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5/2022 ·
lehrer nrw
stelle bei den Schulämtern verweisen. Dort
finden Gespräche mit drei Schülerinnen
oder Schülern und einer Schulsozialarbeite-
rin oder einem Schulsozialarbeiter statt, und
es erfolgt eine Sanktion am Abschluss. Eine
Missbilligung ist eine ausdrückliche Rüge,
die auch schriftlich den Eltern mitgeteilt
werden kann.
Ein Unterrichtsausschluss bietet sich an,
wenn Schülerinnen und Schüler den Unter-
richt stören – allerdings beschränkt sich der
Ausschluss auf den laufenden Unterricht,
und es müssen zuvor mildere Mittel vergeb-
lich ausgesprochen worden sein. Nicht au-
ßer Acht lassen sollte man dabei die Organi-
sation der Aufsicht der ausgeschlossenen
Person. Nacharbeit unter Aufsicht dient der
Nachholung des Stoffs – es geht nicht um
’Strafarbeiten’ zur Disziplinierung.
Eltern einbinden
Auch Gegenstände können nicht zur reinen
Disziplinierung weggenommen werden,
sondern nur, wenn es gilt, störendes Verhal-
ten zu unterbinden. Dementsprechend dür-
fen Smartphones etc. auch nur die laufende
Stunde oder allenfalls den Schultag wegge-
schlossen werden.
Wiedergutmachung kann durch die Besei-
tigung von Schäden oder durch eine Ent-
schuldigung erfolgen. Aufgaben zur Ver-
deutlichung des Fehlverhaltens können so-
ziale Leistungen sein. Stets muss aber aus-
schließlich an das eigene Fehlverhalten an-
geknüpft werden. Bei wiederholtem
Fehlverhalten sind die Eltern zu informieren,
um deren Erziehungsarbeit als Unterstüt-
zung zu erlangen. Bei häufigem Fehlverhal-
ten oder gar gemeinschaftlichem Fehlver-
halten muss besondere Ursachenforschung
betrieben werden.
Ordnungsmaßnahmen nach § 53 Absatz 3
bis 9 SchulG kommen nach dem erwähnten
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur in
Betracht, wenn erzieherische Einwirkungen
nicht ausreichen. Es kommen nur die aufge-
listeten in Betracht. Die Auflistung folgt
ebenfalls dem Grundsatz der Verhältnismä-
ßigkeit, das heißt, dass beispielsweise ein
Unterrichtsausschluss nur rechtmäßig ist,
wenn die Überweisung in eine parallele
Klasse keinen Erfolg verspricht.
Der schriftliche Verweis (§ 53 Absatz 3 Nr.
1 SchulG) ist eine intensivere Maßnahme als
die erzieherische Einwirkung in Form der
schriftlichen Missbilligung. Der Verweis soll
verdeutlichen, dass das Fehlverhalten nicht
hingenommen wird und dass gegebenen-
falls drastischere Ordnungsmaßnahmen fol-
gen werden. Zum Beispiel bei Beleidigungen
oder häufiger Unpünktlichkeit kann ein Ver-
weis das Mittel der Wahl sein.
Überweisung in
eine andere Klasse
Die Überweisung in eine andere Klasse
(§ 53 Absatz 3 Nr. 2 SchulG) soll den unge-
störten Unterricht der Schülerinnen und
Schüler ermöglichen, die sich ordnungsge-
mäß verhalten. Die Überweisung kann Sinn
machen, wenn die Schülerinnen und Schüler
vor Bedrohungen oder Unterrichtsstörungen
anderer geschützt werden müssen. Die an-
dere Klasse darf die überwiesene Person
nicht ablehnen. Dass die Störerin oder der
Störer auch in der neuen Klasse sich unter
Umständen nicht korrekt einfügen könnte,
ist zunächst in Kauf zu nehmen, da die
Maßnahme dazu dient, ihr oder ihm die
Gelegenheit zum Neuanfang zu geben.
Die Maßnahme ist im Sinne ihrer Wirksam-
keit zügig nach Verhängung umzusetzen.
Bei schwerwiegenderen Verstößen wie
zum Beispiel nicht nur häufigem, sondern
ständigem Zuspätkommen oder geringfügi-
gen Racheakten aus Unzufriedenheit mit
einer Benotung kann ein vorübergehender
Ausschluss vom Unterricht (§ 53 Absatz 3
Nr. 3 SchulG) für höchstens zwei Wochen
erfolgen. Die Schülerin oder der Schüler soll-
te sich dabei nicht über gewonnene Freizeit
freuen, denn der versäumte Stoff ist nachzu-
arbeiten. Es soll deutlich werden, dass das
Angebot der Beschulung auch das Bemühen
erfordert, es wahrzunehmen. Der Ausschluss
von einzelnen Fächern ist möglich ebenso
wie für sonstige Veranstaltungen oder Klas-
senfahrten. Auch diese Maßnahme ist zum
Zwecke ihrer Wirksamkeit zügig nach Ver-
hängung umzusetzen. Der Zeitraum des
Ausschlusses ist angemessen zu wählen, so
sollten bedeutsame Klassenarbeiten nicht
versäumt werden.
Entlassung von der Schule
Die Androhung der Entlassung von der Schu-
le (§ 53 Absatz 3 Nr. 4 SchulG) ist ebenfalls
eine eigenständige Ordnungsmaßnahme. Der
Verkauf von Drogen an der Schule, tätliche
Angriffe auf Lehrkräfte oder Ehrverletzungen
von Lehrkräften können diese rechtfertigen.
Die Androhung hat einer Entlassung (§ 53
Absatz 3 Nr. 5 SchulG) vorauszugehen. An-
drohung und Entlassung dürfen sich nicht
auf unterschiedliche Fehltritte beziehen. Bei
Gewaltanwendung und hoher krimineller
Energie kann in derartigen Fällen auch eine
Entlassung unmittelbar erfolgen.
Die § § 53 Absatz 4, 47 SchulG regeln die
Folgen einer Entlassung: Schulpflichtige blei-
ben schulpflichtig. Sie müssen an einer ande-
ren Schule ihre Laufbahn fortsetzen. Findet
sich keine aufnahmebereite Schule, weist die
Schulaufsichtsbehörde die Schülerin oder den
Schüler einer anderen Schule zu (§ 53 Absatz
4 Satz 2 SchulG). Demgegenüber können
nicht mehr schulpflichtige Schülerinnen und
Schüler sogar ohne Androhung von der Schu-
le entlassen werden, wenn sie innerhalb von
dreißig Tagen insgesamt zwanzig Unterrichts-
stunden unentschuldigt gefehlt haben (§ 53
Absatz 4 Satz 3 SchulG). Fehlt diejenige oder
derjenige sogar ununterbrochen unentschul-
digt zwanzig Tage, erfolgte aber eine schriftli-
che Erinnerung, endet das Schulverhältnis
nach § 47 Absatz 1 Nr. 8 automatisch.
Die Androhung der Verweisung von allen
öffentlichen Schulen des Landes (§ 53 Absatz
3 Nr. 6 SchulG) oder gar die Verweisung
von allen öffentlichen Schulen des Landes
(§ 53 Absatz 3 Nr. 7 SchulG) sind allenfalls
vorstellbar, wenn eine Schülerin oder ein
Schüler tatsächlich die Sicherheit an allen
öffentlichen Schulen gefährden würde
(§ 53 Absatz 5 SchulG). Es bedarf der minis-
teriellen Bestätigung der Entscheidung, und
es muss für andere Bildungsmaßnahmen wie
zum Beispiel in Heimen gesorgt werden.
RECHT§AUSLEGER
Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw
E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de