len, Sekundarschulen. Welche Maßnah-
men sind zu ergreifen?
Wir stehen zur Gleichwertigkeit von beruflicher und
akademischer Bildung. Sie ist ein weltweit beachtetes Erfolgsmodell,
bietet Menschen eine Perspektive für ein glückliches und selbst-
bestimmtes Leben und sichert die Zukunft unserer Unternehmen.
Wir werden die Schulabschlüsse der Sekundarstufe I stärken und
auf die berufliche Weiterqualifikation ausrichten. Dafür brauchen
wir eine schulische Ausbildung mit mehr Praxisabschnitten, die ei-
ne bessere Verzahnung mit Handwerk und Industrie gewährleistet.
Wir werden das Übergangssystem Schule-Beruf mit seinem Herz-
stück »Kein Abschluss ohne Anschluss« (KAoA) so weiterentwi-
ckeln, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene schon in der
Schule von den Vorteilen einer dualen Ausbildung überzeugen kön-
nen. Damit sollen sie eine Entscheidungshilfe zugunsten eines zu-
kunftsfähigen Berufslebens in einer dualen Ausbildung erhalten.
Wir werden KAoA noch stärker auf die Jugendlichen mit Unterstüt-
zungsbedarf ausrichten.
Foto: AdobeStock/Robert Kneschke
3
SCHULE & POLITIK
Darüber hinaus wollen wir modernste Berufsschulen für unser
Land. Daher brauchen wir eine Offensive für mehr Lehrpersonal und
einen Modernisierungsschub beim Gebäudebestand.
Für uns als SPD gilt, dass berufliche und akademische
Bildung gleichberechtigt nebeneinander stehen. Jeder jun-
ge Mensch soll nach seinen Talenten und Vorlieben entscheiden
können, ob er einen akademischen Bildungsabschluss an Hoch-
oder Fachhochschule oder eine berufliche Ausbildung absolvieren
will.
Um die duale Ausbildung zu stärken, müssen alle Schüler:innen
der Sekundarstufe I gute strukturelle Voraussetzungen haben, um
eine Ausbildung antreten zu können. Insbesondere mit dem Haupt-
und dem Realschulabschluss soll eine gute berufliche Lebenspla-
nung möglich sein. Diese Abschlüsse müssen wieder mehr wertge-
schätzt werden.
Wir werden das Erfolgsprogramm ’KAoA’ stärken und eine Aus-
bildungsplatzgarantie einführen. Zudem werden wir an allen Schul-
formen praktische Unterrichtsinhalte in der Sekundarstufe I erhö-
hen und die starken Angebote der Berufsorientierung an den Be-
rufskollegs bereits in die Sekundarstufe I ziehen. Hierzu werden wir
die Möglichkeiten des Langzeitpraktikums stärken und ausbauen.
Für uns ist die Gleichwertigkeit von beruflicher und
akademischer Bildung und Laufbahnen eine Selbst-
verständlichkeit. Die Öffnung der Polizei für Realschüler ist hier un-
ser bester Beweis. Wir wollen in eine exzellente berufliche Bildung
in Nordrhein-Westfalen investieren, um sie so dauerhaft weiter zu
stärken. Wir brauchen starke Schulen für den gymnasialen Bildungs-
gang und den akademischen Nachwuchs. Aber ebenso brauchen
wir starke Schulen, die hochwertige mittlere Schulabschlüsse verge-
ben und bestmöglich auf eine berufliche Ausbildung vorbereiten.
Dafür bekennen wir uns auch weiterhin zu unserem mehrgliedri-
gen Schulsystem. Wir wollen die Haupt-, Real- und Sekundarschulen
mit einer Qualitätsoffensive und wirkungsvollen Investitionen stär-
ken. Damit wollen wir konkret sowohl eine Aufstockung von Perso-
nal und moderner Ausstattung vorantreiben als auch den Ausbau
der Vernetzung von Schulen und Ausbildungsbetrieben. Ziel ist es,
ein gesellschaftliches Umdenken hin zu größerer Anerkennung für
mittlere Berufsabschlüsse und der Gleichwertigkeit von beruflicher
und akademischer Bildung zu erreichen.
Jeder Schüler und jede Schülerin und die Eltern sollten
über die vielfältigen Möglichkeiten der Bildungslauf-
bahnen informiert werden, und dazu gehören ausdrücklich
lehrer nrw ·
2/2022
24
SCHULE & POLITIK
Foto: AdobeStock/vegefox.com
die Möglichkeiten der beruflichen Bildung. Das sollte schon ab der
Grundschule erfolgen. Wichtig ist, dass Kooperationen von Schulen
mit Ausbildungsbetrieben und Kammern im Rahmen der regionalen
Bildungslandschaften Möglichkeiten schaffen, damit Schüler*innen
die reale Lebens- und Arbeitswelt kennenlernen. KAoA (Kein Ab-
schluss ohne Anschluss) muss begleitend weiterentwickelt werden.
Welches Entwicklungsvorhaben liegt
Ihnen besonders am Herzen, so dass Sie
es im Falle einer Regierungsbeteiligung
zur Umsetzung bringen würden?
Gute Bildung mit motivierten Lehrkräften und gut aus-
gestatteten Schulen ist unser Ziel – und zwar im ganzen Land. Wir
haben in den vergangenen fünf Jahren 10000 zusätzliche Lehrkräfte
eingestellt. Bis 2027 werden es noch einmal 10 000 zusätzlich sein.
Wir werden den klassischen Unterricht durch digitale Lernmethoden
ergänzen und jedem Kind ein digitales Endgerät zur Verfügung stel-
len. Wir wissen, dass die Bildung von heute die Zukunft von morgen
ist. Wir wollen daher jedes Talent fördern und haben dabei im Blick,
dass nicht jedes Kind dieselben Startchancen hat. Die von uns in den
vergangenen fünf Jahren eingeleiteten Maßnahmen werden wir
fortsetzen und mit den Beteiligten zusammen anpacken.
Corona hat die Probleme unseres Schulsystems offen zu
Tage gefördert und die Bildungsungerechtigkeit verdeut-
licht. Herkunft darf nicht länger über Bildungschancen entscheiden.
Bildung, und somit Chancengleichheit, beginnt schon in der früh-
kindlichen Bildung. Daher stärken wir die frühkindliche Bildung und
den Ganztag. Damit wir die Bildungsgerechtigkeit gewährleisten
können, muss das größte Entwicklungsvorhaben die Bekämpfung
des Lehrermangels und die Steigerung der Attraktivität des Lehrbe-
rufs sein. An allen Schulen der Sekundarstufe I und den Grundschu-
len wird von uns der Lehrermangel bekämpft. Hierzu gehört das
Einstiegsgehalt A13 für Alle, mehr multiprofessionelle Teams, und
damit verbunden streben wir sogenannte Organisationszeiten an,
in denen sich Lehrkräfte mit den multiprofessionellen Teams aus-
tauschen können. Zur Entlastung von Verwaltungsaufgaben wer-
den wir Schulassistenzen ausbauen.
Wir wollen die Vielfalt in unserem mehrgliedrigen
Schulsystem sichern, noch bestehende Ungleichbe-
handlungen der Schulformen beenden und dabei eine hohe Durch-
lässigkeit gewährleisten. Mit 1000 Talentschulen und einem lan-
desweiten Schülerstipendium wollen wir alle Talente fördern –
egal, woher sie kommen und wie sie aufwachsen. Zusammen mit
den Schulträgern wollen wir dafür sorgen, dass jede Schule eine
digitale Schule wird: Mit stets einsatzfähiger Infrastruktur, aktueller
Soft- und Hardware und einer Fortbildungsoffensive. Bei den End-
geräten wollen wir eine 1:1 Ausstattung erreichen.
Den eingeschlagenen Weg, den Lehrkräftemangel strukturell zu
beheben, wollen wir konsequent fortsetzen. Angesichts des großen
und noch verbliebenen Investitionsstaus wollen wir ein weiteres In-
vestitionsprogramm ’Gute Schule 2030’ für einen modernen und
nachhaltigen Schulbau auflegen. Um Investitionen in Schule effek-
tiver zu steuern, streben wir mit Bund und Kommunen eine zu-
kunftsweisende Verständigung an, um Zuständigkeiten neu und
klar festzuhalten und Bildung in Zeiten der Digitalisierung, der
Integration und der Inklusion nachhaltig zu finanzieren.
Wir möchten den Bildungsetat deutlich erhöhen, um
unterschiedliche Ziele zu erreichen: Attraktivierung
des Lehrerberufs durch eine gerechte Besoldung, erweiterte Beför-
derungsmöglichkeiten, Neuberechnung der Lehrerarbeitszeit mit
einer schrittweisen Reduzierung des Stundendeputats, Entlastung
durch multiprofessionelles Personal von Schulsozialarbeit und
-psychologie über Schulverwaltungsassistenz bis zu eigenen IT-
Administrator*innen, kleinere Lerngruppen gerade zur Umsetzung
der Inklusion.
Die Gelder aus den Corona-Aufholprogrammen müssen nicht nur
verstetigt werden, sondern den Schulen unbürokratisch zur Verfü-
gung stehen. Ziel muss es sein, die Rahmenbedingungen insgesamt
zu verbessern und nicht mit aufwändigen Add-On-Programmen
temporär zu agieren.
Es wird deutlich, dass ein Kraftakt im Bildungsbereich unaus-
weichlich ist. Die Herausforderungen durch die Pandemie haben
die Handlungsnotwendigkeiten schonungslos offengelegt. Die
Kriegsfolgen mit der humanitären Aufnahme von vielen Kindern
und Jugendlichen bringen neue Aufgaben. Zu Beginn der Legislatur
muss ein verbindlicher Stufenplan zur Umsetzung der notwendigen
bildungspolitischen Maßnahmen und Investitionen vereinbart wer-
den.
4
der von uns Menschen vorgenommenen
Eingriffe in die Natur zeigen. Jeder Eingriff
hat eine Veränderung zur Folge, die manch-
mal absehbar sein kann, aber meist erst
später nicht absehbare Folgen mit sich
bringt. Nicht immer sind Menschen dann
bereit, die richtigen Konsequenzen daraus
zu ziehen.
Ein Bild zeigt Menschen in China, die mit
Bambusstangen und Federn die Bestäubung
der Obstbäume vornehmen müssen. Massi-
ver Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hat
dazu geführt, dass Insekten, die diese Arbeit
verrichtet haben, diesen
Einsatz nicht überlebt
haben und nun die Be-
fruchtung durch Men-
schenhand erfolgen
muss, und das schon seit
etwa vier Jahrzehnten.
Beeindruckend und
faszinierend ist die mo-
numentale Erdkugel im
100 Meter hohen Luft-
raum des Gasometers. In
entspannter Sitzposition
kann jeder die Erde aus
Astronautenperspektive
betrachten und genie-
ßen. Beeindruckend war
auch die Darstellung der
Ozeanströmungen, die
Flugbewegungen oder
auch der Tag -und Nachtwechsel. Angetan
von der Schönheit unseres Planeten, aber
auch betroffen von den Konsequenzen zum
Beispiel des Klimawandels verließ die
lehrer
nrw
-Gruppe die Ausstellung und das impo-
sante Bauwerk des Gasometers.
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lehrer nrw
Das zerbrechliche
Paradies
Nachdem die ursprünglich für den 17. Februar geplante Exkursi-
on zum Gasometer Oberhausen sturmbedingt ausgefallen war,
ergab sich ein Ersatztermin für den 2. März. Und es lohnte sich:
Die Teilnehmenden waren tief beeindruckt von der Ausstellung,
die die Verletzlichkeit unseres Planeten vor Augen führte.
D
Die Ausstellung ’Das zerbrechliche Para-
dies’ im Gasometer war faszinierend.
Mit vielen preisgekrönten Aufnahmen zeigte
sich die ganze Schönheit unserer Erde, aber
auch die Verletzlichkeit unseres Planeten.
Die Führung konzentrierte sich auf einzelne
Bilder, die die Schönheiten der Erde zeigen,
aber auch ganz deutlich die Auswirkungen
IT-Fortbildung im April
Die IT-Fortbildung für Senioren im April kann stattfinden, trotz noch freier Plätze,
die bis zum Anmeldeschluss nicht belegt wurden. So können sich alle Teilnehmer
auf eine sehr persönliche Betreuung freuen und hoffentlich einige Neuigkeiten
und Anregungen mit nach Hause nehmen. Die IT-Fortbildung findet vom 20. bis
22. April in der dbb-Akademie Königswinter statt.
Anmeldungen sind noch möglich.
https://lehrernrw.de/lehrernrw-de-senioren-fortbildungsangebote/
Zu den Schönheiten
Ostfrieslands
Vom 10. Mai bis 14. Mai erkundet eine Gruppe von
lehrer nrw
-Senioren von Emden aus die Schönhei-
ten Ostfrieslands. Die Fahrt wurde mit vielen Au-
ßenaktivitäten geplant. Falls das Wetter nicht mit-
spielt, wird flexibel umgeplant: Ostfriesland hat
auch indoor viel zu bieten.
Die Erde leidet:
Einen Eindruck davon
gibt dieses Bild,
das in der Ausstellung
zu sehen ist.
Einige Exkursionsteilneh-
mer vor dem Gasometer
in Oberhausen.
Fotos: Monika Holder
SENIOREN
lehrer nrw ·
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FORTBILDUNGEN
Auf die Stimme
kommt es an
Die Stimme gehört zu den wichtigsten Werkzeugen einer Lehrkraft. Wie man sie richtig einsetzt,
um vor der Klasse sicher, souverän und durchsetzungsstark auftreten zu können,
lernen die Teilnehmer eines Seminars, das
lehrer nrw
am 31. Mai anbietet.
S
Stimme und Präsenz einer Lehrkraft
sind das Tor zur Aufmerksamkeit der
Schülerinnen und Schüler. Der Klang
der Stimme vermittelt neben dem Satzinhalt
eine Vielzahl weiterer Informationen:
Je nachdem, wie kraftvoll, brüchig, dünn,
weich, hart, klar, genuschelt, monoton,
lebendig, frei, angestrengt oder piepsig
sie klingt, entfaltet sie eine andere Wirkung
auf die Lernenden. Sie lässt uns als Lehrkraft
zum Beispiel souverän, unsicher, streng,
langweilig, inspirierend, wohlwollend, angst-
einflößend oder beruhigend erscheinen. Wie
Lehrerinnen und Lehrer ihre Stimme effektiv
einsetzen und trainieren können, zeigt die
Stimm- und Präsenztrainerin Gabi Schmidt.
Sie ist studierte Gymnasiallehrerin (Mathe-
matik und Biologie), Diplom Musikpädago-
gin, Schauspielerin, ausgebildete Sängerin
und klinische Theatertherapeutin. Sie war
über zehn Jahre als professionelle Musical-
darstellerin an diversen internationalen
Theatern engagiert und lehrt seit 25 Jahren
zum Thema Stimme und Präsenz.
Inhalte
Effektive Interventionen im Classroom
Management durch Klarheit, Ruhe und
Wohlklang in der Pädagogen-Stimme
Entwicklung einer resonanzvollen
und präsenten Sprache durch
Atem-, Stimm- und Körperübungen
Training von Basis-Interventionen
wie Begrüßen, Motivieren und Setzen
von Grenzen
Ziele
Stärkung von Präsenz und Klarheit
im Auftreten, bei Unterrichtsanweisun-
gen und beim Setzen und Einhalten
von Regeln
Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit
und Souveränität
Bewusstheit für den gesunden und
effektiven Gebrauch der eigenen
Stimme und einen situativ angepassten
Stimmeinsatz im Classroom Manage-
ment (Schüler motivieren, auffordern,
zurechtweisen oder beruhigen)
SEMINAR-INFO
Titel: Lehrerstimme und Classroom Management – Erfolgreiche Unterrichtsführung
durch bewussten Spracheinsatz, Seminar-Nr.: 2022-0531, Referentin: Gabi Schmidt
(Stimm- und Präsenztrainerin), Ort: Leonardo Boutique Hotel, Oststraße 128,
40210 Düsseldorf, Termin: Dienstag, 31. Mai 2022, Uhrzeit: 9:00 bis 16:30 Uhr, Kosten:
130 Euro für
lehrer nrw
-Mitglieder, 180 Euro für sonstige Teilnehmer, Anmeldung: bis
27. April 2022, online: www.lehrernrw.de/fortbildungen/fortbildungsuebersicht.html
Für die Bewirtung mit Speisen und Getränken sorgt
lehrer nrw
. Die Übernahme von Fort-
bildungskosten können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ihren Schulen beantra-
gen. Reisekosten können Sie auf dem Dienstweg bei Ihrer Bezirksregierung beantragen,
um die verauslagten Reisekosten aus einem gesonderten Budget erstattet zu bekommen.
Foto: Андрей Журавлев/AdobeStock
Schlecht bei Stimme? Mit dem richtigen Wis-
sen und gezielten Übungen können Lehrkräfte ihr wich-
tigstes Werkzeug effektiv einsetzen und trainieren.
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lehrer nrw
FORTBILDUNGEN
Seminar
Nr.
Titel Kurzinhalt
Referenten Wo Wann Uhrzeit
Gebühr
Mitglied
Gebühr
Nicht-
mitglied
Anmelde-
schluss
2022-0428
Recht im Schulalltag –
speziell für Berufsanfängerinnen
und -anfänger
Junge Kolleginnen und Kollegen sind mit Rechtsfragen oft überfordert.
Die Fortbildung beantwortet die wichtigsten Fragen aus dem
Schulalltag.
Christopher
Lange
GDL Sitzungsraum 1. OG
Graf-Adolf-Straße 84
40210 Düsseldorf
Donnerstag
28.04.2022
14:00 bis
17:00 Uhr
25 EUR 50 EUR 07.04.2022
2022-0505
Herr Rossi sucht das Glück –
wie Sie mit Aspekten der
Glücksforschung das Wohlbefinden
stärken
Zufriedener und glücklicher leben, die eigenen Stärken einsetzen,
stressresistenter werden…dafür bietet die Positive Psychologie –
auch Glücksforschung genannt – hilfreiche und gut erforschte
Ansätze.
Yvonne
Michel
Leonardo Boutique Hotel
Oststraße 128
40210 Düsseldorf
Donnerstag
05.05.2022
09:00 bis
16:30 Uhr
130 EUR 180 EUR 03.04.2022
2022-0510
Rente: Wer? Wann? Wie(viel)? Sie erhalten erste Informationen zur Rente für Angestellte und haben
die Möglichkeit, im Anschluss persönliche Beratungsgespräche mit der
Deutschen Rentenversicherung zu vereinbaren.
Ria
Weinbrenner
GDL Sitzungsraum 1. OG
Graf-Adolf-Straße 84
40210 Düsseldorf
Dienstag
10.05.2022
15:00 bis
17:00 Uhr
20 EUR 40 EUR 08.04.2022
2022-0511
Rechtssicher im Internet und auf
Kommunikations- und Lernplatt-
formen agieren
Das Seminar möchte Sie über Ihre Pflichten und die wichtigsten Fall-
stricke informieren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Daten-
schutzrecht.
Michael
Rohrlich
dbb akademie
An der Herrenwiese 14
53639 Königswinter
Mi. bis Do.
11.05. bis
12.05.2022
14:00 bis
12:15 Uhr
100 EUR 150 EUR 01.04.2022
2022-0517
Resilienz für Lehrerinnen
und Lehrer
Stärkung der inneren Widerstandskraft und Erhaltung der eigenen
Energie im Mikrokosmos Schule
Dorthe
Leschnikowski-
Bordan
Ringhotel Drees
Hohe Straße 107
44139 Dortmund
Dienstag
17.05.2022
09:00 bis
16:00 Uhr
130 EUR 180 EUR 05.04.2022
2022-0519
Recht im Schulalltag Diese Fortbildung informiert über wichtige rechtliche Grundlagen, die
Lehrkräfte für ihren Berufsalltag benötigen.
Christopher
Lange
GDL Sitzungsraum 1. OG
Graf-Adolf-Straße 84
40210 Düsseldorf
Donnerstag
19.05.2022
14:00 bis
17:00 Uhr
25 EUR 50 EUR 28.04.2022
2022-0523
Süchte auf dem Vormarsch dank
der Pandemie? – Interaktive
Möglichkeiten zur Suchtprävention
in Klassen
Sie erlangen umfassendes Wissen über Suchtprävention, wodurch Sie
die für sich und Ihre Klassen passenden Methoden auswählen kön-
nen.
Tanja
Schmitz-
Remberg
Intercity Hotel Düsseldorf
Graf-Adolf-Straße 81-87
40210 Düsseldorf
Montag
23.05.2022
09:00 bis
16:30 Uhr
120 EUR 170 EUR 06.04.2022
2022-0531
Lehrerstimme und Classroom
Management – Erfolgreiche
Unterrichtsführung durch
bewussten Spracheinsatz
Effektive Interventionen im Classroom Management durch Klarheit,
Ruhe und Wohlklang in der Pädagogen-Stimme; Entwicklung einer re-
sonanzvollen und präsenten Sprache durch Atem-, Stimm- und Kör-
perübungen; Training von Basis-Interventionen wie Begrüßen, Moti-
vieren oder Setzen von Grenzen
Gabi
Schmidt
Leonardo Boutique Hotel
Oststraße 128
40210 Düsseldorf
Dienstag
31.05.2022
09:00 bis
16:30 Uhr
130 EUR 180 EUR 27.04.2022
lehrer nrw ·
2/2022
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Corona als Dienstunfall ? –
Nicht ganz so einfach
In Nordrhein-Westfalen besteht grundsätzlich die Möglich-
keit, dass eine Corona-Erkrankung als Dienstunfall ein-
gestuft wird. Dies gilt allerdings in der Regel nur für
bestimmte Berufsgruppen, die ein erhöhtes Risiko tragen.
Lehrkräfte gehören unverständlicherweise nicht dazu.
D
Die Corona-Pandemie bedroht und
beherrscht das Dasein der Men-
schen immer noch in einem unge-
ahnten Ausmaß. Manch einer versucht
sich in Lagen, die derart belastend sind,
gewissermaßen ein Stück weit dadurch
zu trösten, dass nicht nur er allein davon
betroffen ist. Aber nicht einmal dies ist
in der Pandemie angebracht, denn schon
von Berufsbild und -ausübung her sind
die Menschen den Gefahren und Folgen
der Pandemie unterschiedlich ausgesetzt.
So muss sich beispielsweise ein Mitarbei-
ter einer Firma, der im Home Office ist
und dort Bürotätigkeiten mit der entspre-
chenden IT-Ausstattung vornehmen kann,
kaum Kontakten mit Kolleginnen und
Kollegen oder weiteren Personen ausset-
zen.
Lehrkräfte mit
erhöhtem Risiko
Lehrerinnen und Lehrer werden sich in die-
ser Hinsicht kaum durch den Gedanken auf-
heitern, dass sie ihren ’Job’ als Berufung
empfinden, mit Freude junge Menschen un-
terrichten und beim Aufwachsen begleiten
und eben nicht nur einer stumpfen Bürotä-
tigkeit nachgehen. Denn sie sind gezwun-
gen, sich unter Umständen auf engem
Raum mit vielerlei Menschen zu treffen –
mit Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen
und Schülern, die täglich wiederum aus ei-
nem jeweils eigenen privaten Umfeld in die
Schule strömen. Daran ändert der zeitweise
Distanzunterricht nicht viel, zudem ist der
Präsenzunterricht politisch, wenn nicht gar
überwiegend auch gesellschaftlich gewollt.
Vor diesem risikobehafteten Hintergrund
liegt der Gedanke nicht weit, ob denn nicht
ein Dienstunfall vorliegt oder man von einer
Berufskrankheit ausgehen kann, wenn sich
eine Lehrkraft mit dem Corona-Virus in der
Schule ansteckt. Nicht nur wegen der unmit-
telbaren gesundheitlichen Folgen, sondern
auch im Hinblick auf mögliche Langzeitfol-
gen, die möglicherweise zu einer Dienstunfä-
higkeit und unter Umständen zum vorzeiti-
gen Ruhestand führen könnten, ist der Ge-
danke von Bedeutung.
Dienstunfall oder nicht?
An den Gedanken schließt sich aber in nach-
vollziehbarer Weise die Frage an, wie denn
sichergestellt werden kann, dass eine mögli-
che Infektion bei einer an der Schule be-
schäftigten Person auch tatsächlich in der
Schule oder nicht doch außerhalb des Be-
rufsumfelds erfolgte.
Wer diese Gedankengänge nachvollzieht,
wundert sich sicher nicht, dass noch nicht allzu
viel bekannt geworden ist über Entscheidun-
gen der Verwaltungsbehörden oder von Ge-
richten über die Anerkennung von Dienstunfäl-
len oder als Berufskrankheit im Zusammen-
hang mit Corona-Infektionen von Lehrkräften.
Umso mehr lässt ein Urteil aus Bayern des
Verwaltungsgerichts Würzburg vom 26. Ok-
tober letzten Jahres aufhorchen (Az. W 1 K
21.536). Nachdem ein Lehrer nach einer
Corona-Ansteckung erfolglos einen Antrag
auf Anerkennung als Dienstunfall beim baye-
rischen Landesamt für Finanzen gestellt hat-
te, zog er vor Gericht.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts
Würzburg lag kein Dienstunfall vor im Sinne
RECHT§AUSLEGER
von CHRISTOPHER LANGE
Hohe Viruslast: Die Infektionszahlen in den Schulen in
Nordrhein-Westfalen sind in den letzten Wochen erheblich ge-
stiegen. Auch viele Lehrkräfte waren betroffen. Dem naheliegen-
den Gedanken, dass es sich dabei um einen Dienstunfall handeln
könnte, wollen die Dienststellen allerdings meist nicht folgen.
eines auf äußerer Einwirkung beruhenden,
plötzlichen, örtlich und zeitlich bestimmba-
ren Ereignisses, das einen Körperschaden
verursacht und das in Ausübung oder infol-
ge des Dienstes eingetreten sein muss.
Denn die Infektion sei nicht örtlich und zeit-
lich so genau bestimmbar. Mit anderen Wor-
ten: Die konkrete Ansteckung könne ja auch
außerhalb der Schule erfolgt sein – damit
insoweit kein Dienstunfall.
Allerdings sieht das bayerische Beamten-
versorgungsgesetz einen Dienstunfall auch
in einer anderen Variante als gegeben an:
Als Dienstunfall gilt danach auch die Er-
krankung an einer Krankheit, die als Berufs-
krankheit erfasst ist (in Anlage 1 der Berufs-
krankheiten-Verordnung vom 31. Oktober
1997 (BGBl. I S.2623) in der jeweils gelten-
den Fassung). Die Beamtin beziehungsweise
der Beamte müsse dabei der Gefahr der
Krankheit nach der Art ihrer oder seiner
dienstlichen Verrichtung besonders ausge-
setzt sein. Dies gilt nicht, wenn die Beamtin
oder der Beamte sich die Krankheit außer-
halb des Dienstes zugezogen habe.
Anerkennung durch
ein Gericht, aber nicht
in Nordrhein-Westfalen
Liest man diese Zeilen – nachdem man sie
vermutlich zunächst als juristisches Kauder-
welsch abtun wollte – genau durch, so er-
kennt man, dass auf diesem Wege die Nach-
weispflichten für die Geltung als Dienstun-
fall bei Corona-Infektionen leichter zu er-
bringen scheinen. In der Tat sah das Verwal-
tungsgericht Würzburg die entsprechenden
Voraussetzungen als gegeben an, nachdem
in der Schule des Lehrers in dem maßgebli-
chen Zeitraum für eine Ansteckung im Kol-
legium ein erhöhtes Infektionsgeschehen
vorhanden war, und erkannte die Anste-
ckung des Klägers als Dienstunfall an.
Eine vergleichbare Vorschrift liegt mit
§ 36 Absatz 3 Satz 1 Landesbeamtenversor-
gungsgesetz NRW auch für Nordrhein-
Westfalen vor.
Bedeutet das nun, dass der Weg in Nord-
rhein-Westfalen, jedenfalls für die Geltung
von Corona-Infektionen bei Lehrkräften als
Dienstunfall, geebnet ist?
Nein, denn auf ministerieller Ebene* in
Nordrhein-Westfalen äußerte man sich
bekanntermaßen zwar dahingehend, dass
eine COVID-19-Erkrankung als Berufskrank-
heit im Sinne von Anlage 1 der Berufskrank-
heiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997
(BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden
Fassung, § 36 Absatz 3 Satz 1 Landesbeam-
tenversorgungsgesetz NRW, anzusehen sein
könne. Einschlägig dabei sei Nr. 3101, wo
Infektionskrankheiten erfasst sind, wenn die
oder der Betroffene im Gesundheitsdienst,
in der Wohlfahrtspflege oder in einem Labo-
ratorium tätig oder durch eine andere Tätig-
keit der Infektionsgefahr in ähnlichem Ma-
ße besonders ausgesetzt war. Diese Voraus-
setzungen würde aber in der Regel im Be-
amtenbereich nur verbeamtetes medizini-
sches Personal erfüllen.
RECHT§AUSLEGER
Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw
E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de
29
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lehrer nrw
Foto: AdobeStock/candy1812
Klageerfolgsaussichten
ungewiss
Lehrkräfte sind nach dieser Ansicht durch
ihre Tätigkeit nicht generell soweit der Infek-
tionsgefahr ausgesetzt, um bei ihnen von
einer Berufskrankheit zu sprechen und damit
die Geltung als Dienstunfall annehmen zu
können. Speziell zu betrachten könnte die
besonders körpernahe Betreuung von Son-
derschülerinnen und -schülern sein. Entspre-
chende Anträge sind insofern äußerst einzel-
fallabhängig, entsprechende Klageerfolgs-
aussichten auch ungewiss.
Darüber hinaus bleibt damit noch die
Möglichkeit der Anerkennung weiterer Tätig-
keiten, die denen aus Nr. 3101 gleichgestellt
sind, wobei sich das Finanzministerium hier
die Zustimmung vorbehält.
Eine Frage der Fürsorge
lehrer nrw
hält die Differenzierungen zwi-
schen den betreffenden Berufsausübungen für
nicht gerechtfertigt; jede und jeder an Schulen
Beschäftigte verdient eine entsprechende ein-
fach zugängliche Dienstunfallfürsorge.
lehrer nrw
setzt sich daher für möglichst
unkomplizierte Anerkennungen von Dienst-
unfällen ein.
* Dienstunfall und Anerkennung von Dienstunfällen bei
Covid-19-Erkrankungen, hier Nachweisführung, Schreiben
des Ministeriums der Finanzen des Landes Nordrhein-
Westfalen vom 10. August 2021, unter anderem an die
weiteren Landesministerien, Az. B 3010 – 31.1.4 – IV A 1
lehrer nrw ·
2/2022
30
ANGESPITZT
K
Kennen Sie Poker? Beim Poker ist es
so: Es geht nicht um die Wahrheit. Es
geht um täuschen und getäuscht werden.
Es geht um Information und Desinforma-
tion. Die Information muss nicht richtig
sein und die Desinformation nicht falsch.
Es gewinnt, wer die beste Täuschung hin-
kriegt, oder anders ausgedrückt: die über-
zeugendste Lüge. Das einschlägige Fach-
portal www.pokerzeit.com fasst die Psy-
chologie des Pokerspiels in bestechender
Klarheit zusammen: »Was hat der ande-
re? Was denkt der andere, was ich habe?
Was denkt der andere, was ich denke,
was er hat?«
Im Idealfall gewinnt man mit einem
fulminanten Bluff: Man hat eigentlich
gar nix, holt aber trotzdem den Pott,
weil die anderen von dem selbstsiche-
ren, über jeden Zweifel erhabenen Auf-
tritt des späteren Siegers so beeindruckt
sind, dass sie ihm einfach alles glauben.
Das funktioniert übrigens auch in der
Politik ganz prächtig. Nur, dass der gro-
ße Bluff in diesem Metier Wahlverspre-
chen heißt. Partei X stellt dem hinters
Licht zu führenden Wähler ein wirklich
großes Ding in Aussicht. Sagen wir mal,
nur so zu Illustrationszwecken: Freibier
für alle. Tolle Sache, denkt der Wähler
und macht sein Kreuz. Dummerweise
stellt die Freibierpartei anschließend
fest: Alle Fässer leer. Sorry, das konnten
wir ja nicht ahnen, dass der Braumeis-
ter von der Konkurrenz das Zeug schon
anderweitig verhökert hat.
Ähnlich war das, nebenbei bemerkt,
auch beim Thema Lehrerbesoldung:
’A13 für alle’ trompetete es vor der
Landtagswahl 2017 aus den Parteizen-
tralen. Leider kamen danach ein paar
total unvorhersehbare Sachen dazwi-
schen. Sorry, ein andermal vielleicht.
Die nächste Poker-Runde ist übrigens
schon im Gange. Und wieder flötet es
parteiübergreifend: A13 für alle! Am
15. Mai steigt der große Showdown.
Wer blufft? Was denkt der Wähler, was
die Partei hat? Was denkt die Partei, was
der Wähler denkt, was die Partei hat?
Was denkt die Partei, wie man dem
Wähler nach der Wahl verkaufen kann,
dass man diese A13-Sache doch noch-
mal überdenken muss? Jochen Smets
Der große Bluff
oder: Warum eine Partie Poker mitunter seriöser ist als ein Wahlprogramm
Über Feedback zu meinen Gehirnjogging Übungen würde ich mehr sehr freuen: mail@heike-loosen.de Heike Loosen
Spieglein, Spieglein
Leonardo da Vinci war ein Universalgenie. Seine Aufzeichnungen
verfasste er in Spiegelschrift. Ob es an seiner Linkshändigkeit lag
oder ob er die Ergebnisse seiner Forschungen nicht für alle offenle-
gen wollte, ist nicht geklärt.
Klar ist hingegen, dass es für das Gehirn förderlich ist, eingefahre-
ne Verhaltensweisen zu verändern und einfach mal etwas anders
zu machen. Daher gibt es hier einige Vorschläge, die mit der Hand-
schrift zu tun haben.
1. Der Klassiker: Benutzen Sie zum Schreiben hin und wieder die an-
dere Hand. Gerade Rechtshänder können durch die Nutzung der
linken Hand gezielt ihre rechte Hirnhälfte aktivieren, was immer
eine gute Idee ist. Natürlich können Sie im fortgeschrittenen
Stadium auch die folgenden Übungen mit der ’falschen’ Hand
absolvieren.
2. Stellen Sie die Buchstaben auf den Kopf: Vera F. Birkenbihl hat
in ihren Videos so geschrieben, dass ihr Gegenüber den Text
normal lesen konnte. Mit ein wenig Übung geht es ganz schnell.
Dann versuchen Sie es mal in Schreibschrift.
3. Die Leonardo Variante: Schreiben Sie in Spiegelschrift.
Erst Druckbuchstaben, dann Schreibschrift.
Streichholz-
Rätsel
Welche drei Streichhölzer müssen
verlegt werden, damit aus den
vier Quadraten drei Quadrate entstehen?
HIRNJOGGING
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2/2022 ·
lehrer nrw
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