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lehrer nrw
macht. Damit läuft es im Endeffekt auf fol-
gende Regelungen hinaus: Unbeschadet ei-
nes allgemeinen Rauchverbots nach § 54 Ab-
satz 6 Schulgesetz NRW in Verbindung mit
dem Nichtraucherschutzgesetz NRW gilt im
Hinblick auf Cannabis, dass an Schulen und
in deren Sichtweite (100 Meter Umkreis) der
Konsum ausnahmslos verboten ist, so das
Cannabisgesetz und der Runderlass ‘Gesund-
heitsförderung in der Schule; Suchtpräventi-
on’ des Schulministerium vom 28. März
2023. Das Verbot gilt für die Schülerschaft
und die Lehrkräfte gleichermaßen.
Minderjährigen ist der Besitz von Cannabis
innerhalb und außerhalb von Schulgeländen
verboten. Erwachsene Schüler und Schülerin-
nen dürfen allerdings erlaubte Mengen von
25 Gramm Cannabis sanktionsfrei mit in
Schulen bringen. In einer Hausordnung kön-
nen Schulen jedoch aus Gründen des Ge-
sundheitsschutzes ausdrücklich ein komplet-
tes Cannabisverbot verankern. Daraus ergibt
sich beispielsweise, dass Lehrkräfte – sollten
sie bei minderjährigen Schülern oder Schüle-
rinnen Cannabis finden – dieses wegnehmen
und später den Eltern aushändigen können.
Eine Durchsuchung bleibt unzulässig. Darü-
ber hinaus setzt das Ministerium stark auf
Präventionsmaßnahmen und stellt den Schu-
len Informationen und Materialien zur Can-
nabis-Prävention zum Einsatz im Unterricht
online zur Verfügung.
Keine klare rechtliche
Grundlage
Außerdem zeigt Nordrhein-Westfalen mit
dem Finger auf den Bund: Dieser habe es ver-
säumt, für ein Verbot von Cannabis an Schu-
len eine klare rechtliche Grundlage zu schaf-
fen. Die Landesregierung will nicht nur selbst
fortlaufend prüfen, ob weitere Schritte zum
Schutz von Kindern und Jugendlichen erfor-
derlich sind. Auch der Bund müsse angekün-
digte Präventionsmaßnahmen für Kinder und
Jugendliche zügig umsetzen. Auch nach neu-
esten nachträglichen Änderungen am Canna-
bisgesetz fordert die Bundesärztekammer
weiterhin eine noch gezieltere Prävention.
RECHT§AUSLEGER
von CHRISTOPHER LANGE
Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw
E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de
W
Würde man die nordrhein-westfäli-
sche Schulministerin Feller oder ih-
ren Stab im Ministerium, der sich
mit Suchtmitteln, Suchtprävention in Schulen
und damit zusammenhängenden Themen be-
fasst, danach befragen, welche Mittel unter
Schülern und Schülerinnen zurzeit zu den ‘an-
gesagtesten’ oder ‘hippsten’ gehören, wäre
die Antwort gar nicht so leicht vorauszuah-
nen. Wer an E-Zigaretten beziehungsweise
sogenannte Vapes oder an Lachgas denkt,
liegt dabei vermutlich nicht ganz falsch. Aber
auch das Stichwort Cannabis wird wohl fal-
len. Und in dem Zusammenhang drängt sich
unweigerlich die Frage nach Regelungen im
Umgang und Konsum damit auf.
‘Dampfen’ als
Einstiegsdroge?
Bei Vapes handelt es sich um Einweg-E-Ziga-
retten, die bei Jugendlichen wohl nicht zu-
letzt deshalb extrem beliebt sind, weil es sie
in unterschiedlichsten Geschmacksrichtun-
gen wie zum Beispiel ‘Strawberry Ice Cream’
oder ‘Watermelon’ gibt. Der Geschmack von
Vapes wird von jungen Menschen meistens
als wesentlich angenehmer empfunden als
der von Nikotin. Und auch wenn Vapes weni-
ger oder kein Nikotin enthalten, deuten Ana-
lysedaten auf gesundheitsschädliche Wirkun-
gen wie unter anderem mögliche Schädigun-
gen des Herzkreislaufsystems hin. Da Vapes
unter Umständen ebenfalls abhängig ma-
chen, eignen sie sich für Kinder und Jugend-
liche nicht als Variante zum Rauchen. In eini-
gen Bundesländern wird bereits in Schulen
über entsprechende Gefahren aufgeklärt.
Lachgas für den
‘schnellen Kick’
Auch Lachgas, früher eher bekannt als Narko-
semittel beim Zahnarzt oder im Lebensmittel-
bereich als Treibmittel für Schlagsahne, hat
heutzutage eine Bedeutung als Droge unter
jungen Menschen. Immer mehr Kinder und Ju-
gendliche nutzen Lachgas für den ‘schnellen
Kick’ zur Regulation ihrer Stimmung. Beson-
ders kritisch ist, dass Lachgas auch für Minder-
jährige einfach erhältlich ist, ob im Supermarkt
in Kapseln, Sahnespendern, über das Internet
oder auch in frei zugänglichen Automaten zwi-
schen Snacks und Getränken. Gefährlich ist
Lachgas nach ärztlicher Ansicht, weil durch
den Konsum Nervenschädigungen entstehen
können, die zu Missempfindungen und Läh-
mungen führen können. Aus Niedersachsen
hat ein Alarmbrief eines Elternrates Bundesge-
sundheitsminister Karl Lauterbach erreicht,
weil Lachgasbehälter in Warenautomaten in
der Nähe einer Schule zu kaufen seien. Minis-
ter Lauterbach will nach Medienberichten das
Thema schnell angehen. Ein Verkaufsverbot an
Minderjährige stehe im Raum.
Cannabisgesetz löst Kritik
und Bedenken aus
Die Differenzierung zwischen Minder- und
Volljährigen spielt auch bei Cannabis eine
entscheidende Rolle. In dem Zusammenhang
hatte die Ampelregierung der NRW-Schulmi-
nisterin Dorothee Feller zu Ostern dieses Jah-
res ein schönes Ei ins Nest gelegt: Pünktlich
zum 1. April 2024 ist das Cannabisgesetz, auf
den Weg gebracht vom Bundesgesundheits-
ministerium, in Kraft getreten. Es erlaubt den
legalen Besitz und Konsum von Cannabis un-
ter bestimmten Voraussetzungen für Perso-
nen ab achtzehn Jahren. Ärztliche Fachver-
bände warnen jedoch davor, dass der Kon-
sum von Cannabis gerade bei jungen Men-
schen mit heftigen gesundheitlichen Folgen
und Auswirkungen im sozialen Bereich ein-
hergeht. Die nordrhein-westfälische Landes-
regierung befürchtet sogar Entwicklungsstö-
rungen und Folgewirkungen für die kognitive
Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendli-
chen. Lernprobleme, ein Abfall schulischer
Leistungen und sogar vorzeitige Schulabbrü-
che seien denkbar. Kein Wunder, das Ministe-
rin Feller gesagt haben soll: »Cannabis hat an
unseren Schulen nichts zu suchen«.
Cannabis-Konsum an Schu-
len ausnahmslos verboten
Doch wegen der Teillegalisierung durch das
Cannabisgesetz sind der Landesregierung
letztlich in gewissem Rahmen Vorgaben ge-