15
Dossier
Inklusion :»Verbrechen
an der nachwachsenden
Generation«
20
Schule & Politik
Digitalisierung
zwischen Wunsch
und Wirklichkeit
6
Im Brennpunkt
Von digitalen Anweisungen
und analogen Lehrkräften
10
Titel
Die Lage am
Lehrer-
Arbeitsmarkt
1781 | Ausgabe 3/2018 | MAI | 62. Jahrgang
Das Kopftuch
Notwendigkeit eines
gesellschaftlichen
Diskurses!
Pädagogik & Hochschul Verlag
.
Graf-Adolf-Straße 84
.
40210 Düsseldorf · Foto: AdobeStock
IMPRESSUM
l
ehrer nrw
G 1781 –
erscheint sieben Mal jährlich
a
ls Zeitschrift des
lehrer nrw’
ISSN 2568-7751
Der Bezugspreis ist für
Mitglieder des
‘lehrer nrw’
im Mitgliedsbeitrag enthal-
ten. Preis für Nichtmitglieder
im Jahresabonnement:
35,– inklusive Porto
Herausgeber und
Geschäftsstelle
lehrer nrw
Nordrhein-Westfalen,
Graf-Adolf-Straße 84,
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Redaktion
Brigitte Balbach, Ulrich
Brambach, Sven Christoffer,
Frank Görgens, Christopher
Lange, Jochen Smets,
Sarah Wanders, Düsseldorf
Verlag und
Anzeigenverwaltung
PÄDAGOGIK &
HOCHSCHUL VERLAG –
dphv-verlags-
gesellschaft mbH,
Graf-Adolf-Straße 84,
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Zur Zeit gültig:
Anzeigenpreisliste Nr. 18
vom 1. Oktober 2017
Zuschriften und
Manuskripte nur an
lehrer nrw
,
Zeitschriftenredaktion,
Graf-Adolf-Straße 84,
40210 Düsseldorf
Für unverlangt eingesandte
Manuskripte kann keine Ge-
währ übernommen werden.
Namentlich gekennzeichnete
Beiträge geben die Meinung
ihrer Verfasser wieder.
INHALT
lehrer nrw ·
3/2018
2
UNTER DER LUPE
B
rigitte Balbach: Das Kopftuch –
N
otwendigkeit eines
gesellschaftlichen Diskurses!
3
MAGAZIN
Lehrerausbildung verbessern 4
Deutscher Lesepreis 2018 5
Workshop zur inklusiven
Berufsorientierung
5
BRENNPUNKT
Sven Christoffer: Von digitalen
Anweisungen
und analogen Lehrkräften 6
JUNGE LEHRER NRW
Sarah Wanders: Die SchILD app –
ein SCHILDbürgerstreich
8
Leslie Boecker: Aus dem Alltag
einer Realschullehrerin
10
BUNDESVERBAND
Frank Görgens/Jochen Smets:
Bundesrealschultag in Mainz 11
TITEL
Frank Görgens/Jochen Smets:
Lehrerwerbekampagne: Thema verfehlt 12
Die Lage am Lehrer-Arbeitsmarkt
Das Wichtigste aus der aktuellen
Lehrerbedarfprognose
14
DOSSIER
Thomas Binn: Inklusion: »Verbrechen
an der nachwachsenden Generation«
15
SCHULE & POLITIK
Digitalisierung zwischen Wunsch
und Wirklichkeit
20
Im Schweigen gefangen 22
Peer Brändel: ZP10 – zwischen
Anspruch und Wirklichkeit
24
FORTBILDUNGEN
Lehrerräteschulungen 26
Wie Kommunikation gelingt 27
RECHT
§
AUSLEGER
Christopher Lange:
Cybermobbing gegen Lehrer
28
SENIOREN
Auf der schönen blauen Donau 30
Besuch im Kettenschmiedemuseum
Fröndenberg
30
HIRNJOGGING
Heike Loosen: Neue Bahnen schaffen –
Bodybuilding für das Gehirn 31
Das Kopftuch
Notwendigkeit eines
gesellschaftlichen Diskurses
Ein heißes Eisen, das es gesellschaftlich zu formen gilt!
A
A
ls vor einigen Wochen die Debatte über das Tra-
gen eines Kopftuchs in der Schule wieder einmal
hochkochte, wurde ich mehrfach von der Presse
nach unserer Meinung gefragt: »Sind Sie von
lehrer nrw
für oder gegen ein Kopftuch in der Schule?« Meine Ant-
wort lautete jedes Mal: Erst muss ein Diskurs in unserer
Gesellschaft über Integration beginnen, um sich unserer
Werte bewusst zu werden, dann erst kann auf eine solche
Frage eine Antwort gegeben werden, die eventuell auch
noch nicht abschließend sein wird. Die Presse fand das of-
fenbar unbefriedigend und nicht plakativ genug – man
hörte auch nichts von uns, wohl aber von anderen Ge-
werkschaften, die sich sofort mit klarer Meinung lautstark
äußerten …
Eine unbeantwortete Frage
Auslöser war übrigens die Absicht von Minister Stamp, für
Mädchen unter 14 Jahren das Kopftuch eventuell verbie-
ten zu lassen. Das war in meinen Augen mutig und be-
herzt: Die Kopftuchfrage ist nicht leicht zu ’händeln’ und
setzt ein gesellschaftliches Miteinander bei der Antwortsu-
che voraus. Es ist um die Frage mittlerweile wieder ruhiger
geworden – dennoch steht sie unbeantwortet im Raum.
Ich habe es mir nicht leicht gemacht mit der Antwort
und bin auf die Suche nach Hilfe gegangen, die Wurzeln
und die Bedeutung des Kopftuchs im Islam verstehen zu
können. Der Politikwissenschaftler und Islamkritiker Ha-
med Abdel-Samad hat mir dabei mit seinem Buch ’Inte-
gration – Ein Protokoll des Scheiterns’ sehr geholfen. Es
wurde mir beim Lesen klar, dass ein Grundproblem für
uns in Deutschland ist, dass wir uns unserer Werte nicht
immer bewusst sind. Demokratie und Meinungsfreiheit
sind für uns selbstverständlich. Und auch die Rechts-
staatlichkeit, die Achtung der Menschenrechte, die
Gleichberechtigung von Mann und Frau sind Kernwerte
unserer westlichen Kultur, die wir mittlerweile für selbst-
verständlich und nicht verhandelbar halten. Zu unser al-
ler Glück!
Werte vermitteln!
Aber gerade diese Selbstverständlichkeit lässt uns bei
Fremden scheitern. Eigentlich müssten wir den Zuwan-
dernden direkt am Grenzübergang schon mitteilen, was
uns als Volk ausmacht, worauf sie sich einlassen müssen,
welche Werte sie bei uns leben können und dürfen. Und
auch, welche ihrer Werte bei uns auf Schwierigkeiten sto-
ßen können, wie zum Beispiel die Alltags-Auswirkungen
patriarchalischer Systeme. Stattdessen scheinen wir uns
fast dafür zu entschuldigen, dass wir ihnen unsere Werte
quasi aufdrängen.
Unsere Zurückhaltung bei der Vermittlung unserer Wer-
te führt in der Folge zu Missverständnissen, zu Separie-
rungen ganzer Völkergruppen und, wenn es schlecht
läuft, zu Parallelgesellschaften, die wir zunächst unter
dem Mantel vermeintlicher Nächstenliebe dulden, staat-
lich und kirchlich sogar finanziell unterstützen und dieses
Laissez-faire intern als quasi Gott gewollt sanktionieren.
Mit fatalen Folgen für uns alle in Deutschland. Dabei
kann Vermischung mit anderen durchaus auch als Berei-
cherung verstanden werden, wenn wir sie klug begleiten
und nicht unbeachtet lassen.
Keine religiöse Bedeutung,
sondern ein moralisches Konzept
Die Diskussion um das Kopftuch ist ein gutes Beispiel da-
für, wie eine Auseinandersetzung in die falsche Richtung
gehen kann. Hinter dem Kopftuch verbirgt sich keine reli-
giöse Bedeutung, sondern ein moralisches Konzept, so
sagt nicht nur Abdel-Samad, sondern auch der Psychologe
und Islamismus-Experte Ahmad Mansour: »Das Kopftuch
bedeutet Tabuisierung der Sexualität und Geschlechter-
trennung und hat absolut nichts mit Freiheit oder Feminis-
mus zu tun. Jemand, der mit einem Kopftuch groß wird
und die dahinterstehende Geisteshaltung verinnerlicht
hat, wird keine Frau, die einen Minirock trägt, respektie-
ren. Das Kopftuch ist also kein theologisches Identitätszei-
chen der Muslima, sondern es ist aus dem Gedanken he-
raus entstanden, dass eine Frau, die ihre Haare zeigt,
Männer sexuell erregen könnte.« Das Kopftuch, so
von BRIGITTE BALBACH
3
3/2018 ·
lehrer nrw
UNTER DER LUPE
lehrer nrw ·
3/2018
4
UNTER DER LUPE MAGAZIN
Brigitte Balbach
ist Vorsitzende des
lehrer nrw
E-Mail:
info@lehrernrw.de
Mansour, ist ein Zeichen des Gehorsams
und nicht der Freiheit. Abdel-Samad wie
Mansour weisen darauf hin, dass diese
Entwicklung, nämlich die Zunahme des
Tragens eines Kopftuches, in den letzten
Jahren in unserer Gesellschaft mit der Zu-
n
ahme des Erdogan-Kultes und der zu-
nehmenden Radikalisierung junger Musli-
me einhergeht.
Folgen für das
schulische Miteinander
Wir haben dem offenbar wenig entge-
genzusetzen. Unsere muslimischen Schü-
ler und Schülerinnen treffen in unseren
Schulen täglich auf ein ganz anderes Ver-
ständnis von Familie und Gesellschaft, als
sie es von zu Hause her kennen. Und vie-
le sind, anders als unsere deutschen
Schüler, dem Gehorsam ihrem Zuhause
gegenüber verpflichtet, wie es ihre patri-
archalischen Strukturen vorgeben. Allein
werden sie aus diesem Zwiespalt nicht
herausfinden. Auch dann nicht, wenn wir
Lehrer weggucken und/oder das Anders-
sein dulden und uns in Toleranz üben.
Helfen könnten an dieser Stelle mehr
Lehrer mit Migrationshintergrund, aller-
dings mit der notwendigen Auflage, kri-
tisch gegenüber patriarchalischen Struk-
turen zu sein. Denn nur so kann freiheitli-
ches und demokratisches Gedankengut
diesen Kindern nahe gebracht werden.
Sie müssen Freiheit, Demokratie und
Selbstbestimmung als Werte in diesem
Land schätzen lernen. Auf keinen Fall dür-
fen wir Lehrer diese Elternhäuser mit Be-
strafungen und Angstpädagogik noch un-
terstützen!
Ein einfaches Verbot des Kopftuchs oh-
ne vorherigen gesellschaftlichen Diskurs
wäre fatal und keinesfalls hilfreich in der
Sache. Bevor es zu Sanktionen kommen
kann, muss erst einmal ein gesellschaftli-
cher Konsens gefunden werden. Es kann
jedoch zurzeit noch kein Verständnis auf
beiden Seiten vorausgesetzt werden.
Wenn das Kopftuch von Muslimen als
Kleidungsstück verstanden wird, das ’gu-
te’ Mädchen, die diesem Gebot folgen,
von ’schlechten’ Mädchen, die das nicht
tun, trennt, liegt ein langer Weg einer
möglichen Verständigung vor uns. Es gilt
jetzt erst einmal, eine inhaltliche Positio-
nierung dazu zu finden, denn das Ziel ist
ja wohl ein friedliches Miteinander in un-
s
erer gesamten Gesellschaft.
Diskurs kann
in der Schule beginnen
Schule ist ein guter und möglicher Raum,
diesen Diskurs zu beginnen. Freiheit und
Demokratie müssen für Zugewanderte
attraktiv werden. Das ist für den Schulbe-
reich eine große Herausforderung, die je-
doch gelingen kann. Dazu braucht es
aber ein Gesamtkonzept zur Integration
besonders für die Schulen! Das haben wir
von
lehrer nrw
schon seit Jahren gefor-
dert für Nordrhein-Westfalen – bisher lei-
der ohne Erfolg.
Einen schönen Gedanken aus dem
Buch möchte ich Ihnen zum Schluss nicht
vorenthalten: Wer nicht fordert und um-
setzt scheitert – denn zwischen Freiheit
und Unfreiheit gibt es keinen Mittelweg
… wir verlieren junge Migrantenkinder
und gefährden unsere freiheitlich-demo-
kratischen Werte und die innere Sicher-
heit im Land, das meint Abdel-Samad.
Und ihm möchte ich an dieser Stelle von
Herzen für sein aufschlussreiches Buch
danken!
Mit Mut und
Entschlossenheit
P.S.: Als ich kürzlich von einer Tagung
nach Hause kam, fand ich eine Presse-
erklärung der Landesregierung unter mei-
nen Mails, die uns Mut machen kann:
»Die NRW-Koalition will Vorbild und Mo-
tor für Einwanderungs-, Flüchtlings- und
Integrationspolitik in Deutschland wer-
den.« Es soll eine Integrationsstrategie
2030 erarbeitet werden. Na also –
packen wir es endlich gemeinsam an, das
heiße Eisen! Bitte mit Mut und Entschlos-
senheit!
Lehrerbildung
verbessern
E
in Initiativteam von Vertretern aus
Eltern-, Lehrer- und Erziehungswissen-
schaft will die Lehrerbildung und -weiter-
bildung verbessern. Denn in vielen Bun-
desländern zeigen sich teilweise gravie-
rende Kompetenzdefizite der Schüler –
Tendenz steigend, heißt es in einer Pres-
semitteilung der Initiatoren. Ursächlich
hierfür seien nicht nur zu geringe Perso-
nalressourcen. Vielmehr sei vielerorts
auch die Professionalität des Lehrperso-
nals vernachlässigt worden – im Zuge
ideologischer Bildungspolitik wie land-
läufiger Forschungsskepsis. Die Folge:
vielfach nur suboptimale, bisweilen gar
schlechte Unterrichtsqualität – nicht zu-
letzt dank qualitativ wie quantitativ un-
genügender Angebote an Lehrerweiterbil-
dung.
Daher hat das Initiativteam die neue
Online-Plattform
www.initiativeunter-
richtsqualitaet.de
gestartet. Sie sam-
melt und informiert ab sofort bundesweit
über sinnvolle Maßnahmen und Expo-
nenten der Lehrerweiterbildung – parallel
zu den staatlichen Institutionen, aber oh-
ne deren Schwerfälligkeit und Politikab-
hängigkeit. Die Angebote erfolgen auf
drei Ebenen:
Weiterbildungsmaßnahmen zur
Steigerung der Unterrichtsqualität
für Lehrerkollegien
berufsbegleitende Qualifizierung
von Seiten-/Quereinsteigern
Coaching/Beratung einzelner Lehrkräf-
te in Problemphasen bzw. -situationen
Die präsentierten Angebote orientieren
sich am aktuellen Stand der Unterrichts-
forschung – dazu durchlaufen sie ein Ak-
kreditierungsverfahren. Die Initiative wird
durch einen fachlichen Beirat begleitet.
Zu den Initiatoren gehören Jutta Löchner,
Vorstandsmitglied der Landeselternschaft
Gymnasien NRW, der Autor und Gymna-
siallehrer Michael Felten sowie der Bil-
dungsforscher Prof. Dr. Rainer Dollase.
MAGAZIN
Deutscher Lesepreis 2018
D
D
ie Bewerbungsphase
für den Deutschen Le-
sepreis 2018 ist gestartet.
Alle Personen und Einrich-
tungen, die sich für die Le-
seförderung stark machen,
sind eingeladen, ihre Pro-
jekte unter
www.deut-
scher-lesepreis.de
einzu-
reichen. Die Bewerbungs-
frist endet am 30. Juni
2018. Der Deutsche Lese-
preis ist eine gemeinsame
Initiative von Stiftung Le-
sen und Commerzbank-
Stiftung. Er wird in diesem Jahr in sechs Ka-
tegorien verliehen und ist mit insgesamt
25 000 Euro dotiert.
Lesekompetenz ist die entscheidende
Grundlage für den Bildungserfolg und den
weiteren Lebensweg von
Kindern und Jugendlichen.
Allerdings zeigen PISA- und
IGLU-Studien sowie OECD-
Berichte für die Lesekom-
petenz von Kindern in
Deutschland seit Jahren
große Defizite auf. Zudem
sind rund 7,5 Millionen Er-
wachsene hierzulande laut
LEO-Studie 2011 funktiona-
le Analphabeten. Daher ist
Leseförderung unabding-
bar. Flächendeckend lässt
sich dies jedoch nur mit ei-
nem breiten gesellschaftlichen und individu-
ellen Engagement umsetzen. Um entspre-
chenden Einsatz zu stärken und zu würdi-
gen, verleihen die Initiatoren seit 2013 jähr-
lich den Deutschen Lesepreis.
Workshop zur
inklusiven
Berufsorientierung
D
D
ie Universität Duisburg-Essen richtet
am 26. Juni einen multiprofessionel-
len Workshop zur inklusiven Berufsorien-
tierung aus. Jeder, der Interesse an und
Kompetenz auf diesem Gebiet mitbringt,
ist herzlich willkommen. Der Workshop
findet in einer attraktiven Tagungsstätte
in Essen (alternativ am 29. Mai 2018 in
Duisburg) statt, und die Teilnahme ist
aufgrund der Förderung durch das Bun-
desministerium für Bildung und For-
schung kostenlos. Die Zahl der Plätze ist
begrenzt.
Foto: AdobeStock/micmacpics
Lesen zu können, ist
die Grundvoraussetzung für
gesellschaftliche Teilhabe.
www.wida.wiwi.uni-due.de/aktuelles/
einzelansicht/anmeldung-zu-den-
expertenworkshops-jetzt-18535/
INFO
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na
ch ob
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n.
lehrer nrw ·
3/2018
6
BRENNPUNKT
von SVEN CHRISTOFFER
Von digitalen Anweisungen und
analogen Lehrkräften
Der Hauptpersonalrat Realschulen sah sich in den vergan-
genen Wochen mit diversen Erlassen, Erlassentwürfen und
Erlassvorankündigungen konfrontiert, deren Qualität das
Gremium höchst unterschiedlich bewertet. Die Bandbreite
reicht dabei von ‘gut’ bis ‘ungenügend’.
sonenbezogenen Daten in der Schule ver-
öffentlicht. Dazu gehört das neue Formu-
lar zur ‘Genehmigung für die Verarbeitung
von personenbezogenen Daten aus der
Schule durch Lehrkräfte zu dienstlichen
Zwecken auf privaten ADV-Anlagen von
Lehrkräften’. Die Lehrkraft muss schriftlich
erklären, dass sie sich an alle Vorschriften
hält und entsprechende Sicherheitsmaß-
nahmen trifft, sofern sie ihren privaten
Rechner zur Verarbeitung personenbezo-
gener Daten nutzen möchte. Dazu gehö-
ren unter anderem der Einsatz aktueller
Virenschutz-Software und einer Firewall,
die regelmäßige Aktualisierung der Be-
triebssysteme, eingesetzter Anwendungen
(zum Beispiel Virendefinitionen) sowie re-
gelmäßige Backups der verarbeiteten Da-
ten.
In der Verpflichtungserklärung heißt es:
»Sofern Sie die hier aufgeführten Maßnah-
men zum Schutz der Daten einhalten, ist
eine Haftung für Sie ausgeschlossen.« Das
heißt im Umkehrschluss: Hält eine Lehr-
kraft (auch unwissentlich) die von ihr er-
klärten Maßnahmen nicht ein, ist sie in der
Haftung! Der Hauptpersonalrat sah sich
daraufhin veranlasst, in einer HPR-Info da-
rauf hinzuweisen, dass die dienstliche Nut-
Dienstanweisung für die
automatisierte Verarbeitung
von personenbezogenen
Daten in der Schule
In der Februarausgabe des Amtsblatts hat
das Ministerium die neue Dienstanweisung
für die automatisierte Verarbeitung von per-
Foto: AdobeStock/Hans-Jörg Nisch
BRENNPUNKT
7
3/2018 ·
lehrer nrw
tungsklassen, Willkommensklassen, Inter-
nationale Klassen) erfreulicherweise wie-
der abgebaut.
In einigen Kommunen ist aufgrund der
vielen neu zugewanderten Schülerinnen
und Schüler kaum mehr Schulraum vor-
h
anden. Dem Druck dieser Kommunen ist
offensichtlich ein Passus im Erlassentwurf
geschuldet, der eine Beschulung an sepa-
raten Standorten vorübergehend ermög-
licht. Der Hauptpersonalrat Realschulen
sieht die Möglichkeit, Teilstandorte mit
ausschließlich neu zugewanderten Schüle-
rinnen und Schülern zu errichten und somit
die Praxis der Separierung dieser Kinder
durch einen Erlass zu legitimieren, höchst
kritisch. Ein solches Modell konterkariert
den Integrationsgedanken und setzt die
Lehrkräfte, die an einem solchen Teilstand-
ort arbeiten müssen, zudem einer systema-
tischen Überforderung aus.
Note: ausreichend!
Erlass-Vorankündigung
zur Gewinnung von
Lehrkräften im SI-Bereich
Jörg Packwitz, Leitender Ministerialrat im
Schulministerium, hat mehrere HPR-Vorsit-
zende im März zu einem Gespräch einge-
laden, um über Überlegungen der Dienst-
stelle zu informieren, den Bewerberüber-
hang von Lehrkräften mit der Befähigung
für das Lehramt Gymnasien und Gesamt-
schulen nicht nur wie bisher für die Schul-
form Grundschule, sondern auch für den
Sekundarstufe I-Bereich zu nutzen. Es sei
beabsichtigt, Sekundarstufe II-Lehrkräften
e
inen Anreiz zu geben, eine Sekundarstufe I
-Stelle anzunehmen und ihnen den Über-
gang auf eine Sekundarstufe II-Stelle nach
vier Jahren zuzusichern. Dies sei bei Schu-
len, die sowohl über Stellen der Wertigkeit
Sekundarstufe I als auch über Stellen der
Wertigkeit Sekundarstufe II verfügen (also
Gesamt- und Sekundarschulen), weitge-
hend unproblematisch. Anders sehe es aus
bei den Schulformen Hauptschule und Re-
alschule, die bisher nicht über entspre-
chende Stellen der Wertigkeit Sekundarstu-
fe II verfügen. Sie sollten daher von der
Maßnahme ausgenommen bleiben. Ich ha-
be in dem Gespräch vorgeschlagen, die
letztgenannten Schulformen zumindest im
Hinblick auf auch an Schulen der Sekun-
darstufe II gesuchte Fächer einzubeziehen.
Diesem Wunsch wird nunmehr entspro-
chen. Ein Teilerfolg, der zumindest sicher-
stellt, dass die Schulformen Haupt- und
Realschule nicht komplett im Regen stehen
bleiben.
Note: gut!
Sven Christoffer
ist Vorsitzender des HPR Realschulen
sowie stellv. Vorsitzender des
lehrer nrw
E-Mail:
christoffer@lehrernrw.de
zung privater Geräte freiwillig ist und die
Kolleginnen und Kollegen deshalb sehr
sorgfältig abwägen mögen, ob sie das,
was von ihnen verlangt wird, auch leisten
können und wollen.
Note: ungenügend!
Erlassentwurf ‘Unterricht
für neu zugewanderte
Schülerinnen und Schüler’
In der Märzausgabe des Amtsblatts hat
Christiane Schüßler, Referatsleiterin ‘Inte-
gration durch Bildung’ im MSB, die Über-
arbeitung des Erlasses ‘Unterricht für neu
zugewanderte Schülerinnen und Schüler’
vorgestellt. Ausdrücklich zu begrüßen ist,
dass die Beschulung neu zugewanderter
Schülerinnen und Schüler in innerer Diffe-
renzierung, in teilweise oder in vollständi-
ger äußerer Differenzierung wieder
gleichberechtigt nebeneinander stehen
sollen. Damit werden die im Erlass der
rot-grünen Vorgängerregierung aus dem
Jahr 2016 aufgebauten Hürden zur Bil-
dung von eigenen Lerngruppen (Vorberei-
lehrer nrw ·
3/2018
8
JUNGE LEHRER NRW
Die SchILD app
ein SchILDbürgerstreich
In der Februar-Ausgabe von Schule NRW mit dem inte-
grierten Amtsblatt fiel einem Mitglied des Hauptperso-
nalrats Realschulen ein Einleger auf, der für großes Er-
staunen sorgte. Auf diesem wurde auf zwei DIN A4 Sei-
ten eine SchILD app beworben, die Lehrerinnen und Leh-
rern die Arbeit enorm erleichtern soll. Dabei gibt es al-
lerdings mehr als nur einen Haken.
M
M
it der SchILD app können folgende
Schülerdaten verarbeitet und ge-
speichert werden:
Teilleistungs- und Zeugnisnoten
Fehlzeiten
von SARAH WANDERS
JUNGE LEHRER NRW
9
3/2018 ·
lehrer nrw
Schülerdaten und -fotos
Sitzpläne
Klingt doch erst einmal super, aber Moment
einmal…
Die Risiken der Nutzung
privater Endgeräte
Hat der Vorsitzende des Hauptpersonalrats
Realschulen, Sven Christoffer, nicht in mitt-
lerweile drei Artikeln zum Thema Logineo
NRW ausführlich dargelegt, wie gefährlich
BYOD (Bring your own device), also die Nut-
zung privater Endgeräte, für die einzelne
Lehrkraft sein kann – zumindest was die
Haftung betrifft, sollten personenbezogene
Daten auf dem eigenen Endgerät nicht ord-
nungsgemäß gesichert sein?
In derselben Ausgabe des Amtsblattes,
der auch die Werbung für die SchILD app
beilag, wurde die Dienstanweisung für die
automatisierte Verarbeitung von personen-
bezogenen Daten mit allen Vorschriften zur
Nutzung privater ADV-Anlagen zu dienstli-
c
hen Zwecken veröffentlicht. Ein Zufall? Die
Liste der einzuhaltenden Sicherheitsmaß-
nahmen ist lang: Zugriffsschutz, automati-
sche Sperre der privaten Endgeräte nach
maximal fünfzehn Minuten Inaktivität, Ein-
satz aktueller Virenschutz-Software, Einsatz
einer Firewall, regelmäßige Aktualisierung
der Betriebssysteme …
Darüber hinaus war der Vorstand des
Hauptpersonalrats verwundert über die Tat-
sache, dass in seinem Exemplar des Amts-
blattes dieser Einleger zur SchILD app fehl-
te. Also machten Sven Christoffer und die
Autorin sich auf die Suche nach Antworten
– ein langer und beschwerlicher Weg.
Nichts Genaues
weiß man nicht
Wir begannen bei der IT des Schulministeri-
ums. Hier fühlte sich niemand verantwort-
lich, da das gesamte Programm von der Fir-
ma ribeka betreut wird. Auch die beworbe-
ne SchILD app war im Haus nicht bekannt,
da der Einleger in keinem Exemplar des
Amtsblattes, das im Haus verteilt wurde, zu
finden war. Nun gut, wenn uns schon nie-
mand etwas zu der App sagen konnte, dann
d
och zumindest, wie dieser Einleger ins
Amtsblatt gelangte, wenn doch das MSB
nichts damit zu tun hat.
Also suchten wir die Verantwortlichen für
Schule NRW auf. Ein Redakteur war genau
wie die kleine
lehrer nrw
-Delegation und
die IT sehr überrascht, versprach jedoch,
sich zu informieren und riet uns, den Chefre-
dakteur des Amtsblattes zu dieser Thematik
zu befragen, da er für den Inhalt verant-
wortlich sei und auch jede Werbeanzeige
genehmigen müsse. Ein paar Tage später
traf ich ihn dann – nach zahlreichen vergeb-
lichen Versuchen – an. Seine Erklärung war
sehr interessant: Im Haus ist das Ganze
nicht aufgefallen, da der Vorgänger des jet-
zigen Chefredakteurs keine Werbeeinleger
in den Exemplaren für das MSB haben woll-
te – fliegt nur auf dem Schreibtisch rum.
Kann ja mal passieren …
Der Ritterbach Verlag darf vier bis fünf Mal
pro Jahr Werbeeinleger in Schule NRW mit
dem integrierten Amtsblatt legen. Diese Ein-
leger müssen eindeutig als Werbeanzeige
kenntlich gemacht werden – in unserem
Beispiel nicht der Fall. Kann ja mal passie-
ren.
Jede Werbung muss dem Chefredakteur
zur Genehmigung vorgelegt werden. Der
Verlag dachte, man hätte dies bereits im
Herbst getan – ein Versehen. Kann ja mal
passieren.
Konsequenzen gab es nach unseren Infor-
mationen übrigens keine.
Wenn dieses Thema nicht so brisant für
die Kolleginnen und Kollegen wäre, könnte
man fast über diese Geschichte lachen. So
bleibt mir nur ein Kopfschütteln und jedem
Kollegen und jeder Kollegin zu raten, sich
genau zu überlegen, ob er oder sie diese
App nutzen möchte.
Foto: AdobeStock/
bluedesign
Ein Schildbürgerstreich?
Bei der SchILD app gibt es
viele Ungereimtheiten
und noch mehr offene Fragen.
Sarah Wanders
ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft
junge lehrer nrw
E-Mail:
wanders@lehrernrw.de
lehrer nrw ·
3/2018
10
JUNGE LEHRER NRW
Aus dem Alltag einer
Realschullehrerin
‘Einfach mal machen’ heißt die neue Devise. Über die Irrungen
und Wirrungen des real existierenden Schulbetriebs. Und warum
ein Knigge-Training hilfreich sein kann.
M
M
anchmal frage ich mich, mit wel-
chen Widrigkeiten man im Lehrer-
beruf so alles rechnen muss. Neben
der Vermittlung von Wissen sind wir ja auch
Erzieher, Schlichter, Mediatoren, Sanitäter,
Sanktionierer, etc …
In meiner Klasse bin ich fast täglich er-
staunt darüber, was die Kids in Pausen und
Unterricht machen, was ich mich niemals ge-
traut hätte. Und ich war ganz gewiss kein
Kind von Traurigkeit.
Oder auch, was heutzutage erwartet wird
von mir als Lehrerin. Meine Eltern haben
kaum Kontakt zu Lehrern gesucht, keine For-
derungen gestellt. Hatte ich etwas ange-
stellt, wurde weder hinterfragt, noch eine
Sanktion in Frage gestellt.
Bitte Beten vorm Backen
Woher kommt nur dieses Selbstverständnis
der Schüler und ihrer Eltern, zu Elternsprechta-
gen mit dem Anwalt aufzulaufen, mit einer An-
zeige zu drohen oder auch zu erwarten, dass
man, bevor man für die Schüler backt, ein Ge-
bet spricht? Ja, Sie lesen richtig. Ein Schüler
verweigerte die Annahme von selbstgebacke-
nen Cookies, da ich vor der Zubereitung nicht
gebetet hatte. Eine Erkrung, dass ich nicht
gläubig sei,hrte zu Tnen, die darin ende-
ten, dass der Schüler meinte, ich nehme seine
Religion nicht ernst. Erst die Sozialarbeiterin
unserer Schule konnte ihn beruhigen.
Mal eben in der
Pause vorbeischauen
Eltern geben ihre Kinder in unsere Obhut, die
Kinder sind den Großteil des Tages in der
Schule, sollte man da nicht meinen, dass El-
tern gemeinsam mit uns arbeiten sollten?
Aber leider geht es oftmals gegen uns Leh-
rer. Und das auf unterschiedliche Weise: Da
gibt es Eltern, die treten gar nicht in Erschei-
nung. Sie folgen keiner Einladung zu Sprech-
tagen, antworten auf keine E-Mails oder An-
rufe. Im Gegensatz dazu gibt es die Sorte, die
und Weise an, wie man etwas erreichen
will?
Mein Sohn wird übernächstes Schuljahr
eingeschult. Die in Frage kommenden
Grundschulen habe ich mir schon angese-
hen. Und bei den Vorstellungsabenden war
i
ch schnell die, ‘die offenbar vom Fach ist’.
Und auch ich hatte direkt meinen Ruf weg.
Ich stellte die interessanten Fragen, nach Pi-
lotsprache, flexibler Nachmittagsbetreuung,
Klassenstärke, Inklusion etc. Auch hier kam
meine Initiative unterschiedlich an. Und ich
fragte mich, ob ich auch eine der Mütter
werden könnte, die zu viel wollen. Ehrlicher-
weise schließe ich das nicht aus.
Miteinander statt
gegeneinander
Was mir aber absolut wichtig ist, und das
versuche ich meinen Kindern tagtäglich bei-
zubringen, ist ein respektvoller Umgang mit-
einander. Mit Schülern, Lehrern, Erzieherin-
nen, Müttern, Freunden, Verwandten. Ich zei-
ge ihnen Möglichkeiten auf, Konflikte zu lö-
sen, und zwar alleine. Sie lernen, Wünsche
und Forderungen zu äußern, ohne sich in Ton
und Wort zu vergreifen. Ob es etwas nützt?
Das wird sich zeigen. Vorgenommen habe
ich mir aber, mit den Lehrern meiner Kinder
zusammen zu arbeiten, denn sie sind es, die
meine zwei Quirle den halben Tag um sich
haben und viel Zeit in sie investieren.
Knigge-Training
für die Klasse
Für meine Klasse habe ich beschlossen, dass
wir ab und an ein kleines Knigge-Training
absolvieren. Höflicher Umgang miteinander,
was können wir machen, um anderen den
Tag zu verschönern, welche Dinge im Alltag
kann man ‘einfach mal machen’?
INFO
Sie wollen auch mitarbeiten bei
junge lehrer nrw
? Sprechen Sie uns
an:
E-Mail: wanders@lehrernrw.de
(Vorsitzende
junge lehrer nrw
)
E-Mail: boecker@lehrernrw.de
(stellv. Vorsitzende
junge lehrer nrw
)
Im Umgang mit Schülern und
Eltern
gibt es manches, worüber sich
(nicht nur) Jung-Lehrerinnen und -Lehrer
wundern.
Foto: AdobeStock/contrastwerkstatt
Leslie Boecker
ist stellvertretende Vorsitzende
der Arbeitsgemeinschaft
junge lehrer nrw
E-Mail:
boecker@lehrernrw.de
von LESLIE BOECKER
sich zu viel kümmern, wegen jeder Kleinig-
keit anrufen oder gerne auch unangemeldet
‘mal eben in der Pause vorbeischauen’.
Manchmal ärgere ich mich über Eltern.
Und über Schüler.
Respekt ist keine
Einbahnstraße
Über die Art und Weise, wie mit mir gespro-
chen wird. Viele meiner Schüler erwarten ei-
nen respektvollen Umgang, äußern diese
Bitte oftmals als Forderung, schaffen es je-
doch kaum, auch anderen Respekt entgegen
zu bringen. Nur, woran liegt das? Wenn ich
ihre Eltern kennenlerne, verstehe ich manch-
mal mehr. Sie wollen alles für ihre Kinder,
kämpfen um jeden Preis. Ist irgendwie ver-
ständlich, aber kommt es nicht auf die Art
BUNDESVERBAND
11
3/2018 ·
lehrer nrw
Bundesrealschultag
in Mainz
Rund 120 Delegierte aus 13 Bundesländern trafen sich vom
26. bis 28. April zum Bundesrealschultag des Verbandes Deut-
scher Realschullehrer (VDR) in Mainz. Erfolg für
lehrer nrw:
Mit Brigitte Balbach hat der Verband nun eine zweite Stim-
me im geschäftsführenden Vorstand des VDR.
Rund 120 Delegierte aus 13 Bundesländern
wählten beim Bundesrealschultag den neuen Vorstand des VDR und
diskutierten über die inhaltlichen Leitlinien des Bundesverbandes.
A
A
m ersten Tag standen mit der Wahl
eines neuen Geschäftsführenden
Bundesvorstandes und der Vorstel-
lung des Haushaltsplans zwei Themen im
Vordergrund. Bevor der neue Vorstand ge-
wählt wurde, aktualisierte die Delegierten-
versammlung die Satzung des Verbandes
dahingehend, dass mit Beginn der neuen
Wahlperiode vier statt bisher drei Stellver-
tretungen des Bundesvorsitzenden gewählt
wurden. Daneben wurde die Anzahl der De-
legierten reduziert.
NRW mit mehr Gewicht
auf Bundesebene
Bei der anschließenden Wahl wurde der Vor-
sitzende Jürgen Böhm, 52 Jahre aus Bayern,
mit 94 Prozent der Stimmen in seinem Amt
bestätigt. Böhm fungiert bereits seit acht
Jahren als Bundesvorsitzender des VDR. Die
Delegiertenversammlung wählte im An-
schluss Bernd Karst (Rheinland-Pfalz), Anton
Huber (Bayern), Dirk Meuser (Schleswig-
Holstein) und Brigitte Balbach aus Nord-
rhein-Westfalen als Stellvertretungen des
Bundesvorsitzenden. Neben Ulrich Bram-
bach, der als Schatzmeister wiedergewählt
wurde, hat
lehrer nrw
nun eine zweite Stim-
me im Geschäftsführenden Bundesvorstand
des Verbandes Deutscher Realschullehrer.
Damit bekommen nordrhein-westfälische
Positionen und Überlegungen auf der Bun-
desebene stärkeres Gewicht. Den geschäfts-
führenden Vorstand des VDR komplettieren
Waltraud Erndl (Pressesprecherin, Bayern),
Karlheinz Kaden (Chefredakteur der Zeit-
schrift, Niedersachsen) und Petra Müller
(Schriftführerin, Sachsen).
Kriterien für eine
realistische Bildung
Am zweiten Tag stand die Sacharbeit im
Vordergrund. Die Delegierten diskutierten,
bearbeiteten und verabschiedeten schließ-
lich gut 70 Anträge, die der Verbandsarbeit
in den nächsten vier Jahren einen inhaltli-
chen Rahmen geben werden. In einem
Sechs-Punkte-Katalog formulierte der VDR
zudem klare Kriterien für eine realistische
Bildung in Deutschland. Dazu gehören das
Bekenntnis zur Differenzierung der Bildungs-
gänge, die Stärkung des Leistungsgedankens
sowie der Qualität der Bildungsabschlüsse,
die Nutzung und Beachtung der Chancen
und Risiken der Digitalisierung, der Erhalt
des Bildungsföderalismus und die Steige-
rung der Attraktivität des Lehrerberufs, etwa
durch eine Eingangsbesoldung nach A13.
In seinem Schlusswort wies Böhm darauf
hin, dass der VDR eine engere Zusammenar-
beit mit dem DL (Deutscher Lehrerverband)
anstrebt. Abschließend lud der VDR-Vorsit-
zende bereits jetzt zum nächsten Bundesre-
alschultag ein, der 2022 in Baden-Württem-
berg stattfinden wird.
Frank Görgens / Jochen Smets
Der neue VDR-Bundesvorstand (v.l.):
Ulrich Brambach (Schatzmeister), Dirk Meußer (stv.
Vorsitzender), Karlheinz Kaden (Chefredakteur VDR-
Zeitschrift), Petra Müller (Schriftführerin), Jürgen
Böhm (Vorsitzender), Waltraud Erndl (Pressespreche-
rin), Brigitte Balbach (stv. Vorsitzende), Anton Huber
(stv. Vorsitzender) und Bernd Karst (stv. Vorsitzender).
Fotos: Berretz
lehrer nrw ·
3/2018
12
TITEL
Thema verfehlt!
Mit einer großen Werbekampagne will Schulministerin Yvonne
Gebauer neue Lehrkräfte gewinnen. Sie wird über alle moder-
nen Kommunikationskanäle laufen und spricht naturgemäß
junge Menschen an, die vor der Berufswahlentscheidung ste-
hen. Ob aber Slogans wie »Job mit Pultstatus« oder »Ein Leben
lang Influencer – Kannste haben!« junge Leute für den Lehrer-
beruf begeistern, darf bezweifelt werden. Andere Stellschrau-
ben, zum Beispiel bessere Rahmenbedingungen oder eine zeit-
gemäße Besoldung (A13!), kamen in Gebauers Auftakt-Presse-
konferenz kaum oder gar nicht vor.
D
D
er Lehrermangel in Nordrhein-
Westfalen wird seit langem disku-
tiert und beklagt. Mittelfristig
wird er noch weiter zu nehmen.
Die Ministerin stellte zum Start der Werbe-
kampagne auch eine Lehrerbedarfsprognose
für die nächsten zwanzig Schuljahre bis
2039/2040 vor. Sie soll regelmäßig aktuali-
siert werden und Aufschluss über den Ein-
stellungsbedarf geben. Während es für
Gymnasien und Gesamtschulen (Sekundar-
stufe II) gar einen Bewerberüberhang gibt,
ist der Lehrermangel an Grundschulen,
Haupt-, Sekundar- und Realschulen ekla-
tant. Hier räumte Gebauer ein, dass insge-
samt rund 15 000 Lehrkräfte fehlen.
Der Handlungsdruck ist also offenkundig.
In einigen Bundesländern wird der Bedarf
an Lehrkräften bereits zu mehr als fünfzig
Prozent über so genannte Seiteneinsteiger
gedeckt. Das ist keine gute Entwicklung,
entwertet sie doch die professionelle Ausbil-
dung und erfordert zumindest eine qualifi-
zierte Fortbildung dieser Kollegen.
Lehrer als ’Influencer’?
Die nun von Gebauer aufgelegte Kampagne
will junge, qualifizierte Menschen begeis-
tern, den Lehrerberuf zu ergreifen. Dabei
soll das Image des Lehrerberufes verbessert
werden. Ein gutes und lohnendes Ziel. Doch
leider ist das Ergebnis dieser Kampagne
sehr ernüchternd. Anbiedernd an eine ver-
meintliche Jugendkultur in der Sprache und
im Layout kommen die Plakate daher. In-
haltlich stellen sie Falsches in den Vorder-
Schulministerin Yvonne Gebauer will jungen Menschen einen Job mit Pultstatus
schmackhaft machen. Wie viele Aspiranten sich das gönnen, bleibt abzuwarten.
Foto: Michael Gottschalk/MSB NRW
TITEL
13
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lehrer nrw
grund. Ein Begriff wie ’Influencer’ deutet ein
Verständnis der Lehrerrolle an, das verkürzt
und falsch akzentuiert ist. Das entspricht kei-
nem aktuellen pädagogischen und didakti-
schen Diskurs. Doch wie hätte man es anders
machen können? Wie lauten die Attribute,
d
ie man in den Vordergrund hätte stellen
können: fachlich bestens ausgebildet,
dadurch Experte, beziehungskompetent,
humorvoll, gelassen und souverän, belastbar,
weil immer neue Anforderungen an den Leh-
rer gestellt werden.
Stattdessen die Anbiederung an vermeint-
lich humoristische Anleihen im ’Fack ju
Göhte’-Stil. Selbst die ’Bild’-Zeitung titelte
mit diesem Vergleich und attestierte der
Kampagne eine ’Dumm-Deutsch’-Sprache.
Was wirklich nötig ist
Jenseits einer solchen Kampagne, die laut
Medienberichten allein in diesem Jahr zwei
Millionen Euro kostet, gäbe es andere Stell-
schrauben, um den Lehrerberuf attraktiver zu
machen. Natürlich sind die Arbeitsbedingun-
gen ganz wesentlich. Hierzu gehören sicher-
lich die Besoldung, Arbeitszeiten, ein gutes
und gesundes Arbeitsumfeld, ein transparen-
tes und leistungsorientiertes Beförderungs-
system. Hier gilt es, nachhaltige und stetige
Verbesserungen anzustreben, aber auch auf
bereits Gutes in diesem Bereich hinzuweisen.
Hinzuweisen wäre auch auf Aspekte, die
bereits sehr attraktiv sind am Lehrerberuf.
Die große gesellschaftliche Verantwortung
und Relevanz sowie die Sicherheit, die der
Beamtenstatus für die meisten Kollegen mit
sich bringt. Das befriedigende Gefühl, eine
wichtige Tätigkeit für unsere Gesellschaft auf
der Basis hoher Professionalität ausüben zu
können. Dieses Selbstbild würde die Wertig-
keit des Lehrerberufes erhöhen. Denn hier
stehen Lehrer anderen Berufsgruppen wie
Ärzten, Richtern und Anwälten in nichts
nach. Und dieses Selbstbewusstsein dürfen
wir haben.
Frank Görgens/Jochen Smets
www.lehrer-werden.nrw
www.lehrerin-werden.nrw
INFO
Holzhammer-Werbung im ’Fack-ju-Göhte’-Stil:
Mit solchen Slogans will die Landesregierung junge Leute für den Lehrerberuf begeistern.
lehrer nrw ·
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14
TITEL
Lehramt an Grundschulen
Für Bewerberinnen und Bewerber bestehen
in den nächsten zehn Jahren hervorragende
bis sehr gute Beschäftigungsaussichten.
Da an Grundschulen die Klassenlehrerinnen
und -lehrer den größten Teil des Unterrichts
in ihren Klassen selbst abdecken (Klassen-
lehrerprinzip), liegt für diese Schulform kei-
ne fächerspezifische Prognose vor. Fachspe-
zifische Engpässe treten im Primarbereich
seltener auf als an den weiterführenden
Schulen.
Lehramt an Haupt-, Real-,
Sekundar- und Gesamt-
schulen (Sekundarstufe I)
Es ist davon auszugehen, dass dauerhaft
mehr Stellen zu besetzen sind als Bewerbe-
rinnen und Bewerber zur Verfügung stehen.
Der Einstellungsbedarf bleibt bis zum Schul-
jahr 2034/2035 weitgehend konstant, erst
danach geht er kontinuierlich zurück. Beson-
ders gute Einstellungschancen bieten die
folgenden Fächer:
+
Deutsch
+
Spanisch
+
Englisch
+
Fran-
zösisch
+
Mathematik
+
Informatik
+
Sport
+
Hauswirtschaft
+
Geographie
+
Technik
+
Physik
+
Kunst
+
Chemie
+
Musik
Lehramt an Gymnasien
und Gesamtschulen
(Sekundarstufe II)
Den angehenden Lehrkräften bieten sich vo-
raussichtlich dauerhaft nur eingeschränkte
Einstellungschancen. In diesem Lehramt ist
daher die Wahl der Fächer von besonders
großer Bedeutung. Ungeachtet des insge-
samt zu erwartenden Bewerberüberhangs
bleiben die für einige Fächer bestehenden
günstigen Beschäftigungsaussichten beste-
hen. Dies sind insbesondere:
+
Physik
+
Kunst
+
Technik
+
Mathema-
tik
+
Musik
+
Informatik
Lehramt an Berufskollegs
Die Einstellungschancen sind insgesamt, be-
sonders in den gewerblich-technischen
Fachrichtungen, hervorragend. Hervorzuhe-
ben sind besonders:
+
Maschinentechnik
+
Bereich Gesund-
heit
+
Elektrotechnik
+
Bereich Erziehung
(Sozialpädagogik)
Lehramt für sonder-
pädagogische Förderung
Im Bereich des Lehramtes für sonderpäda-
gogische Förderung werden in den kom-
menden Jahren voraussichtlich dauerhaft
mehr Stellen zu besetzen sein als Bewerbe-
rinnen und Bewerber zur Verfügung stehen.
Die Einstellungschancen sind demnach mit
hervorragend bis sehr gut zu bewerten. Her-
vorzuheben sind:
+
Emotionale und soziale Entwicklung
+
Geistige Entwicklung
+
Sprache
+
Sehen
+
Hören und Kommunikation
+
Körperliche
und motorische Entwicklung
Die Lage am
Lehrer-Arbeitsmarkt
Das Wichtigste aus der aktuellen Lehrerbedarfsprognose
Die komplette Lehrerbedarfsprognose
ist im Internet unter dieser Adresse
einsehbar:
www.url.nrw/ProgLehrer/
INFO
Die Lehrerwerbekampagne
soll auf vielen Kanälen und Endgeräten
laufen, um die Zielgruppe zu erreichen.
»Ein Verbrechen an der
nachwachsenden Generation«
Thomas Binn arbeitet seit langem als Sozialpädagoge an Grundschulen. Die Inklusion, wie sie
derzeit umgesetzt wird, hält er für einen Fehler. Dass einige Bundesländer Förderschulen am Le-
ben halten, hält Binn für richtig.
Zum Haareraufen:
Im schulischen Inklusionsprozess
läuft einiges schief.
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lehrer nrw
Der Sozialpädagoge Thomas Binn ist ein glü-
hender Verfechter der Inklusion. Er glaubt,
dass das gemeinsame Lernen von Kindern mit
und ohne Behinderung der einzige Weg ist zu
einem vorurteilsfreien Miteinander. Doch so,
wie die Inklusion derzeit umgesetzt wird,
klappt es nicht, sagt Binn. Wie schwierig es
läuft, hat er selbst erlebt. Für ein Filmpro-
Fotos: Binn
jekt hat er jahrelang eine Grundschule in Nord-
r
hein-Westfalen beobachtet, die sich der Inklusion
verschrieben hat. Heute ist er ernüchtert.
Herr Binn, ist die Inklusion eine Illusion?
Thomas Binn: Nein, das ist sie nicht. Sowohl ich als
auch alle Menschen, mit denen ich gesprochen
habe, sind grundsätzlich für Inklusion. Lehrer, El-
tern, Schüler: Sie alle befürworten das vorurteils-
freie Miteinander, das Lernen in der eigenen Ge-
schwindigkeit. Das ist genau das, wohin sich Ge-
sellschaft entwickeln sollte. Aber so, wie es derzeit
läuft, klappt es nicht.
Warum?
Binn: Man hat die Inklusion mit der Brechstange
umgesetzt – das sieht man an der Schule in Nord-
rhein-Westfalen, die ich begleitet habe. Die Schule
war schon lange vor der Inklusion eine Projekt-
schule für gemeinsames Lernen, sie hatte also
schon Erfahrung im Unterrichten von Kindern mit
und ohne Förderbedarf. Aber als das Land 2014
die Inklusion einführte, änderten sich die Rahmen-
bedingungen deutlich.
Inwiefern?
Binn: Vor der Inklusion war die Situation an der
Schule gut. Damals gab es rund fünfzehn Kinder
pro Klasse, maximal ein Drittel davon hatte Unter-
stützungsbedarf. Die Klassen waren fast durchge-
hend doppelbesetzt mit einer Lehrkraft und einem
Sonderpädagogen. Bei der Einführung der Inklusi-
on hat man gemerkt, dass man die Rahmenbedin-
gungen nicht halten kann, weil nun alle Schulen
mit Sonderpädagogen versorgt werden mussten.
Also hat man die Klassen aufgebläht und die
Stundenzahl der Sonderpädagogen zurückge-
schraubt. Aus den 15 Kindern pro Klasse wurden
24. Und die sonderpädagogische Unterstützung
wurde nicht mehr an den individuellen Bedarf der
Kinder angepasst, sondern pauschal auf sieben
Stunden in der Woche pro Klasse beschränkt. Bis
zum Ende der vierten Klasse haben acht von 24
Kindern die Klasse verlassen, weil sie nicht die För-
derung erhielten, die sie eigentlich brauchen. Das
ist eine Bankrotterklärung.
Eines der Kinder, das gehen musste, ist Miguel.
Was ist schiefgelaufen?
Binn:
Als Miguel eingeschult wurde, war er kogni-
t
iv auf dem Entwicklungsstand eines Dreijährigen.
Eigentlich hätte er mindestens ein Jahr länger im
Kindergarten bleiben müssen, wo er mit Kindern
auf seinem Entwicklungsstand hätte spielen kön-
nen. Aber es gab keinen Austausch zwischen Kin-
dergarten und Schule, deswegen landete er in der
ersten Klasse. Weil Miguel in einer Pflegefamilie
aufwuchs, gab es auch keinen Austausch mit den
Eltern. Das Resultat war, dass Miguel in der Klasse
mit Autos spielte, während die anderen Kinder Ma-
the lernten. Die Lehrerin hatte nicht die Kapazität,
sich angemessen um Miguel zu kümmern.
Zeigt der Fall, dass es Kinder gibt, die auf einer
Förderschule besser aufgehoben sind?
Binn: In der jetzigen Situation ist es leider so, dass
Miguel auf einer Förderschule tatsächlich besser
aufgehoben wäre. Aber das Problem ist nicht Mi-
guel, sondern das System, das nicht auf ihn einge-
stellt ist. Ich kann eine ganze Litanei aufzählen
von Situationen, die ähnlich verliefen, weil die
Rahmenbedingungen nicht stimmten.
Was wäre denn ein zweites Beispiel?
Binn: Die Geschichte eines anderen Kindes, die wir
im Film gar nicht erzählt haben. Bei dem Jungen
hat man schnell festgestellt, dass er eine auditive
Wahrnehmungsstörung hat. Das heißt: Er kann
zwar hören, aber das Gehörte nicht so verarbeiten,
wie es altersbedingt normalerweise möglich wäre.
Nun hat sich die Schule angestrengt und versucht,
ein System zu installieren, das es ihm ermöglicht,
im Klassenverband mitzukommen. Er hätte dafür
eine Sonderpädagogin gebraucht, die ihn entspre-
chend unterstützt. Es gab aber keine Sonderpäda-
gogin, die frei gewesen wäre. Also wurde der Jun-
ge seit Mitte des ersten Schuljahrs jeden Tag mit
dem Taxi 35 Kilometer in eine Schule für gehörlose
Kinder gefahren – und das, obwohl er in der Schu-
le in seiner Heimatstadt Freunde hatte und Lehrer,
die ihn unterrichten wollten. Das ist absurd.
In dem Film gibt es einen Jungen mit einer Auf-
merksamkeitsstörung. Damit er mit der Klasse
mithalten kann, soll er Medikamente nehmen. Ist
Inklusion, so, wie sie derzeit umgesetzt wird, Ge-
walt an Kindern?
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lehrer nrw
tur. Aber es wäre ein Ziel, das man sich ste-
cken muss für die Zukunft.
Was braucht es für die perfekte Inklusions-
schule?
Binn: Neben der Infrastruktur vor allem multi-
professionelle Teams. Es reicht nicht aus, die
Klassen mit jeweils einem Lehrer und einem
Sozialpädagogen auszustatten. Wir brauchen
Teams in der Schule, die dazu in der Lage sind,
sich den Bedürfnissen der Kinder anzupassen:
Das kann ein Sonderpädagoge sein, ein Pfle-
ger, eine Schulschwester, ein Psychologe oder
ein Schulsozialarbeiter, der auch einmal ein
Kind rausnimmt und sagt: Wir gehen mal auf
den Schulhof und machen ein anderes Ange-
bot.
Das klingt sehr aufwendig und teuer.
Binn: Ja. Aber wir müssen uns fragen, ob sich
das die Gesellschaft angesichts der Probleme,
die wir aktuell in der Schule haben, nicht so-
wieso leisten muss. Es geht ja nicht nur um In-
klusion. Die Kinder verbringen heute viel mehr
Zeit in der Schule als noch vor zwanzig Jahren.
Und auch der Auftrag hat sich vendert. Noch
vor zwanzig Jahren lag die Erziehung vor
Binn: Der Einsatz von Psychopharmaka ist kein
P
roblem, das nur in Integrationsklassen zu ver-
orten wäre. Ich war an vielen Förderschulen, in
denen Kinder ebenfalls mit Ritalin eingestellt
wurden. Aber ja: Die Inklusion, wie sie derzeit
umgesetzt wird, ist ein Verbrechen an der
nachwachsenden Generation. Auf den Kin-
dern lastet ein enormer Druck, sie erhalten
nicht die Unterstützung, die sie brauchen. Ich
könnte es sehr gut verstehen, wenn diese Kin-
der in zwanzig Jahren einen enormen Hass
auf unsere Generation haben, weil wir so mit
ihnen umgegangen sind.
Einige Bundesländer rudern jetzt bei der In-
klusion zurück – und erhalten die Förderschu-
len vorerst nun doch am Leben. Ist das der
richtige Weg?
Binn:
Im Moment halte ich das für den richti-
gen Weg, ja. Anders funktioniert es leider nicht.
Es nützt nichts, alle Förderschulen zu schließen
und die Kinder ins Regelschulsystem integrie-
ren zu wollen, wenn das Regelschulsystem
schon jetzt vor dem Kollaps steht. Aber natür-
lich muss das Ziel das gemeinsame Lernen von
Kindern mit und ohne Förderbedarf bleiben.
Warum eigentlich?
Binn: Weil es der einzige Weg ist, um ein vorur-
teilsfreies Miteinander hinzukriegen. Man
muss doch nur mal mit offenen Augen durch
eine Fußgängerzone laufen und schauen: Wie
viele Menschen mit Behinderungen laufen da
rum? Das ist eine verschwindend kleine Zahl.
Die Leute werden versteckt und in irgendwel-
che Institutionen abgeschoben. Das kann
doch nicht die Realität in einer Gesellschaft
sein, die sich am Humanismus orientiert. Wir
müssen dahin kommen, dass eine Behinde-
rung nicht mehr als befremdlich oder verstö-
rend wahrgenommen wird. Und dazu leistet
das gemeinsame Lernen in der Schule einen
entscheidenden Beitrag.
Wenn man Inklusion so weit denkt wie Sie,
dann müsste jede Schule ausgestattet werden
mit Vorrichtungen für Blinde, Gehörlose, Lern-
behinderte und so weiter. Ist das leistbar?
Binn:
Momentan nicht. Dafür haben wir viel zu
wenig Personal und auch nicht die Infrastruk-
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lehrer nrw
DOKUMENTARFILM
S
eit Sommer 2014 haben in
Deutschland Kinder mit Un-
terstützungsbedarf einen
Rechtsanspruch auf ge-
meinsamen Unterricht in
den Regelschulen. Viele
Förderschulen wurden da-
raufhin geschlossen. Der
neunzigminütige Doku-
m
entarfilm ‘Ich. Du. Inklu-
sion.’ von Thomas Binn begleitet zweieinhalb
Jahre fünf Grundschüler mit und ohne Unter-
stützungsbedarf. Sie sind Teil des ersten offiziel-
len Inklusionsjahrgangs an der Geschwister-
Devries-Schule in Uedem (Nordrhein-Westfalen).
Der Dokumentarfilm zeigt einen offenen und
direkten Schulalltag und wie es ist, wenn der
Inklusionsanspruch auf Wirklichkeit trifft.
Die DVD mit umfangreichem Bonusmaterial
ist zum Preis 16,90 Euro überall im Handel er-
hältlich.
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lehrer nrw
allem beim Elternhaus. Heute findet Erziehung zu
e
inem hohen Anteil in der Schule statt. Darauf sind
Schulen aber gar nicht eingestellt. Ich habe mit
Schulleitern gesprochen, die sagen: Wir sind froh,
wenn wir irgendwie über den Tag kommen, unse-
ren Bildungsauftrag können wir schon lange nicht
mehr erfüllen. Wenn Sozialarbeiter an die Schule
kommen, profitieren nicht nur die Inklusionskinder,
sondern alle.
In Ihrem Film sagt einer der Elternvertreter: Die El-
tern müssten in der Schule mitwirken, sonst funk-
tioniere die Inklusion nicht. Stimmen Sie zu?
Binn:
Das sehe ich so, ja. Letztendlich sind auch die
Eltern Teil des multiprofessionellen Teams. Sie sind
zwar nicht an der Schule angestellt, aber sie sind
die Personen, die neben den Lehrern Vertrauensper-
sonen der Kinder sind. Ich glaube, dass es in den
letzten zwei Jahrzehnten eine Entwicklung in unse-
rer Gesellschaft gegeben hat, bei der sich die Eltern
immer mehr aus der Erziehungsverantwortung he-
rausgenommen haben. Und ich glaube, dass man
die Eltern wieder viel srker in die Verantwortung
nehmen muss. Es muss viel mehr Austausch stattfin-
den zwischen Schule und Eltern. Wenn wir Familien
eine Möglichkeit geben wollen, auch eine Familie
zu sein, können wir die Kinder nicht den kompletten
Tag abziehen. Wirssen den Fokus auch darauf
lenken, das System Familie zu stärken.
Welchen Weg sollten die Länder einschlagen,
wenn sie die Inklusion noch auf einen guten Weg
bringen wollen?
Binn: Was es braucht, ist ein Einstellungswandel.
2014 hat man gesagt: Wir stecken alle Kinder in un-
ser Regelsystem, und dann gucken wir mal, wie
wir das gemanagt bekommen. Das hat offensicht-
lich nicht funktioniert. Wichtig wäre jetzt eine Be-
standsanalyse. Wie viele Kinder mit Unterstüt-
zungsbedarf gibt es überhaupt? Welche positiven
Erfahrungen wurden in den Schulen für gemeinsa-
mes Lernen gemacht? Schon jetzt müsste man
dringend in die Ausbildung von Sonderpädago-
gen investieren. Es ist für mich angesichts des Per-
sonalmangels unverständlich, dass es immer noch
einen NC auf Sonderpädagogik gibt.
Und was muss passieren, wenn die Sonderpäda-
gogen auf dem Markt sind?
Binn: Dann bildet jede Schule erst einmal eine In-
klusionsklasse. Die ist durchgehend doppelbesetzt
und multiprofessionell aufgestellt. Wichtig ist, dass
der Schulleiter eigenverantwortlich agieren kann.
Er muss die Freiheit haben, zu entscheiden, wie er
eine Klasse zusammensetzt. Vielleicht kommt er zu
dem Schluss, dass es Sinn ergibt, fünf Kinder mit Un-
terstützungsbedarf in einem Verbund mit fünfzehn
Regelkindern zusammen zu unterrichten. Vielleicht
kommt er aber auch zu dem Schluss, es geht nur
mit drei. Das System muss viel flexibler werden.
Was macht man mit den zwei Kindern, die nicht
mehr aufgenommen werden?
Binn: Wenn es einen Jahrgang gibt, in dem über-
proportional viele Kinder mit Unterstützungsbedarf
sind, dann muss der Schulleiter sagen können: Wir
können nicht alle an unserer Schule aufnehmen,
aber es gibt in einem Nachbarort eine Schule, die
noch Kapazitäten hat. Was bestimmt nicht funktio-
niert, ist, dass immer jedem Elternwunsch entspro-
chen wird.
Manche Eltern von Förderschulkindern pochen
auf ihre Wahlfreiheit. Sie wollen, dass die Förder-
schulen erhalten bleiben – zum Wohl der Kinder.
Binn: Wenn die Regelschulen so gut ausgestattet
sind, dass sie eine ähnlich gute Förderung leisten
wie die Förderschulen, dann braucht es diese nicht
mehr. Ich glaube nicht, dass es Eltern gibt, die ge-
gen die Inklusion an sich sind. Was es aber ganz
sicher gibt, sind Eltern, die akut unzufrieden sind
mit der Inklusion in ihrer jetzigen Form.
Quelle: DIE WELT vom 7. April 2018, Interview mit Ricarda Breyton
ZUR PERSON
T
homas Binn
i
st ausgebilde-
ter Sozialpädagoge, Filme-
macher und Fotograf. Seit
vielen Jahren beschäftigt er
sich mit der sozialen Ent-
wicklung von Kindern und
hat etliche Projekte an
Grundschulen sowie Film-
projekte im sozialen Bereich
r
ealisiert.
Weitere Informationen:
www.binn.de
lehrer nrw ·
3/2018
20
S
CHULE & POLITIK
Digitalisierung zwischen Wunsch
und Wirklichkeit
Zwar rufen Politiker in Sonntagsreden gern das Ende der Kreide-
zeitund der Beginn des digitalen Zeitalters aus, doch die Digitali-
sierung an den Schulen kommt nicht recht in die Gänge trotz
guter Absichten und voller Förderpfe. Es fehlt an Breitbandan-
schlüssen, technischer Ausstattung und Endgeräten. Vieles bleibt
der Eigeninitiative von Lehrkften überlassen. Was geht und was
nicht geht, erklärt der Realschullehrer rgen Kuntzig im Interview.
Wie sind die Schulen im Sekundarstu-
fen I-Bereich in Nordrhein-Westfalen
aus Ihrer Sicht mit digitalen Medien
ausgestattet?
KUNTZIG:
KUNTZIG: Einige Schulen in Nordrhein-
Westfalen sind gut ausgestattet, was wahr-
scheinlich leider nicht der Regelfall ist. In ei-
ner gut ausgestatteten Schule ist nahezu je-
der Klassenraum mit Internetanschluss, PC,
Beamer und im Idealfall mit digitalen Tafeln,
sogenannten Whiteboards, bestückt. Hinzu
kommen meistens ein bis zwei Computer-
räume mit genügend PC-Arbeitsplätzen in
Klassenstärke.
Jedoch reichen oftmals Internetanschlüsse
mit Datenströmen von 10 bis 20 Mbit/s für
viele Schulen nicht aus. Hier wäre eine Ver-
sorgung durch regionale DSL-Anbieter, die
pro Leitung bis zu 500 Mbits/s liefern kön-
nen, wünschenswert. Bis jede Schule mit
Glasfaserkabeln versorgt ist, wäre das aus
meiner Sicht eine ideale Zwischenlösung.
Wie ist die überwiegende Resonanz von
Seiten der Schüler auf Unterricht mit di-
gitalen Medien?
KUNTZIG:
KUNTZIG: Die Resonanz der Schülerinnen
und Schüler ist nach meiner Erfahrung hier
durchweg positiv. Weil eben fachbezogene,
aktuelle Informationen und Darstellungen
aus dem Internet die noch vorhandenen
Lehrbücher ideal ergänzen und den ’norma-
len’ Unterricht auflockern und interessanter
machen.
Wo oder in welchen Anwendungen hal-
ten Sie die Digitalisierung des Unter-
richts für sinnvoll, wo nicht?
KUNTZIG:
KUNTZIG: Ich bin froh, dass Sie diese Frage
so stellen, denn das bisher Besprochene be-
deutet nur, dass digitale Medien in den Unter-
richt einfließen. Von einer Digitalisierung des
Unterrichts kann hier noch keine Rede sein.
Aber zuchst zum Kern Ihrer Frage, die ich am
besten mit konkreten Beispielen beantworte.
Im Fach Mathematik benutze ich interakti-
ve Internetseiten (zum Beispiel Aufgaben-
fuchs.de), um mit Hilfe von Matheaufgaben
Gelerntes zu üben und zu vertiefen. Oder ich
stelle mit geeigneten Apps (zum Beispiel
Brainingcamp aus dem App-Store) Mathe-
matik grafisch und dabei dynamisch dar.
Im Fach Physik gibt es im Internet eine
Fülle von Videos (zum Beispiel bei YouTube)
zum Thema Weltraum. Apps wie Solar Walk
sind hier bei der Darstellung zum Beispiel
von einer Sonnenfinsternis faszinierend.
D
er Realschullehrer
Jürgen Kuntzig nutzt
digitale Medien in seinem Un-
terricht intensiv, sieht aber noch
großen Nachholbedarf bei der
Ausstattung der Schulen.
Foto: Kuntzig
SCHULE & POLITIK
Ich bin davon überzeugt, dass es für je-
des Fach geeignete digitale Anwendungen
gibt, um jeden Unterricht sinnvoll zu er-
gänzen. Aber eben zu ergänzen und nicht
zu dominieren. Der Einsatz digitaler Me-
dien um jeden Preis wäre ein schlechter
R
at.
Sie nutzen Ihren eigenen YouTube-Ka-
nal (mEINFACHmathe) zur Ergänzung
Ihres Matheunterrichts, was wollen
und können Sie dort für die Schüler
tun? Was war ihre Idee dabei?
KUNTZIG:
KUNTZIG: Schülerinnen und Schüler kön-
nen dort Versäumtes nachlernen, nicht Ver-
standenes wiederholen oder einfach üben.
Natürlich ist mein privater Kanal vollkom-
men unabhängig von meinem regulären
Matheunterricht. Der Unterricht soll damit
nicht ins Internet verlegt werden. Wer Lust
hat, kann halt zuschauen. Rund 6000 Klicks
und etwa 130 Abonnenten signalisieren ein
gewisses Interesse. Es macht mir einfach
Spaß, diesen Kanal zu betreiben.
Verbessern digitale Medien das proak-
tive Lernen, helfen Sie den Schülern
beim Verstehen von Lerninhalten, wie
s
ind Ihre Erfahrungen?
K
UNTZIG:
KUNTZIG: Das ist oftmals dann gegeben,
wenn auf der Grundlage von Basiswissen
Problemlösungen selbstständig erarbeitet
werden. Der Einsatz digitaler Medien stößt
hier bei Schülerinnen und Schülern auf gro-
ßes Interesse, was wiederum eine Grundvo-
raussetzung für erfolgreiches proaktives
Lernen ist.
Sind die Lehrer fit im Umgang mit digi-
talen Medien?
KUNTZIG:
KUNTZIG: Wenn damit der Einsatz von PC
und Beamer gemeint ist, um Internetrecher-
che zu betreiben, YouTube-Videos zu schau-
en, interaktive Matheseiten mit einzubezie-
hen oder Word, Excel und ähnliche Program-
me anzuwenden, sehe ich da keine Probleme.
Wie ich eingangs erwähnte, ist das aus
meiner Sicht aber nur bedingt digitaler Unter-
richt. Der findet dann statt, wenn sogenannte
iPad-Klassen zum Einsatz kommen. Das be-
d
eutet, die Lehrkraft und jeder Schüler hat
ein iPad und ist über WLAN und einer Soft-
ware miteinander verbunden. Über Beamer
und Leinwand bzw. Whiteboard kann eine
Klasse mit Apps bzw. Webseiten im Unter-
richt gemeinsam arbeiten.
Es gibt auch schon vereinzelt Schulen mit
sogenannten iPad-Klassen. Diese sind aber
zur Zeit noch die Ausnahme. Der Umgang mit
dieser Hardware und Software erfordert
Fachwissen, dass nicht vorausgesetzt werden
kann. Hier sind Qualifizierungsmaßnahmen
und Schulungen aus meiner Sicht unbedingt
erforderlich. Außerdem sollten iPad-Klassen
in den Zentren für schulpraktische Lehreraus-
bildung eine zentrale Rolle spielen.
S
CHULE & POLITIK
I
I
ch bin Christina, 22 Jahre alt – und
manchmal bleibe ich stumm. Bin im
Schweigen gefangen, obwohl ich gerne
reden möchte. Ich habe selektiven Mutis-
mus. Das ist eine psychische Kommunikati-
onsstörung, durch die ich unfähig bin, in be-
stimmten Situationen oder mit bestimmten
Menschen zu sprechen. Obwohl ich gerne
würde, und obwohl ich eigentlich ganz nor-
mal sprechen kann. Aber in manchen Situa-
tionen, da verstumme ich, obwohl ich das
gar nicht will, was mir mein Leben oft ziem-
lich erschwert. Ich habe Angst vor vielen Si-
tuationen, es kommt zu Missverständnissen,
Leute finden mich ’komisch’ oder ’gestört’.
Das Gefühl,
nicht normal zu sein
Während der Schulzeit wusste niemand,
was es mit meinem ’Nicht-Sprechen’ auf
sich hatte. Das Störungsbild ist unbekannt,
und die Lehrer haben sich nicht großartig
dafür interessiert, herauszufinden, was hin-
ter meinem Schweigen und Verstummen
steckt. Es wurde so hingenommen oder von
einigen unter ’normaler Schüchternheit’ ver-
bucht. Jahrelang kassierte ich Fünfen und
Sechsen in den mündlichen Noten, da es
mir während der gesamten Schulzeit nicht
möglich war, mich mündlich im Unterricht
zu beteiligen. Das fand ich nicht toll, da ich
schriftlich eine sehr gute Schülerin war und
die mündlichen Noten all meine Zeugnisse
ziemlich runtergezogen haben.
Aussagen von Lehrern wie »Jetzt melde
dich doch einfach mal! Ich will, dass du dich
Foto: AdobeStock/esthermm
Kinder, die von selektivem
Mutismus betroffen sind, fühlen
s
ich oft isoliert und einsam.
Im
Schweigen
gefangen
Christina leidet unter selektivem Mutismus.
Sie kann in bestimmten Situationen nicht
sprechen. Gerade die Schulzeit war für die
junge Frau sehr schwierig. Wie sie damit um-
geht und was Schule und Lehrer tun können,
um Betroffenen zu helfen, beschreibt sie im
folgenden Artikel.
lehrer nrw ·
3/2018
22
SCHULE & POLITIK
ab morgen ganz normal meldest wie jeder
andere auch!«, waren gar nicht hilfreich, son-
dern haben mich nur noch mehr unter Druck
gesetzt. Und ich stand sowieso schon unter
einem enormen Druck. Auch andere blöde
Sprüche von Lehrern sowie Mitschülern, mit
d
enen sie sich über mein ’Nicht-Sprechen’
lustig machten, haben die Situation nicht ver-
bessert. Ganz im Gegenteil. Ich bekam immer
mehr das Gefühl, total falsch und komisch zu
sein. Nicht normal. Mir fiel es während der
Schulzeit überhaupt nicht leicht, Kontakte zu
meinen Mitschülern aufzubauen; ich war ei-
gentlich immer für mich alleine, sehr einsam
und war tagtäglich nur noch unglücklich.
Wenn Unterstützung fehlt
Ich selbst bin erst im letzten Schuljahr vor
meinem Abitur auf den Begriff ’selektiver
Mutismus’ gestoßen, da ich natürlich ver-
sucht habe, herauszufinden, was mit mir
nicht stimmt, warum ich so bin wie ich bin.
In einer späteren Therapie, die ich durch Hilfe
einer sehr engagierten Lehrerin einige Zeit
nach meinem Abitur begonnen habe, wurde
mir diese Diagnose dann bestätigt.
Die Störung hat ihren Beginn meist in der
Kindheit und wird daher oft im Kindergarten
oder der Grundschule erkannt, sodass die
betroffene Person die notwendige Unterstüt-
zung und Behandlung bekommt. In manchen
Fällen wird das Kind aber übersehen oder
das ’Nicht-Sprechen’ wird für normale
Schüchternheit gehalten und Außenstehende
glauben, das Problem werde sich im Lauf der
Jahre schon bessern. Das Kind erhält keine
passende Unterstützung, bleibt weiterhin
sich selbst und dem Schweigen überlassen.
Betroffene sitzen mitunter jahrelang mit die-
sem großen Problem im Unterricht und sto-
ßen auf viel Unverständnis, Ablehnung oder
sogar Mobbing – bei den Mitschülern als
auch beim Lehrpersonal.
Der Unterschied
zwischen Mutismus
und Introvertiertheit
Es ist für Außenstehende oft schwer, den se-
lektiven Mutismus von normaler Schüchtern-
heit / Introvertiertheit zu unterscheiden bzw.
diesen zu erkennen. Von Mutismus Betroffe-
ne sind jedoch nicht einfach nur schüchtern.
Auch ist es nicht so, dass diese Kinder keine
Lust hätten, sich im Unterricht zu beteiligen,
oder dass sie durch ihr Verhalten provozie-
ren wollen. Im Gegenteil, diese Kinder wol-
l
en in der Regel unbedingt sprechen, um Teil
der Klassengemeinschaft zu sein – aber sie
können nicht.
Kinder mit selektivem Mutismus sprechen
in bestimmten Situationen nicht (in anderen
hingegen schon), oft haben sie einen leeren
Gesichtsausdruck, wirken traurig und ver-
schlossen. Sie vermeiden außerdem jeden
Blickkontakt und haben eine sehr ver-
krampfte Körperhaltung/-sprache, wirken in
diesen Situationen oft wie ’eingefroren’
oder erstarrt. Beim selektiven Mutismus be-
steht häufig nicht nur eine Sprechblockade,
sondern auch die körpersprachliche Kom-
munikation ist blockiert, genauso wie Laut-
äußerungen wie beispielsweise Husten oder
Niesen. Öffentlich zu essen, fällt vielen mu-
tistischen Kindern ebenfalls sehr schwer.
Was Schule und
Lehrer tun können
Ein erster Schritt ist immer die Kontaktauf-
nahme zu den Eltern. Die Eltern sind meis-
tens sehr überrascht – da sich diese Kinder
zu Hause häufig ganz anders verhalten als
in der Schule und zu Hause viel reden. Als
Intervention in der Schule ist in erster Linie
eine verständnisvolle Haltung wichtig und
dem Kind Hilfe und Unterstützung anzubie-
ten, zum Beispiel in Form von Patenschaf-
ten, einer Wissensvermittlung an die Mit-
schüler, Eingreifen bei Mobbing. Um das
Schweigen zu durchbrechen, ist in den meis-
ten Fällen professionelle Unterstützung not-
wendig, zum Beispiel in Form von Logopä-
die und/oder Psychotherapie.
Ich möchte mit diesem Bericht mehr Ver-
ständnis und Akzeptanz für mutistische Kin-
der schaffen. Denn niemand sollte wegen
seines ’Andersseins’ ausgeschlossen oder
benachteiligt werden!
Heute leide ich noch immer unter dem selektiven Mutismus, aller-
dings komme ich mittlerweile schon viel besser zurecht, als noch
vor vier Jahren oder während meiner Schulzeit. Ich bin seit einigen
Jahren in psychotherapeutischer Behandlung – da dort aber über-
wiegend andere Symptomatiken im Vordergrund stehen, bin ich
auch noch in logopädischer Behandlung, um dort ausschließlich
am Mutismus zu arbeiten, und dadurch konnte ich in den letzten
zwei, drei Jahren einige Fortschritte erreichen.
Ich habe noch immer Schwierigkeiten und Hindernisse in meinem Alltag – zum Bei-
spiel versuche ich, auf Telefonate zu verzichten und stattdessen lieber Mails zu schrei-
ben, wenn sich Telefonieren nicht vermeiden lässt, schreibe ich mir Wort für Wort vorher
auf, was ich sagen möchte; manche Situationen im Alltag vermeide ich auch von vornhe-
rein. Aber es wird besser, und ich merke immer wieder, dass ich Fortschritte mache und
weiterkomme.
Zurzeit bin ich ehrenamtlich in einer Grundschule tätig; im Herbst möchte ich mein
Psychologie-Studium anfangen. Das wird sicherlich auch nicht leicht werden, aber ich
versuche, dieser Herausforderung optimistisch entgegen zu blicken!
SO GEHT ES CHRISTINA HEUTE
Christina heute
Foto: privat
Für Betroffene und Interessierte gibt es
im Internet verschiedene Informations-
möglichkeiten:
www.mutismus.de (Website des
Vereins ’Mutismus Selbsthilfe
Deutschland e.V.’)
www.selektiver-mutismus.de
(Website des Vereins ’StillLeben e.V.’)
www.mutismus-forum.de (Online-
Forum für Information und Austausch)
INFO
23
3/2018 ·
lehrer nrw
Foto: AdobeStock/Monkey Business
Im Fach Englisch hat die letzte ZP10 viele Schülerinnen
und Schüler vor schier unlösbare Rätsel gestellt.
lehrer nrw ·
3/2018
24
Zwischen Anspruch
und Wirklichkeit
Nach dem Ärger um die letzten Zentralen Prüfungen in
Klasse 10, die viele Schüler und Lehrer als deutlich zu schwierig
empfanden, richtet sich der Blick nun auf die nächste Auflage.
Aus Sicht von
lehrer nrw
ist es dringend nötig, die Prüfungsan-
forderungen stärker vor dem Hintergrund einer zunehmend
heterogenen Schülerschaft zu sehen.
D
D
ie Ergebnisse der zentralen Prü-
fungen bestätigen einen nun
schon einige Jahre anhaltenden
Trend. Die Tatsache, dass es – schulform-
unabhängig – zwischen Vor- und Zeugnis-
note praktisch keinen Unterschied, wohl
aber im Hinblick auf die Prüfungsnote
gibt,sst folgenden Schluss zu: Orientie-
ren sich die Lehrer bei der Vergabe der
Vor- und Zeugnisnote an der Realität des
Schulalltags, so tun sie dies bei den Prü-
fungen an den Vorgaben des Schulminis-
teriums (MSB).
ZP10
S
CHULE & POLITIK
25
3/2018 ·
lehrer nrw
Im Landesdurchschnitt existieren faktisch
zwei unterschiedliche Anforderungsniveaus.
Was hat eine Note dann für eine Aussagekraft
auf dem Zeugnis? Viele Schulen bieten Zertifi-
katskurse (zum Beispiel
Cambridge Certificate
)
an. Diese definieren einen weltweit einheitli-
c
hen Standard und sind somit verlässlich. Die
fehlende Aussagekraft einer Zeugnisnote über
das tatsächliche Sprachniveau schwächt die
Wertigkeit von Schulabschlüssen.
Realschulen vor immensen
Herausforderungen
Es ist dringend nötig, die Prüfungsanforderun-
gen stärker vor dem Hintergrund einer zuneh-
mend heterogenen Schülerschaft zu sehen.
Insbesondere Realschulen stehen durch Inklu-
sion, Migration und die Auflösung von Haupt-
und Förderschulen vor immensen Herausfor-
derungen. Sie sind bemüht, ihre Schülerinnen
und Schüler trotz teilweise erheblicher Unter-
schiede (sozial, personell und fachlich verfüg-
barer Kompetenzen) individuell zu unterstüt-
zen, um sie einem angemessenen Abschluss
mit beruflicher Perspektive zu führen.
Auf der einen Seite soll »kein Kind zurück-
gelassen werden«
2
. Das bedeutet, dass Leh-
rer im Alltag eine Adaption des Lerntempos,
der Quantität, Qualität und Progression von
Unterrichtsinhalten für die schwächeren
Schüler vornehmen. Dieser individuelle Lern-
prozess spielt dann spätestens am Prüfungs-
tag keine Rolle mehr, denn da wartet das
standardisierte, einheitliche Prüfungsset
(MSA), das alle Schülerinnen und Schüler be-
wältigen müssen. Die individuellen Möglich-
keiten der Kinder sind unterschiedlich und
bei einigen begrenzt. Das bedeutet, dass För-
dermöglichkeiten, selbst bei optimaler
Raumsituation, bestens ausgebildeten Fach-
kräften und abgestimmten Material schlicht-
weg ihre Grenzen haben.
Was bedeutet das
für die Zukunft?
Es wird nicht reichen, wenn man Realschulen
’gestattet’, einen zusätzlichen Hauptschul-
zweig einzurichten (und damit ein HSA Prü-
fungsset anbietet) und sie unter (schlechte-
ren) Realschulbedingungen (zum Beispiel die
Wochenarbeitszeit) zu verkappten Gesamt-
schulen zu machen.
Wir brauchen zweierlei: Zunächst eine
sachliche Analyse darüber, in wie weit das
gemeinsame Lernen bei innerer Differenzie-
rung bei allen Schülerinnen und Schülern zu
einer soliden Bildung führt. Schließlich geht
es um nicht weniger als die größte Ressour-
ce, die ein Land hat: das Bildungspotenzial
seiner Menschen.
Ich setze Hoffnung in die neue Landesregie-
rung, dass sie den Mut aufbringt, Fehlentwick-
lungen der Vergangenheit zu korrigieren und
Weichen für die Zukunft zu stellen. Nimmt
man die Leitlinie Binnendifferenzierung wirk-
lich ernst, so ist dazu ein deutlichherer
Mehraufwand für die Lehrerinnen und Lehrer
tig. Woher sollen insbesondere Realschul-
lehrer aber die Zeit dafür nehmen, wenn die
Bedingungen dieselben sind wie zu Zeiten, in
denen es weder Inklusion, Ganztag und Zu-
wanderung, dafür aber Haupt- und Förder-
schulen gab? Vor dieser Frage drücken sich die
politischen Entscheidungsträger und überlas-
sen die Antwort gleichzeitig den Lehrkräften.
Diese versuchen den Spagat zwischen dem An-
spruch des MSB und ihrer Verantwortungr
die Schülerinnen und Schüler zu leisten, was
die oben beschriebene Diskrepanz zwischen
Prüfungs- und Zeugnisnoten verdeutlicht.
Es wird Zeit, sich der Realität offen zu stel-
len.
Peer Brändel
Lehrer
1 https://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/
cms/upload/zp10/berichte/ZP10_Ergebnisbericht_2017.pdf
2 https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/
Praevention/Kein-Kind-zuruecklassen/index. html
Schulform
1
Schuljahr Vornote
Prüfungsnote
(quantitative
Abweichung im Vergleich
zur
Vornote
)
Zeugnisnote
(quantitative
Abweichung im
Vergleich zur
Vornote
)
Realschule
2013/14 3,1
3,3 3,1
2014/15 3,1
3,1 3,0
2015/16 3,1
3,4 3,1
2016/17 3,1
3,3 3,1
Gesamtschule
E-Kurs
2013/14 2,9
3,3 2,9
2014/15 2,9
3,0 2,8
2015/16 2,9
3,4 2,9
2016/17 2,9
3,2 2,8
Hauptschule
Typ B
2013/14 3,3
3,8 3,3
2014/15 3,2
3,6 3,2
2015/16 3,2
3,9 3,3
2016/17 3,2
3,8 3,3
Sekundarschule
Erweiterungsebene
2015/16 3,1
3,5 3,1
2016/17 3,0
3,4 3,0
Abendrealschule
2015/16 3,3
3,8 3,4
2016/17 3,3
3,7 3,4
SCHULE & POLITIK
lehrer nrw ·
3/2018
26
FORTBILDUNGEN
Lehrerräteschulungen
In seinen bewährten Lehrerräteschulungen informiert
lehrer nrw
wieder über die rechtlichen Grundlagen der
Arbeit der Lehrerräte. Die Teilnahme ist kostenlos.
D
D
ie Lehrerrätefortbildungen 2018 tei-
len sich auf in Basis- und Aufbau-
schulungen. In der Basisschulung er-
halten neu gewählte und auch bereits im
Amt befindliche Lehrerratsmitglieder Infor-
mationen über die rechtlichen Grundlagen
ihrer Arbeit. Neben den Rechtsvorgaben und
dem Wahlverfahren werden die laut LPVG
(Landespersonalvertretungsgesetz) vorgese-
henen personalvertretungsrechtlichen Betei-
ligungstatbestände – insbesondere die Mit-
bestimmung – sowie die dafür notwendigen
Bedingungen und das durchzuführende Ver-
fahren anhand von Fallbeispielen erläutert
und vermittelt.
Die Aufbauschulungen werden als Fort-
setzung der Basisschulung angeboten und
beinhalten eine Festigung sowie Erweite-
rung der bisher vermittelten Kenntnisse. In
diesem Zusammenhang zielt die schwer-
punktmäßige Erläuterung schulspezifischer
Rechtsvorgaben verstärkt auf eine Auswei-
tung der Beratungskompetenz. Gleichzeitig
werden auf der Grundlage praktischer Bei-
spiele und anhand bereits vorhandener Er-
fahrung Kommunikations- und Konfliktlö-
sungsstrategien erarbeitet, die sowohl den
sachgerechten Umgang mit den Kolleginnen
und Kollegen wie auch die konstruktive Zu-
sammenarbeit der verschiedenen schulischen
Gremien erleichtern und sicher stellen sollen.
Lehrerräteschulungen 2018 im Regierungsbezirk Köln
Veranstaltung Datum/Uhrzeit Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar III
Donnerstag, 21. Juni 2018,
9:00 Uhr - 16:00 Uhr
51109 Köln Käthe-Kollwitz-Realschule, Petersenstraße 7
Lehrerräteschulung
Basisseminar/Grundschulung
Donnerstag, 4. Oktober 2018,
9:00 Uhr - 16:00 Uhr
51109 Köln Käthe-Kollwitz-Realschule, Petersenstraße 7
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar I
Dienstag, 6. November 2018,
9:00 Uhr - 16:00 Uhr
51109 Köln Käthe-Kollwitz-Realschule, Petersenstraße 7
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar III
Donnerstag, 6. Dezember 2018,
9:00 Uhr - 16:00 Uhr
51109 Köln Käthe-Kollwitz-Realschule, Petersenstraße 7
Lehrerräteschulungen 2018 im Regierungsbezirk Düsseldorf
Veranstaltung Datum Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar III
Montag, 4. Juni 2018,
9:00 Uhr - 16:00 Uhr
41065
Mönchengladbach
Realschule Volksgarten, Luise-Vollmar-Str. 25
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar I
Montag, 1. Oktober 2018,
9:00 Uhr - 16:00 Uhr
42719 Solingen Albert-Schweitzer-Realschule, Kornstraße 6
Lehrerräteschulung im Regierungsbezirk Arnsberg
Veranstaltung Datum Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar II
Mittwoch, 12. September 2018,
9:30 Uhr - 15:30 Uhr
59821 Arnsberg Hotel & Restaurant Menge, Ruhrstraße 60
Lehrerräteschulung im Regierungsbezirk Detmold
Veranstaltung Datum Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar I
Donnerstag, 27. September 2018,
9:00 Uhr - 16:00 Uhr
32049 Herford Hotel Waldesrand, Zum Forst 4
Lehrerräteschulung im Regierungsbezirk Münster
Veranstaltung Datum Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar III
Montag, 17. September 2018
09:00 Uhr - 16:00 Uhr
48268 Greven
Anne-Frank-Realschule,
Im Deipen Brock 20
Information/Anmeldung: Interessenten können sich unter www.lehrernrw.de/fortbildungen nach Rücksprache mit ihrer Schulleitung anmelden. Teilnahmegebühren werden nicht erhoben. Für die Bewir-
tung mit Speisen und Getränken sorgt
lehrer nrw
. Die Reisekosten beantragen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ihren Schulen, die auf Antrag bei ihrer Bezirksregierung
die verauslagten Reisekosten aus einem gesonderten Budget erstattet bekommen.
27
3/2018 ·
lehrer nrw
FORTBILDUNGEN
Lösungsorientierte Beratung
und Gesprächsführung
Bei der Beratung haben die Sichtweisen und die Art der Kommuni-
kation eine große Bedeutung und wirken sich darauf aus, wie Men-
schen mit Problemstellungen und schwierigen Situationen umge-
hen. Anhand von konkreten Fallbeispielen und Übungen zeigt Refe-
rentin Ingvelde Scholz, was Lehrkräfte und Beratungslehrerinnen
und -lehrer zu einem guten Beratungsprozess beitragen können
und wie sie Eltern, Schülerinnen und Schülern bei anstehenden Fra-
ge- und Problemstellungen lösungsorientiert beraten können.
Die Teilnehmer werden informiert über:
Grundsätze gelingender Gesprächsführung (Gesprächstechniken)
Rollenklärung und Zielklärung (Worum soll es gehen?)
Sich gezielt vorbereiten und einen guten Rahmen schaffen
(Gestaltung und Phasen)
Lösungsorientierte ’Kommunikationswerkzeuge’
Umgang mit herausfordernden Situationen in Eltern-Gesprächen
Kurzinfo
Titel: Lösungsorientierte Beratung
und Gesprächsführung
Datum: Dienstag, 26. Juni und Mittwoch,
27. Juni 2018
Uhrzeit: 26. Juni, 14:00 Uhr bis 27. Juni, 13:00 Uhr
Ort: dbb akademie Königswinter
Anmeldeschluss: 18. Mai 2018
Referentin: Ingvelde Scholz
Rhetorik-
Aufbauseminar
In diesem Seminar werden ’dialogische’ Gesprächssituationen des
Schulalltags verstärkt in den Blick genommen. Neben rhetorischem
Geschick entwickelt die Referentin Anette Rüth mit den Teilneh-
mern auch ein gutes Sensorium für Beziehungsgestaltung. Anette
Rüth ist Kommunikationstrainerin und Psychologische Psychothe-
rapeutin in eigener Praxis in Köln.
Kurzinfo
Titel: Rhetorik Aufbaukurs
Datum: Donnerstag, 21. Juni und Freitag,
22. Juni 2018
Uhrzeit: 21. Juni, 14:00 Uhr bis 22. Juni, 13:00 Uhr
Ort: dbb akademie Königswinter
Anmeldeschluss: 17. Mai 2018
Referentin: Anette Rüth
Am 15. November findet der 50. Mülheimer Kongress statt.
Das Programm zum Goldenen Jubiläum der Traditionsveran-
staltung, die wie immer in der Akademie ’Die Wolfsburg’ über
die Bühne geht, wird derzeit erarbeitet und nach den Sommer-
ferien bekannt gegeben. Über inhaltliche Details und Anmelde-
möglichkeiten werden wir Sie in der Verbandszeitschrift und
auf der
lehrer nrw
-Website rechtzeitig informieren.
SCHON VORMERKEN
Foto: AdobeStock/ArtFamily
Kommunikation zwischen Lehrkräften
und ihren Schülern bzw. Eltern ist das
A und O im schulischen Alltag. Aller-
dings sollte sie mit Respekt und auf
Augenhöhe ablaufen. Wie das gelingt,
ist Thema zweier
lehrer nrw
-Fortbil-
dungen im Juni.
Wie Kommunikation
gelingt
Die beiden letzten Veranstaltungen des
lehrer
nrw
-Fortbildungsprogramms vor den Som-
merferien drehen sich um Kommunikation. Am
21. und 22. Juni bietet Anette Rüth einen Rhe-
torik-Aufbaukurs an. Ingvelde Scholz erläutert
am 26. und 27. Juni, wie eine lösungsorientier-
te Beratung und Gesprächsführung gelingt.
lehrer nrw ·
3/2018
28
RECHT
§
AUSLEGER
Cybermobbing
gegen Lehrer
Fälle der Verunglimpfung von Lehrern im Internet häufen
sich mit der verstärkten Nutzung desselben. Und damit
auch die Frage der Betroffenen, was nun? Was tun? Eins
vorweg: Die Annahme, dass Lehrkräfte in solchen Fällen
machtlos, zahnlos, rechtlos sind, ist grundfalsch.
D
D
ie Nutzung des Internets wird im-
mer mehr zur Selbstverständlich-
keit, vor allem seit dies mithilfe von
Smartphones auch ’mobil’, das heißt zu je-
der Zeit und grundsätzlich auch von jedem
Ort aus möglich ist. Immer mehr und im-
mer jüngere Schüler besitzen Smartpho-
nes. Manch ein Lehrer wünscht sich sicher,
dass Smartphones generell an Schulen ver-
boten werden, wie es nach den Plänen von
Präsident Emmanuel Macron in Frankreich
ab Herbst dieses Jahres der Fall sein soll.
Lügen, Manipulations-
versuche, Verunglimpfun-
gen, Diskriminierungen
Grund für die Skepsis ist auch die Erkennt-
nis, dass der Schwerpunkt der Nutzung des
Internets, sei es über Smartphones oder an-
dere Geräte, nicht die Recherche zur Lö-
sung von Schulaufgaben ist, sondern die
Pflege und Erweiterung von Kontakten so-
wie der teils minutiöse Austausch unter
Freunden und Bekannten über soziale
Netzwerke. Dies bringt leider aber auch im-
mer öfter und weit über Freunde und Be-
kannte hinaus hässliche Auswucherungen
wie die Verbreitung von Lügen, Manipulati-
onsversuche, Verunglimpfungen und Diskri-
minierungen sowie Hate-Speeches, Fake-
News und Cybermobbing mit sich. Wahrlich
als Fluch stellt sich dabei die Ausstattung
von Smartphones mit Kameras dar.
Das Problembewusstsein für derart unan-
genehme Vorkommnisse wächst ebenso wie
Hilfsangebote. Über das EU-Portal ’klick-
safe’, über die Landesstelle für Gewaltprä-
vention und Prävention von Cybergewalt an
Schulen beziehungsweise über die Arbeits-
gemeinschaft Kinder- und Jugendschutz fin-
det man in Nordrhein-Westfalen beispiels-
weise Rat und Hilfe speziell für das schuli-
sche Umfeld.
Thema Cybermobbing ist
im Landtag angekommen
Auch der Landtag in Düsseldorf diskutiert
aktuell, wie man Schulen im Kampf gegen
Cybergewalt unterstützen kann und fasst
dabei die Lehreraus- und -fortbildung ins
Auge. Kein schlechtes Ansinnen – denn
wenn Lehrer sich auf diesem Gebiet bilden,
können davon zweifelsohne nicht nur Schü-
ler, sondern auch sie selbst profitieren.
Dennoch wird die eine oder andere Lehr-
kraft, die unvermittelt auf ein kompromit-
tierendes Foto und einen demütigenden
Kommentar über sich selbst im Internet
stößt, nach wie vor auf folgenden inneren
Konflikt stoßen: Am liebsten wäre ihr einer-
seits ein »Schwamm drüber!«. Auf der an-
deren Seite sollten sich Täter doch scho-
nungslos dafür verantworten. In jedem Falle
ahnt sie, dass auch im Nachhinein noch ein
fader Beigeschmack bleiben wird.
Die Verunglimpfung durch Schüler als sol-
che wird den Kollegen dabei oftmals noch
nicht einmal umhauen. Schließlich ist man
in gewisser Weise ja auch stets der ’natürli-
che Feind’ der einem anvertrauten mehr
oder weniger bildungsbeflissenen Jugendli-
chen. Häufig kennt man ja sogar seine ’Pap-
penheimer’. Im Unterschied zu Taten der
realen Welt kommt aber bei Fällen im Inter-
Foto: AdobeStock/Dan Race
Gewalt gegen Lehrkräfte
hat viele Facetten.
Cybermobbing gehört dazu. Doch die
Betroffenen haben wirksame Möglichkei-
ten, sich zu wehren.
von CHRISTOPHER LANGE
29
3/2018 ·
lehrer nrw
RECHT
§
AUSLEGER
net, das heißt bei Cybermobbing, hinzu,
dass der oder die Täter oft anonym bleiben
und dass Reichweite und Wirkungsdauer ei-
ner Verunglimpfung im Internet im wahrsten
Sinne des Wortes so ’unfassbar’ sind. Es ist
nachvollziehbar, wenn sich Lehrer in dieser
Situation machtlos fühlen und es ungleich
schwerer fällt, eine Entscheidung zu treffen,
inwieweit man sich gegen den oder die Vor-
fälle wehrt.
Lehrer sind nicht machtlos
gegen Cybermobbing
Um diese Entscheidung auf annähernd kla-
rer Grundlage treffen zu können wie bei ei-
nem Konflikt in der realen Welt, sollte aber
jede Lehrkraft wissen, dass sie sich keines-
falls machtlos fühlen muss. Sie ist weder
rechtlos, noch fehlt es an der Durchset-
zungsfähigkeit ihrer Rechte. Betroffenen ste-
hen dabei verschiedene Wege zur Verfü-
gung. Natürlich kommen zunächst Maßnah-
m
en des Schulrechts gegen jeden – bekann-
ten – Täter ab dessen Einschulung in Be-
tracht.
Wer im Internet eine Lehrperson atta-
ckiert und über vierzehn Jahre alt ist, kann
sich zudem aber auch strafbar machen und
zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt
werden. Diffamierungen können verschiede-
ne Tatbestände verwirklichen. Sie können ei-
ne Beleidigung nach §185 Strafgesetzbuch
(StGB), Üble Nachrede nach §186 StGB
oder eine Verleumdung nach §187 StGB
darstellen. Wird ein Übel angedroht, stehen
Nötigung (§240 StGB), Erpressung (§253
StGB) oder Bedrohung (§241 StGB) im
Raum. Bei längeren Schikanierungen könnte
eine Nachstellung (§238 StGB) vorliegen.
Findet sich der Lehrer auf kompromittieren-
dem Bild- oder Videomaterial wieder, kön-
nen die Vertraulichkeit des Wortes (§201
StGB) oder der höchstpersönliche Lebensbe-
reich (§201 a StGB) verletzt sein.
Da Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwil-
ligung des Abgebildeten verbreitet oder öf-
fentlich zur Schau gestellt werden dürfen,
kann sogar eine Strafbarkeit nach dem so-
genannten ’Gesetz betreffend das Urheber-
recht an Werken der bildenden Künste und
der Photographie’, dem KunstUrhG, gege-
ben sein.
Auf der Spur von
’SchwarzeMaus49’
und ’Killi-Billi’
Eine Lehrkraft kann dabei den notwendigen
Strafantrag selbst stellen. Wird sie in Aus-
übung ihres Amtes attackiert, ist damit über-
dies der Staat gleichzeitig selbst einem An-
griff ausgesetzt, so dass auch die dienstvor-
gesetzte Stelle einen eigenen Antrag stellen
kann. Der Umstand allein, dass oft nicht klar
ist, von wem die Tat verübt wurde, muss
nicht vor einem Antrag zurückschrecken las-
sen. Denn der Staatsanwaltschaft ist es mög-
lich, die IP-Adresse des Gerätes dessen zu er-
mitteln, der sich hinter einem Pseudonym wie
’Schwarze-Maus49’ oder ’Killi-Billi’ versteckt.
Zivilrechtlich können Verletzungen der Per-
sönlichkeitsrechte bereits gegen Täter ab
dem siebten Lebensjahr geltend gemacht
w
erden. Es kommen Unterlassungs-, Wider-
rufs- Ergänzungs- oder Berichtigungsansprü-
che in Betracht, bei materiellen Schäden
auch Schadensersatz- und Geldentschädi-
gungsansprüche.
Wie rechtsverletzende
Inhalte aus dem
Netz verschwinden
Da mag der eine oder andere denken:
»Geld? Von einem Schüler? Das brauche ich
nicht. Aber die Demütigung, verbreitet über
das Internet, soll verschwinden und keines-
falls nochmals passieren! Nur wie bekomme
ich die da raus? Das Internet vergisst doch
bekanntermaßen nicht!« – Wer sich als Be-
troffener in dieser Reaktion wiederfindet,
sollte sich vergegenwärtigen, dass man sich
nicht auf den Täter konzentrieren muss, son-
dern den Betreiber des Internetportals, auf
dem die Demütigung erschienen ist, auf Lö-
schung der betreffenden Inhalte in Anspruch
nehmen kann. Der
Betreiber hat im
Unterschied zum
Täter in der Regel
auch kein Interes-
se daran, dass
rechtsverletzende
Inhalte in seinem
Verantwortungs-
bereich verbreitet
werden und wird
den Ansprüchen daher eher nachkommen.
Keinem Lehrer ist zu wünschen, dass er das
Voranstehende im Zusammenhang mit eige-
nen Erfahrungen liest. Doch wie man sieht,
muss auch Cybermobbing gegen einen Lehrer
kein Kampf gegen unsichtbare Schatten be-
deuten. Die Kenntnis der rechtlichen Möglich-
keiten kann zumindest zu einem souveräne-
ren Umgang mit der Situation führen.
Christopher Lange
leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw.
E-Mail:
Rechtsabteilung@lehrernrw.de
INFO
lehrer nrw
plant für den
9./10. Oktober eine Fortbil-
dung zum Thema
‘Mob-
bing gegen Lehrer’
.
Details werden zu gegebe-
ner Zeit in dieser Zeitschrift
und unter
www.lehrer-
nrw.de veröffentlicht.
lehrer nrw ·
3/2018
30
Auf der schönen blauen Donau …
N
N
ach einer launigen Einstimmung am
Vorabend in einem zünftigen Bier-
garten der Drei-Flüsse-Stadt Passau
startete das offizielle Reiseprogramm am
18. April mit einer Führung durch die wun-
dervolle Altstadt Passaus. Informationen
über die in der Stadt stets präsente Hoch-
wassergefahr und über die Veste Oberhaus,
den ehemaligen Sitz der Fürstbischöfe von
Passau, sowie über den Dom sorgten für
manches Aha-Erlebnis.
Am Nachmittag bezog die
lehrer nrw
-
Gruppe das ’Hotelschiff’ DCS Amethyst, das
pünktlich um 16:00 Uhr ablegte. An schönen
Landschaften vorbei genossen die Teilneh-
mer auf dem Oberdeck von Liegestühlen
oder von Sesseln aus die Sonne, die für die
Dauer der Reise zur treuen Begleiterin wur-
de. Eine Einführung in das Schiff und zum
Ablauf der Reise gab Kapitän Pavel Pavlov in
der Panoramabar im Rahmen eines Cocktail-
empfangs. Das Schiff durchquerte drei Länder
– mit Landgängen in den Hauptstädten
Wien, Budapest und Bratislava. ’Kreuzfahrt-
leiter’ Jerry Okroy, der alle Durchsagen mach-
te und der alles an Bord für die Gäste regu-
lierte, war immer freundlich und hilfsbereit.
In den späten Abendstunden strahlte das
erleuchtete Linz in verschiedenen Farben.
Dann erreichten die Schiffsreisenden Wien
und hatten genug Zeit, es wenigstens in gro-
ben Zügen kennenzulernen.
Budapest mit der vorgelagerten Margare-
theninsel und den beiden Teilen Buda dies-
seits und Pest auf der gegenüber liegenden
Flussseite sahen sehr unterschiedlich aus,
Hier in Buda das mächtige Parlamentsge-
bäude, imposante Kirchen, breite Einkaufs-
straßen und große Hotels, dort am Hügel
und auf den Pester Bergen vornehme Häu-
ser, die verschiedenen Botschaften und das
Schloss.
Weiter ging es über die größten Schleusen
auf der Donau, ehe das Schiff am Mittag
Bratislava erreichte, wo eine Führung inte-
ressante Einblicke ermöglichte.
Am Sonntag machten die Passagiere recht
früh Station in Weißenkirchen in Österreich.
Durch die schöne Wachau ging es beim
Landausflug zum Kloster Melk. Dort erlebte
die
lehrer nrw
-Gruppe eine Führung durch
die Abtei mit dem Museum, das nagelneu
nach modernen Gesichtspunkten gestaltet
worden ist, und die zum Abschluss gezeigte
Bibliothek, die zig-Tausend alte Skripten auf-
zuweisen hat. Eine Weinprobe im niedlichen
Dorf rundete den Tag ab.
Mit einem eleganten Abschiedsdinner, für
das sich die
lehrer nrw
-Senioren schick in
Schale warfen, endete das offizielle Pro-
gramm. Nach der letzten Nacht an Bord leg-
te die DCS Amethyst wieder in Passau an, wo
sich die fidele Reisegruppe in alle Winde zer-
streute.
Besuch im Kettenschmiedemuseum Fröndenberg
D
ie Senioren des
lehrer nrw
treffen sich am 19. Juni um
10:45 Uhr in Fröndenberg (Ruhr-
straße 12, kostenfreier Park-
platz), um das dortige Ketten-
schmiedemuseum zu besuchen
und an einer Ortsführung teilzu-
nehmen. Bahnfahrer fahren bis
zum Bahnhof Fröndenberder,
der ebenfalls an der an der
Ruhrstraße liegt.
Ab 11:00 Uhr wird das Ket-
tenschmiedemuseum exklusiv
für die
lehrer nrw
-Gruppe geöff-
net und das Schmiedefeuer an-
geheizt. Neben einer Museums-
führung erleben die Teilnehmer
auch die Fertigung einer Kette.
Nach der Mittagspause in ei-
nem netten Lokal führt der
Stadtarchivar die Gruppe durch
die Stadt Fröndenberg. Bei Kaf-
fee und Kuchen klingt der Tag
anschließend aus.
Kosten:
maximal 10 Euro pro Person
Anmeldung:
Bis zum 10. Juni bei
Klaus-Dieter Köller unter
klauskoeller@ unitybox.de oder
Telefon 02932 / 3 26 55.
Die Donaufahrt vom 17. bis 23. April war ein voller Erfolg.
25
lehrer nrw
-Senioren genossen eine Woche voller faszinieren-
der Eindrücke und Einblicke.
I
n Schale geworfen:
die
lehrer nrw
-Gruppe vor dem Galadinner im Rahmen der Donaufahrt.
SENIOREN
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lehrer nrw
Neue Bahnen schaffen:
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HIRNJOGGING
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enauso verhält es sich mit dem Gehirn. Man hat immer
genau das Gehirn, das man gerade für seine alltäglichen
Aufgaben benötigt. Dies hat zur Folge, dass Menschen,
die hauptsächlich Routineaufgaben erledigen, oft mit Stress reagieren,
wenn sich der Alltag plötzlich verändert oder es neue Herausforderun-
gen gibt.
Durch einfache, jedoch neuartige Übungen, die man vielleicht in die-
ser Kombination noch nie gemacht hat, kann man das Gehirn dazu ver-
anlassen, zu wachsen. Neue Synapsen bilden sich, die Neurogenese
wird angeregt und die Infrastruktur des Gehirns ausgebaut. Dadurch
stehen im Bedarfsfall ’neue Wege’ zur Verfügung, und man wird schnel-
ler und flexibler im Denken.
Übung in drei Stufen
Die Übung wird im Sitzen durchgeführt und besteht aus drei Stufen, die
nacheinander geübt werden. Die erste Stufe kennen Sie vielleicht
noch:
Die rechte Hand klopft schnell auf den rechten Oberschenkel, wäh-
rend die linke Hand über den linken Oberschenkel hin und her wischt.
Klopfen (auf und ab) und wischen (hin und her). Beide Hände gleichzei-
tig.
Und jetzt: Wechseln! Jetzt klopft die linke Hand, und die rechte
wischt hin und her. Üben Sie den Wechsel eine Weile, bis es einigerma-
ßen gut geht. Hinweis: die Bewegung ist relativ schnell (Metronom auf
etwa 200 stellen).
Auf der zweiten Stufe tippen Sie zweimal mit der rechten Fußspitze
und dann einmal mit der linken. Immer im Wechsel: rechts, rechts, links,
rechts, rechts, links. Die Füße tippen langsamer, also mit rund 100 Schlä-
gen pro Minute.
Geht das? Dann nehmen Sie jetzt die Hände dazu! Also gleichzeitig
schnell klopfen und wischen und mit langsam mit den Füßen tippen.
Die dritte Stufe nimmt die Hacken dazu: Erst wie gehabt die Fuß-
spitze: rechts, rechts, links, jetzt direkt einmal mit der rechten Hacke auf-
tippen und dann zweimal mit der linken. Vorne: Rechts, rechts links –
Hinten; rechts, links, links.
Im Fitnessstudio sieht man sie schwitzen: Die starken Männer und Frauen, die sich an schweren
Gewichten abmühen, damit die Muskeln wachsen. Warum machen sie das? Nun, wenn der Muskel
über sein bisheriges Leistungsvermögen hinaus beansprucht wird, so wächst er. Der Körper wird
allgemein kräftiger und wenn dann im Alltag mal das Marmeladenglas klemmt oder der Wasser-
kasten zu schleppen ist, kann man leichter mit dieser Herausforderung umgehen.
Jeder übt auf dem Niveau, auf dem es für ihn selbst passt. Und nun
auch hier wieder die Hände dazu nehmen. Viel Spaß beim Üben!
Übrigens: Der Weg ist das Ziel! Wir wollen das Gehirn anregen, sich
neu zu vernetzen. Sobald ich eine Übung so lange geübt habe, bis ich
sie kann, passiert im Oberstübchen nichts mehr. Dann brauche ich für
weiteres Wachstum wieder neue Herausforderungen. Das ist mal eine
ganz andere Vorgehensweise, als man sie normalerweise kennt. Der Pro-
zess steht im Mittelpunkt, nicht das Ergebnis (das Können).
Diese Übung eignet sich auch hervorragend zur Selbstreflexion. Wie
reagiere ich, wenn ich mal etwas nicht kann? Nehme ich die Herausfor-
derung an? Versuche ich es trotzdem? Gebe ich irgendwann auf? Versu-
che ich es gar nicht erst? Wie spreche ich mit mir (»Blödsinnige Übung«,
»ich kann das nicht …«)? Und was erwarten Sie von Ihren Schülern,
wenn diese mal etwas nicht direkt hinbekommen?
Freie Assoziation
Nach dieser Konzentrationsaufgabe dürfen Sie jetzt Ihre Gedanken fließen
lassen. Bilden Sie eine Assoziationskette. Was fällt Ihnen ein, wenn Sie ’Ge-
hirnjogging’ ren? Vielleicht ’Anstrengung’? Und welchen Gedanken ver-
knüpfen Sie mit ’Anstrengung’? Vielleicht ’Sport’. Und dazu? Machen Sie
weiter so und kommen Sie vom Hölzchen aufs Stöckchen. Zum Beispiel
SportFußballWMGrillenFreundeSkatrunde – …
Heike Loosen
Jetzt mitmachen:
Mitglieder werben,
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de des Aktionszeitraums die meisten Mitglieder* für
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ben, können sich eine Wo-
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sehgerät oder eine Digitalka-
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nrw
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lehrer nrw
begeis-
tern können, verdoppelt sich der Gutschein auf 100 Euro. Wel-
chen Wunsch Sie sich damit erfüllen möchten, liegt ganz an
Ihnen: Zur Auswahl stehen Gutscheine u.a. für Saturn/
Media Markt, Jacques‘ Weindepot, die Parfümerie-Kette
Douglas, die Mayersche Buchhandlung, Amazon,
ein Fußball-Bundesligaspiel Ihrer Wahl oder ein
Zeitungs- bzw. Zeitschriftenabonnement.
Sie wollten schon immer mal nach
Berlin oder Hamburg, Wien oder Paris?
Sie könnten ein neues, schickes
Smartphone, einen Flachbildfernseher
oder eine hochwertige Digitalkamera
gebrauchen? Sie möchten sich eine er-
lesene Flasche Wein, ein gutes Buch,
ein Sport-Event oder ein anderes klei-
nes Highlight gönnen? Mit
lehrer nrw
ist das kein Problem. Die Erfüllung ei-
nes dieser Wünsche kostet Sie nur
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Informationen gibt es über die
lehrer nrw
-Geschäftsstelle,
0211 /164 0971 info@lehrernrw.de
Die Mitglieder-
Werbeaktion läuft
vom 15. Februar
2018 bis zum
15. Februar
2019.
Hinweis: Alle Fotos haben nur Symbolcharakter. Die Abbildungen sind nicht identisch mit den Artikeln,
die
lehrer nrw
im Rahmen der Mitglieder-Werbeaktion als Gewinn auslobt.
* nur Vollzahler, keine Lehramtsanwärter oder Pensionäre
Fotos: PIXELIO/MEV/Fotolia