3Unter der Lupe
Zeit der
Dankbarkeit
15 Dossier
Gestärkt aus der Krise?
Was die Pandemie uns gelehrt
hat – eine Bestandsaufnahme
20 Schule & Politik
Mülheimer Kongress:
Optimistisch
in die Zukunft
6Im Brennpunkt
Tarifabschluss 2021 –
der kleinste
gemeinsame Nenner!
Begabungsförderung:
Talente systemisch
unterstützen
Pädagogik & Hochschul Verlag . Graf-Adolf-Straße 84 . 40210 Düsseldorf
1781 | Ausgabe 7/2021 | DEZEMBER | 65. Jahrgang
INHALT
lehrer nrw ·
7/2021
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UNTER DER LUPE
Sarah Wanders:
Zeit der Dankbarkeit 3
BRENNPUNKT
Ulrich Gräler: Tarifabschluss 2021 –
der kleinste gemeinsame Nenner! 6
JUNGE LEHRER NRW
Marcel Werner:
Ohne Eltern geht es nicht 8
MAGAZIN
’Students@school’ entlasten Schulen 10
BATTEL HILFT
Rut un wiess 11
TITEL
Sarah Awad & Albert Ziegler:
Praktische Umsetzung
systemischer Begabungsförderung 12
DOSSIER
Sven Christoffer: Gestärkt aus der Krise?
Was die Pandemie uns gelehrt hat –
eine Bestandsaufnahme 15
SCHULE & POLITIK
EU-Jugendbotschafter@school 19
Optimistisch in die Zukunft 20
Ellen Bollig: Stillstand
ist Rückschritt! 22
FORTBILDUNGEN
Pandemiefolgen überwinden 24
KOLUMNE
Ferdinand Kümmertsich:
Nur den Schein wahren 26
SENIOREN
Die Schönheiten Ostfrieslands 27
Weihnachtswünsche 27
RECHT§AUSLEGER
Nicht im falschen Film sein
Zum Thema Datenschutz bei
Aufnahmen im Sportunterricht 28
ANGESPITZT
Jochen Smets: Wenn das
Wörtchen ‘nach’ nicht wär… 30
HIRNJOGGING
Aufgabe 1: Codierte Herbstwörter 31
Aufgabe 2: Um die Ecke denken 31
IMPRESSUM
lehrer nrw
– G 1781 –
erscheint sieben Mal jährlich
als Zeitschrift des
‘lehrer nrw’
ISSN 2568-7751
Der Bezugspreis ist für
Mitglieder des
‘lehrer nrw’
im Mitgliedsbeitrag enthal-
ten. Preis für Nichtmitglieder
im Jahresabonnement:
35,– inklusive Porto
Herausgeber und
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lehrer nrw e.V.
Nordrhein-Westfalen,
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Redaktion
Sven Christoffer,
Ulrich Gräler,
Christopher Lange,
Jochen Smets,
Sarah Wanders,
Marcel Werner
Düsseldorf
Verlag und
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PÄDAGOGIK &
HOCHSCHUL VERLAG
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gesellschaft mbH,
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vom 1. Oktober 2020
Zuschriften und
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lehrer nrw
,
Zeitschriftenredaktion,
Graf-Adolf-Straße 84,
40210 Düsseldorf
Für unverlangt eingesandte
Manuskripte kann keine Ge-
währ übernommen werden.
Namentlich gekennzeichnete
Beiträge geben die Meinung
ihrer Verfasser wieder.
Zeit der
Dankbarkeit
Am Ende eines arbeitsreichen, turbulenten und
enorm herausfordernden Jahres ist es Zeit,
‘Danke’ zu sagen.
N
Normalerweise schreibe ich meine Artikel über
aktuelle Themen aus der Schule oder der
Schulpolitik. Häufig weise ich auf Missstän-
de hin. Nicht selten kritisiere ich die mangelnde
Wertschätzung für Lehrerinnen und Lehrer in der Öf-
fentlichkeit, der Politik oder im Ministerium für Schu-
le und Bildung. Jetzt, am Jahresende, nach nunmehr
fast zwei Jahren der Pandemie, möchte ich jedoch
die Gelegenheit nutzen, um Menschen die Wert-
schätzung entgegenzubringen, die ich so oft einfor-
dere. Menschen, die in der Zeit der Pandemie viel für
unseren Verband ehrenamtlich, zusätzlich zu allen
privaten und beruflichen Herausforderungen, geleis-
tet haben und weit über das Selbstverständliche
hinaus dazu beigetragen haben, dass wir unsere
Arbeit für die Beschäftigten auch unter schwierigen
Bedingungen ohne Einschränkungen aufrechterhal-
ten konnten.
Unsere Personalräte
Die Kolleginnen und Kollegen in den Bezirks- und
Hauptpersonalräten waren in der Pandemie beson-
deren Herausforderungen ausgesetzt. Präsenzsitzun-
gen waren selten möglich, und Schulen konnten
nicht besucht werden. Viele Lehrkräfte hatten große
Sorgen, ihre Gesundheit betreffend. Die permanent
wechselnden Unterrichtsmodelle und die häufig sehr
kurzfristigen Änderungen verlangten den Kollegin-
nen und Kollegen in den Schulen viel ab. Hier waren
die Personalräte stets Ansprechpartner und Berater.
Sie hatten immer ein offenes Ohr für die Beschäftig-
ten und haben sie nach Kräften unterstützt, häufig
auch an Wochenenden und in den Ferien. Danke!
Unsere Kreisvorsitzenden
Sie haben auch in der Pandemie den Kontakt zu den
Mitgliedern ihrer Kreisverbände nie abreißen lassen,
auch wenn ein persönlicher Kontakt nicht immer
möglich war. Unsere Mitglieder haben über sie re-
gelmäßig wichtige Informationen, ihren schulischen 3
UNTER DER LUPE
von SARAH WANDERS
Foto: AdobeStock/stockphoto-graf
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UNTER DER LUPE
Alltag unter Pandemiebedingungen betreffend,
erhalten und konnten sich jederzeit vertrauensvoll
an sie wenden. Danke!
Unsere Referatsleiterinnen
und Referatsleiter
Alle Referate haben auch unter Pandemiebedingun-
gen ihre Arbeit uneingeschränkt fortgesetzt, sogar
neue Referate haben ihre Arbeit aufgenommen.
Stellvertretend für alle Referatsleiterinnen und -leiter
möchte ich an dieser Stelle einige Beispiele nennen.
Referat Internet: Manfred Berretz hat in unzähli-
gen Arbeitsstunden die Entstehung unserer neuen
Website in enger Abstimmung mit der Firma Werk-
Schmiede vorangetrieben und begleitet. Nach der
Fertigstellung mussten noch zahlreiche Korrekturen
von ihm kleinschrittig durchgeführt werden. Dieses
Engagement ging weit über den Rahmen eines
Ehrenamts hinaus. Danke!
Referat Hauptschulen: Kerstin Thomsen hat mit
viel Engagement und Arbeitseifer dafür gesorgt, dass
das neugegründete Referat nicht nur auf dem Papier
besteht, sondern mit Leben gefüllt wird. Sie ist mitt-
lerweile als Ansprechpartnerin für unsere Mitglieder
an Hauptschulen gut vernetzt. Auch die neue Rubrik
in unserer Zeitschrift, in der die »vergessene Schul-
form« mit guten Projekten immer wieder eine Platt-
form erhält, hat sie maßgeblich vorangetrieben.
Danke!
Referat Seniorinnen und Senioren: Monika Holder,
die seit März neu im Amt ist, leitet das Referat mit
viel Einsatz und Herzblut. So ist es ihr gelungen, wie-
der erste Veranstaltungen für Seniorinnen und Senio-
ren in unserem Verband zu ermöglichen. Wer schon
einmal eine Veranstaltung unter Corona-Bedingun-
gen organisiert hat, weiß, was das bedeutet. Darü-
ber hinaus ist sie unermüdlich damit beschäftigt,
neue Mitstreiter zu gewinnen und/oder langjährige
Vertreterinnen und Vertreter unserer Seniorinnen
und Senioren zur Weiterarbeit zu motivieren. Danke!
Dies waren nur drei Beispiele für die hervorragen-
de Arbeit unserer Referatsleiterinnen und -leiter. An
dieser Stelle möchte ich mich auch bei all denen be-
danken, die ich nicht explizit genannt habe, denn sie
alle haben viel für unseren Verband geleistet.
Unsere Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter
Claudia Müller, die gute Seele der Geschäftsstelle:
Es gibt kaum ein Mitglied in unserem Verband, das
Sarah Wanders ist stellv. Vorsitzende
des
lehrer nrw
E-Mail: wanders@lehrernrw.de
nicht schon einmal Kontakt zu Claudia Müller hat-
te. Sie hat immer ein offenes Ohr für die kleineren
und größeren Probleme unserer Mitglieder. Neben
ihren Aufgaben als Sekretärin plant und organisiert
sie das Fortbildungsprogramm unseres Verbandes,
was während der Pandemie eine enorme Heraus-
forderung angesichts der permanent wechselnden
Vorgaben zum Infektionsschutz darstellte. Auch
war es für sie nie ein Problem, ihre Arbeitszeiten
sehr flexibel an die Bedürfnisse des Verbands
anzupassen. Sie ist da, wenn man sie braucht.
Danke!
Christopher Lange, unser Justitiar
Seit Beginn der Pandemie ist Christopher Lange be-
sonders gefordert. Zu den rechtlichen Fragen und
Problemen, die auch ohne eine Pandemie immer an
ihn herangetragen werden, kamen noch unzählige
Anfragen von Beschäftigten, häufig zu den Themen-
komplexen ’Einsatz des Personals während der Pan-
demie’, Testungen und Digitalisierung hinzu. Nicht
selten konnte man ihn auch noch weit außerhalb
unserer Geschäftszeiten in der Geschäftsstelle errei-
chen, da er Kolleginnen und Kollegen, die sich an
ihn gewandt hatten, nicht bis zum nächsten Tag
warten lassen wollte. Danke!
Jochen Smets,
unser Pressesprecher
Gerade im ersten Jahr der Pandemie war es üblich,
dass das Schulministerium Schulmails Freitag nach-
mittags verschickte. Da wir unsere Mitglieder immer
so schnell wie möglich informieren und uns als Ver-
band in der Presse klar positionieren wollten, be-
deutete dies nicht allzu selten, dass Mitgliederinfor-
mationen und Pressemitteilungen in den späten
Abendstunden und am Wochenende besprochen
und erstellt werden mussten. Dieser Einsatz geht
weit über die Arbeit hinaus, die erwartet werden
kann. Danke!
Unsere Mitglieder
Zu guter Letzt: Mein Dank – und auch der Dank des
gesamten Geschäftsführenden Vorstands – gilt al-
len, die unseren Verband zu dem machen, was ihn
ausmacht: eine Verbandsfamilie, in der man für-
einander und für die Kolleginnen und Kollegen
in den Schulen da ist. Vielen Dank!
lehrer nrw ·
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BRENNPUNKT
Tarifabschluss 2021 –
der kleinste gemeinsame Nenner!
Die im Vorfeld der dritten Verhandlungsrunde schwer belasteten
Tarifverhandlungen haben dann doch ein Ergebnis herbeigeführt,
das besonders den Gesundheitsbereich aus guten Gründen in den
Blick genommen hat, das ansonsten aber als eine Verständigung
auf den ‘kleinsten gemeinsamen Nenner’ daherkommt.
O
Obwohl die Arbeitgeber wiederholt
in den Verhandlungen vortrugen,
dass es im Gesundheits- und Pfle-
gebereich keine Probleme gebe und des-
halb auch keine Notwendigkeit bestünde,
Verbesserungen im Entgeltbereich herbei-
zuführen, konnte der dbb angesichts der
dramatischen Lage in Krankenhäusern und
Pflegeeinrichtungen mehrere Erhöhungen
im Zulagenbereich der dort Beschäftigten
erzielen. Dass dies nur gegen den erhebli-
chen Widerstand der Arbeitgeber gelang,
zeugt vom mangelhaften ‘Realitätssinn’
der Verhandlungsteilnehmer der TdL für
diesen Tarifbereich.
In der Intensivpflege hat durch Überlas-
tung eine nicht unerhebliche Abwande-
rung des Personals stattgefunden, so dass
nunmehr zahlreiche Betten nicht mehr mit
Intensivpatienten belegt werden können –
und das in einer der größten medizini-
schen Versorgungskrisen des Landes. Diese
Brüskierung des medizinischen und pflege-
rischen Personals abwenden zu können, ist
sicherlich eine der größten Leistungen die-
ses Tarifvertrags.
1.300 Euro Corona-
Prämie für alle
Besonders hervorzuheben bei diesem Ab-
schluss ist ebenfalls die einmalige Corona-
Prämie von 1.300 Euro, die allen Beschäf-
tigten des öffentlichen Dienstes, auch den
Lehrkräften, zugutekommt und damit die
deutlichen Mehrbelastungen während der
Pandemie honoriert. Denn gerade der öf-
fentliche Dienst hat sich während dieser
Zeit als tragendes und weitgehend funk-
tionierendes Element unseres Gemeinwe-
sens erwiesen – und damit als systemrele-
von ULRICH GRÄLER
TTaarriiffaabbsscchhlluussss 22002211
der kleinste gemeinsame Nenner!
BRENNPUNKT
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lehrer nrw
vanter, verlässlicher Anker für zahlreiche
Menschen und Familien. Diese Corona-Prä-
mie soll spätestens im Monat März 2022
mit dem Entgelt als Nettobetrag zur Aus-
zahlung kommen.
Die Entgelte werden nach dieser Tarifeini-
gung darüber hinaus zum 1. Dezember
2022 linear um 2,8 Prozent steigen. Damit
halten die Entgelte mit der allgemeinen
Lohnentwicklung Schritt, die trotz der der-
zeit hohen Inflationsrate, die die Ökonomen
weitgehend als vorübergehenden Effekt be-
trachten, der allgemeinen Preissteigerung
Rechnung tragen soll. Sollte die Pandemie
noch weiter an Fahrt aufnehmen bzw. an
Dauer anhalten, dürfte sogar eher von einer
stagnierenden bzw. bisweilen rezessiven
Entwicklung der Wirtschaft, zumindest in
Teilbereichen, mit einer dann sehr maßvol-
len Inflationsrate auszugehen sein.
Arbeitgeber nicht an
Verbesserungen für
Lehrkräfte interessiert
Weitergehende Forderungen aus dem Leh-
rerbereich wie die Einführung der Parallel-
tabelle oder der stufengleichen Höhergrup-
pierung waren jedoch in dieser Tarifver-
handlung nicht umzusetzen. Die Arbeitge-
ber haben sämtliche Vorstöße, Verbesse-
rungen auf diesem Gebiet zu erzielen,
unter Verweis auf die Thematik Arbeitsvor-
gang’ zurückgewiesen. Da diese jedoch
erst noch vor dem Verfassungsgericht einer
endgültigen Klärung harrt, hätte sie bei
den diesjährigen Tarifverhandlungen über-
haupt keine Rolle spielen dürfen, vor allem
nicht als Blockadeinstrument.
Diese Blockadehaltung belegt zum ei-
nen das mangelnde Interesse der Arbeitge-
ber an Verbesserungen für die im Schul-
dienst befindlichen Lehrkräfte sowie sons-
tigen Pädagogen, zum anderen aber auch
das mangelnde Interesse an einer weiteren
Ausgestaltung des Arbeitsmarktes öffentli-
cher Dienst insgesamt mit dem Ziel einer
deutlichen Attraktivitätssteigerung.
Länder müssen umsteuern
Wenn Stellen nicht besetzt werden kön-
nen, wenn ausreichend qualifizierte Be-
werber Mangelware sind, wenn die Ar-
beitsbedingungen nicht stimmig sind,
dann bleiben Arbeitsplätze vermehrt unbe-
setzt, dann können Aufgaben des öffentli-
chen Dienstes nicht mehr vollumfänglich
oder hinreichend qualitativ erfüllt werden.
Die Stellenbesetzungssituation im öffentli-
chen Dienst ist ernst, sehr ernst. Es ist
höchste Zeit, dass die Länder in ihrer Tarif-
politik umsteuern, ansonsten bricht ein
wesentlicher Eckpfeiler unseres Gemein-
wesens weg. In mehreren Arbeitsberei-
chen, nicht nur in der Intensivpflege!
Ulrich Gräler ist stellv. Vorsitzender des
lehrer nrw
E-Mail: graeler@lehrernrw.de
Unfertig: Der Tarifabschluss
bringt einige Verbesserungen, hat
aber wichtige Zukunftsfragen zur
Steigerung der Attraktivität des Öf-
fentlichen Dienstes ausgeklammert
– gerade im Lehrerbereich.
KOMMENTAR
Mehrwert? –
Verwehrt.
Die TdL hat die Chance nicht genutzt,
den Arbeitsmarkt öffentlicher Dienst
sinnvoll und marktgerecht zu gestalten,
das heißt weiterzuentwickeln, wo nötig,
und zu erneuern, wo unerlässlich. In
Zeiten sich verschärfender Bedingungen
auf dem Arbeitsmarkt eine vertane
Chance.
Im Lehrerbereich betrifft dies vor al-
lem die Forderungen nach Einführung
der stufengleichen Höhergruppierung,
wie sie bei Bund und Kommunen schon
gilt, sowie der Umsetzung der soge-
nannten Paralleltabelle, die insbesonde-
re für Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen
von besonderer Bedeutung wäre.
Eine Haltung, die zu Lasten derjeni-
gen geht, die derzeit im System tätig
sind. Eine Haltung, die man sich auch
leisten können muss, aber leider nicht
leisten kann. Der öffentliche Dienst ver-
liert zwei Jahre, um nicht nur seine At-
traktivität als Arbeitgeber zu steigern,
sondern schlimmer, um weitere Verluste
durch Abwanderung von Mitarbeitern
zu verhindern.
Den eingeschlagenen Weg der TdL in
diesen Verhandlungen kann man nach
wie vor nicht nachvollziehen, er war
schlichtweg: verkehrt! Ulrich Gräler
Übertragung
auf Beamte
lehrer nrw
fordert die Landesregie-
rung auf, dieses Tarifergebnis
zeit- und inhaltsgleich auf die
Beamtinnen und Beamten sowie
auf alle Versorgungsempfängerin-
nen und -empfänger zu übertragen.
Dies ist eine wesentlich sachge-
rechte und öffentlichkeitswirk-
same Frage der Glaubwürdigkeit
des Arbeitgebers ‘Land NRW’!
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JUNGE LEHRER NRW
von MARCEL WERNER
Ohne Eltern geht es nicht
Die Erziehungsverantwortung liegt zuvorderst bei den Eltern.
In der Praxis ist Schule jedoch nicht selten ein Reparaturbetrieb
elterlicher Erziehungsdefizite. Doch es gibt Beispiele, die zeigen:
Mit klaren Regeln und konsequenter Umsetzung ist viel möglich
– nicht gegen, sondern mit Schülern und Eltern.
»
»P
Pflege und Erziehung der Kinder sind
das natürliche Recht der Eltern und
die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.« So
steht es im Artikel 6 unseres Grundgesetzes.
Daraus lässt sich ableiten, dass die Eltern in
erster Linie die Verantwortung bei der Erzie-
hung ihrer Kinder haben. Die Schule trägt
folglich ’lediglich’ die Verantwortung inner-
halb der Schule, hier sollte sie allerdings kla-
re Regeln haben, die konsequent durchge-
zogen werden.
Mit klaren, konsequenten
Regeln zum Erfolg
Ein Beispiel für eine solche Schule mit klaren
Regeln ist die Friedrich-Bergius-Schule, eine
Brennpunktschule in Berlin. Hier führte der
Schulleiter Michael Rudolph ein konsequen-
tes, aber für alle Seiten (Eltern – Schüler –
Lehrer) verständliches Regelwerk ein.
Er machte deutlich, dass die Schule nicht
24 Stunden, sieben Tage die Woche die Ver-
antwortung übernehmen kann. Auch wenn
sich das viele Eltern sicherlich wünschen wür-
den, denn ihr eigenes Versagen können sie
sich natürlich auch nicht eingestehen. Leider
konzentrieren sich viele Eltern zu sehr auf sich
selbst – sollte es dann aber mal Probleme ge-
ben, werden sie kreativ und suchen jeman-
den, den sie dafür verantwortlich machen
können. Da ist die Schule mit ihren ach so
faulen Lehrern doch der perfekte Schuldige.
Wegschauen ist
keine Option
Doch SchülerInnen, die auffällig werden, tun
dies nicht nur während der Schulzeit. Wer
beispielsweise jemanden bedroht oder et-
was stiehlt, tut das meistens außerhalb der
Schulmauern. Viele SchülerInnen konzentrie-
Foto: AdobeStock/Lisa F. Young
JUNGE LEHRER NRW
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lehrer nrw
Marcel Werner ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft
junge
lehrer nrw
E-Mail: werner@lehrernrw.de
ren sich auch gerne auf ihr Handy und des-
sen endlose Möglichkeiten, statt die Haus-
aufgaben zu machen, welche deutlich bes-
sere Leistungen zur Folge hätten. Hier hat
aus der Sicht der Eltern selbstverständlich
auch die Schule es versäumt, eine Medien-
kompetenz zu vermitteln. Michael Rudolph
stellt seinen Eltern auf solche Anschuldigun-
gen gerne die Frage: »Wer zahlt bei Ihrem
Kind den Handyvertrag?« Da dies in den
meisten Fällen die Mutter oder der Vater ist,
können diese das Handy auch ganz leicht
sperren.
Trotz dieser vielen Probleme müssen wir
LehrerInnen uns die Frage stellen: »Was tun
wir denn nun?« Eine Möglichkeit bei den
doch teils gravierenden Erziehungsdefiziten
unserer SchülerInnen wäre es, einfach weg-
zuschauen. Doch dies hat meistens zur Fol-
ge, dass wir uns ärgern und nach geraumer
Zeit viele KollegInnen genervt und frustriert
im Lehrerzimmer sitzen.
Eltern ins Boot holen
Daher schlage ich Ihnen vor, dem konse-
quenten Handeln von Michael Rudolph zu
folgen und ein Konzept aufzustellen, dem
alle Mitglieder der Schulgemeinschaft fol-
gen. Obwohl dies eine anstrengende erste
Phase mit sich bringt, werden Sie auf lange
Sicht profitieren. Die Eltern werden Ihnen
auf diesem Weg folgen, denn sie können
meistens nicht konsequent handeln und
werden Ihnen sehr dankbar sein. Allerdings
dürfen Sie die Eltern der Kinder niemals au-
ßen vor lassen, denn sie werden immer ei-
nen hohen Stellenwert im Leben der Schüle-
rInnen haben, egal wie sehr sie in ihrem er-
zieherischen Handeln versagt haben mögen.
Denn sie müssen ihren Kindern eins vermit-
teln, und das ist Liebe. Elterliche Liebe ist
ein sehr wichtiger Baustein im emotionalen
Haus der SchülerInnen – und diese Liebe
können auch Analphabeten schenken.
Gemeinsames
Erziehungskonzept
Für die Bildung tragen wir die Verantwor-
tung, aber damit diese letztlich funktioniert,
müssen unsere SchülerInnen gesellschafts-
tauglich handeln können. Die Schule und
das Elternhaus müssen demzufolge gemein-
sam für den Erfolg der SchülerInnen han-
deln. Daher benötigt jede Schule ein für alle
Akteure tragbares und klares Erziehungs-
konzept, das letztlich den Lernerfolg mit
sich bringt. Michael Rudolphs Erfolg an der
Bergius-Schule gibt ihm Recht, auch wenn
er sicherlich nicht jedem Politiker gefallen
wird.
Sollten Sie seinen Vortrag auf dem Mülh-
eimer Kongress verpasst haben, dann emp-
fehle ich Ihnen sein Buch ’Wahnsinn Schule
Was sich dringend ändern muss’.
’Wahnsinn SchuleWas sich drin-
gend ändern muss’. So lautet der Titel
des Buches, in dem Schulleiter Michael
Rudolph beschreibt, wie er aus einem
Problemfall eine erfolgreiche Schule ge-
macht hat.
Foto: Rowohlt
Keine gute Kinderstube? Manche Pappenheimer
sind krasse Beispiele für das Erziehungsversagen ihrer Eltern.
Doch Schule muss dem nicht machtlos gegenüber stehen.
lehrer nrw ·
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MAGAZIN
’Students@school’
entlasten Schulen
Das Ministerium für Schule und Bildung stellt mehr als zehn Mil-
lionen Euro bereit, um Studierende zur zielgerichteten Unterstüt-
zung von Schülerinnen und Schülern in die Schulen zu bringen.
M
Mit dem Programm ’students@
school’ sollen Studierende in den
nächsten Monaten Schülerinnen
und Schüler an Schulen in Nordrhein-West-
falen beim Aufholen von Lernrückständen
begleiten. Das Programm startet mit den
drei Universitäten der Universitätsallianz
Ruhr (Bochum, Dortmund, Duisburg-Essen)
an Schulen im Ruhrgebiet, ab Januar 2022
werden weitere Kooperationen mit Zentren
für Lehrerbildung (ZfL) in ganz Nordrhein-
Westfalen angestrebt.
Unterstützung für
Schüler, Praxiserfahrung
für Studierende
»Gemeinsam mit unserem Partner Ruhr-
Futur setzen wir mit dem Projekt students@
school einen weiteren Hebel an, um Schüle-
rinnen und Schüler darin zu unterstützen,
ihre Lernziele auch in der Pandemie zu errei-
chen. Von students@school profitieren alle
Beteiligten: Die Schülerinnen und Schüler er-
halten zielgerichtete Unterstützung im Un-
terricht, und die Studierenden sammeln
wichtige Praxiserfahrungen«, erklärte Schul-
ministerin Yvonne Gebauer.
INFO
www.ruhrfutur.de/students-at-school
Mit durchschnittlich sieben Wochenstun-
den verstärken die Studierenden den Unter-
richt der Lehrkräfte vor Ort personell. Sie er-
gänzen den Unterricht, indem sie Schülerin-
nen und Schüler in Kleingruppen unterstüt-
zen und als Ansprechpartnerinnen und An-
sprechpartner zur Verfügung stehen. Der
Einsatz der Studierenden ist für die Schulen
kostenfrei.
Das Honorar für den Einsatz der Studie-
renden orientiert sich mit 15 Euro Stunden-
lohn an dem Honorar einer studentischen
Hilfskraft im Masterstudium. Studierende
finden in diesem Programm eine attraktive
Nebentätigkeit und erwerben durch die Er-
fahrungen in der Schule zusätzliche Kompe-
tenzen, die auch für ihre Ausbildung wert-
voll sind. Den Hochschulen steht es zudem
frei, die Unterrichtszeiten im Rahmen des
Programms students@school als Berufsfeld-
praktikum anzuerkennen. Das Angebot rich-
tet sich an Lehramtsstudierende, aber auch
Studierende aus anderen Studiengängen mit
sozialer bzw. psychologischer Ausrichtung
können am Projekt teilnehmen.
Koordination
über RuhrFutur
In enger Kooperation mit den Zentren für
Lehrerbildung der beteiligten Hochschulen
übernimmt RuhrFutur die Koordination des
gesamten Programms ebenso wie die Netz-
werkbildung und den Erfahrungsaustausch
zwischen den Hochschulen, Kommunen und
Schulen. Außerdem betreut RuhrFutur den
Bewerbungsprozess der Studierenden mit
einer Online-Plattform. Voraussetzung ist,
dass die teilnehmenden Universitäten über
ein Zentrum für Lehrerbildung verfügen.
Um die Studierenden auf ihre Aufgabe
und Rolle vorzubereiten, werden sie vorab
qualifiziert: Die digitale kostenfreie Qualifi-
zierung umfasst zwanzig Stunden pro Teil-
nehmerin und Teilnehmer und wird zeitlich
gestaffelt durchgeführt, da der Einstieg der
Studierenden zu verschiedenen Zeitpunkten
im Projekt erfolgt.
Im Projekt ’students@school’ unterstützen Studierende
die Schülerinnen und Schüler beim Aufholen von Lernrückständen.
Foto: AdobeStock/Halfpoint
Rut un wiess
Der Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Stefan Battel gibt in seiner
Kolumne regelmäßig Antworten auf Fragen aus dem Lehrerall-
tag. Diesmal geht es um die Frage, ob man einen Menschen auf
ein ‘ja’ oder ‘nein’ reduzieren kann.
A
Als ich vor kurzem in meinem Veedel
einkaufen war, nahm ich aus den
Augenwinkeln in einer Außengas-
tronomie (einer Lieblingskneipe im Veedel)
einen Glühweinverkaufsstand wahr, wo
ich sofort mehrere Bekannte, ehemalige
Arbeitskollegen, Sportfreunde und Men-
schen, die man über zwei Ecken kennt, er-
kannte. So traf ich auf eine Gruppe von fünf
Menschen meines Alters, die ich zum Teil
Monate, ja sogar zwei Jahre nicht gesehen
habe. Es fühlte sich an wie ein Wiedersehen
wie bei einem Klassentreffen.
Die erste Frage eines Bekannten war:
»Rut oder wiess?«. Da ich eine Vorliebe für
Weißwein habe, entschied ich mich natür-
lich für weißen Glühwein. In Erwartung nun
von allen das neueste oder das letzte aus
den vergangenen Monaten, ja Jahren zu
erfahren, wie es ginge etc., war die zweite
Frage direkt: »Und, bist du oder etwa…?«.
Nachdem wir uns als Solidargemeinschaft
geoutet haben, schlossen sich dann im wei-
teren Fragen nach der Familie, Job etc. an.
Etwa eine halbe Stunde später, während
ich schon am zweiten Weißweinglas nippte,
gesellte sich ein weiterer Mann zu uns, der
offensichtlich drei von uns sehr gut vom
Sportverein kannte. Auch hier die erste Frage
eines Bekannten: »Und, rut oder wiess?« Er
teilte meine Vorliebe für weißen Wein und
entschied sich dementsprechend ebenso für
das farblose heiße Getränk. Auch hier die
zweite Frage: »Und, bist du oder etwa…?«
und da passierte etwas, das mich bis heute
sehr traurig macht. Er antwortete nämlich
auf das »etwa«. Hier hätte ich gerne eine
Videokamera gehabt, um ein Psychogramm
der Kommunikation unter uns mittlerweile
sieben erwachsenen Männern zu analysie-
ren. Nein, hier wurde nicht ausgegrenzt,
beschimpft oder beleidigt. Hier wurde ganz
subtil auf der Mikroebene der Kommunikati-
on zum Ausdruck gebracht, du gehörst nicht
zu uns. Blicke wurden abgewandt, der Erzäh-
ler schaute alle beim Erzählen an. Doch die
Blicke auf den neu dazu Gekommenen wur-
den nicht beantwortet. Wenn man uns von
einer Drohne aufgenommen hätte, hätte
man sicherlich auch hier Abstände messen
können und den Inner Circle beobachten
können. Während wir miteinander lachten,
nah standen und die Komplexität unseres
Daseins genossen, reduzierten wir diesen
Bekannten in eine bipolare Masse, die nicht
zu unserer Komplexität passte.
Nachdem ich nun den zweiten Glühwein
relativ rasch getrunken hatte, warf ich ein
schnelles Tschüss in die Runde. Auf dem
Nachhauseweg ließ mich jedoch die Situati-
on nicht in Ruhe, und ich musste noch sehr
lange darüber nachdenken. Ich fragte mich,
was passiert hier gerade mit uns? Ein
Mensch hat doch viel mehr zu bieten, als
sich nur auf ja oder nein reduzieren zu las-
sen. Keine Anteilnahme, kein Verstehen der
anderen Haltung. Eher abwendend, ganz
subtil aber relativ deutlich. Als ich dann
zwei Arbeitstage später auch noch von ei-
nem siebzehnjährigen Jugendlichen, der
ähnliches im Unterricht erlebt hat, die Frage
gestellt bekam, was passiert da gerade?,
konnte ich nach einigem Zögern fast nur
stotternd antworten: Ich weiß es nicht ge-
nau.
Wenn das so weitergeht und die Komple-
xität des Menschen reduziert wird, löst das
in mir eine große Angst und Sorge um unser
gesellschaftliches Miteinander aus. Heißt es
nicht Rut und Wiess?
Ich wünsche Ihnen allen ein besinnliches
Weihnachtsfest, einen guten Start ins 2022
– und bitte lassen wir uns nicht reduzieren.
ZUR PERSON
Dr. med. Stefan
Battel ist seit 2007
niedergelassener
Facharzt für Kinder-
und Jugendpsychia-
trie und -psychothe-
rapie mit eigener
Praxis in Hürth bei
Köln und seit 2012
systemischer Famili-
entherapeut (DGSF).
Im Rahmen des
lehrer nrw
-Fortbil-
dungsprogramms
greift er in einer Vor-
tragsreihe regelmä-
ßig verschiedene
Themen aus dem
Bereich der Jugend-
psychologie auf.
Foto: Andreas Endermann
Ausschließlich für Mitglieder von
lehrer nrw
bietet Dr. Stefan Battel
einmal pro Woche eine Telefonsprechstunde an. Lehrkräfte, die Infor-
mation, Rat und Hilfe im Umgang mit schwierigen Schülern oder Eltern
brauchen oder selbst in einer psychisch belastenden beruflichen Situa-
tion stecken, können dieses Angebot nutzen.
Die Hotline ist jeden Dienstag von 15 Uhr bis 16 Uhr freigeschaltet
und unter der Telefonnummer 0 22 33 / 961 01 20 erreichbar.
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lehrer nrw
BATTEL HILFT
lehrer nrw ·
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12
Foto: AdobeStock/Lisa F. Young
Nachdem die Bildungswissenschaftler Prof. Dr. Albert Ziegler und
Sarah Awad in Ausgabe 4/2021 dieser Zeitschrift in den theoreti-
schen Hintergrund der Begabungsförderung eingeführt haben,
geht es im folgenden Beitrag um die praktische Umsetzung.
von SARAH AWAD & ALBERT ZIEGLER
Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg
D
Da neue Informationen bekanntlich
am besten aufgenommen werden
können, wenn sie in Vorwissen inte-
griert werden, möchten wir zu Beginn des
Beitrags auf unseren ersten Teil
’Begabungs-
förderung: Theoretischer Hintergrund’
in der
Ausgabe 04/2021 verweisen. In besagtem
Beitrag lieferten wir einen Überblick über
den theoretischen Hintergrund der systemi-
schen Begabungsförderung. In kurz: Bei die-
sem Ansatz wird Leistungsexzellenz nicht
als eine Entfaltung angeborener Merkmale
erachtet, sondern als das Ergebnis effizien-
ter Förderung, bei welcher das Individuum
nicht einzeln, sondern in einem System
mit dessen Handlungsmöglichkeiten und
Umwelt betrachtet wird (Awad & Ziegler,
2021). Basierend auf der systemtheoreti-
schen Grundlage möchten wir uns in diesem
Beitrag nun genauer der effizienten Förde-
rung widmen.
Das Ganze ist mehr als
die Summe seiner Teile
Das Ziel der Begabungsförderung besteht
in einer bestmöglichen Unterstützung eines
Kindes auf dem Weg seiner Talententwick-
lung. Effektive Förderung kann nur gewähr-
leistet werden, wenn ihr eine umfassende
Identifikation zugrunde liegt, mithilfe derer
mögliche Entwicklungen vorhergesagt wer-
den können (Ziegler, 2016). Bei dem syste-
mischen Begabungsverständnis wird nicht
die begabte Person bzw. ein Talent identifi-
ziert, sondern effektive Lernpfade, die zu
Exzellenz führen (Harder, 2012).
Um effektive Lernpfade identifizieren zu
können, reicht es jedoch nicht aus, die oder
den Lernenden einzeln zu betrachten. Der
Fokus liegt vielmehr auf komplexen Wechsel-
wirkungen eines Systems, die im Folgenden
anhand des Aktiotop-Modells veranschau-
licht werden sollen
(siehe Abbildung)
.
Die Entwicklung eines Kindes ist ein
Zusammenspiel aus vier Komponenten:
1) Seiner Umwelt (zum Beispiel Elternhaus,
Schule, materielle Ressourcen)
2) seinem Handlungsrepertoire
(theoretisch mögliche Handlungen)
3) seinen individuellen Zielen
(visierte Handlungen bzw. Ergebnisse)
4) seinem subjektiven Handlungsraum
(Handlungsmöglichkeiten aus der Sicht
des Kindes)
Praktische Umsetzung
systemischer Begabungsförderung
TITEL
13
7/2021 ·
lehrer nrw
nenten. Besteht das Ziel beispielsweise da-
rin, durch eine außerschulische Förderung
eines Talents fortgeschrittene Mathematik-
kenntnisse zu vermitteln, so kann die zu-
sätzliche Förderung am Nachmittag nur ge-
lingen, wenn an weiteren Stellschrauben
gedreht wird; so müssen dafür möglicher-
weise andere Aktivitäten aufgegeben wer-
den, die Eltern ihren Tagesplan entspre-
chend anpassen und das Kind für die frei-
willige Lernzeit motiviert sein.
Ein grundlegender Ansatzpunkt systemi-
scher Begabungsförderung besteht dem-
nach in einer Analyse der einzelnen Elemen-
te und der Frage nach einer funktionalen
Zusammenarbeit (Ziegler, 2009). Welche
Ressourcen erfordert die Erweiterung des
Handlungsrepertoires, und wie können die-
se bestmöglich an das Aktiotop des Kindes
angepasst werden? Nach Klärung der Res-
sourcenfrage muss außerdem sichergestellt
werden, dass entsprechende Ressourcen
über den gesamten Lernpfad verfügbar
sind, andernfalls kann es passieren, dass
wertvolles Potenzial nicht genutzt werden
kann (Matthews, 2009; Ziegler et al., 2017).
Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, das In-
dividuum mit seinem Aktiotop zu kennen,
um Lernpfade vorausschauend zu planen
und passende, ganzheitliche Unterstüt-
zungsmöglichkeiten zu bieten (Ziegler et al.,
2019). In der Regel sind daher effektive Ta-
lentförderungen immer Individualförderun-
gen, die – sollen die Fördereffekte tatsäch-
lich substantiell sein – hohe Kontakt- und
Feedbackdichten erfordern. Im Folgenden
möchten wir exemplarisch drei Fördermaß-
nahmen vorstellen und sie in die theoreti-
sche Grundlage systemischer Begabungsför-
derung einordnen.
Systemische
Begabungsförderung:
Konkrete Maßnahmen
1) Unterstützende Lernumgebung
durch Mentoring
Die erste unserer drei Maßnahmen setzt an
einer unterstützenden Lernumgebung des
Kindes an. Unterstützende Faktoren bilden
Personen, welche der begabten Person
Begabung hat viele Facetten. Damit eine Bega-
bung in Leistungsexzellenz münden kann, braucht es jedoch
effektive Lernpfade und konkrete Unterstützungsmaßnahmen.
Abbildung:
Beispiel eines systemischen Ansatzes: Aktiotop-Modell1 der Begabung (Ziegler, 2005).
Alle Komponenten müssen
ineinandergreifen
Begibt sich ein Kind auf einen Lernpfad zur
Leistungsexzellenz, gilt es, sein Handlungs-
repertoire in der entsprechenden Domäne
beständig auszubauen (Ziegler, 2009).
Möchte man das Kind auf diesem Weg best-
möglich unterstützen, muss be-
rücksichtigt werden,
dass alle
Kompo-
nenten des Systems eng zusammenwirken
und daher auch bei der Förderung das ge-
samte System betrachtet werden muss: Wird
zu irgendeinem Zeitpunkt eine Komponente
des Systems verändert, müssen auch die an-
deren Komponenten entsprechend mitange-
passt werden (Ziegler et al., 2019). Ziegler
(2009) spricht in diesem Zusammenhang
auch von einer notwendigen
Ko-Adaption
der ver-
schiedenen
Kompo-
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lehrer nrw ·
7/2021
14
TITEL
auf ihrem Lernpfad zur Seite stehen. So
zeigte sich beispielsweise, dass begabte
Lernende auf ihrem Weg zur Leistungsexzel-
lenz enorm von der Planung und Begleitung
durch Mentorinnen bzw. Mentoren profitie-
ren (Debatin et al., 2019; Hopp et al., 2020;
Stöger et al., 2021).
Die Unterstützung kann sowohl an fachli-
chen als auch an nicht-fachlichen Kompe-
tenzen ansetzen. Hinsichtlich fachlicher
Kompetenzen bieten sich Expertinnen und
Experten der jeweiligen Domäne an, welche
die Kinder mit ihrem Fachwissen unterstüt-
zen. In einer 1:1 Betreuung kann der Lern-
prozess auf das individuelle Aktiotop des
Kindes zugeschnitten werden (Stöger et al.,
2017). Mentorinnen und Mentoren können
ihren Mentees außerdem mögliche Karrie-
reentwicklungen aufzeigen und als Rollen-
bilder dienen (Eby et al., 2007; Ziegler et al.,
2009). Im Zusammenhang mit der Förde-
rung von Mädchen in MINT-Fächern zeigten
sich Erfolge hinsichtlich einer Veränderung
selbstbezogener Kognitionen (subjektiver
Handlungsraum) durch positive Rollenbilder
und das aktive Vorgehen gegen gesell-
schaftlich geprägte Stereotype (Ziegler et
al., 2010). Mentorinnen bzw. Mentoren kön-
nen auf dem Lernpfad beim Setzen und Ver-
folgen von Zielen zur Seite stehen. Dysfunk-
tionale Ziele können dadurch auch schneller
erkannt und neu gesetzt werden.
Für lange Zeit galt die Annahme, Begabte
seien motivierter als andere Lernende. Diese
These ließ sich so jedoch nicht bestätigen
(Ziegler & Stöger, 2009). Auch die Motivati-
on Begabter reicht allein nicht aus, um Lern-
pfade für einen langen Zeitraum zu verfol-
gen. Bei motivationalen Durststrecken müs-
sen daher aktiv externe Ressourcen zuge-
führt werden (Ziegler & Stöger, 2009). Auch
hier können Lernbegleiterinnen und -beglei-
ter eine entscheidende Unterstützung bieten
und zum langfristigen Erfolg Lernender bei-
tragen.
Da eine Beziehung zwischen Mentorin
bzw. Mentor und Mentee auf gegenseitigem
Vertrauen basiert (Ziegler et al., 2009), kann
eine für einen längeren Zeitraum stabile, po-
sitive zwischenmenschliche Erfahrung au-
ßerdem auch die Sozialkompetenzen Ler-
nender stärken.
2) Förderliches Feedback
im Lernprozess
Der Aufbau des Handlungsrepertoires funk-
tioniert in gewisser Weise wie ein Zyklus:
Zunächst werden entsprechende Ziele auf
einer nächsten Entwicklungsstufe gesetzt
und in folgenden Schritten alle weiteren
Komponenten entsprechend den Zielen an-
gepasst. Ist das gesetzte Ziel erreicht, gilt
es, das Handlungsrepertoire auf einer weite-
ren Stufe auszubauen und alle Komponen-
ten anzupassen usw. (Ziegler & Stöger,
2009). Dieser Weg der Entwicklung erfordert
gezielte, individuelle und informative Rück-
meldungen zum Lernprozess. Fehltritte müs-
sen schnell erkannt werden, um die Ausrich-
tung der Handlung korrigieren und damit
die Rückkehr zu effektiven Lernpfaden errei-
chen zu können. Die Rückmeldung kann,
wie oben bereits angemerkt, durch eine
Mentorin bzw. einen Mentor oder auch eine
Lehrkraft erfolgen. Auch hier ist es wichtig,
das gesamte System zu betrachten und die
Rückmeldung mit Maßnahmen zu verbin-
den, die das System sinnvoll ergänzen und
zu einer Optimierung der Funktionsweise
des Gesamtsystems führen.
3) Beratungsstellen
Da die Planung effektiver Lernpfade die Ba-
sis einer erfolgreichen systemischen Bega-
bungsförderung bildet, sollte an dieser Stel-
le auch die Zusammenarbeit mit professio-
nellen Anlaufstellen in Erwägung gezogen
werden. Basierend auf einem systemischen
Ansatz arbeitet beispielsweise die Landes-
weite Beratungs- und Forschungsstelle für
Hochbegabung (LBFH) an der Universität Er-
langen-Nürnberg. Im Anschluss an eine um-
fassende Diagnostik entwickelt sie im Rah-
men ihrer Beratung gemeinsam mit begab-
ten Lernenden und deren Eltern ausführlich
geplante, effektive Lernpfade (für eine um-
fassende Beschreibung, siehe zum Beispiel
Harder, 2012). Auch international finden
sich Angebote für eine umfangreiche Unter-
stützung. Auf vernetzter, europäischer Ebene
ist die Entwicklung effektiver Lernpfade bei-
spielsweise eine der Aufgaben des European
Talent Support Networks (ETSN).
1 Nach Ziegler (2005) beschreibt ein Aktiotop die Lebens-
welt des Individuums, in welcher es handelt und an wel-
che dessen Handlungen angepasst sind. Anhand des Ak-
tiotops lassen sich demnach Aussagen über die Hand-
lungsoptionen einer Person treffen.
DIE AUTOREN
Sarah Awad
(B.Ed.) ist wissen-
schaftliche Mitar-
beiterin und Dokto-
randin am Lehr-
stuhl für Pädagogi-
sche Psychologie und Exzellenzforschung
der Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Sie war unter anderem in dem erfolg-
reich abgeschlossenen Drittmittelprojekt
’A Gifted Identification Kit for the United
Arab Emirates’ tätig und ist derzeit Mit-
gestalterin des Projekts ’World Gifted-
ness Center’ der FAU. Ihre Forschungsin-
teressen sind Begabungsidentifikation
und -förderung, Kreativitätsförderung,
Embodied Cognition sowie verbale und
nonverbale Kommunikation.
Prof. Dr. Albert
Ziegler ist Inhaber
des Lehrstuhls für
Pädagogische Psy-
chologie und Exzel-
lenzforschung an
der Friedrich-Alexander-Universität Er-
langen-Nürnberg. Er ist unter anderem
Generalsekretär der Internationalen Be-
gabungsforschervereinigung (Internatio-
nal Research Association for Talent
Development and Excellence; IRATDE),
Herausgeber verschiedener Schriftenrei-
hen (zum Beispiel Talentförderung –
Expertiseentwicklung – Leistungsexzel-
lenz; Lehr-Lern-Forschung) sowie wissen-
schaftliches Beiratsmitglied verschiede-
ner nationaler Forschungs- und Bera-
tungszentren (zum Beispiel Deutsche
Gesellschaft für das hochbegabte Kind;
Deutscher Philologenverband; Verband
deutscher Realschullehrer).
Gestärkt aus der Krise?
Was die Pandemie uns gelehrt hat – eine Bestandsaufnahme
Aus einer Krise kann
etwas Neues erwachsen
Ob das auch für die Corona-Krise gilt,
bleibt abzuwarten. Was die Bildungs-
politik angeht, gibt es gleichermaßen
Anlass zur Hoffnung wie zur Skepsis.
15
7/2021 · lehrer nrw
von SVEN CHRISTOFFER
»In jeder Krise steckt eine Chance« – Wenn
man dieser Lebensweisheit Glauben schen-
ken will, dann ist es sicherlich lohnenswert,
einige Gedanken darauf zu verwenden, ob es
Chancen für die Bildung in unserem Land gibt,
die aus dieser Krise erwachsen könnten, die uns
alle immer noch in Atem hält. Und wenn man dann
gar noch die tollkühne Annahme wagt, dass es ei-
ne Korrelation geben könnte zwischen der Größe
der Krise und der Größe der Chance, die aus ihr
erwächst, dann gilt das umso mehr. Es brauchte
schließlich nicht weniger als einen pandemischen
Notstand von nationaler Tragweite, um der Gesell-
schaft vor Augen zu führen,
dass unsere Schulen chronisch unterfinanziert sind,
dass sich die Schulgebäude größtenteils in einem
maroden Zustand befinden (in der Bauwirtschaft
würde man den Begriff des Total-Sanierungsfalls
verwenden),
dass die Personaldecke so dünn ist, dass man ge-
neigt ist, eher von einem Lazarus-Tuch zu sprechen,
dass Schulen Orte der digitalen Diaspora sind
und der Begriff der Kreidezeit in diesem Zusam-
menhang eine ganz neue Bedeutung erfährt.
Bildung als B-Ware
Diese ernüchternde Bestandsaufnahme der vorpan-
demischen Lage erklärt, warum die Pandemie die
Schule wie keinen anderen gesellschaftlichen Be-
reich getroffen hat. Die Corona-Krise wird des-
Foto: AdobeStock/Krisztin
halb oft mit einem Brennglas verglichen, das bestehende
schulische Probleme verschärft und verdeutlicht hat. Es
hätte dieses Brennglases nicht bedurft. Die Probleme wa-
ren auch ohne Brennglas deutlich erkennbar. Dazu hätte
es aber beherzter Politikerinnen und Politiker bedurft, die
nicht nur hingeschaut, sondern auch eine echte Ver-
schiebung von Prioritäten vorangetrieben hätten. Gerne
haben Entscheidungsträgerinnen und -träger in jede Ka-
mera gesprochen, dass Bildung Deutschlands wichtigster
Rohstoff für die Zukunft sei. Behandelt haben sie die Bil-
dung aber wie eine B-Ware. Und die Quittung dafür ha-
ben wir dann im März 2020 erhalten. Und deshalb muss
an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich gesagt wer-
den: Dass der Beginn der Pandemie nicht zugleich das
Ende der Bildung in Nordrhein-Westfalen gewesen ist, ist
nicht der Verdienst der Politik gewesen, sondern die Leis-
tung von Lehrkräften, Schulleitungen und pädagogi-
schem Personal, die unter Inkaufnahme erheblicher ge-
sundheitlicher Risiken all diese Herausforderungen und
Überforderungen gemeistert haben. Unserem Berufs-
stand ist unglaublich viel abverlangt und zugemutet
worden, das verdient tiefen Respekt.
Unterricht ist verbale und mimische Kommunikation
und musste unter Masken abgehalten werden. Unter-
richt ist soziales Miteinander und pädagogische Nähe
und konnte fast ausschließlich in frontaler Form stattfin-
den. Unterricht ist Beziehungsarbeit, und Beziehungen
auf Distanz sind schwierig.
Wechsel als Prinzip
Wenn man sich vergegenwärtigen will, was alle am
Schulleben Beteiligten geleistet haben, um Bildung in
Pandemiezeiten in unserem Bundesland aufrecht zu er-
halten, hilft ein Blick auf die zahlreichen Unterrichtsmo-
delle, die seit dem Ausbruch des Virus gefahren werden
mussten.
Wir gehen an den Beginn der Pandemie:
Lernangebote auf Distanz
Gefolgt von: dem rollierenden System
Nach einer längeren Phase des Präsenzunterrichts
nach den Sommerferien 2020 ereilte uns
vor den Weihnachtsferien: die freiwillige Präsenz
Abgelöst wurde die vom: Distanzunterricht
Der wiederum wurde im Frühjahr ersetzt
durch: den Wechselunterricht
Vor den Sommerferien gab es dann noch einmal eine
kurze Phase des Präsenzunterrichts. Präsenzunterricht
trug früher übrigens den Namen Unterricht, aber an
diese Zeiten kann man sich nach anderthalb Jahren
Schule unter Corona-Bedingungen ja kaum noch erin-
nern.
»Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zu-
kunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.« Dieses Zitat
stammt von Albert Einstein. Ihm folgend möchte auch
ich nun den Blick nach vorne richten. Hält die Krise also
möglicherweise Chancen für die Zukunft unserer Bil-
dung bereit? Abschließend wird man diese Frage zum
heutigen Zeitpunkt sicherlich nicht beantworten können.
Viel wird davon abhängen, ob Politik und Gesellschaft
nicht nur kurz-, sondern mittel- und langfristig die richti-
gen Schlüsse aus der Krise ziehen und entsprechende
Weichenstellungen vornehmen.
Aus dem digitalen Dornröschenschlaf geweckt
Am offensichtlichsten sind die Veränderungen, die sich
in den letzten anderthalb Jahren im Bereich der Digitali-
sierung unserer Schulen zugetragen haben. Häufig wird
von der Pandemie als Katalysator der Digitalisierung ge-
sprochen. Der Lockdown im März 2020 hat die Schulen
aus ihrem digitalen Dornröschenschlaf geweckt. Aller-
dings war das kein sanfter Weckruf. Getrieben durch die
Erfordernisse des Distanzunterrichts wurden unter enor-
mem Zeitdruck Lernplattformen installiert, Kommunikati-
onsmöglichkeiten geschaffen und Konzepte aus dem Bo-
den gestampft. Ich wiederhole es deshalb gerne noch
einmal: Dass der Beginn der Pandemie nicht das Ende
der Bildung war, ist dem Improvisationstalent der Lehr-
kräfte und Schulleitungen geschuldet – trotz katastropha-
ler Rahmenbedingungen. Sie waren es, die die Versäum-
nisse der Politik in beeindruckender Weise auffingen und
sich auf den Weg machten. Und genau da sind wir jetzt:
auf dem Weg, aber noch längst nicht am Ziel.
Vor wenigen Wochen hat Schulministerin Yvonne Ge-
bauer die Digitalstrategie Schule NRW vorgestellt. Inner-
halb von fünf Jahren werden in Nordrhein-Westfalen in
das Lehren und Lernen mit digitalen Medien Summen
investiert, von denen selbst ein ambitionierter Lehrerver-
band wie der unsrige vor wenigen Jahren nur geträumt
hätte. Insgesamt sind es rund zwei Milliarden Euro.
Geld und guter Wille reichen nicht
Ohne Geld ist alles nichts, aber Geld allein ist eben auch
nicht alles. Ob die Digitalstrategie Schule NRW ein Erfolg
wird, hängt maßgeblich von der Umsetzung vor Ort ab und
von den Umsetzungsmöglichkeiten, die man dem schuli-
schen Personal einräumt. Am Ende des Tages sind es näm-
lich Lehrkräfte und Schulleitungen, die den digitalen Trans-
formationsprozess unserer Schulen stemmen müssen. Geld
und guter Wille allein werden deshalb nicht reichen, auf
die Umsetzung kommt es an. Damit aus der Digitalstrate-
gie eine wirkliche Digitaloffensive für die Schulen werden
kann, sind aus meiner Sicht drei Punkte entscheidend:
16 7/2021 · lehrer nrw
Erstens: Mehr Personal: Die meisten Schulen sind
schon jetzt personell am Limit oder darüber hinaus.
Um ein sinnvolles und pädagogisch-didaktisch
passgenaues Digitalkonzept zu implementieren,
brauchen die Schulen mehr Personal.
Zweitens: Mehr zeitliche Ressourcen: Digitalisie-
rung nebenbei funktioniert nicht. 28 Stunden unter-
richten, en passant ein brillantes Konzept auflegen,
selbiges implementieren, nachmittags das Netz-
werk administrieren und abends die Endgeräte
warten, funktioniert nicht. Den Kolleginnen und Kol-
legen müssen zeitliche Ressourcen in Form konkre-
ter Entlastungsstunden eingeräumt werden, um den
digitalen Transformationsprozess ihrer Schule unter
pädagogischen und didaktischen Aspekten voran-
zutreiben. Die Bewältigung administrativer sowie
technisch-handwerklicher Aufgaben gehört jedoch
in die Hände externen Fachpersonals.
Drittens: Mehr Funktionsstellen: An den Schulen
muss es Koordinatoren für Digitalisierung geben,
die das Bindeglied zwischen Schulleitung und Kol-
legium bilden und den Digitalisierungsprozess steu-
ern. Das erfordert neue Funktionsstellen, denn gera-
de in kleineren Systemen ist die Führungsebene viel
zu dünn besetzt, um eine solche Herkulesaufgabe
zu stemmen.
Damit sind einige wichtige Gelingensbedingun-
gen umrissen, die darüber entscheiden werden, ob
der digitale Dornröschenschlaf unserer Schulen nur
kurzfristig unterbrochen oder langfristig unterbun-
den wurde.
Erziehung braucht Beziehung
Die für mich wichtigste Erkenntnis aus der Krise hat
auch etwas mit dem Thema analog und digital zu
tun – aber in einem ganz anderen Sinne. Warum
hat der digitale Distanzunterricht nie die Qualität
des – wenn Sie so wollen – analogen Präsenzunter-
richts erreicht? Weil Erziehung Beziehung braucht.
Und weil Beziehung Nähe braucht. Beziehungen
auf Distanz sind nun mal schwierig, und deshalb
war der Unterricht auf Distanz so unbefriedigend für
alle Beteiligten. Wenn wir also eine Sache aus der
Pandemie gelernt haben sollten, dann ist es das un-
umstößliche Faktum, dass am Ausgangs- und am
Endpunkt jedes Lehr- und Lernprozesses die Bezie-
hung zwischen Lehrkraft und Schüler steht. Der Dis-
tanzunterricht hat den Praxisbeweis erbracht für
John Hatties datenbasierte Erkenntnis, dass es auf
den Lehrer ankommt. Seine Botschaft war seinerzeit
eineindeutig: Nur die Qualität von Unterricht und
damit der Lehrer entscheidet über Lerneffekte. Es
braucht den Lehrer als Regisseur und nicht den Leh-
rer als Moderator des eigenständigen Schülerler-
nens.
Die Pandemie hat uns gelehrt, dass Schule nicht
nur ein Ort des Lernens ist, sondern auch ein Ort der
Gemeinschaft, des sozialen Miteinanders und der
pädagogischen Nähe. Ein Ort, der Halt und Struktur
gibt. Ein Ort, an dem die Lehrkraft durch Beziehung
und Bindung erzieht und unterrichtet. Wir müssen
also nicht bange sein, wenn es darum geht, diese
von mir eben beschriebene Rolle der Lehrkraft in
Zukunft zu verteidigen gegen die Anhänger der
Selbstlernidylle, die den Lehrer zum Lernbegleiter
degradieren möchten. Die Pandemie hat evident
gemacht, dass sie auf dem pädagogischen Holz-
weg sind.
Primat der Pädagogik
Besonders stolz bin ich deshalb auf unsere letztjähri-
ge Delegiertenversammlung, auf der ein Leitantrag
verabschiedet wurde, der genau diesen Bildungs-
begriff noch einmal zum Ausdruck gebracht hat
und den ich Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthal-
ten möchte. Unter der Überschrift ’Primat der Päda-
gogik’ heißt es in dem Antrag:
»Die Schule nach Corona wird eine andere sein als
vor Corona. Das Thema Digitalisierung wird einen
breiteren Raum einnehmen. Das birgt Chancen und
Risiken, mit denen alle am Schulleben Beteiligten ver-
antwortungsvoll umgehen müssen. Klar muss sein: Pä-
dagogik darf nicht hinter Technik zurücktreten. Digi-
tale Medien sind kein Selbstzweck, sondern eines von
vielen methodisch-didaktischen Mitteln zur Unter-
richtsgestaltung. ‘Analoge‘ Fertigkeiten wie Hand-
schrift, Ordnung, Sauberkeit verlieren im Digitalisie-
rungs-Zeitalter nicht an Bedeutung. Entscheidend für
den Bildungserfolg ist und bleibt die Lehrerpersön-
lichkeit als Ausgangs- und Endpunkt aller Lehr- und
Lernprozesse. Denn Bildung ist mehr als das Beherr-
schen von Technik. Der Bildungsbegriff, wie wir ihn
verstehen, umfasst die Bildung des Wissens, die Bil-
dung der Persönlichkeit, die Bildung eines Wertekom-
passes. All dies setzt eine intakte und intensive Bezie-
hung zwischen Lehrkraft und Schüler voraus. Die Ent-
wicklung der emotionalen und sozialen Kompetenz
ist nach wie vor eine Kernaufgabe der Pädagogik.
Die Beziehung zum Menschen ist wichtiger als die
Beziehung zur Technik. Vor diesem Hintergrund dür-
fen Lehrkräfte nicht zu Lernbegleitern oder Datenma-
nagern degradiert werden. lehrer nrw setzt sich
17
7/2021 · lehrer nrw
18 7/2021 · lehrer nrw
deshalb dafür ein, dass die pädagogische Freiheit Grund-
lage des Lehrerberufs bleibt und auch in der Schule der
Zukunft der Primat der Pädagogik gilt.«
Es gibt aber auch Erkenntnisse aus der Corona-Krise,
die zwar viel banaler sind, deshalb aber nicht weniger
wahr. Die Pandemie hat dazu geführt, dass Lehrkräfte
aus Gründen des Gesundheitsschutzes im Wechselunter-
richt halbierte Klassen unterrichten mussten. Und die ba-
nale Erkenntnis lautet: Unterricht in Klassengrößen von
fünfzehn Schülern scheint deutlich effizienter zu sein als
Unterricht in Klassengrößen von dreißig Schülern – je-
denfalls wenn man den zahlreichen Rückmeldungen
Glauben schenken darf, die mich in diesem Zusammen-
hang erreicht haben. Eine bahnbrechende Erkenntnis,
wenn Sie mich fragen, und es brauchte auch hier nicht
weniger als einen pandemischen Notstand von nationa-
ler Tragweite, um den Lehrerinnen und Lehrern einen
Praxistest zu ermöglichen.
Berufliche und akademische
Bildung sind gleichwertig
Lassen Sie mich auf einen letzten wichtigen Punkt einge-
hen: Die Krise hat uns gelehrt, dass wir den Wert einer
Sache oftmals erst dann erkennen, wenn sie uns abhan-
denkommt. Vieles war vor der Krise für uns selbstver-
ständlich, und erst in der Krise ist uns bewusst geworden,
dass beispielsweise Menschen ohne Nähe, Gemein-
schaft und Kommunikation vereinsamen und zerbre-
chen. Menschen brauchen Menschen, und Schüler brau-
chen Schule. Schulen geben Halt, Struktur und sind wich-
tige Kompassgeber. Sie bereiten vor auf das künftige Le-
ben und den Beruf. Es ist für uns alle eine Selbstverständ-
lichkeit gewesen, dass Schulen durch außerschulische
Partnerschaften, durch verbindliche Kooperationen mit
Handwerk, Industrie und Einzelhandel, durch Unter-
richtsgänge, durch Berufserkundungstage und durch
mehrchige Praktika in hervorragender Weise die Be-
rufswahl unserer Schülerinnen und Schüler angeleitet
und begleitet haben. Vieles von dem hat coronabedingt
nicht stattfinden können, und der Weg in die Betriebe
war oftmals versperrt. Praktika mussten verschoben, ge-
kürzt oder auf Eis gelegt werden. Und deshalb gilt auch
hier: Erst die Pandemie hat uns den Wert all dieser Akti-
vitäten vor Augen geführt. Dabei gehören die Berufs-
wahlorientierung und das Hinführen zur Ausbildungs-
reife zu den Zukunftsaufgaben von Schule. Anders wird
sich der Fachkräftemangel in unserem Land nicht behe-
ben lassen. Dafür müsste aber zunächst eine bildungs-
politische Fehlentwicklung der vergangenen Jahre korri-
giert werden. Die Gleichwertigkeit von beruflicher und
akademischer Bildung ist seit Jahren ein Herzensanlie-
gen unseres Verbandes. Eine Karriere in der beruflichen
Bildung muss wieder als gleichwertige Alternative zum
Studium für jeden und jede erkennbar sein.
Andernfalls steuern wir auf eine Lage zu, wie sie in un-
serem Nachbarland Frankreich längst Realität ist. In den
Herbstferien bin ich mit einem Freund auf dem Jakobs-
weg durch Frankreich gepilgert. Eine unserer Gastgebe-
rinnen, eine Sozialarbeiterin, hat uns sehr eindringlich
geschildert, dass die Liste der Mangelberufe lang und
länger werde. Es fehle an technischen Zeichnern, Auto-
mechanikern, Zimmerleuten und Dachdeckern. Ihre Er-
klärung dafür war schonungslos offen: Frankreich sei
ein Tempel der universitären Ausbildung, akademische
Weihen gelten als Königsweg. Danach komme lange
nichts, Lehrlinge würden als Schmuddelkinder gelten.
Tatsächlich gibt es in Frankreich aktuell nur 400 000
Lehrlinge – das sind nur sieben Prozent der jungen Leute
zwischen 16 und 25 Jahren. Im europäischen Durch-
schnitt ist der Wert mehr als doppelt so hoch. Gleichzei-
tig liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei über 20 Prozent.
Und 1,3 Millionen junge Menschen sind in Frankreich
weder in der Schule noch in irgendeiner Ausbildung
noch auf irgendeinem Arbeitsplatz.
Deshalb warne ich eindringlich vor französischen Ver-
hältnissen. Wer in Deutschland die duale Ausbildung
stärken will, muss die Schulformen stärken, die in beson-
derer Weise auf die Ausbildungsreife ihrer Schülerinnen
und Schüler hinwirken: Realschulen, Hauptschulen, Ge-
samtschulen, Sekundarschulen. Und hier hat unsere Lan-
desregierung noch deutlichen Nachholbedarf.
Von Optimisten und Pessimisten
Das Land Nordrhein-Westfalen feiert in diesem Jahr sei-
nen 75. Geburtstag, der Realschullehrerverband und in
seiner Nachfolge der lehrer nrw sind ebenfalls 75 Jahre
alt. Das heißt, wir haben seit der Geburtsstunde unseres
Landes dieses in Bildungsfragen konstruktiv-kritisch be-
gleitet. Und wir werden das auch weiterhin tun. Die von
mir angesprochenen Themen – Digitalisierung, die künf-
tige Rolle der Lehrkraft, bessere Arbeitsbedingungen
zum Beispiel durch kleinere Klassen und die Gleichwer-
tigkeit von beruflicher und akademischer Bildung seien
nur beispielhaft genannt.
Wenn Sie mich fragen, ob ich tatsächlich davon über-
zeugt bin, dass wir auf all diesen Feldern erfolgreich
sein werden, so möchte ich Ihnen mit einem Bonmot ant-
worten: Statistisch gesehen irren der Optimist und der
Pessimist etwa gleich häufig – der Optimist hat aber viel
mehr Spaß dabei.
Sven Christoffer ist Vorsitzender des
lehrer nrw
sowie Vorsitzender des HPR Realschulen
E-Mail: christoffer@lehrernrw.de
19
7/2021 ·
lehrer nrw
SCHULE & POLITIK
EU-Jugendbotschafter@school
Die Landesregierung hat ein europapolitisches Bildungsprojekt
an Haupt- und Realschulen in Nordrhein-Westfalen gestartet.
Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern deutlich zu machen,
welche Chancen und Möglichkeiten Europa ihnen bietet.
M
Mit dem Projekt ’EU-Jugendbotschaf-
ter@school’ möchte die Landesregie-
rung das Themenfeld der Europäischen
Union jungen Menschen näherbringen,
die sonst weniger Berührungspunkte mit
Europa haben. In einer Reihe von Work-
shops an Haupt- und Realschulen sollen sich
die Schülerinnen und Schüler eine Meinung
bilden und neue Blickwinkel erarbeiten, um
ihren ganz individuellen Bezug zu Europa
herstellen zu können. Während der Pilot-
phase, die im November 2021 gestartet ist,
nehmen neun verschiedene Klassen aus sie-
ben Schulen aus Nordrhein-Westfalen an
dem Projekt teil (Duisburg, Plettenberg,
Krefeld, Lünen und Viersen).
»Mit dem Projekt EU-Jugendbot-
schafter@school sollen so viele
junge Menschen wie mög-
lich erfahren, welche
Chancen und
Möglichkeiten
Europa ihnen
bietet und dass
sie daran Anteil nehmen können. Mir per-
sönlich war es dabei ein Anliegen, insbeson-
dere Jugendliche anzusprechen, die bisher
eher weniger von europapolitischen Bil-
dungsmaßnahmen profitieren«, erklärt Eu-
ropaminister Dr. Stephan Holthoff-Pförtner.
Austausch in Zweier-Teams
In Zweier-Teams besuchen die EU-Jugend-
botschafterinnen und EU-Jugendbotschafter
regelmäßig über den Zeitraum von einem
Schuljahr dieselbe Schülergruppe und spre-
chen in offener Atmosphäre über Europa.
Im Verlauf der gemeinsamen Zeit kann
auch auf die Vermittlung
von fachlichen Kompeten-
zen (wie etwa der Aufbau
der EU-Institutionen) ein-
gegangen werden,
allerdings soll
vorran-
gig die Vermittlung und Reflexion über den
europäischen Gedanken zentraler Bestand-
teil des Projekts sein. Vor allem soll Europa
dabei emotional erfahrbar werden. Zielgrup-
pe sind Jugendliche der 8. bis 10. Klassen.
Zu den wichtigsten Aspekten des Kon-
zepts zählen: die nachhaltige Begleitung der
Gruppen (es findet nicht nur ein Besuch in
der Schule statt, sondern es gibt mehrere
Besuche innerhalb eines vorher festgelegten
Zeitraums), der Peer-to-Peer-
Ansatz und die Fokussie-
rung auf die individuelle
Verbindung der Ju-
gendlichen zu eu-
ropäischen The-
men.
INFO
Die an der Pilotphase beteiligten Schulen
sind: GHS Gneisenaustraße in Duisburg,
GHS Ludgerusstraße in Duisburg, Zeppe-
linschule Plettenberg (Hauptschule), Re-
alschule Horkesgath in Krefeld, Heinrich-
Bußmann-Schule in Lünen, Realschule an
der Josefskirche in Viersen und die Lud-
wig-Uhland-Realschule in Lünen.
Weitere Informationen:
https://mbei.nrw/europa
Den Horizont erweitern: Hauptschüler und Realschüler aus Nordrhein-Westfalen können zu EU-Jugendbotschaftern werden.
Foto: AdobeStock/shootingankauf
lehrer nrw ·
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20
SCHULE & POLITIK
Optimistisch
in die Zukunft
Am 23. und 24. November fand der 52. Mülheimer Kongress statt.
Nachdem die für den Verband als Standortbestimmung so wichti-
ge Veranstaltung im Jahr 2020 Pandemie-bedingt ausfallen muss-
te, konnte der Kongress nun unter entsprechenden Corona-
Schutzvorkehrungen stattfinden – und war ein voller Erfolg.
’Optimistisch in die Zukunft’ ist ein gewag-
tes Motto in diesen Zeiten. Doch der Mül-
heimer Kongress rechtfertigte den zuver-
sichtlichen Leitspruch. Unter ’2G plus’-
Bedingungen erlebten die Teilnehmenden
ein spannendes Programm, das trotz der
schwierigen Situation, in der Schulen, Schul-
kinder und Lehrkräfte aufgrund der sich zu-
spitzenden Corona-Lage sind, ein Signal des
Optimismus vermittelte. Hoch interessante
Vorträge, die eine gelungene Mischung aus
’harten Fakten’ und Humor bildeten, regten
zum Nachdenken, Diskutieren und auch
zum Lachen an. Auch Schulministerin
Yvonne Gebauer ließ es sich nicht nehmen,
den Kongress zu besuchen und sich mit den
Teilnehmenden auszutauschen.
Konfrontative Pädagogik
Ansteckenden Optimismus verbreitete der
Erziehungswissenschaftler und Kriminologe
Prof. Jens Weidner von der Hochschule für
Angewandte Wissenschaften in Hamburg.
Dabei hat er beruflich mit einer schwierigen
Klientel zu tun: mit Schülern, die durch ab-
weichendes, provozierendes Verhalten den
Klassen- und mitunter gar den Schulfrieden
erheblich stören. Für Mobber, Beleidiger,
Sachbeschädiger und Aggressive hat er als
Gründer des Deutschen Instituts für Kon-
frontative Pädagogik das Programm ’Cool-
in-School’ entwickelt – und damit bemer-
kenswerte Erfolge erzielt. Für den schuli-
schen Alltag gab Weidner den Kongressteil-
nehmenden drei Leitmotive mit auf den
Weg:
Delinquentes und deviantes Verhalten
verstehen, den Regel-Verletzer als Men-
schen mögen, aber nicht mit seinem
abweichenden Verhalten einverstanden
sein.
Auf deviant-delinquente Kleinigkeiten
schnell und konsequent pädagogisch
(nicht juristisch) reagieren, damit
Großes erst gar nicht geschieht.
Grenzen ziehen, wo Gefahren drohen,
wo Schüler/innen und Lehrkräfte
geplagt werden und wo es das gesell-
schaftliche Leben erfordert.
Goethes Faust
in zwei Minuten
Dass man über Schule auch herzhaft lachen
kann, manchmal vielleicht sogar muss,
bewies der Kabarettist Johannes Schröder
alias ’Herr Schröder’ seinem begeisterten
Lachen als pädagogisches Prinzip:
Herr Schröder
Auf den Lehrer kommt es an:
Sven Christoffer
Ohne Leistung keine
Jürgen Böhm
Prominentester Gast: Schulministerin Yvonne Gebauer, begrüßt vom
lehrer nrw
-
Vorsitzenden Sven Christoffer.
Verfechter der konfrontativen Pädagogik:
Prof. Jens Weidner
21
7/2021 ·
lehrer nrw
Publikum. In Mülheim gab der studierte
Deutsch- und Englischlehrer, der inzwi-
schen ein mehrfach preisgekrönter Humo-
rist ist, Einblick in die Segnungen der Digi-
talisierung für den Schulbetrieb. Dort ha-
ben Videotutorials wie ’Der Dreisatz in
zwei Sätzen’ oder ’Goethes Faust in zwei
Minuten’ der analogen Pädagogik längst
den Rang abgelaufen. Und dennoch, das
habe die Pandemie gezeigt: Wirklich nichts
ersetzt das tatsächliche Miteinander im
Klassenzimmer. Da mag die Datenverbin-
dung noch so gut sein. Herr Schröder be-
richtete von Schülern, die aus lauter Heim-
weh nach den schulischen Routinen am
Ende vom Online-Unterricht bei sich zu-
hause den Stuhl hochgestellt haben.
Erziehung braucht
Beziehung
Dass Schröders Bonmot einen sehr wahren
Kern hat, verdeutlichte Sven Christoffer in
seiner ersten MüKo-Rede als Verbandsvor-
sitzender. Denn die Antwort auf die Frage,
warum der digitale Distanzunterricht nie
die Qualität des – wenn man so will –
analogen Präsenzunterrichts erreicht
hat, ist eindeutig: »Weil Erziehung Bezie-
hung braucht. Und weil Beziehung Nähe
braucht. Beziehungen auf Distanz sind nun
mal schwierig, und deshalb war der Unter-
richt auf Distanz so unbefriedigend für alle
Beteiligten. Wenn wir also eine Sache aus
der Pandemie gelernt haben sollten, dann
ist es das unumstößliche Faktum, dass am
Ausgangs- und am Endpunkt jedes Lehr-
und Lernprozesses die Beziehung zwischen
Lehrkraft und Schüler steht.« Der Distan-
zunterricht habe den Praxisbeweis er-
bracht für John Hatties datenbasierte
Erkenntnis, dass es auf den Lehrer an-
kommt.
Bildungserfolg braucht
Leistung
Jürgen Böhm, Vorsitzender des Verbandes
Deutscher Realschullehrer, hob in seiner
Festrede hervor, dass Individualität Diffe-
renzierung braucht und nicht Vereinheitli-
chung. Er erteilte Bestrebungen nach der
Einheitsschule und dem Einheitslehrer eine
klare Absage. Klar war für Böhm auch:
»Bildungserfolg braucht Leistung.« Der
Verzicht auf Leistungsanforderungen be-
deute den Verlust von Bildungsqualität.
Und schließlich, so der VDR-Vorsitzende,
brauche Zukunftsfähigkeit starke Abschlüs-
se. Der Über-Akademisierung und dem da-
mit verbundenen Fachkräftemangel stellte
er die Gleichwertigkeit von beruflicher und
akademischer Bildung entgegen.
Schule braucht
klare Regeln
Ein absolutes Highlight des Kongresses
lieferte Michael Rudolph. Der erfahrene
Schulleiter, seit vierzig Jahren im Schul-
dienst, hat in wenigen Jahren die Berliner
Bergius-Schule, die einen üblen Ruf hatte,
zu einer begehrten Unterrichtsstätte ge-
wandelt – mit klaren Regeln für diszipli-
niertes Lernen. Dabei musste er viele
Widerstände überwinden, aber, so sagte er
in Anspielung auf das Kongressmotto: »Ich
habe nie den Optimismus verloren.« Die
fünf Minuten, die es früher vor jeder Schul-
stunde brauchte, damit die Klasse über-
haupt ruhig wurde, werden nun pädago-
gisch sinnvoll genutzt, zum Beispiel mit
simplen, unkomplizierten Übungsroutinen.
Sie trugen wesentlich dazu bei, gravieren-
de Lerndefizite in den ’Basics’ – von Kopf-
rechnen bis Rechtschreibung – zu behe-
ben. Klare Regeln, von Pünktlichkeit bis
Handyverbot im Schulgebäude, stehen
nicht nur auf dem Papier, sondern sind in
den Köpfen – auch weil Zuwiderhandlun-
gen mit empfindlichen Sanktionen belegt
sind: Wer sich mit einem Smartphone erwi-
schen lässt, muss vier Wochen darauf ver-
zichten. Wer zu spät kommt, darf erst zur
nächsten Stunde in den Unterricht – und
verrichtet bis dahin gemeinnützige Arbeit.
Rudolph hat seiner Schule ein klares Leit-
bild gegeben: »Leistung fordern, Sozialver-
halten fördern, Berufsfähigkeit erreichen.
Jeder kommt ans Ziel.« Den Weg dahin be-
schreibt Rudolph in seinem sehr lesens-
werten Bestseller »Wahnsinn Schule –
Was sich dringend ändern muss«.
Was geht?
Einen fröhlichen Schlusspunkt unter das
Kongressprogramm setzte die Sozialpäda-
gogin Yvonne Michel, die erklärte, wie
Erkenntnisse aus der Glücksforschung den
Lehreralltag erleichtern und bereichern
können. Sie riet zu einem Perspektivwech-
sel: Denn oft konzentrieren wir uns im All-
tagsstress auf das, was nicht klappt oder
was uns ärgert. Der optimistische Mensch,
so Michel, fragt nicht: »Was geht gerade
nicht?« Er fragt: »Was geht?«
Jochen Smets
Mit klaren Regeln zum (Schul)Erfolg:
Michael Rudolph
Fotos (8): Smets
»Was geht?« statt »Was geht nicht?«:
Yvonne Michel
Einmal mehr ein exzellenter Moderator:
Thorsten Schmalt
Bildungsqualität:
SCHULE & POLITIK
lehrer nrw ·
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SCHULE & POLITIK
Stillstand ist
Rückschritt!
Lehrkräfte haben Enormes geleistet – und tun es immer noch –,
um den Schulbetrieb durch die schwierigen Monate der Pande-
mie und die Volten der Bildungspolitik zu führen. Nicht nur des-
wegen stellt sich die Besoldungsfrage umso drängender.
D
Der in der Überschrift zitierte altbe-
kannte Slogan kommt einem im Zu-
sammenhang mit der inzwischen
über anderthalb Jahre andauernden Pande-
miesituation an unseren Schulen in den
Sinn. Sicherlich, beim Lesen denkt man jetzt:
Stillstand? Es war doch alles andere als das.
Ständig neue Lehr- und Lernsituationen,
auf die sich alle Mitglieder der Schulge-
meinschaft innerhalb kürzester Zeiträume
(oftmals von freitagnachmittags bis mon-
tagmorgens) einstellen mussten.
Da war zunächst die Schockstarre, die al-
len Kolleginnen und Kollegen Nerven und
Zeit raubte, von ausgefallenen Austausch-
programmen bis hin zu Klassenfahrten, vom
Auftreiben der durch Stornierungen anfallen-
den Zahlungen bis zu schnell organisierten
Prüfungen verschiedenster Art, die zuverläs-
sig und mit pädagogischem Sachverstand
von vielen Lehrkräften professionell, in
knapp bemessenen Zeiträumen auf die Bei-
ne gestellt worden sind. Und das alles neben
dem Unterricht, welcher Gestalt auch immer.
All jene, die im Schuldienst arbeiten, kön-
nen diese Liste der teils chaotischen Arbeits-
situationen weiter aufzählen.
Improvisationskunst
im luftleeren Raum
Wie geht es weiter? Was soll gemacht wer-
den? Wie halten wir das tägliche Schulleben
am Laufen? Diese Fragen mussten fast täg-
lich neu beantwortet und bearbeitet wer-
den.
Die notwendige Digitalisierung kommt
noch immer nur schleppend voran. Die Kol-
leginnen und Kollegen mussten sehen, wie
sie klarkommen. Bis heute sind bei weitem
nicht alle Schülerinnen und Schüler mit digi-
talen Endgeräten ausgestattet. Und flächen-
deckende, adäquate Fortbildungen für Lehr-
kräfte sind ebenfalls nicht in Sicht. Fast alle
Kolleginnen und Kollegen machten sich da-
ran, eigene digitale Wege zu ihren Schüle-
rinnen und Schülern zu finden. Wobei zu be-
achten ist, dass sie sich damit keineswegs
immer in einem rechtssicheren Raum befun-
den haben, ganz zu schweigen von der Ent-
grenzung der Arbeitszeiten.
Viele verschiedene Formate, vom Online-
Unterricht bis zum Wechselunterricht unter
Pandemiebedingungen, sind ’gerockt’ wor-
Erzwungener Stillstand: Die Lehrkräfte
haben (nicht nur in der Corona-Krise) geliefert –
die Politik nicht. Nach wie vor hält die Blockade
in der Besoldungsfrage an.
Foto: AdobeStock/Muhammadsainudin
SCHULE & POLITIK
den. Prüfungen und Abschlüsse konnten
demzufolge erfolgreich absolviert werden.
Von der Lehrkraft zur
medizinischen Hilfskraft
Es dauerte viel zu lange, bis allen Kollegin-
nen und Kollegen die Impfung zugänglich
war. Viele mussten sich in Eigeninitiative ei-
nen Impftermin organisieren und haben
trotzdem ihren Dienst gewissenhaft erle-
digt. Inzwischen sind Lehrkräfte auch noch
mit den Fähigkeiten von medizinischen
Fachkrafttätigkeiten durch Selbststudium
vertraut, wenn auch nicht mit der entspre-
chend notwendigen hygienischen Ausstat-
tung versorgt. Stichwort Testungen!
Wir haben geliefert!
Ja, wir sind Lehrerinnen und Lehrer. Flexibili-
tät und Kreativität gehören zu unserer be-
ruflichen DNA, das wissen und können wir.
Und wir haben geliefert! Alle, Lehrkräfte,
Schülerschaft, Eltern und andere an der
Schule Beteiligten sind froh, dass die Schule
wieder im Präsenzmodus gestartet ist, und
alle wünschen sich, dass es so bleibt.
Wir wissen um die Probleme und Defizite,
und trotzdem bleiben wir loyal und sind sehr
nahe an den Kindern und Jugendlichen dran.
Dass dies erforderlich ist, haben die letzten
Monate ja gesamtgesellschaftlich gezeigt.
Im schulischen Alltag ist wahrzunehmen,
dass die Schülerinnen und Schüler, ebenso
wie deren Erziehungsberechtigte, sehr er-
leichtert darüber sind, dass der Unterricht
wieder in Präsenz stattfindet. Es ist sogar ei-
ne zunehmende Anerkennung dessen, was
wir Lehrkräfte leisten, zu beobachten. Wir
liefern weiter, trotz Pandemie und teils un-
zureichender Ausstattung.
A 13 für alle – es wird Zeit
Ist es da nicht eine legitime Forderung, dass
bei dem vielen Geld, was jetzt in die Hand
genommen wird, auch endlich dafür gesorgt
wird, dass alle Kolleginnen und Kollegen
A13/EG13 als Einstiegsgehalt erhalten?
Sowohl das Geld als auch das sachkundige
Personal dafür sind in diesem Fall ja bereits
vorhanden. Das würde auch einen Beitrag
dazu liefern, dass der Beruf der Lehrkraft
mit dem Blick auf ökonomische Gründe für
junge Menschen etwas attraktiver werden
würde, und man müsste nicht, wie bereits
geplant, auf so viele Personen zurückgrei-
fen, die keine grundständige Lehrerausbil-
dung nachweisen können. Diese Forderung
liegt seit Jahren auf dem Tisch. In den
Hauptpersonalräten setzt sich lehrer nrw
dafür ein, dass sie nicht in Vergessenheit ge-
rät. Ellen Bollig
Mitglied im Hauptpersonalrat
Gesamt- und Sekundarschulen
Vorsitzende des
lehrer nrw
-
Kreisverbandes Rhein-Sieg
Pandemie-
folgen
überwinden
Wie wirken sich der pandemiebedingte zeitweilige Verlust pädago-
gischer Beziehungen und das mangelnde Erleben von Freude der
Kinder untereinander auf das kognitive Lernen aus? In einem Semi-
nar in der dbb akademie in Königswinter geht es um Symptome,
Ursachen, Folgen und Lösungsstrategien zur Förderung der emotio-
nalen und sozialen Entwicklung von Schülerinnen und Schülern.
D
Die Corona-Pandemie mit ihren Lock-
downs, Schulschließungen und Kon-
taktbeschränkungen hat sich in viel-
fältiger Weise auf die kindliche Seele ausge-
wirkt. Die TeilnehmerInnen des Seminars
erarbeiten und analysieren in diesem Work-
shop, wie Kinder in ihrer psychischen und
kognitiven Entwicklung beim Lernen und
Arbeiten während und nach der schwierigen
Zeit der Pandemie unterstützt werden kön-
nen. Denn Bewegungsmangel und der Ver-
lust an zwischenmenschlichen Kontaktmög-
lichkeiten haben viele in eine Art Selbstisola-
tion getrieben. Die Maskenpflicht im Unter-
richt erschwert Nähe und Beziehung zwi-
schen Lehrern und Schülern, aber auch
zwischen den Schülern untereinander. All das
wirkt sich auch auf die Lernleistungen aus.
Gerade im psychomotorischen Bereich
sind während der Pandemie erhebliche Defi-
zite aufgelaufen. Sie zu erkennen und zu be-
heben, ist Ziel des Seminars. Im Zentrum
steht das Konzept der Psychomotorik, das
darauf basiert, Lernprozesse durch Bewe-
gung und sich spüren in Gang zu setzen.
Ebenso wird das Konzept der sensorischen
Integration (Aufnahme und Verarbeitung
von Sinnesreizen als Grundvoraussetzung
für begeisterndes Lernen und Handlungsfä-
higkeit) thematisiert. Vorgestellt werden da-
rüber hinaus Erfahrungen und Inhalte aus
dem Bereich des sozialen Lernens zur Stei-
gerung der Sozialkompetenz. Die Seminar-
teilnehmenden lernen, welche Haltung und
welche strukturellen Hilfen nötig sind, um
nachhaltige Reifungsprozesse für die Per-
sönlichkeitsentwicklung zu unterstützen.
Die Inhalte des Workshops werden praxis-
nah durch Vorträge, Filmbeiträge, Präsenta-
tionen, Gruppenarbeiten, konkrete Fallbei-
spiele, praktische Übungen und Diskussio-
nen sowie durch Feedbackrunden und Simu-
lationen vermittelt. Die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer erfahren, wie sie das Gelernte
sinnvoll und effektiv in den eigenen Schul-
alltag einbauen können.
KURZINFO
Seminartitel
Symptome – Ursachen – Folgen – Lö-
sungsstrategien zur Förderung emotio-
naler und sozialer Entwicklung von
Schülern und Schülerinnen
Termin
10. Februar 2022 (14:00 Uhr) bis
11. Februar 2022 (12:15 Uhr)
Tagungsstätte
dbb forum Siebengebirge
An der Herrenwiese 14
53639 Königswinter Thomasberg
Dozentinnen
Anita Zimmermann,
staatlich geprüfte
Motopädin; staatlich geprüfte Gymnastik-
lehrerin; Dozentin Berufskolleg, KR; i.R.
Jutta Packenius,
Lehrerin Sekundarstufe I,
Motopädagogin im Fachbereich Schule; i.R.
Susanne Röck-Uhlrich,
Lehrerin
Sekundarstufe I, Beratungslehrerin; i.R.
Teilnahmegebühr
100 Euro für
lehrer nrw
-Mitglieder
150 Euro für sonstige Teilnehmer
Anmeldung
Online unter www.lehrernrw.de/
lehrernrw-de-fortbildungen
Foto: AdobeStock/dubova
Bewegungsmangel,
Isolation, Einsamkeit:
Corona-Frust hat viele Facetten.
Wie sich die daraus möglicher-
weise resultierenden psychomo-
torischen Defizite beheben las-
sen, ist Thema des Seminars in
Königswinter.
lehrer nrw ·
7/2021
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FORTBILDUNGEN
25
7/2021 ·
lehrer nrw
FORTBILDUNGEN
Seminar-
Nr. Titel Kurzinhalt Referenten Wo Wann Uhrzeit
Gebühr
lehrer
nrw-
Mitglied
Gebühr
sonst.
Teil-
nehmer
Anmelde-
schluss
2022-0117 Präsenz in Konflikten Dieses Seminar wird Ihnen konstruktive Handlungsmöglichkeiten
aufzeigen, mit denen Sie durch konsequentes und gleichzeitig wert-
schätzendes Verhalten Konflikte wirksam bewältigen und Regeln
leichter durchsetzen können.
Gabi
Schmidt
Intercity Hotel Düsseldorf
Graf-Adolf-Straße 81-87
40210 Düsseldorf
Montag
17.01.2022
9:00 bis
16:30 Uhr
130 EUR 180 EUR 17.12.2021
2022-0127 Zeitmanagement und
Arbeitsorganisation
Zeit ist ein hohes Gut; man hat nie genug davon. Deshalb ist es umso
wichtiger, den eigenen Alltag so zu gestalten, dass die wichtigsten
Dinge erledigt werden und der Stress nicht zu groß wird.
Kerstin
Grigoleit
dbb akademie
An der Herrenwiese 14
53639 Königswinter
Do. bis Fr.
27.01. bis
28.01.2022
14:00 bis
12:15 Uhr
100 EUR 150 EUR 17.12.2021
2022-0210 Wie wirken sich der pandemie-
bedingte zeitweilige Verlust
pädagogischer Beziehungen und
das mangelnde Erleben von Freude
der Kinder untereinander auf das
kognitive Lernen aus?
Lösungsstrategien zur Förderung emotionaler und sozialer Entwick-
lung von Schülerinnen und Schülern: Wie können wir Kinder in ihrer
psychischen Entwicklung, beim Lernen und Arbeiten nach der schwie-
rigen Zeit der Pandemie durch psychomotorische und soziomotorische
Aktivitäten und Inhalte unterstützen?
Anita
Zimmermann,
Jutta Packenius,
Susanne Röck-
Uhlrich
dbb akademie
An der Herrenwiese 14
53639 Königswinter
Do. bis Fr.
10.02. bis
11.02.2022
14:00 bis
12:15 Uhr
100 EUR 150 EUR 10.01.2022
2022-0215 Umgang mit Herausforderungen
und Veränderungen
In diesem Seminar wird es darum gehen, die sieben Schutzfaktoren
der Resilienz zu trainieren und mit Blick auf gravierende Veränderun-
gen, Zielsetzungen oder persönliche Vorhaben diese selber steuern zu
können.
Dorthe
Leschnikowski-
Bordan
Ringhotel Drees
Hohe Straße 107
44139 Dortmund
Dienstag
15.02.2022
09:00 bis
16:00 Uhr
130 EUR 180 EUR 11.01.2022
2022-0221 Lehrer-Präsenz und
Classroom Management
Präsenz, Körpersprache und Ausstrahlung als Tor zur Aufmerksamkeit
der Schüler, Präsenz und Achtsamkeit als Psychoprophylaxe, Präsenz
als elementarer Faktor für eine offene Lernatmosphäre und eine gute
Schüler/Lehrer-Beziehung
Gabi
Schmidt
Intercity Hotel Düsseldorf
Graf-Adolf-Straße 81-87
40210 Düsseldorf
Montag
21.02.2022
09:00 bis
16:30 Uhr
130 EUR 180 EUR 17.01.2022
2022-0329 Elterngespräche
konstruktiv gestalten
Ziel der Veranstaltung ist es, auch schwierige Elterngespräche
souverän, zielorientiert und erfolgreich führen zu können. Dazu ist es
erforderlich, unterschiedliche ’Elterntypen’ und die damit verbundene
Motivation zu erkennen und eigene Kommunikationsstrategien zu
entwickeln.
Dorthe
Leschnikowski-
Bordan
Ringhotel Drees
Hohe Straße 107
44139 Dortmund
Dienstag
29.03.2022
09:00 bis
16:00 Uhr
130 EUR 180 EUR 15.02.2022
2022-0405 Lehrerstimme und
Classroom Management –
Erfolgreiche Unterrichtsführung
durch bewussten Spracheinsatz
Effektive Interventionen im Classroom Management durch Klarheit,
Ruhe und Wohlklang in der Pädagogen-Stimme; Entwicklung einer
resonanzvollen und präsenten Sprache durch Atem-, Stimm- und
Körperübungen; Training von Basis-Interventionen wie Begrüßen,
Motivieren oder Setzen von Grenzen
Gabi
Schmidt
Leonardo Boutique Hotel
Oststraße 128
40210 Düsseldorf
Dienstag
05.04.2022
09:00 bis
16:30 Uhr
130 EUR 180 EUR 22.02.2022
2022-0407 Wege in den Ruhestand Beamtenversorgung und Altersteilzeit Horst
Joosten
GDL Sitzungsraum 1. OG
Graf-Adolf-Straße 84
40210 Düsseldorf
Donnerstag
07.04.2022
15:00 bis
18:00 Uhr
50 EUR 80 EUR 17.03.2022
2022-0420 »Was gibt es noch alles in
Office 2019?« – IT-Schulung für
Seniorinnen und Senioren
Word, Excel, Power Point und OneDrive (Vertiefung); Bildbearbeitung
mit Gimp und interessante Windows 10 Apps
Pia
di Lauro
dbb akademie
An der Herrenwiese 14
53639 Königswinter
Mi. bis Fr.
20.04. bis
22.04.2022
14:00 bis
12:15 Uhr
160 EUR 210 EUR 09.03.2022
lehrer nrw ·
7/2021
26
KOLUMNE
Nur den
Schein
wahren …
agen Sie mal Herr Aktenlieb, gibt es an einer Ihrer
Schulen Probleme oder Belastungen der Lehrkräf-
te?«, fragt Frau Personalius, die neue Personalchefin,
ihren schulfachlichen Hauptdezernenten. »Nein, wie
kommen Sie denn darauf? Alle sind zufrieden. Probleme haben
wir nicht«, antwortet Herr Aktenlieb schnell und schaut, dass er
umgehend Land gewinnt.
Verwirrt schaut ihn seine Bürovorsteherin an. »Gucken Sie
nicht so, Frau Tippserich, wir haben keine Probleme!« – »Aber
Herr Aktenlieb, die Lehrer sind am Limit. So viele Anforderungen,
die nichts mehr mit dem eigentlichen Unterricht zu tun haben,
scheinen die Belastungsgrenzen bei weitem zu überschreiten. So
viele Schulleiter, die Klarheit haben möchten und auch den An-
forderungen nicht mehr Herr werden. Die Lehrer können nicht
mehr, sie hauen ab.« – »Ausreden, alles Ausreden. Als ich vor
vierzig Jahren noch Schulleiter war, bin ich morgens erst einmal
schwimmen gegangen. So beginnt man den Tag.« – »Die Zeiten
scheinen sich geändert zu haben. Man spricht von aufmüpfigen
Schülern, die sich ihr Recht mit Widersprüchen erkämpfen wol-
len, vom Finden von Schlupflöchern, weil die gesetzlichen Vorga-
ben alles einschränken. Es scheint wirklich nicht mehr leicht zu
sein, heute Lehrer zu sein… Was machen wir denn, wenn sich
die Lehrer weiter – zu Recht – beklagen?« – »Ganz einfach:
Dann motzen wir die zusammen, bis sie verängstigt sind und
sich nicht mehr trauen, sich an uns zu wenden. Ich hoffe, dass
ihre Beschwerden auch den Dienstweg eingehalten haben, sonst
werden wir noch ungemütlicher. Dann traut sich keiner mehr,
und wir haben wieder unsere Ruhe!« – »Das ist aber nicht son-
derlich wertschätzend.« – »Wertschätzung? Wir werden nicht
dafür bezahlt, so etwas zu verteilen. Man muss dankbar sein für
uns arbeiten zu dürfen!« – »Es gibt aber nicht mehr so viele Leh-
rer. Wir finden nicht so schnell neue…« – »Das interessiert mich
doch nicht. Das wird auch nicht mein Problem werden, dann
müssen die vorhandenen Kollegen noch mehr leisten. Und jetzt
entschuldigen Sie mich. Ich habe noch einen Schulbesuch und
dann bin ich in der Wellness-Lounge…«
Liebe Bezirksregierungen, es wird an der Zeit sein, Wertschät-
zung zu zeigen. Die meisten Ihres Hauses denken nun an eine fi-
nanzielle Leistung. Ja, das ist auch eine Wertschätzung, aber eine
noch größere wäre, wenn man mal hinter seinen Lehrerinnen und
Lehrern stehen würde. Entbürokratisieren Sie die Schulen und bie-
ten Sie Handlungsspielräume, Hilfen und Wertschätzungen!
Das ist längst überfällig.
Ihr alter Kollege
Ferdinand Kümmertsich
Der Kollege Ferdinand Kümmertsich ist gestählt durch unzählige Schlachten
in Konferenzen, Bezirksregierungsbüros und Elternsprechtagen. Mit reichlich
Berufs- und Lebenserfahrung ausgestattet, blickt er mit einem Augenzwinkern
auf den ganz normalen Wahnsinn des Systems Schule.
Ferdinand Kümmertsich
Nur den
Schein
wahren …
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7/2021 ·
lehrer nrw
SENIOREN
Die Schönheiten Ostfrieslands
Ostfriesland ist das Ziel einer fünftägigen Fahrt
der
lehrer nrw
-Senioren vom 10. bis 14. Mai 2022.
Das Programm in Kurzform:
1. Tag: Dienstag, 10. Mai
Individuelle Anreise. Eintreffen im Upstalsboom Parkhotel (4*)
Emden gegen 11:00/11:30 Uhr. Gang zum Hafen und Mittagsim-
biss dort. Grachtenfahrt durch das ’Venedig des Nordens’ mit
150 Kilometern Kanälen. Danach Ostfriesentee im Café Leckerpott.
2.Tag: Mittwoch, 11. Mai
Fahrt (Eigenregie) zur Anlegestelle/Fähre nach Delfzijl, Besichtigung
des typisch holländischen Städtchens und Marktbummel. Bus-
/Bahn-Fahrt (Eigenregie) nach Appingedam (’Hängende Küchen’).
3. Tag: Donnerstag, 12. Mai
Fahrt (Eigenregie) zum Außenhafen zur Fähre nach Borkum. Dort
Möglichkeit, mit der Inselbahn ins Zentrum zu fahren, Besichti-
gung der ehemaligen Walfängerinsel.
4. Tag: Freitag, 13. Mai
Fahrt (Eigenregie) nach Greetsiel, dem historischen
’Puppenstubendorf’. Bummel durch den Ort.
5. Tag: Samstag, 14. Mai
Fahrt durch den Binnenhafen von Emden. Optionaler Besuch
des Museums ’Dat Otto Huus’. Individuelle Rückreise.
Weitere Informationen:
Monika Holder, Tel. 02739 1899 oder E-Mail: holder@lehrernrw.de
Kosten:
Die Reise wird durchgeführt ab 20 Teilnehmer/innen. Bei dieser
Anzahl beträgt der Gesamtpreis für die Unterkunft mit Frühstück
(4 Ü/F + 2 HP), für die Schiffsfahrten und den Sicherungsschein
pro Person im DZ 350 Euro und im EZ 445 Euro.
Anmeldung:
Bis 1. März 2022 bei: Joamar Reisen, info@reisen-joamar.de,
www.reisen-joamar.de
Blick in den Hafen von Emden.
Die Stadt ist Ausgangspunkt der Ostfriesland-Tour
im Mai 2022.
Foto: AdobeStock/Romolo Tavani
Weihnachtswünsche
Liebe Seniorinnen und Senioren,
auch diesmal wird Weihnachten ein anderes sein, wie schon im vergangenen
Jahr. Die Hoffnungen waren groß, dass es in diesem Jahr wieder ganz normal
werden könnte, aber wir werden uns den Gegebenheiten stellen müssen.
Ich wünsche Ihnen allen eine frohe Vorweihnachtszeit und, trotz möglicher
Einschränkungen, schöne Weihnachtsfeiertage in Gesundheit.
Für das neue Jahr wünsche ich allen viel Zuversicht und viel Gesundheit. Es
bleibt zu hoffen, dass wir Seniorinnen und Senioren unsere Exkursionen und
Fahrten durchführen können. Ich würde mich freuen, viele von Ihnen im neuen
Jahr kennenzulernen oder auch wiederzusehen. Monika Holder
Leiterin des Referats Seniorinnen und Senioren im
lehrer nrw
Foto: AdobeStock/Comofoto
lehrer nrw ·
7/2021
28
RECHT§AUSLEGER
NNiicchhtt iimm
ffaallsscchheenn FFiillmm
sseeiinn
ZZuumm TThheemmaa DDaatteennsscchhuuttzz
bbeeii AAuuffnnaahhmmeenn
iimm SSppoorrttuunntteerrrriicchhtt..
S
Schulsport und die Nutzung digitaler
Medien im weitesten Sinne – können
diese beiden Thematiken sinnvoll
miteinander verknüpft werden? Das
drängt sich nicht auf, zumindest nach dem
ersten Anschein. Denn Sport bedeutet im
Allgemeinen gesteigerte, zum Teil sehr in-
tensive körperliche Bewegung der Schüle-
rinnen und Schüler, während die Nutzung
von Geräten wie Kameras, Tablets, Smart-
phones oder ähnlichem mit geradezu mini-
malem Bewegungsaufwand einhergeht.
In Zeiten stetig zunehmender Nutzung
von digitalen Geräten wird sportliche
Betätigung sogar landauf, landab zum
Ausgleich zur Nutzung digitaler Medien
empfohlen.
Videoaufnahmen für
sportdidaktische Zwecke
Umgekehrt lässt sich aber auch der Segen
der Digitalisierung im Sportunterricht auf
verschiedenste Weise spüren. So zum Bei-
spiel durch den Einsatz jeglicher Geräte
mit Foto- und Videoaufnahmefunktion,
denn diese können für die Bewegungsanaly-
se und für motorisches Lernen eingesetzt
werden. Die Bedeutung des Trainings moto-
rischer Grundfähigkeiten mag man vielleicht
auch daran erkennen, dass die Landesregie-
rung im Landeshaushalt 2022 neue Stellen
für sogenannte Athletiktrainer schafft, die
an bestimmten Schulen derartige Fähigkei-
ten trainieren sollen. So kann beispielsweise
die Sportlehrerin bzw. der Sportlehrer Foto-
oder Videoaufnahmen von Schülerinnen und
Schülern im Bewegungsablauf auswerten,
um eine fundierte und objektive Notenge-
bung zu ermöglichen.
von CHRISTOPHER LANGE
29
7/2021 ·
lehrer nrw
RECHT§AUSLEGER
Die visuelle Wiedergabe von Bewe-
gungsabläufen aus verschiedenen Ansich-
ten und Richtungen oder durch Zeitlupe
verlangsamt, ermöglicht aber vor allem ei-
ne detaillierte Analyse einzelner Bewe-
gungsbestandteile und deckt gezielt Feh-
lerpotenziale auf. Das Ansehen der eige-
nen Bewegung tritt dabei verdeutlichend
neben die Rückmeldung durch die Lehr-
kraft. Damit wird unmittelbar die vorrangi-
ge Aufgabe jeder Lehrkraft unterstützt,
mithilfe von Methodik und Didaktik Schü-
lerinnen und Schüler im Unterrichtsstoff zu
fördern.
Was ist, wenn Schüler
oder Eltern zweifeln?
Aber was gilt für den Fall, dass beispielswei-
se Eltern oder Schülerinnen und Schüler
selbst die Methoden der Lehrkraft in Zweifel
ziehen? Nicht wenigen dürfte diese Situati-
on bekannt vorkommen. Beim Einsatz digi-
taler Visualisierung ist dies nicht anders und
kann bis zu Verdächtigungen unlauterer
Zwecke der Aufnahmen gehen. Kommt man
daher zum Beispiel automatisch auf Kosten
der beschriebenen Vorteile für den Unter-
richt jeglichem Verlangen einer Mutter nach,
keine Aufnahmen ihrer Tochter im Sportun-
terricht zu machen?
Dies ist nicht notwendig, solange aus da-
tenschutzrechtlicher Sicht Folgendes beach-
tet wird 1.
Datenschutzrechtliche
Grundlagen
Nach der Verordnung über die zur Ver-
arbeitung zugelassenen Daten von
Schülerinnen, Schülern und Eltern
(VO-DV I) 2 ist die jeweilige Schulleitung
für den Schutz von personenbezogenen
Daten verantwortlich, die in ihrem Ver-
antwortungsbereich liegen.
Im Sportunterricht können alle Geräte
und Programme genutzt werden, die
den Schutz von personenbezogenen
Daten nach aktuellem Recht (Europäi-
sche Datenschutz-Grundverordnung
(EU-DSGVO), Schulgesetz NRW, VO-EV I)
gewährleisten. Das Gerät darf durch die
Lehrkraft oder auch durch die Schüle-
rinnen oder Schüler bedient werden.
Jegliche Bild- und Tonaufnahmen des
Unterrichts bedürfen der ausdrückli-
chen Einwilligung der Betroffenen.
Die Einwilligung kann von der Schülerin
oder dem Schüler selbst erteilt werden,
wenn die nötige Einsicht zur entspre-
chenden Erklärung vorliegt (in der Regel
ab 14 Jahren). Bei Zweifeln über die Rei-
fe zur Abgabe einer entsprechenden Er-
klärung ist die Einverständniserklärung
des Erziehungsberechtigten einzuholen.
In dieser Einwilligungserklärung muss
der konkrete Grund für die Verarbeitung
der Daten genannt sein, ebenso, ob eine
Veröffentlichung oder Bearbeitung, in
welcher Form auch immer, stattfindet.
Eine Löschung der Daten muss dann
stattfinden, wenn der Zweck der Verar-
beitung abgeschlossen ist. Vor allem
muss in dieser Erklärung ausdrücklich
darauf hingewiesen werden, dass die
Einwilligung nur freiwillig erfolgen kann,
dass keinerlei Nachteile entstehen,
wenn sie nicht erteilt wird, und dass sie
für die Zukunft widerrufen werden
kann. Auch wenn zum Beispiel Eltern
Aufnahmen zu Halbjahresbeginn zuge-
stimmt haben, kann die Schülerin oder
der Schüler selbst noch am Aufnahme-
tag diese Einwilligung widerrufen 3.
Mögliche Textbausteine für eine
Einwilligungserklärung können sein:
Im Rahmen von Bildung in der digitalen
Welt und im Rahmen des schulischen Me-
dienkonzeptes sollte die rechtssichere
Nutzung (Datenschutz, Urheberrecht) von
digitalen Medien thematisiert werden.
Da ein Missbrauch von Aufnahmen je-
doch auch dann nicht ausgeschlossen
werden kann, gilt die Empfehlung, dass
Aufnahmen nur mit schulischen Gerä-
ten verarbeitet werden sollten.
1 ‘Foto- und Videoaufnahmen im Sportunterricht’ vom
3. September 2019, Ministerium für Schule und Bildung
NRW , abgerufen unter Film- und-Videoaufzeichnungen-
im-Sportunterricht_Info-MSB_2019-03.pdf
(bezreg-muenster.de) am 30. November 2021
2 BASS 10-44 Nr. 2.1
3 Weitere Einzelheiten über Anforderungen an
Einwilligungen ergeben sich aus Artikel 7 EU-DSGVO
Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw
E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de
Ich bin damit
einverstan-
den, dass…
Ich bin nicht
damit einver-
standen,
dass…
Aufnahmen von mir/meinem
Kind…im Sportunterricht
angefertigt werden.
eine Bearbeitung der Videoauf-
nahmen durch andere Schüle-
rinnen und Schüler stattfindet.
eine Bearbeitung mit dem Pro-
gramm … stattfindet.
……
Videoaufnahmen im
Sportunterricht
können ein probates Mittel
sein, um Trainingseffekte zu do-
kumentieren und zu einer fun-
dierten Notengebung beizutra-
gen. Dabei müssen jedoch
strenge datenschutzrechtliche
Vorgaben beachtet werden.
Foto: AdobeStock/kudosstudio
lehrer nrw ·
7/2021
30
ANGESPITZT
I
Im Sommer 2021 ist das Bund-Länder-
Programm ’Ankommen und Aufholen
nach Corona für Kinder und Jugendli-
che’ gestartet. Bemerken Sie den Fehler?
Er hat vier Buchstaben und ist eine klei-
ne, unscheinbare Präposition. Der Fehler
heißt »nach«. Und der Fehler ist ver-
ständlich. Die Damen und Herren von der
großen Politik haben nämlich im Sommer
beschlossen, dass Corona vorbei ist. Die
7-Tage-Inzidenz hatte sich in Sphären
verflüchtigt, für die man ein Rasterelek-
tronenmikroskop gebraucht hätte. Dass
dieser Typ vom RKI und der Gesundheits-
Guru von den Sozis bei 30 Grad von ei-
nem harten Winter schwafelten und von
einer vierten Welle, die sich aufbaue,
konnte man geflissentlich ignorieren.
Darum also Ankommen und Aufholen
NACH Corona. Nun, heute verdichten
sich die Anzeichen, dass Corona eventu-
ell, unter strenger Betrachtung, bei
großzügiger Auslegung, doch nicht vor-
bei sein könnte. Was Schulministerin
Yvonne Gebauer nicht davon abgehal-
ten hat, zum 2. November die Masken-
pflicht im Unterricht abzuschaffen. Weil
aber die meisten dieser renitenten Pen-
näler gar nicht daran dachten, die Mas-
ken abzusetzen, kam am 1. Dezember
die Rolle rückwärts: Maskenpflicht
reloaded. Das habt Ihr jetzt davon!
Dabei ist die Idee mit dem Ankom-
men und Aufholen nach Corona ja
grundsätzlich nicht schlecht. Denn wäh-
rend der Corona-Kreativ-Monate, als es
zwischen Lockdown, Distanzunterricht,
rollierendem System, Wechselunterricht
und freiwilliger Präsenz fröhlich hin und
her ging, sind ein paar Lernrückstände
aufgelaufen. Je nach Seriösität der ein-
schlägigen Studien schwanken die Be-
funde zum Lernstand der Schülerschaft
zwischen geringfügigen Kollateralschä-
den und kognitiver Kernschmelze.
Darum hat die NRW-Landesregierung
mit Unterstützung des Bundes für die
Schulen in Nordrhein-Westfalen ein
paar hundert Milliönchen locker ge-
macht. Dumm nur, dass dann doch die-
se blöde vierte Welle kam. Damit konn-
te man nun wirklich nicht rechnen. Und
schon wird wieder über Lockdowns und
andere Lustbarkeiten aus dem Aktions-
koffer ’Corona-Management für Anfän-
ger’ debattiert. Das mit dem Aufholen
nach Corona müssen wir nochmal ver-
tagen. Am besten auf nächsten Som-
mer. Da ist Corona nämlich vorbei.
Todsicher. Jochen Smets
Wenn das Wörtchen ‘nach’ nicht wär…
Über Feedback zu meinen Gehirnjogging Übungen würde ich mehr sehr freuen: mail@heike-loosen.de Heike Loosen
Lösung Aufgabe 1: A ASTER | B ERNTE | C OKTOBER | D PILZE | E ZUGVOGEL | F WEINLESE | G KARTOFFELFEUER | H DRACHENSTEIGEN | I SONNENBLUME
Lösung Aufgabe 2: 1. STOSSDÄMPFER | 2. SPARSCHÄLER | 3.TORTENHEBER | 4. SCHUHSPANNER | 5. KARTOFFELSTAMPFER | 6. FEUERLÖSCHER
7. FELDSTECHER | 8. STEHLEITER | 9.KOLBENFRESSER | 10. WASSERSPENDER
Codierte Herbstwörter
Das deutsche Alphabet
zählt 26 Buchstaben
(ohne Umlaute). In die-
ser Übung werden die
Buchstaben von A bis
Z durchnummeriert.
(A = 1, B = 2, etc)
Können Sie diese
herbstlichen Wörter
decodieren?
Um die Ecke denken
Jemand, der einen textilen Bodenbelag unter rhythmischen Schlägen bearbeitet ist ein Teppichklopfer ;-)
1. Jemand, der kräftige Stupser mildert
2. Jemand, der Obst auf schwäbische Weise entkleidet
3. Jemand, der süße Kalorienbomben
gegen die Schwerkraft bewegt
4. Jemand, der das Leben einer ledernen
Fußbekleidung ungehörig beobachtet
5. Jemand, der herbstliche Ackerfrüchte mit
Füßen zerkleinert
6. Jemand, der Licht- und Wärmequellen
endgültig erstickt
7. Jemand, der landwirtschaftliche Flächen löchert
8. Jemand, der sich als Führungskraft niemals hinsetzt
9. Jemand, der goldgelbe Feldfrüchte an der
Ursprungsform verspeist
10. Jemand, der unentgeltlich das wichtigste
Lebensmittel zur Verfügung stellt
HIRNJOGGING
31
7/2021 ·
lehrer nrw
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