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7/2023 ·
lehrer nrw
Wer ist und was darf
Schulleitung?
Die Frage, wer überhaupt zur Schulleitung
zählt und wer nicht, beantwortet vor allem
§ 60 SchulG. Die Schulleitung besteht aus
der Schulleiterin oder dem Schulleiter und
der ständigen Vertreterin oder dem ständi-
gen Vertreter. Soweit eine zweite Konrek-
torin oder ein zweiter Konrektor bestellt
ist, gehören auch diese oder dieser dazu.
An Schulen wie insbesondere Gesamtschu-
len, die hinsichtlich Zügigkeit und Ausbau-
stand zahlenmäßig stark sind, kann die
Schulleitung auch noch um weitere Perso-
nen ergänzt werden, soweit das Ministeri-
um entsprechende Regelungen trifft (§ 60
Absatz 1 SchulG, § 36 Absatz 1 ADO). Da-
von zu unterscheiden ist die Übertragung
einzelner Leitungsaufgaben auf Lehrkräfte
zur eigenständigen Wahrnehmung, ohne
dass diese zur Schulleitung aufsteigen und
dass diese sich damit ihrer Verantwortung
für die Aufgaben entledigen kann (§ 60
Absatz 3 SchulG).
Klar scheint, dass bei Verhinderung der
Schulleiterin oder des Schulleiters die stän-
dige Vertretung übernimmt. Nicht allseits
geläufig ist dagegen, dass die dienstältes-
te Lehrkraft die Leitung übernimmt, sollte
auch eine ständige Vertretung nicht vor-
handen oder verhindert sein (§ 60 Absatz 2
SchulG).
Wer sich darüber im Klaren ist, wer zur
Schulleitung zählt, weiß – ganz platt aus-
gedrückt – auch, wer ihr oder ihm etwas
zu sagen hat. Denn die Schulleiterin oder
der Schulleiter können als Vorgesetzte al-
len an der Schule tätigen Personen in der
Erfüllung ihrer Aufgaben Weisungen ertei-
len (§ 59 Absatz 2 Satz 2 SchulG, § 21
ADO). Stellt eine Lehrkraft in Frage, ob
eine Weisung der Schulleitung rechtlich
korrekt oder fachlich zweckmäßig ist, soll-
te sie dies im Wege einer Remonstration
geltend machen. Weicht die Schulleitung
dann nicht von ihrer Anweisung ab, kann
sich die Lehrkraft an die Schulaufsicht
wenden, muss die Weisung aber zunächst
dennoch ausführen.
Auch für unpopuläre
Maßnahmen zuständig
Im Hinblick auf die pädagogische Arbeit
der Lehrkräfte gilt, dass die Schulleitung
diese in Fragen der Unterrichts- und Erzie-
hungsarbeit und der individuellen Förde-
rung zwar beraten darf. Eingreifen darf die
Schulleitung nur bei Verstößen gegen Vor-
schriften, Anordnungen der Schulaufsicht
oder Konferenzbeschlüsse oder wenn eine
geordnete Unterrichts- und Erziehungsar-
beit nicht gewährleistet ist (§21 Absatz 2
ADO). Unbeschadet dessen ist die Schullei-
tung für den Bildungs- und Erziehungsauf-
trag der Schule (§22 ADO) und die Quali-
tätsentwicklung und -sicherung verant-
wortlich (§59 Absatz 2 Nummer 3 SchulG).
Daraus ergibt sich letztlich auch die he-
rausragende Pflicht, darauf hinzuwirken,
dass der Unterricht nach Möglichkeit unge-
kürzt erteilt wird (§59 Absatz 2 Nummer 4
SchulG, §22 Absatz 1 Nummer 4 ADO).
Dies gilt zwar nur im Rahmen der Personal-
ressourcen, bringt aber eben mit sich, dass
möglichst ausgefeilte Vertretungspläne zu
erstellen sind, was dann auch für die Lehr-
kräfte die eine oder andere leidige Unter-
richtsstunde mit sich bringt, die über das
eigentliche Deputat hinausgeht.
Auch eine weitere Aufgabe der Schullei-
tung führt dazu, dass sich Lehrerinnen und
Lehrer über den eigenen Unterricht hinaus
zur Verfügung halten müssen: Da die
Schulleitung verantwortlich dafür ist, dass
zum Unterrichtsbeginn des neuen Schul-
jahres alle Vorbereitungen abgeschlossen
sind (§ 59 Absatz 2 Nummer 5 SchulG),
haben sich die Lehrkräfte in der letzten
Woche vor Unterrichtsbeginn zur Dienst-
leistung für schulische Aufgaben bereitzu-
halten (§ 14 Absatz 2 Satz 2 ADO). So kann
es sich ergeben, dass wegen einer Lehrer-
konferenz Einschränkungen für eine ganze
Ferienwoche hinzunehmen sind.
Bollwerk in unangeneh-
men Situationen
Schulleitungen fordern jedoch ihr Kollegi-
um von Lehrerinnen und Lehrer nicht nur,
sie können auch ein Bollwerk in manch
unangenehmer Situation bieten. So wer-
den nach den Richtlinien für Schulfahrten
(BASS 14-12 Nummer 2) Verträge mit Be-
förderungs- und Beherbergungsunterneh-
men im Namen der Schule und nicht im
Namen der betreffenden Lehrkräfte ge-
schlossen. Diese können beispielweise bei
vertraglichen Schwierigkeiten mit einem
Reiseunternehmen auch die Schulleitung
miteinbeziehen.
Auch in leider immer wieder vorkom-
menden und zum realen Leben gehören-
den Fällen, in denen Eltern ihren Informa-
tions- und Beratungsanspruch nach §44
SchulG bezüglich ihres Kindes dahinge-
hend auslegen, dass sie meinen, die Lehr-
kraft in der Schule bedrohen oder ihr in
sonstiger unangemessener Weise gegen-
über auftreten zu können, kann sich die
Lehrkraft mit der Schulleitung abstim-
men. Denn die Schulleitung kann Eltern
gegenüber ein Hausverbot erteilen, so-
weit weiterhin schriftliche oder fern-
mündliche Kommunikation möglich ist.
So muss die Lehrkraft nicht selbst Eltern
am Betreten des Schulgeländes hindern
oder sie davon verweisen. Dies folgt aus
dem Hausrecht, das die Schulleitung zur
Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung
eines sicheren und geordneten Schulbe-
triebs auf dem Schulgrundstück ausübt
(§ 59 Absatz Nummer 6 SchulG, §35
ADO).
Auch andere Situationen sind leider
heutzutage denkbar, in denen sich Lehr-
kräfte gegebenenfalls unerwartet einer
vermeintlichen Aufgabe ausgesetzt sehen,
die sie gerne von sich schieben würden –
so wenn im Zuge besonderer Vorkommnis-
se an der Schule wie ein Unfall, ein Amok-
lauf oder Gewaltereignisse plötzlich ein
Reporter vor einem steht und das Aus-
kunftsinteresse der Presse einfordert.
Auch hier kann darauf verwiesen werden,
dass ohne besondere Ermächtigung allein
die Schulleitung auskunftsbefugt ist
(§ 27 ADO).
RECHT§AUSLEGER
Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw
E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de