3
Unter der Lupe
Achtsamkeit heißt
unser Zauberwort
15
Dossier
Prof. Hans Peter Klein:
»Schulen werden zu
Zertifizierungsdiscountern«
20
Schule & Politik
Realschul-
Boom in OWL
6
Im Brennpunkt
Nach der PV
ist vor der GB
Fach Wirtschaft:
Dicke Bretter
bohren
Pädagogik & Hochschul Verlag
.
Graf-Adolf-Straße 84
.
40210 Düsseldorf · Foto: AdobeStock
1781 | Ausgabe 3/2019 | MAI | 63. Jahrgang
IMPRESSUM
lehrer nrw
– G 1781 –
erscheint sieben Mal jährlich
als Zeitschrift des
‘lehrer nrw’
ISSN 2568-7751
Der Bezugspreis ist für
Mitglieder des
‘lehrer nrw’
im Mitgliedsbeitrag enthal-
ten. Preis für Nichtmitglieder
im Jahresabonnement:
35,– inklusive Porto
Herausgeber und
Geschäftsstelle
lehrer nrw
Nordrhein-Westfalen,
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Redaktion
Brigitte Balbach,
Sven Christoffer,
Frank Görgens, Christopher
Lange, Jochen Smets,
Sarah Wanders, Düsseldorf
Verlag und
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PÄDAGOGIK &
HOCHSCHUL VERLAG
dphv-verlags-
gesellschaft mbH,
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Anzeigenpreisliste Nr. 19
vom 1. Oktober 2018
Zuschriften und
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lehrer nrw
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40210 Düsseldorf
Für unverlangt eingesandte
Manuskripte kann keine Ge-
währ übernommen werden.
Namentlich gekennzeichnete
Beiträge geben die Meinung
ihrer Verfasser wieder.
INHALT
lehrer nrw ·
3/2019
2
UNTER DER LUPE
Brigitte Balbach:
Achtsamkeit heißt unser Zauberwort
3
MAGAZIN
Klimawandel und Energiewende
im Unterricht
4
BRENNPUNKT
Sven Christoffer: Nach der PV ist vor der GB 6
JUNGE LEHRER NRW
Leslie Boecker:
Und wir unterrichten – ganz nebenbei
Ein Bericht aus dem ganz alltäglichen
Wahnsinn des Lehrerberufs 8
Sarah Wanders: Längst überfällig 10
FORUM
Prof. Dr. R. Alexander Lorz, Vorsitzender
der KMK: »Bildungsföderalismus
fördert Vielfalt«
11
TITEL
Jochen Smets: Chance zur Profilierung 12
Prof. Dr. Dirk Loerwald:
Drei Schritte vor und zwei zurück?
14
DOSSIER
»Schulen und Unis werden
zu Zertifizierungsdiscountern«
Ein Gespräch mit Prof. Hans Peter Klein 15
SCHULE & POLITIK
Jochen Smets: Update für
die Verbandsarbeit
19
Elmar Miller: Realschul-Boom in OWL
20
Kathrein Schadow:
Mathematikdidaktischer Hilferuf 22
Olaf Korte: Kickoff – Schulleitungen
im
lehrer nrw
23
SENIOREN
Chancen und Möglichkeiten
der Digitalisierung
24
Auf Beethovens Spuren 24
Vom dicken Stahlblock zum dünnen Blech 24
FORTBILDUNGEN
Lehrerräteschulungen 25
Stressmanagement durch Achtsamkeit 26
RECHT
§
AUSLEGER
Christopher Lange:
Von wegen Ruhestand!
28
ANGESPITZT
Jochen Smets: Friday for holiday 30
HIRNJOGGING
Aufgabe 1: Wortfindung und
Satzbildung deluxe
Aufgabe 2: Wortsalat
Aufgabe 3: Nachösterliches Rätsel
31
Achtsamkeit heißt
unser Zauberwort
»Jedem Menschen ist es gegeben, ein Türhüter
und Seelsorger seiner selbst zu sein.«
Martin Schleske aus ’Klangbilder’
M
M
eine Nachbarin ist eine junge, dynami-
sche und lebhafte junge Lehrerin an
einem Gymnasium. Sie wirkt sehr zu-
packend auf mich, und sie spricht schon mal von
der Sorge um ihre Schülerinnen und Schüler und
deren schulischen Werdegang. Im letzten Schuljahr
war ihre große Angst, dass sie ihnen in ihren
Fächern nicht genug beigebracht habe, um beim
Abitur erfolgreich abzuschneiden. Sie litt mindes-
tens genauso wie die Schüler selbst!
Das kennen wir alle! Und leiden oft mit – mit
Schülern und mit Kollegen.
Nicht im Urlaub!
Vor den Osterferien bat sie mich, während ihres
Urlaubs ein wenig Acht auf ihre Wohnung und ihre
Post zu geben, während sie mit ihrer Mutter und
mehreren Stapeln Klassenarbeiten auf eine Insel in
Urlaub fahren wollte. Die Mutter wollte ich ihr
nicht ausreden – die Klassenarbeiten allerdings
schon. Was soll das für eine Erholung sein? Ist man
in einer Korrekturphase, kommt man so leicht nicht
wieder da raus, man ist ja sooo schön »im Fluss«
… es läuft gerade gut … die Kriterien, die die Ver-
gleichbarkeit garantieren, haben sich gerade im
Hirn festgesetzt … weiter, weiter … wenn man
dran bleibt, hat man es gleich…
Stopp! Nicht in unserer Erholungszeit zum Rege-
nerieren, nicht im Urlaub! Es bleibt letztlich erfah-
rungsgemäß immer noch genug Platz für Korrektu-
ren im Alltag. Die Erholung sollte jedoch eine deut-
liche Wertschätzung erfahren – so mein Kommen-
tar. Tage später erhielt ich eine SMS von ihr: »Liebe
Grüße aus … ich habe die Korrekturen doch nicht
mitgenommen.« Kluges Mädchen!
Plädoyer für Eigenverantwortung
In Deutschland hat es sich mittlerweile ’eingebür-
gert’ (im wahrsten Sinne des Wortes), nach der
Obrig-
keit, nach
dem Staat,
nach der Chefab-
teilung zu rufen, wenn
es eigentlich um eigenver-
antwortliches Handeln geht: Es wird
in politischen Parteien über ein Grundeinkom-
men, eine Grundrente, eine Enteignung von Haus-
besitzern zugunsten ausreichenden Wohnraums
für alle Menschen diskutiert und insgesamt um ei-
ne Grundversorgung aller Bürger gerungen, die an
vielen Stellen aus meiner Sicht der Gratwande-
rung eines Mauerläufers gleicht. Statt die Men-
schen per Bildung und ungeschminkter Informati-
on über gesellschaftliche Entwicklungen aufzuklä-
ren und ihnen Hilfestellungen für ihre eigenver-
antwortlichen Entscheidungen zu gewähren, hält
man die Bevölkerung ’dumm’, stellt ihr gleichzei-
tig alles für ihr Leben zur Verfügung, was sie be-
nötigt – Eigenleistung, Aufwand für das eigene
Leben werden fast unnötig – was der einzelne
Bürger oder auch seine Familie nicht schafft, wird
zur Verfügung gestellt.
Das nenne ich eine Art der Entmündigung!
Ein gutes Beispiel ist aus meiner Sicht die Ab-
sicht des Gesundheitsministers Spahn, die Organ-
spende zum Normalfall zu deklarieren. Jeder Bür-
ger spendet automatisch seine Organe – eine eige-
ne Entscheidung, ob er das bewusst will oder nicht,
ist im Vorfeld nicht erwünscht. Der Bürger muss
nicht aktiv diesen Wunsch in Handeln umsetzen,
sondern er kann der staatlichen Vorgabe nur wider-
sprechen – und das mit einem aktiven Aufwand!
Das ist eine neue, recht findige Art der Bevormun-
dung eines jeden mündigen Bürgers. Soweit zum
Begriff Mündigkeit und Eigenverantwortung, wie er
sich auch in der Politik breit macht.
Entmündigung durch
Rundumbetreuung
Ich will damit sagen, dass die Rundumbetreuung
des Staates die Entmündigung des Bürgers vom
Denkansatz her vorantreibt. Für dieses neue für-
sorgliche Denken für den Bürger ist ein gutes
3
3/2019 ·
lehrer nrw
UNTER DER LUPE
von BRIGITTE BALBACH
lehrer nrw ·
3/2019
4
UNTER DER LUPE
Brigitte Balbach ist Vorsitzende des
lehrer nrw
E-Mail: info@lehrernrw.de
Beispiel in unserem Landtag die Diskussion um die
erneute Einführung eines Faches Wirtschaft an den
Schulen des Landes. Die Opposition aus Grünen
und der SPD will das Fach nicht – sie fürchtet eine
Einflussnahme von außen (deshalb haben sie das
Fach vor Jahren, direkt als sie an die Regierung in
Nordrhein-Westfalen kamen, gleich abgeschafft!)
Wäre ja auch noch schöner, wenn die Menschen
eigenverantwortlich handeln lernten!
Um aber selbstbestimmt leben und lehren zu
können, brauchen wir viel Eigenverantwortung
und Selbstfürsorge. Das kann auch Mühe machen.
Meist haben wir andere im Blick wie Angehörige,
Freunde, Nachbarn, Kollegen, Schüler. Machen Sie
doch mal den Test für Ihre eigene Person: Malen
Sie einen Kreis und tragen dort in einer Kreistei-
lung (wie in einem Tortendiagramm) Flächen ein,
die Sie mit den Begriffen füllen, die Ih-
ren Alltag mit Aufgaben und Beschäfti-
gungen umschreiben, und dies je nach
prozentualem Anteil Ihres normalen All-
tags von 100 Prozent. Und dies tun Sie
bitte unter Berücksichtigung eines wichti-
gen Feldes, in dem das Wort ICH steht.
Dem ICH Raum geben
Das Ergebnis wird Sie vielleicht überraschen
oder erfreuen – Ziel ist es, Sie auf sich selbst
aufmerksam zu machen. Nämlich darauf, ob
Sie sich um sich kümmern und wenn ja, ob
dies ausreichend geschieht. Denn wenn jeder
Mensch sich ausreichend um sich selbst und
seine Bedürfnisse nach Erlebnissen, Begegnun-
gen, Events und nach Ruhe und Besinnung
(auch mal für sich allein) sorgen und zwischen
Arbeits- und Ruhephasen bewusst wechseln und
auch sein ICH einmal ins Zentrum seiner inneren
Achtsamkeit stellen würde, dann müssten wir we-
niger nach unserem Dienstherrn rufen. Das wäre
eine deutliche Verbesserung unserer eigenen Le-
bensqualität. Und es wäre der Beginn einer
fruchtbaren Eigenverantwortung, die im Zentrum
die Achtsamkeit für MICH selbst hat!
Kümmern Sie sich doch auch einmal ausgiebig
um sich selbst! Das kann der Beginn einer ganz-
heitlichen Gesundung sein! Nebenbei erhält und
fördert es auch unseren gesunden Menschenver-
stand!
MAGAZIN
Klimawandel und Energie-
wende im Unterricht
Wie kann man die Themen Klimawandel und Energie-
wende jugendlich ansprechend ins Klassenzimmer
bringen? Vier Stipendiatinnen und Stipendiaten der
Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) fanden eine
Antwort darauf. Ihre digitale und kostenlose Publika-
tion ’Bereit zur Wende?’ ist jetzt erhältlich.
D
ie Energiewende’ vermittelt Schülerinnen und Schülern Fachwissen zu
Energie und wie man nachhaltig handeln kann. Mit Unterrichtsmateria-
lien und Experimenten lernen die Jugendlichen wirtschaftliche und gesell-
schaftliche Aspekte der Energie-
wende kennen.
Der Klimawandel und die Ener-
giewende bewegen die junge
Generation – dies zeigen unter
anderem die Demonstrationen
von ’Friday for Future’. Die
Auseinandersetzung mit den
Themen im Unterricht ist da-
her hochaktuell. »Mit dem
Leitfaden bieten wir Schu-
len und Lehrkräften die
Möglichkeit, das Thema
gezielt in den Unterricht
einzubinden. Die Schüle-
rinnen und Schüler ler-
nen nicht nur, wie Ener-
gie erzeugt und ge-
nutzt wird, sondern er-
arbeiten sich auch
konkrete Handlungs-
vorschläge, wie sie
etwas zur Energiewende beitragen
können«, so Eva Frisch, Co-Autorin des Leitfadens und Pro-
motionsstipendiatin an der Technischen Universität München.
Der Leitfaden dient in erster Linie dazu, das Thema Energiewende in den
Jahrgangsstufen acht und neun mit einfachen Mitteln zu behandeln. Er-
probt wurde das Konzept im Praxistest an Schulen. Der Leitfaden kann aber
auch im außerschulischen Bildungsbereich für die Altersgruppe zwischen
zwölf und fünfzehn Jahren genutzt werden.
Der Leitfaden steht zum kostenlosen Download auf der Webseite der
sdw bereit:
https://tinyurl.com/Leitfaden-zur-Energiewende
INFO
lehrer nrw ·
3/2019
6
BRENNPUNKT
Nach der PV
ist vor der GB
Wer wissen will, wo an den Schulen aktuell
der Schuh drückt, dem kann ich nur nachdrücklich
empfehlen, regelmäßig Personalversammlungen
zu besuchen und den Wortbeiträgen der
Kolleginnen und Kollegen aufmerksam zu
lauschen.
Foto: AdobeStock/eszekglasner
BRENNPUNKT
7
3/2019 ·
lehrer nrw
I
I
n meiner Funktion als Vorsitzender
des Hauptpersonalrats für Lehrkräf-
te an Realschulen habe ich im ver-
gangenen Herbst an den Bezirksperso-
nalversammlungen in Düsseldorf und
Münster teilgenommen. Zudem habe
ich als Vertreter unseres Verbandes die
Personalversammlungen für Lehrkräfte
an Gesamt-, Gemeinschafts- und Se-
kundarschulen in Köln und Düsseldorf
besucht. Unabhängig vom Bezirk und
der Schulform ähneln sich die Problem-
felder, die auf diesen Veranstaltungen
von den Lehrkräften thematisiert wur-
den: belastende Arbeitsbedingungen,
dramatischer Lehrkräftemangel, zu
wenig Ressourcen zur Umsetzung der
Inklusion, ungerechte Besoldung bzw.
Vergütung, frustrierte Vertretungslehr-
kräfte, die sich seit Jahren mit befriste-
ten Arbeitsverträgen an unseren Schu-
len über Wasser halten müssen…
Der Lehrkräftemangel
und seine Folgen
Die Arbeitsbedingungen von Lehrkräf-
ten sind auch deshalb zurzeit so drama-
tisch schlecht, weil die meisten Schulen
unterbesetzt sind und insbesondere zur
Bewältigung der Inklusionsaufgaben zu
wenig Fachpersonal zur Verfügung
steht. Die Verantwortung für diese Si-
tuation trägt die rot-grüne Vorgänger-
regierung, die es zum einen versäumt
hat, aktuelle Lehrerbedarfsprognosen
anzustellen (die letzte stammte aus
dem Jahr 2011!) und zum anderen den
Inklusionsprozess in einem Tempo (und
ohne Steuerung) in die Fläche getrie-
ben hat, ohne sorgfältige Berechnun-
gen anzustellen, ob eine bedarfsgerech-
te Personalausstattung an Sonderpäda-
gogen für diesen Prozess vorhanden ist.
Insofern nimmt es auch nicht Wunder,
dass die neue Inklusionsformel 25 – 3 –
1,5 nicht unmittelbar greifen wird, da
durch diese Rechengröße zwar die not-
wendigen Stellen geschaffen werden,
diese aber nicht alle sofort mit den ent-
sprechenden ’Köpfen’ besetzt werden
können. Die Formel hat aber dennoch
ihre Berechtigung, ist durch sie doch
sichergestellt, dass bis zum Endausbau
im Jahre 2024/2025 mehr als 6000 zu-
sätzliche Sonderpädagogenstellen im
Gemeinsamen Lernen geschaffen wer-
den, die der Landtag durch die Verab-
schiedung der Eckpunkte zur Neuaus-
richtung der Inklusion bereits bewilligt
hat.
Bezirksregierungen
mauern bei der
Entfristung von
Arbeitsverträgen
Umso verwunderlicher ist es, dass ins-
besondere die Bezirksregierung Köln
häufig Anträge von an Schulen befristet
Beschäftigten auf Entfristung ihrer Ar-
beitsverträge ablehnt. Diese Personen
haben häufig über Jahre – ohne Einwei-
sung und Unterstützung und trotz mi-
serabler Bezahlung – bewiesen, dass sie
im System Schule zurechtkommen und
eine wertvolle Bereicherung darstellen
können. Laut Erlass müssen Arbeitsver-
träge von befristet beschäftigtem Perso-
nal an Schulen nach sieben Jahren ent-
fristet werden, eine Entfristung kann
(unter anderem laut Aussage von LMR
Bals vom MSB) aber durchaus auch
schon viel früher erfolgen. Diese Bot-
schaft wird in den Bezirksregierungen
bis heute bedauerlicherweise leider nur
sehr selten vernommen und umgesetzt.
Immerhin können mittlerweile auch alle
Beschäftigten, deren Arbeitsverträge
entfristet sind, an einer einjährigen Ba-
sisqualifizierung (’Pädagogische Einfüh-
rung’) teilnehmen. Diesen erfreulichen
Fortschritt hat eine Initiative des
Hauptpersonalrats Realschulen erwirkt.
Gleiche Bezahlung bei
gleicher Ausbildung
In einer Vielzahl von Anträgen auf den
Personalversammlungen fand sich die
Forderung nach einer einheitlichen Ein-
gangsbesoldung. Hintergrund: Seit der
Reform der Lehrerausbildung aus dem
Jahr 2009 sind die Ausbildungszeiten
lehramtsübergreifend einheitlich lang.
Die rot-grüne Landesregierung hat es
seinerzeit versäumt, die sich daraus er-
gebende Konsequenz einer einheitli-
chen Eingangsbesoldung zu ziehen.
Dieses Versäumnis muss die schwarz-
gelbe Landesregierung nunmehr korri-
gieren.
lehrer nrw
hat Ministerpräsi-
dent Laschet deshalb in einem ’Brand-
brief’ dazu aufgefordert, das gegebene
Wahlversprechen einzulösen. Wichtig
ist unserem Verband hierbei, dass die
Bestandslehrkräfte in die Besoldungs-
anhebung nach A 13 bzw. EG13 mitein-
bezogen werden. Jede andere Lösung
würde zu einem sozialen Unfrieden an
den Schulen führen, der weder aushalt-
bar noch hinnehmbar wäre. Eine stu-
fenweise Anhebung der Gehälter von
Bestandslehrkräften – wie sie in ande-
ren Bundesländern teilweise praktiziert
wird – ist aus Sicht von
lehrer nrw
ein
gangbarer Weg.
Die Tagesordnung der nächsten
Gemeinschaftlichen Besprechung (GB)
des Hauptpersonalrats Realschulen mit
Schulministerin Yvonne Gebauer Mitte
Mai ist entsprechend gut gefüllt. Bei
dieser Gelegenheit werden wir auch
wieder ein Überblickstableau aller An-
träge aller Realschulpersonalversamm-
lungen aus dem Jahr 2018 überreichen.
Sie vermitteln nämlich ein eindrucks-
volles Bild davon, wo der Schuh wirk-
lich drückt!
Sven Christoffer ist Vorsitzender des HPR Realschulen
sowie stellv. Vorsitzender des
lehrer nrw
E-Mail: christoffer@lehrernrw.de
von SVEN CHRISTOFFER
Wo drückt der Schuh?
Personalversammlungen sind
eine gute Gelegenheit mitzube-
kommen, wo es in den Schulen
und im Lehreralltag hapert.
lehrer nrw ·
3/2019
8
JUNGE LEHRER NRW
Und wir unterrichten –
ganz nebenbei
Ein Bericht aus dem ganz alltäglichen Wahnsinn des Lehrerberufs
V
V
or einiger Zeit habe ich eine Schul-
schließung mitgemacht. Ich wechselte
in der Elternzeit von einer auslaufend
schließenden Schule in der Voreifel nach
Brühl. Ich war froh, dass ich wieder an einer
Realschule arbeiten konnte. Auch alle ande-
ren Kollegen mussten wechseln, mein ehe-
maliges Kollegium verstreute sich über den
gesamten Rhein-Erft-Kreis. Nach Mechernich
bin ich jahrelang in einer Fahrgemeinschaft
gefahren, wir vier treffen uns immer noch re-
gelmäßig, soweit unsere Arbeit, Freizeitakti-
vitäten und Familien das zulassen. Einen Kol-
legen konnte ich nach Brühl ’locken’, die an-
deren zwei Kolleginnen sind an einer Real-
schule und einer Gesamtschule südlich von
Köln untergekommen.
Unser letztes Treffen war am vergangenen
Sonntag. Nach der üblichen »Wie geht es
denn?«-Runde und den Nachfragen zu unse-
ren Kindern waren wir natürlich schnell beim
Thema ‘Schule’.
Schichtende um 22:00 Uhr
Schon während unseres Gespräches war ich
schockiert, dass wir alle vier langsam am En-
de unserer Ressourcen angelangt scheinen.
Immer mehr Arbeit, Dokumentationen, ver-
pflichtende Fortbildungen, Korrekturen etc.
etc. fordern uns alle heraus. Unsere Schulta-
ge sind lang, wie die der Schüler, vor
15:00/16:00 Uhr sind wir nicht raus aus dem
Gebäude. Und dann kommt die Schreibtisch-
arbeit: Konzepte erarbeiten, schulinterne
Lehrpläne überarbeiten, Gutachten schrei-
ben, Elterntelefonate führen. Von der Vor-
und Nachbereitung unseres Unterrichtes und
den Korrekturen mal ganz abgesehen. Die
Kinder meiner Freunde sind alle bereits aus
dem Haus – heißt, meine Kollegen haben
dann zur Tagesschau meist ’frei’. Dann fange
ich erst an, denn nachmittags bin ich Mama
– keine Lehrerin. Manchmal sitze ich bis
22:00 Uhr über Vorbereitungen und Korrek-
turen, oft viel zu müde, um meinem An-
Foto: AdobeStock/djoronimo
Wenn man zu wenig Arme und
der Tag zu wenig Stunden hat:
Der Stresspegel von Lehrkräften ist
in den letzten Jahren enorm gestiegen.
von LESLIE BOECKER
JUNGE LEHRER NRW
9
3/2019 ·
lehrer nrw
spruch an guten Unterricht gerecht zu wer-
den. Wenn meine Kinder ihr Papa-Wochen-
ende haben und außer Haus sind, mache ich
zwar die meiste Arbeit, aber ich kann meinen
Unterricht nicht im Voraus für zwei Wochen
planen. Und wenn dann, wie heute, drei
Schüleraussagen in meinem Fach liegen, die
mir von einer Prügelei berichten, ich also ein
Klassengespräch dazwischenschieben muss,
ist meine Planung hinfällig.
Das Lehrerdasein
in Frage gestellt
Alle drei Kollegen denken darüber nach,
früher als vorgeschrieben den Schuldienst
zu verlassen und es in Kauf zu nehmen,
enorme Kürzungen in der Rente bzw. Pensi-
on hinzunehmen. Und auch ich bin momen-
tan in einer Phase, in der ich mein Lehrer-
dasein in Frage stelle und über die Zukunft
der Schullandschaft nachdenke.
Wie kann uns eine Regierung einerseits
immer mehr Arbeit aufhalsen und auf der
anderen Seite den perfekten Unterricht
verlangen? Wir sollen allen Schülern ge-
recht werden, Inklusion wird weiterhin
verlangt, wo man doch sieht, dass es oh-
ne Personal und vernünftige Arbeitsbedin-
gungen nicht funktioniert. Warum muss
ständig Neues eingeführt werden, wenn
sich bewährte Konzepte als gut erweisen?
Unterricht als Randgeschäft
Wir vier wünschten uns am Sonntag zehn
Jahre zurück, als das Unterrichten noch im
Fokus des Lehrberufs stand. Aber der All-
tag eines Lehrers sieht heutzutage anders
aus:
Wir erziehen unsere Schüler, fangen da-
bei mit »Bitte« und »Danke« an und dass
sich die Schüler mit Namen und nicht mit
Schimpfwörtern begrüßen.
Wir planen Sozialtrainings, Ausflüge,
Klassenfahrten, Projekttage, Sommer-
feste, Sportevents, Lesenächte.
Wir verhandeln über Preise, bitten
Fördervereine, beantragen bei
Arbeitsagenturen und Sozialämtern.
Wir machen uns für Kooperationen
mit außerschulischen Lernorten stark.
Wir besuchen Fortbildungen,
Konferenzen, Messen.
Wir setzen unser angeeignetes Wissen in
Lehrplänen um und schreiben Konzepte.
Wir fördern unsere Schüler über die
eigentlichen Unterrichtsinhalte hinaus.
Wir korrigieren Klassenarbeiten,
Überprüfungen.
Wir halten Eltern- und
Schülersprechtage ab.
Wir führen Diagnosen zum Lesen,
Rechtschreiben und Rechnen durch,
werten diese aus und stellen
geeignetes Material zur Verfügung.
Wir schreiben seitenlange Gutachten.
Wir sprechen mit Eltern, Psychologen,
Ärzten, Jugendämtern, Sozialarbeitern,
Erziehungsberechtigten, natürlich unseren
Schülern.
Und wir stehen vor der Klasse.
Und wir unterrichten.
Ganz nebenbei.
Leslie Boecker ist stellvertretende Vorsitzende
der Arbeitsgemeinschaft junge
lehrer nrw
E-Mail: boecker@lehrernrw.de
lehrer nrw ·
3/2019
10
JUNGE LEHRER NRW
Längst
überfällig
Der neue Vorbereitungsdienst in Teilzeit ermög-
licht endlich mehr Flexibilität zur Vereinbarung
von Familie und Beruf.
Z
Z
um Starttermin am 1. November
2018 konnten angehende Lehr-
amtsanwärterinnen und Lehramts-
anwärter in Nordrhein-Westfalen erstmals
den Vorbereitungsdienst in Teilzeit begin-
nen. Angesichts des massiven Lehrerman-
gels ist dies ein positives Zeichen der Lan-
desregierung in Richtung Vereinbarkeit
von Familie und Beruf sowie einer Attrak-
tivitätssteigerung des Lehrerberufs. Viele
Betroffene, die zu Beginn der Lehreraus-
bildung bereits ein oder mehrere Kinder
oder einen pflegebedürftigen Angehörigen
haben, empfinden eine Lehrerausbildung
in Vollzeit als nicht mehr leistbar. Die Be-
lastung führte bisher nicht selten dazu,
dass die Ausbildung vorzeitig abgebro-
chen wurde. Dies können wir uns in der
heutigen Zeit, in der wir jeden Lehrer und
jede Lehrerin dringend benötigen, nicht
leisten.
Die Rahmen-
bedingungen
Die Gründe für die Teilzeit ergeben sich
aus § 64 des Landesbeamtengesetzes
(Teilzeitbeschäftigung und Urlaub aus
familiären Gründen). Der Antrag auf Teil-
zeit ist bei der Ausbildungsbehörde mit
dem Einstellungsantrag zu stellen, kann
jedoch noch bis spätestens einen Monat
vor Ausbildungsbeginn gestellt werden,
sollte nachträglich ein Grund gemäß § 64
LBG eingetreten sein. Danach kann die
Teilzeit nur noch zu Beginn des ersten
oder zweiten Schulhalbjahres beantragt
werden, welches auf die Einstellung
folgt, und muss mindestens einen Monat
vor Beginn des jeweiligen Halbjahres ge-
stellt werden.
Die Teilzeit umfasst 75 Prozent der re-
gelmäßigen Arbeitszeit, wodurch sich die
Dauer des Vorbereitungsdienstes auf 24
Monate verlängert. Sie kann nur für die
gesamte Dauer der Ausbildung bzw. für
die gesamte verbleibende Zeit, sollte die
Teilzeit erst nach Beginn der Ausbildung
beantragt werden, bewilligt werden – al-
so nicht nur für ein Jahr ab Ausbildungs-
beginn. So können weiterhin Lehramtsan-
wärterinnen und -anwärter – in Voll- und
Teilzeit – eine gemeinsame Ausbildung
am Zentrum für schulpraktische Lehrer-
ausbildung (ZfsL) durchlaufen. Es bleibt in
der Regel bei einem Tag pro Woche im
ZfsL. Lediglich die wöchentliche Verpflich-
tung des Ausbildungsunterrichts verrin-
gert sich bei gleichzeitiger Verlängerung
des Vorbereitungsdienstes um sechs Mo-
nate.
Entfällt der Grund für die beantragte
Teilzeit, ist dies der Ausbildungsbehörde
unverzüglich mitzuteilen. Sollte dies vor
Beginn der letzten neun Monate der Fall
sein, erfolgt zum nächsten Schulhalbjahr
ein Wechsel in den Vorbereitungsdienst in
Vollzeit.
Wichtig ist, dass sich durch die Ausbil-
dung in Teilzeit die zu erteilenden acht-
zehn Wochenstunden selbstständigen
Unterrichts nicht erhöhen.
Es bleibt abzuwarten, wie viele junge
Kolleginnen und Kollegen diese Chance zur
Vereinbarkeit von Familie und Beruf nut-
zen. Sollten Sie bereits Erfahrungen zum
Vorbereitungsdienst in Teilzeit haben, sei
es als Betroffene/Betroffener, als Fachleite-
rin/Fachleiter oder als Ausbildungsbeauf-
tragte/Ausbildungsbeauftragter würden
wir uns freuen, wenn Sie uns Ihre Erfah-
rungen schildern würden, damit wir Sie als
Verband bestmöglich unterstützen können.
Ich freue mich auf Ihre Zuschriften.
Die Struktur des Vorbereitungsdienstes in Teilzeit
und des ’normalen’ Vorbereitungsdienstes im Vergleich
Quartal
VD-TZ 75 Prozent – 24 Monate
Ø 15,75 Wochenstunden
VD-18 100 Prozent – 18 Monate
Ø 21 Wochenstunden
1
7 Stunden
Seminar
9 Stunden Schule
7 Stunden
Seminar
14 Stunden Schule
2
3 Stunden
Schule
6 Stunden
Selbst-
ständiger
Unterricht
5 Stunden
Schule
9 Stunden
Selbst-
ständiger
Unterricht
3
4
5
6 14 Stunden Schule
7 9 Stunden Schule
8 15 Stunden Schule
Quelle: MSB NRW
Sarah Wanders ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft
junge
lehrer nrw
E-Mail: wanders@lehrernrw.de
von SARAH WANDERS
FORUM
11
3/2019 ·
lehrer nrw
»Bildungsföderalismus
fördert Vielfalt«
Gastbeitrag des aktuellen Vorsitzenden der Kultusministerkonfe-
renz, dem hessischen Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz,
über Bedeutung und Vorteile des Bildungsföderalismus.
V
V
öllig zurecht wird das Grundgesetz
im siebzigsten Jahr seines Beste-
hens als bewährte Grundlage unse-
res Staates und beste Verfassung der deut-
schen Geschichte apostrophiert. Was dabei
allerdings gelegentlich vergessen wird zu
würdigen, ist die föderative Ordnung, die
in bester Weise die Besonderheiten der po-
litischen Modelle gewährleistet und daher
zu seinen unveränderbaren Bestandteilen
gehört (Art. 79 Abs. III). Damit hat die Glie-
derung in Bund und Länder den gleichen
Rang wie die Achtung der Menschenwür-
de!
Die Länder sind insbesondere für die Bil-
dungs- und Schulpolitik zuständig. Diese
Entwicklung wurde von den Müttern und
Vätern des Grundgesetzes bewusst ge-
troffen, um folgende Vorteile zu realisie-
ren:
1.
In den Ländern bestehen sehr unter-
schiedliche Rahmenbedingungen
und Problemlagen, die individuelle
Lösungen erfordern und zu ver-
schiedenen Prioritätensetzungen
führen. Ein Beispiel ist der Anteil der
Schülerinnen und Schüler mit Mi-
grationsgeschichte, der in Nord-
rhein-Westfalen, Baden-Württem-
berg und Hessen signifikant höher
ist als in den ostdeutschen Ländern.
Auch der Digitalpakt zeigt: In den
Stadtstaaten bestehen andere Be-
darfe als in den Flächenländern
(Stichwort: Breitbandanschluss),
denn sie sind im Gegensatz zu den
Flächenländern gleichzeitig Schul-
träger. Die regionale Nähe sichert
also problemadäquate Lösungen.
2.
Internationale Erfahrungen zeigen,
dass eine zentralstaatliche Verant-
wortung für das Bildungswesen
keine Vorteile bei den erreichten
Leistungen bietet. Föderale Zu-
ständigkeiten und unterschiedliche
Herangehensweisen in verschiede-
nen Ländern ermöglichen hinge-
gen einen Wettbewerb um das
beste Konzept, ja die erfolgreichs-
te, die effizienteste, vielleicht auch
die kostengünstigste Lösung. Darin
liegt die Optimierungsfunktion des
Bildungsföderalismus.
3.
Die Länder können eigene Lösun-
gen verwirklichen bzw. Modelle
entwickeln. Wenn sie damit schei-
tern, können andere davon lernen
und ihre Konsequenzen daraus zie-
hen. Das ist die Fehlervermei-
dungsfunktion des Bildungsfödera-
lismus. Umgekehrt gilt: Sind die
Konzepte erfolgreich, können sich
andere daran orientieren. Hessen
hat beispielsweise zur Sicherung
ausreichender Sprachkenntnisse
schon am Beginn der Schullauf-
bahn mit Vorlaufkursen begonnen.
Heute ist länderübergreifend üb-
lich, was damals umstritten war.
4.
Der Bildungsföderalismus begrenzt
die Möglichkeiten, einseitig ideolo-
gische Konzepte durchzusetzen.
Ohne jede Polemik lässt sich fest-
stellen: Hätte es in den siebziger
Jahren Bildungszentralismus gege-
ben, wäre eine einseitige Politik
zugunsten von Gesamtschulen be-
trieben worden. Eine solche unifor-
me Bildungslandschaft wünsche
ich mir nicht. Bildungsföderalismus
fördert Vielfalt!
5.
Würden alle schulpolitischen Ent-
scheidungen auf zentralstaatlicher
Ebene gefällt, wäre die Teilhabe
der davon Betroffenen, insbeson-
dere der Schülerinnen und Schüler,
der Eltern und Lehrkräfte deutlich
erschwert. Bildungsföderalismus
ist partizipationsfreundlich.
6.
Zwischen dem Bemühen um mehr
Selbstständigkeit der einzelnen
Schule – also der Verlagerung von
Zuständigkeiten nach ’unten’ –
und einer zentralstaatlichen Bil-
dungszuständigkeit – also der Ver-
lagerung nach ’oben’ – klafft ein
unüberbrückbarer Widerspruch.
Die Zentralisten übersehen die Vor-
teile der kleinen Einheit, die auch
jenseits der Bildungspolitik ihren
Ausdruck im Gesetz der Subsidiari-
tät findet.
Foto: Kulturministerium Hessen
Prof. Dr. R. Alexander Lorz
lehrer nrw ·
3/2019
12
TITEL
Chance zur
Profilierung
Das Fach Wirtschaft kommt – aber es deutet einiges auf
eine schwere Geburt hin. Die rot-grüne Opposition mag
das Fach nicht und versucht die Einführung zu verhindern
oder zumindest zu erschweren.
D
D
er Stand der Dinge: Das Fach Wirt-
schaft startet im Schuljahr 2019/
2020 an den Gymnasien. An den
Realschulen und den übrigen Schulformen
geht es ein Jahr später los, also mit Beginn
des Schuljahres 2020/2021. Das Fach wird
aufwachsend ab Jahrgangsstufe 5 einge-
führt, und zwar zunächst nur im Kernbereich,
nicht im Wahlpflichtbereich. Die Realschulen
können dabei wählen zwischen einem ’rei-
nen’ Fach Wirtschaft und einem Kombifach
Wirtschaft/Politik wie an den Gymnasien.
Kernlehrpläne in Arbeit
Die Lehrplankommission für die Realschu-
len ist berufen und hat ihre Arbeit inzwi-
schen aufgenommen. Sie wird sich zum ei-
nen an den bereits vorhandenen Kernlehr-
plänen für die Gymnasien und zum ande-
ren an den Inhalten des sehr erfolgreichen
Modellversuchs ’Wirtschaft an Realschu-
len’ (2010 bis 2014) orientieren. So findet
die Arbeit der siebzig am Modellversuch
beteiligten Realschulen erfreulicherweise
Eingang in die künftige schulische Praxis.
Die Kernlehrplan-Entwürfe werden für An-
fang 2020 erwartet. Sie gehen dann in die
Verbändebeteiligung und sollen bis Früh-
jahr 2020 in Endfassung vorliegen, damit
die Schulen genug Zeit haben, auf dieser
Basis ihre eigenen Lehrpläne zu entwi-
ckeln.
Rot-Grün macht
Stimmung
So weit, so gut. Doch das Fach Wirtschaft,
das die schwarz-gelbe Landesregierung als
Wahlversprechen aus dem Koalitionsver-
trag nun einlöst, stößt nicht überall
auf Gegenliebe: Der rot-grünen
Opposition gefällt das Fach
Wirtschaft gar nicht –
schon seit jeher. Auch
deshalb hat die da-
malige Schulmi-
nisterin Sylvia
Löhrmann
schon 2014
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Bald ist es da:
Das Fach ‘Wirtschaft’ kämpft
sich gerade auf die Welt.
TITEL
den gelungenen Modellversuch einge-
stampft. Weil die Regierungsverantwor-
tung zwischenzeitlich gewechselt hat, ma-
chen SPD und Grüne nun auf anderen We-
gen Stimmung gegen das Fach. Die beiden
Parteien haben einen gemeinsamen An-
trag unter dem Titel ’Mehr Demokratie
wagen’ verfasst und in einer Expertenan-
hörung am 13. März zur Diskussion ge-
stellt.
Manipulativ
und unredlich
Die Stoßrichtung kristallisierte sich dort
sehr schnell heraus: Rot-Grün geht es vor
allem darum, das Fach Wirtschaft zu ver-
hindern. »SPD und Grüne spielen aus
ideologischen Gründen Demokratie und
Wirtschaft als Fächer bzw. Unterrichtsin-
halte gegeneinander aus. Der gemeinsa-
me Antrag ‘Mehr Demokratie wagen‘ gibt
vor, Demokratiekompetenz fördern zu
wollen, ist aber letztlich nicht mehr als ein
schlecht getarnter Angriff auf das von der
CDU-FDP-Landesregierung geplante Fach
Wirtschaft. Das ist manipulativ und unred-
lich. Von einem ausgeprägten Demokratie-
verständnis zeugt diese Vorgehensweise
nicht«, sagte die
lehrer nrw
-Vorsitzende
Brigitte Balbach in der Expertenanhörung
im Landtag.
Ideologische Denkfehler
Klarzustellen ist: Demokratie ist die Basis
unseres Zusammenlebens. Sie ist deshalb
der rote Faden allen schulischen Tuns. De-
mokratische Bildung muss aus Sicht von
lehrer nrw
Teil eines jeden Unterrichts-
fachs sein. Dem steht das Fach Wirtschaft
überhaupt nicht entgegen – im Gegenteil:
Dass Wirtschaft einen demokratischen
Rahmen braucht, ist gerade in Zeiten einer
globalisierten und digitalen Welt die obers-
te Maxime. Nicht zuletzt darauf zielt das
Fach Wirtschaft ab. Kernziel ist es, Schüle-
rinnen und Schüler zu mündigen Bürgern
zu erziehen und nicht zu kritiklosen Konsu-
menten. Dazu gehört auch wirtschaftliche
Alltagskompetenz, etwa im Hinblick auf
den verantwortungsvollen Umgang mit
Geld. Das Fach Wirtschaft sollte grundle-
gende Einsichten in strukturelle Zusam-
menhänge von Wirtschaft, Gesellschaft,
Umwelt, Politik und Recht vermitteln.
Selbstverständlich erfordert das auch er-
hebliche Investitionen in die Lehreraus-
und -fortbildung. »Demokratie und Wirt-
schaft schließen einander nicht aus, sie
bedingen einander. Hier liegt der ideologi-
sche Denkfehler von Rot-Grün«, betonte
Balbach.
Insbesondere für die Realschulen ist das
Fach Wirtschaft eine große Chance zur Pro-
filierung. Und sie wollen diese Chance nut-
zen – trotz aller Störfeuer.
Jochen Smets
lehrer nrw ·
3/2019
14
TITEL
Drei Schritte
vor und zwei zurück?
Einschätzung zur Einführung des Schulfachs
‘Wirtschaft’ in Nordrhein-Westfalen
Ö
Ö
konomische Bildung ist eine zen-
trale geistige Ressource für die
Bewältigung des Lebens im
21. Jahrhundert. Viele Studien zeigen aber,
dass das Niveau an ökonomischer Bildung
in Deutschland immer noch maßgeblich
durch den sozialen Hintergrund bestimmt
wird. Ein höheres Maß an ökonomischer
Bildung wird vor allem bei Kindern und
Jugendlichen festgestellt, die in einem Un-
ternehmerhaushalt aufwachsen. Anderen
wiederum bleiben Kompetenzen im ökono-
mischen Bereich eher verschlossen. Das
verhindert gleiche Chancen in der Wirt-
schafts- und Arbeitswelt, und hier muss die
allgemeinbildende Schule ansetzen.
Unterschiedliche
Interessen
In Nordrhein-Westfalen hat sich seit dem
Regierungswechsel in Bezug auf die öko-
nomische Bildung einiges in Bewegung
gesetzt. Die Entscheidung aus den 1970er
Jahren, das Fach Wirtschaftslehre in Sozial-
wissenschaften umzubenennen, soll nun
wieder rückgängig gemacht werden. Wie
das aber immer so ist, bringen solche poli-
tischen Bewegungen auch schnell Gegen-
bewegungen mit sich. Nicht selten geht es
dabei nur noch vermeintlich um die Frage,
mit welchen Kompetenzen Jugendliche
heute die allgemeinbildende Schule verlas-
sen sollten. Tatsächlich stehen oftmals un-
terschiedliche Interessen von Akteuren und
daraus resultierende Verteilungskonflikte
im Vordergrund.
In diesem Spannungsfeld ist es für die
aktuelle Regierung sicher nicht einfach,
das im Koalitionsvertrag gemachte Ver-
sprechen der Einführung eines Schulfachs
Wirtschaft in allen allgemeinbildenden
Schulformen umzusetzen – und das merkt
man auch. Nachdem anfänglich sehr strin-
gent ein Schulfach Wirtschaft angekündigt
wurde, bleibt es an den Gymnasien nun
bei einem Integrationsfach. Die Umbenen-
nung in der Sekundarstufe I von ’Politik-
Wirtschaft’ in ’Wirtschaft-Politik’ muss
man auch mit Blick auf den nahezu unver-
änderten Lehrplan als ’Window-Dressing’
bezeichnen. Auch in der Oberstufe bleibt
es zunächst bei der Fachbezeichnung ’So-
zialwissenschaften’. Da wäre es glaubwür-
diger, wenn sich die Regierung offen zu ei-
nem Integrationsfach bekennen würde. Ein
Schulfach Wirtschaft ist das nicht und eine
Lehramtsausbildung (Master of Education
GYM) Wirtschaft wird auf diese Weise
nicht möglich.
Alleinstellungsmerkmal
für Realschulen?
Die Hoffnung für die ökonomische Bildung
in Nordrhein-Westfalen ruht auf den Real-
schulen. Wenn hier – wie angekündigt –
ein Fach Wirtschaft eingeführt wird, dann
wird sich tatsächlich eine neue Situation
ergeben, was zu einem beachtlichen Al-
leinstellungsmerkmal der Realschulen wer-
den könnte. Ein Wermutstropfen ist, dass
es auch hier für die Hochschulen schwierig
werden könnte, einen Master of Education
GHR zu realisieren, insbesondere, weil das
Fach an den Gesamtschulen und Sekundar-
schulen ’Wirtschaft-Politik’ heißen wird.
Wollen wir hoffen, dass in dieser bil-
dungspolitischen Gemengelage die Inte-
ressen der Schülerinnen und Schüler
schlussendlich nicht zu kurz kommen. Die
wünschen sich – das zeigen viele reprä-
sentative Umfragen – in großer Mehrzahl
ein Schulfach Wirtschaft.
Prof. Dr. Dirk Loerwald
»Die Hoffnung für die ökonomische Bil-
dung in Nordrhein-Westfalen ruht auf
den Realschulen. Wenn hier – wie ange-
kündigt – ein Fach ‘Wirtschaft’ einge-
führt wird, dann wird sich tatsächlich
eine neue Situation ergeben, was zu
einem beachtlichen Alleinstellungsmerk-
mal der Realschulen werden könnte
Prof. Dr. Dirk Loerwald
Stellvertretender wissenschaftlicher
Leiter, Geschäftsführer
DER AUTOR
Prof. Dr. Dirk Loerwald ist stellver-
tretender wissenschaftlicher Leiter
und Geschäftsführer am Institut für
Ökonomische Bildung an der Carl
von Ossietzky Universität Oldenburg.
Foto: IÖB
»Schulen und Unis werden zu
Zertifizierungsdiscounter
Ein Gespräch mit Prof. Hans Peter Klein über das sinkende
Niveau im Bildungssystem, den Vermessungswahn seit PISA
und Gleichmacherei um jeden Preis.
Es ist genug
für alle da:
Die Inflation von
Studiengängen und
Top-Noten macht
Schulen und Hoch-
schulen nach Ein-
schätzung von
Prof. Klein zu
Zertifizierungs-
discountern.
15
3/2019 · lehrer nrw
Je mehr Eicheln in den Laubwäldern Nordamerikas
an den Bäumen wachsen, desto größer gerät die
Population an Streifenhörnchen, wodurch wiederum
mehr Zecken auftreten, denen die Nager als Wirt
dienen. Diese skizzierte Korrelation war 2009 Gegen-
stand der Abiturprüfung im Leistungskurs Biologie in
Nordrhein-Westfalen. Sie haben die Aufgabe Neunt-
klässlern vorgelegt. Mit welchem Ergebnis?
KLEIN:
KLEIN:
Wie vermutet, waren fast alle Neuntklässler in
der Lage, die Zentralabiturarbeit ohne größere Proble-
me zu bearbeiten, teilweise mit guten Noten. Die Erklä-
rung dafür ist einfach: In dem ausführlichen Begleit-
material waren nahezu alle geforderten Lösungen zu
finden. Derartige Aufgabenstellungen verlangen vom
Schüler insbesondere Lesekompetenz, während das
früher einmal selbständig nachzuweisende Fachwis-
sen deutlich in den Hintergrund gedrängt wird oder in
einigen Bundesländern nicht einmal mehr abgefragt
werden darf. Mittlerweile haben nahezu alle Bundes-
länder auf diese Aufgabenformate umgestellt.
Foto: Erwin Wodicka/AdobeStock
Was schließen Sie daraus?
KLEIN:
KLEIN:
Seit der Jahrtausendwende hat sich eine Abwärts-
spirale in der Nivellierung der Ansprüche entwickelt, bei der
sich die Bundesländer gegenseitig über- bzw. unterbieten.
Unsere neuesten Vergleichsuntersuchungen zeigen, dass die
Länder, die die höchsten Abiturientenquoten von bis zu
knapp sechzig Prozent eines Jahrgangs generieren, auch
den größten fachlichen Niedergang in ihren Zentralabitur-
arbeiten aufweisen. Jedenfalls ist es für niemanden nachzu-
vollziehen, dass Schüler aus Hamburg, Bremen, Berlin oder
Nordrhein-Westfalen viel schlauer sind als jene in Bayern,
wo 2016 die Abiturientenquote knapp über dreißig Prozent
lag. Die Zunahme der Einserabschlüsse sowie der mit der
Traumnote 1,0 ist ebenfalls inflationär. Aber eine Bildungsex-
pansion, die Quantität mit Qualität verwechselt, steht auf
tönernen Füßen. Dies betrifft auch die Hochschulen, die mit
Ausnahme des Fachbereichs Jura dem gleichen Konzept
unterliegen. Mit mehr als 30 000 Dissertationen pro Jahr –
ein immer größerer Anteil davon auf mehr als bedenklichem
Niveau – machen wir uns ebenfalls international lächerlich.
2016 erschien von Ihnen ‘Vom Streifenhörnchen zum
Nadelstreifen – Das deutsche Bildungswesen im
Kompetenztaumel’. Wenn ‘Kompetenzen’ den Weg in
die Chefetage ebnen: Was gibt es daran auszusetzen?
KLEIN:
KLEIN:
Der Titel ist natürlich Satire und entstammt dem
Manager-Magazin, das seinerzeit über diese Untersuchung
berichtete. Kompetenz ist zu einem wahren Containerbegriff
mutiert, in den jeder das hineinsteckt, was ihm wichtig er-
scheint. Kompetenzen können also alles, vieles, wenig oder
auch nichts sein, selbst Inkompetenz ist eine Kompetenz.
Die Kompensation von Inkompetenz ist mittlerweile in Poli-
tik und Gesellschaft die wichtigste Kompetenz, um Karriere
zu machen. Ein Hinterfragen muss man nicht fürchten, weil
Wissen und Fakten auf einem immer größer werdenden
Bildungsfriedhof beerdigt wurden.
Im Sommer 2017 tagte auf Ihre Initiative hin die bundes-
weit erste ‘Inkompetenzkonferenz’, was seinerzeit die
Frankfurter Allgemeine Zeitung klagen ließ: »Die neolibe-
rale Ideologie hat zu einer radikalen Veränderung von
Schule und Hochschule geführt. Denn wenn Erkenntnis
durch Kompetenz ersetzt wird, bleibt von der Bildung
nichts mehr übrig.« Ist die Lage wirklich so ernst?
KLEIN:
KLEIN:
Die Umstellung von Bildung und Wissen auf Kompe-
tenzorientierung bedeutet ja, dass nur noch das zählt, was
im Rahmen der Globalisierung ökonomisch Vorteile bieten
könnte. Wir leben also in einer Zeit der immer weiter forcier-
ten Entschlackung eines ehemals breit angesetzten Bil-
dungsverständnisses. Bildung und Wissen spielen nur noch
eine untergeordnete oder gleich gar keine Rolle mehr. Die
Ökonomisierung der Bildung führt zu ihrem Niedergang.
Die OECD macht daraus gar keinen Hehl. Für reines Wissen
oder die Kenntnis von Fakten bezahlt einen heute niemand
mehr, heißt es aus Paris. Stattdessen lautet das neue Credo:
Google weiß alles.
Die OECD war es auch, die die Leistungsstudie PISA erfun-
den hat. Die Vorlage der für Deutschland ziemlich mäßi-
gen Ergebnisse im Dezember 2001 hatte in den Folgejah-
ren allerhand ‘Reformen’ nach sich gezogen. Inwieweit hat
PISA zu dem von Ihnen beklagten Niveauverfall beigetra-
gen?
KLEIN:
KLEIN:
PISA war der Bahnbrecher für den heute auf allen
Feldern gängigen Vermessungswahn, für den irrwitzigen
Glauben, Bildungsleistungen ließen sich in Zahlenkolonnen
pressen, um daraus Tabellen nach dem Vorbild der Fuß-
ballbundesliga zu machen. Mit dem klassischen Bildungs-
begriff, mit Aufklärung, Selbstbestimmung, Mündigkeit und
Vernunft hat das nichts mehr gemein. Letztlich wurde mit
PISA das bis dahin nicht ökonomisch ausgerichtete deut-
sche Bildungssystem mit freundlicher Unterstützung der
OECD in Schutt und Asche gelegt, um es an das angloame-
rikanische Modell anzuschließen.
Ist PISA und was daraus folgte für Sie Teil eines neo-
liberalen Masterplans oder nur Begleiterscheinung
einer immer stärker durchökonomisierten Gesellschaft?
KLEIN:
KLEIN:
Selbstverständlich verfolgen die Strippenzieher der
OECD oder der Bertelsmann-Stiftung einen solchen Plan.
Darüber lassen ihre Schriften keinen Zweifel aufkommen.
Gerade die deutsche Bildungspolitik setzt derartige Konzep-
te, die natürlich auch die EU übernommen hat, in vorausei-
lendem Gehorsam um, und kein deutscher Bildungspoliti-
ker hat die Stirn, sich der Entwicklung zu widersetzen. Eini-
gen dürfte nicht einmal bewusst sein, in welchem Fahrwas-
ser sie sich bewegen. Das trifft auch und gerade auf Teile
der Reformpädagogik oder vielmehr der unentwegten
Reformer zu, die die Schulen in einem bis zur Jahrtausend-
wende nie gekannten Eifer mit immer neuen Kursänderun-
gen an den Rand der Verzweiflung getrieben haben.
Woran denken Sie dabei?
KLEIN:
KLEIN:
Da wären zum Beispiel: eine Flüchtlingsintegration
ohne Plan, eine Inklusion ohne Finanzierung, die grundlose
Verkürzung der Schulzeit, die Verordnung einer ‘neuen Lern-
kultur’ zur Aktivierung der ’selbständigen Lernaktivität’ der
Schüler, für die wissenschaftlich belastbare Daten völlig feh-
len, der naive Glaube an die Förderung aller Schüler nach
ihren individuellen Fähigkeiten bei immer größer werden-
der Heterogenität selbst am Gymnasium. Dazu kommen ein
völlig sinnfreies Schreiben nach Gehör, der schleichende
Abschied von der vergleichenden Notengebung und die
Einserinflation. All das und vieles mehr hat nicht nur eine
Spur der Verwüstung hinterlassen, sondern auch zu einer
Nivellierung selbst grundlegender Ansprüche geführt.
16
3/2019 · lehrer nrw
ausgebrochene Vermessungswahn hat das vormals
eher an dem Allgemeinbildungsgedanken eines Wil-
helm von Humboldt ausgerichtete System geradezu
pulverisiert. Aber ist dadurch ein Schüler besser gewor-
den? Nein. Vom vielen Wiegen wird die Sau nicht fetter,
weiß schon der Volksmund. Nehmen wir die Hochschu-
len: Das im Zuge der Bologna-Reform eingeführte ang-
loamerikanische Bachelor-Master-System konnte die
hochfliegenden Erwartungen bis heute nicht erfüllen.
Stattdessen hat ein verschultes Studium mit ständigem
Abprüfen auswendig gelernter Power-Point-Foliensätze
eine bis dahin unbekannte Form des Bulimielernens
hervorgebracht. Heutzutage absolvieren die meisten
ihr Studium nach dem Motto ’Augen zu und durch’.
Tragisch erscheint rückblickend, dass sich selbst fort-
schrittliche Kräfte wie die Gewerkschaften vor den
PISA-Karren haben spannen lassen. Beseelt von der
Hoffnung, so könnte das gegliederte deutsche Schul-
system geknackt werden.
KLEIN:
KLEIN:
Bildung war, ist und bleibt ein streitbares Feld,
und das ist auch gut so. Es gab auch früher alle mögli-
chen Reformbestrebungen, die aber wegen Uneinig-
keit und fehlenden Mehrheiten meist nicht umgesetzt
wurden. Seit dem Jahr 2000 bricht sich aber ein ande-
res, völlig undemokratisches System, das des ’Educatio-
nal Government’, Bahn. Dadurch werden die für eine
Demokratie eigentlich selbstverständlichen Diskurse
von vornherein ausgeschaltet. Federführend sind vor
allem Institutionen ohne echte demokratische Legiti-
mierung, die mit ihrer Lobbymacht große Teile der Bil-
dungspolitik vor sich her treiben. Eigentlich darf die
OECD nur Hinweise oder Empfehlungen aussprechen,
aber den einzelnen Mitgliedsstaaten keine Vorschrif-
ten machen. Trotzdem tanzen alle nach ihrer Pfeife.
Dass die Gewerkschaften dies im Blick haben, vermute
ich eher nicht, oder sie nehmen es billigend in Kauf.
Nun fordert die Bertelsmann-Stiftung seit geraumer
Zeit auch immer wieder die Einstellung massenhaft
neuer Lehrer, Erzieherinnen, mehr Kitaplätze und bes-
sere Ganztagsschulen. Was haben Sie dagegen?
KLEIN:
KLEIN:
Insider wissen, dass die Bertelsmann-Stiftung
die treibende Kraft hinter der Ökonomisierung, hinter
’Educational Government’ und der Privatisierung des
Bildungswesens nach neoliberalem Muster ist. Selbst-
verständlich kann man das in der Öffentlichkeit nicht
so äußern, da geht man subtiler zu Werke. Letztlich be-
wegen wir uns auf ein angloamerikanisches System
der Zweiteilung der Bevölkerung auch im Bildungswe-
sen zu: Ein Billigabitur für fast alle und Eliteschulen
und -unis für die gut Betuchten, wie man das in Frank-
reich, England und den USA schon lange kennt.
17
3/2019 · lehrer nrw
Das ist merkwürdig: Sie halten das Leistungsprinzip
hoch und beklagen gleichzeitig die zunehmende
Ökonomisierung der Gesellschaft, bei der der Leis-
tungsgedanke ja eine zentrale Rolle spielt. Wie passt
das zusammen?
KLEIN:
KLEIN:
Entschuldigung! Wohin hat denn die Bildungs-
expansion um jeden Preis geführt? Zu einer bisher nie
gekannten Inflation vormals hochwertiger Abschlüsse
– etwa das Abitur oder das Diplom – bei gleichzeitiger
teils dramatischer Absenkung des Niveaus. Diejenigen
Deutschen, die es sich leisten können, schicken ihre
Kinder bei fehlendem 1,0-Abischnitt zu horrenden Kos-
ten zum Medizinstudium ins Ausland, während Nor-
malsterbliche um eine Handvoll Studienplätze wettei-
fern und die allermeisten sich von ihrem Traumberuf
verabschieden müssen. Zusätzlich werden die Warte-
zeiten der im Ausland Studierenden voll auf ein späte-
res Weiterstudium in Deutschland anerkannt, die hier
gebliebenen schauen in die Röhre. Was daran gerecht
sein soll, kann ich beim besten Willen nicht erkennen.
Aber erst seit PISA wird in Deutschland überhaupt
diskutiert, dass Bildungserfolg zuvorderst eine Frage
der sozialen Herkunft ist.
KLEIN:
KLEIN:
Aber hat sich durch die Diskussion etwas geän-
dert? Nein. Heute schon und künftig immer mehr sind
Netzwerke und gute Beziehungen der entscheidende
Faktor, um Karriere und Geld zu machen. Und worin
besteht der Fortschritt, wenn es ein Arbeiterkind mehr
an die Uni schafft, um dann mit einem minderwerti-
gen Bachelor einen Job zu bekommen, für den früher
eine einfache Berufsausbildung genügte? Ich überspit-
ze sicherlich, aber gerade der politischen Linken muss
klar sein, dass es bald auch hierzulande immer mehr
private Schulen und Hochschulen für die Kinder rei-
cher Eltern und allenfalls die Allerbesten aus ärmeren
Schichten geben wird – und dass dies eine Reaktion
auf den allgemeinen Niveauverfall des staatlichen Bil-
dungswesens ist. Das heißt: Mit der Bildungsexpansion
auf Teufel komm raus arbeiten ihre Verfechter gegen
die Interessen ihrer eigenen Klientel. Gerade von der
Linken hätte ich mir größere Unterstützung im Kampf
gegen die Ökonomisierung, nicht nur im Bildungswe-
sen, erhofft. Stattdessen macht sie sich zum Trittbrett-
fahrer einer Politik, deren Gleichmacherei auf einem
unteren gemeinsamen Nenner die Absenkung grund-
legender Bildungsansprüche erst möglich gemacht
hat.
War das deutsche Bildungssystem der
Vor-PISA-Ära also besser als sein Ruf?
KLEIN:
KLEIN:
Das deutsche Bildungswesen war bis zur Jahr-
tausendwende weltweit anerkannt. Erst der mit PISA
18
3/2019 · lehrer nrw
Die bekannteste PISA-Lektion, nämlich die, Kinder »länger
gemeinsam lernen« zu lassen, wurde hierzulande nicht
umgesetzt. Man hat wohl die Hauptschulen abgeschafft,
aber das Gymnasium nicht angetastet. Bleibt die »Schule
für alle« nur ein schöner Traum?
KLEIN:
KLEIN:
Der ’schöne Traum’ ist in Teilen bereits wahr gewor-
den. Das wegen seines Status nicht abzuschaffende Gym-
nasium ist doch mittlerweile eine Art Volksschule für alle.
Die Politik folgt dem Elternwunsch, und in der Konsequenz
sinkt das schulische Niveau weiter ab. Warum auch sollte
eine gemeinsame Schule mit gemeinsamen Klassen für al-
le automatisch zu besseren Ergebnissen für alle führen? Das
funktioniert in keinem anderen Lebensbereich, nicht im
Sport, nicht in der Musik und nicht in der Kunst. Fast in allen
Einheitsschulsystemen besuchen Schüler mit zunehmen-
dem Alter wie selbstverständlich unterschiedliche Kurse mit
unterschiedlichen Anforderungen. In einer High School in
den USA werden alle Fächer in einem meist vierstufigen
Kurssystem erteilt, in denen jeder Schüler nach Fähigkeiten
und Leistung eingeteilt wird. Diese Entwicklung beginnt
schon in den vorgeschalteten Middle Schools, die dann ent-
sprechend schon Junior High Schools genannt werden.
Der neuseeländische Pädagoge John Hattie hat mit ’Visi-
ble Learning’, seiner bahnbrechenden Metaanalyse zur Un-
terrichtsforschung, den Beweis geliefert: Beim Lernerfolg von
Schülern spielen Strukturen praktisch keine Rolle, »das Leh-
rerhandeln macht den Unterschied«. Es braucht also vor al-
lem mehr Geld für mehr gute Lehrkräfte, die ihr Handwerk
verstehen. Und was machen wir in Deutschland? In einem
Beitrag der ‘Z
EIT’ kam kürzlich ein Schulleiter damit zu Wort,
dass ein Lehrer, der seine fachliche Kompetenz als wesent-
lich erachte, keine Chance mehr auf eine Einstellung hätte.
Vielmehr komme es auch am Gymnasium auf das Umsteu-
ern von Bildungsbiographien an. Da fehlen mir die Worte.
Was haben Sie dagegen, Kinder individuell, das heißt
ihren Stärken und Schwächen entsprechend, zu fördern?
KLEIN:
KLEIN:
Selbstverständlich sollten alle Kinder entsprechend
ihren Fähigkeiten gefördert werden. Bei Klassengrößen von
25 und mehr Schülern, bei Migrantenanteilen von mithin
weit über 50 Prozent, ist das aber unmöglich. Warum stellt
man nicht homogenere Lerngruppen zusammen, wie dies
auch in anderen Ländern mit Einheitsschulen der Fall ist?
An US-High-Schools schließt der in Mathematik weniger be-
gabte Schüler auf Regular-Niveau ab, der leistungsstärkste
auf dem höchsten Advanced-Placement-Level, das College-
Niveau beinhaltet. Noch vor der Jahrtausendwende hatten
wir in den Leistungskursen der Sekundarstufe II ein ähnli-
ches oder gar höheres Niveau, weil dort die Wissenschaft-
lichkeit des Unterrichts in allen Lehrplänen ausdrücklich ge-
fordert wurde. Heutzutage hat man sich in nahezu allen
abiturvergebenden Schulformen davon verabschiedet.
Im März erscheint Ihr neues Buch »Abitur und Bachelor für
alle – wie ein Land seine Zukunft verspielt«. Wie sehr hat
die 1999 eingeleitete Bologna-Studienstrukturreform die
Hochschulen gezeichnet?
KLEIN:
KLEIN:
Wegen einer gigantischen Werbemaschinerie flu-
ten immer mehr Studierwillige ohne grundlegende Studier-
fähigkeit die Hochschulen, an Wissenschaft und Forschung
Interessierte befinden sich mittlerweile in der deutlichen
Minderheit. Die Mehrheit erwartet eine Ausbildung auf aka-
demischem Niveau und verspricht sich dadurch entspre-
chend gut bezahlte Jobs für die Zukunft. Damit einher geht
ein massiver Substanzverlust beim berufsbildenden dualen
System, weil immer weniger Jugendliche eine Lehre ma-
chen wollen. Und das, obwohl gut bezahlte Fachkräfte hän-
deringend gesucht werden. Der grassierende Akademisie-
rungswahn hat zu mittlerweile über 19.000 Studiengängen
geführt, von denen die meisten Mickymaus-Studiengänge
ohne jede Nachhaltigkeit sind und den Absolventen eher
die Zukunft verbauen.
Sofern sie überhaupt zu Ende studieren …
KLEIN:
KLEIN:
Wobei, Studienabbrecher soll es demnächst besser
nicht mehr geben. Der rheinland-pfälzische Wissenschafts-
minister Konrad Wolf stellte kürzlich wegen des Anstiegs der
hohen Abbrecherzahlen einen ’Handlungsauftrag an die
Politik’ fest. Die Rahmenbedingungen an den Hochschulen
müssten so gestaltet werden, »dass es Studierenden möglich
ist, ihren Studienverlauf entsprechend ihrer Qualifikationen
und Fähigkeiten erfolgreich abzuschließen«. Das spricht
Bände: Man macht Deutschlands Schulen und Hochschu-
len zu Zertifizierungsdiscountern und glaubt, mit einer wei-
teren Absenkung der Ansprüche auf unterstem Level sozia-
le Gerechtigkeit erzwingen zu können. Den Preis für diese
Entwicklung wird die zukünftige Generation zu zahlen ha-
ben. Und der dürfte keinesfalls gering sein.
Quellennachweis: Dieses Interview hat der junge Welt-Autor Ralf Wurz-
bacher mit Prof. Hans Peter Klein geführt. Es ist in der Wochenendbeilage
der Tageszeitung junge Welt am 2./3. März 2019 erschienen. Der Nach-
druck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags 8. Mai GmbH.
Hans Peter Klein hatte von 2001 bis
2018 den Lehrstuhl für Didaktik der
Biowissenschaften an der Universi-
tät Frankfurt am Main inne. Er ist
Präsident der Gesellschaft für Di-
daktik der Biowissenschaften und
Mitbegründer der Gesellschaft für
Bildung und Wissen (GBW). Im Früh-
jahr 2019 erscheint sein neues Buch:
Abitur und Bachelor für alle – wie
ein Land seine Zukunft verspielt’.
ZUR PERSON
SCHULE & POLITIK
19
3/2019 ·
lehrer nrw
Update für die
Verbandsarbeit
Die aktuelle schulpolitische Lage in Nordrhein-Westfalen,
der Mülheimer Kongress und der bevorstehende Personal-
ratswahlkampf waren die beherrschenden Themen bei der
Sitzung des Hauptausschusses, dem höchsten Gremium von
lehrer nrw
, am 29. März in Dortmund.
D
D
er Mülheimer Kongress, der in die-
sem Jahr am 27. und 28. Novem-
ber stattfindet, greift wieder ein
hoch aktuelles Thema auf: Das Tagungs-
motto lautet: »Die Lehrkraft zwischen
analog und digital«, erläuterte die
lehrer
nrw
-Vorsitzende Brigitte Balbach. Zur
hochkarätigen Referentenriege gehört
unter anderem der Psychologe und Hirn-
forscher Prof. Markus Kiefer von der
Universität Ulm. Er erklärt, warum das
Schreiben mit der Hand auch und beson-
ders im Computerzeitalter wichtiger denn
je ist. Prof. Hans-Ulrich Baumgarten gibt
Antworten auf die Frage, wie Bildung in
einer digitalisierten Welt aussehen kann.
Der Gymnasiallehrer und Autor Michael
Felten spricht über ’Hattie und die Konse-
quenzen der Digitalisierung’.
Fortschritte bei
132c-Schulen
Aus der Arbeit des Hauptpersonalrats für
Realschulen berichtete der HPR-Vorsitzende
Sven Christoffer. Er ging auf die Fortschritte
bei den so genannten §132c-Realschulen
ein, die einen zusätzlichen Hauptschul-Bil-
dungsgang eingerichtet haben. Auch dank
der Beharrlichkeit des HPR hat das nord-
rhein-westfälische Schulministerium inzwi-
schen den Stellenzuschlag auf zweieinhalb
Lehrerstellen angehoben, so dass die drei-
zehn betroffenen Schulen nun eine äußere
Differenzierung des Bildungsgangs bis zur
Hälfte der Stundentafel anbieten können.
Schwierig ist nach wie vor der Inklusions-
prozess, wie verschiedene Rückmeldungen
aus dem Hauptausschuss zeigten. Vor allem
der Personalmangel schlägt hier voll durch.
Zwar habe das Ministerium Verbesserungen
angekündigt, aber die zugesagten Sonder-
pädagogen seien in der erforderlichen An-
zahl gar nicht auf dem Markt.
Schleppend verlaufe auch die Digitalisie-
rung – trotz der Bund-Länder-Einigung über
den Digitalpakt. Das Geld fließe zwar – aber
die Verteilung sei Sache der jeweiligen
Schulträger. Und die behandeln die einzel-
nen Schulen teilweise sehr unterschiedlich,
je nach politischer Konstellation in den
Stadt- und Gemeinderäten, berichteten
einige Sitzungsteilnehmer.
’Lehrkräfte stärken’
Die Personalratswahl 2020 warf bereits ihre
Schatten voraus.
lehrer nrw
will im Wahl-
kampf den Markenkern des Verbandes
herausarbeiten. Das Thema ’Lehrkräfte
stärken’, das sich in der aktuellen und sehr
erfolgreichen ’Superhelden-Kampagne’
widerspiegelt (»Wir kämpfen für Sie«)
wird dabei eine zentrale Rolle spielen.
Jochen Smets
Foto: Smets
Die Mitglieder des Hauptausschusses
arbeiteten bei ihrer Sitzung am 29. März in
Dortmund ein breites Themenspektrum ab.
lehrer nrw ·
3/2019
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SCHULE & POLITIK
Realschul-Boom in OWL
N
N
achdem die Realschulen im Regie-
rungsbezirk Detmold bereits im
letzten Jahr sehr gute Anmeldezah-
len aufweisen konnten, gelang es in fast
allen Kreisen, diese für das Schuljahr 2019/
2020 noch einmal zu steigern – teilweise
in Rekordhöhe. Der landesweite Trend
(wieder) zu Realschulen spiegelt sich ins-
besondere auch in Ostwestfalen-Lippe
wider. Beispielhaft kann unter anderem
die Stadt Bielefeld genannt werden, wo
bei den neun städtischen Realschulen –
davon eine Neugründung zum Schuljahr
2018/2019 – insgesamt 919 Anmeldungen
(2018/2019: 912) eingingen. Vier Bielefel-
der Realschulen weisen einen deutlichen
Anmeldeüberhang aus, wobei die Luisen-
schule mit 202 und die Realschule Heepen
mit 165 Anmeldungen hervorstechen. Auch
die durch reges Elternengagement gerette-
te Bosseschule konnte die notwendige An-
meldehöhe deutlich überspringen.
Anmelderückgang
an Gesamtschulen
In der Stadt hat sich ein schulübergreifender
Elternrat Realschulen gegründet, um die In-
teressen dieser Schulform zu vertreten. Das
Bielefelder Westfalen-Blatt titelte in der Aus-
gabe vom 2. März 2019: »Ablehnungen un-
vermeidbar – an Gymnasien kein G9-Effekt.
Bielefelder Realschulen verzeichnen erneut
hohe Anmeldezahlen«. Die vier städtischen
Gesamtschulen haben hingegen einen An-
melderückgang von 512 auf 434 zu ver-
zeichnen und noch zahlreiche freie Plätze
zur Verfügung. Einige Bielefelder Realschu-
Foto: Miller
Die Realschulen in Ostwestfalen-Lippe glänzen erneut mit
rekordverdächtigen Anmeldezahlen. Die Schulform erfreut
sich (wieder) großer Beliebtheit bei Eltern und Schülern.
Noch vor sechs Jahren sollte die Hoffmann-
von-Fallersleben-Realschule in der Kreisstadt Höxter
zugunsten einer Sekundarschule auslaufen. Engagier-
te Eltern sicherten den Fortbestand der Schule, die
nun einen Rekord bei den Anmeldezahlen meldet.
SCHULE & POLITIK
len profitieren sicherlich auch von Zugängen
aus angrenzenden Kommunen, die im Rah-
men des Schulkompromisses von 2011 ihre
häufig gut funktionierenden Realschulen
(vorschnell?) aufgaben und dortige Eltern
nun für ihr Kind eine bewährte Schulform im
gegliederten Schulsystem wünschen und da-
für auch einen längeren Schulweg in Kauf
nehmen. Im Kreis Herford verzeichnete die
Realschule Enger mit 159 Anmeldungen so
viele wie noch nie. Ebenso konnte die Real-
schule Steinhagen im Kreis Gütersloh die
Rekordanmeldungen von 100 Kindern im
letzten Jahr auch dieses Mal wiederholen.
Eltern retten Realschule
Fast sensationell sind auch die Anmeldezah-
len an der Hoffmann-von-Fallersleben-Real-
schule in der Kreisstadt Höxter. Diese sollte
ursprünglich vor sechs Jahren ebenso wie
die Hauptschule auslaufend gestellt wer-
den, da nach der Gründung einer protegier-
ten Sekundarschule für die mit langer Tradi-
tion in Höxter verankerte Realschule noch
nicht einmal ein sogenannter Restbedarf
gesehen wurde. Erst äußerst engagierten
Eltern gelang es mit mehreren erfolgreichen
Verfahren beim Verwaltungsgericht Minden
und einem sehr erfolgreichen Bürgerbegeh-
ren, den Fortbestand der Schule zu sichern,
was auch größere überregionale mediale
Aufmerksamkeit auf sich zog. Während die
Sekundarschule zum neuen Schuljahr ledig-
lich 55 Anmeldungen aufwies und das dorti-
ge Gymnasium 75 Anmeldungen meldete,
wurden an der Realschule insgesamt 103
Mädchen und Jungen angemeldet, was si-
cher auch als ausdrückliche Anerkennung
der qualitativen Arbeit der Schule gewertet
werden kann.
Interessant ist gewiss auch die Tatsache,
dass in Altenbeken (Kreis Paderborn) aller
Voraussicht nach erneut im Bezirk eine
neue Realschule zum neuen Schuljahr an
den Start gehen soll, die in diesem Fall von
einem Elternverein getragen wird.
Ideologisch Totgesagte
leben länger
Fazit des diesjährigen Anmeldeverfahrens
in Abwandlung eines alten Sprichwortes:
Ideologisch Totgesagte leben anscheinend
nicht nur länger, sondern auch intensiver.
Die Intensität könnte noch deutlich gestei-
gert werden, wenn die Benachteiligung un-
ter anderem bezüglich der Pflichtstunden-
zahl und der Relation ’Schüler je Stelle’
aufhörte. Hoffen lässt die Formulierung im
schwarz-gelben Koalitionsvertrag: »Wir
werden die Gleichbehandlung aller Schul-
formen wiederherstellen. Die Benachteili-
gung von Realschulen und Gymnasien wer-
den wir beenden.« Wir warten drauf!
Elmar Miller
stellvertretender Vorsitzender des
lehrer nrw
Kreisverbandes Paderborn-Höxter
lehrer nrw ·
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SCHULE & POLITIK
Mathematikdidak-
tischer Hilferuf
Zum Beitrag ’Die Kompetenzfalle’ der Mathematik-Fach-
didaktiker Ysette Weiss und Rainer Kaenders (Ausgabe
1/2019) hat die Redaktion eine Stellungnahme erreicht,
die wir im Folgenden veröffentlichen.
D
D
er Artikel der Fachdidaktiker Weiss
und Kaenders ’Die Kompetenzfalle’
bescheinigt den Lehrenden des
Faches ‘Mathematik’ die Fähigkeit, ihre
Schüler und Schülerinnen auf die Anforde-
rungen der Zentralen Prüfungen vorzuberei-
ten. Die Lehrenden arbeiten, um den stan-
dardisierten Aufgabenforma-
ten gerecht zu werden, bei
Vergleichsarbeiten und Ab-
schlussprüfungen mit Materia-
lien, die speziell als Arbeitshefte
und Lernhilfen von Verlagen für
eine halbjährige Phase vor den
vorgegebenen Terminen entwickelt
wurden und vom benutzten Schul-
buch abgekoppelt sind.
Durch Taschenrechner, Kassen-
scanner und Computer hat sich die
Antwort auf die beliebte Frage »Wo-
für brauchen wir das?« verschoben auf
Grunderfahrungen und einen exempla-
rischen Umgang mit symbolischen, for-
malen und technischen Elementen der
Mathematik, die überall essenziell be-
nannt werden können. Die Kernlehrpläne
sind in der Grundidee weit entfernt davon,
dass Mathematik (in der Schule) nur Rech-
nen, also Arithmetik, ist. Die benötigten Ba-
siskompetenzen mit Schätzen, Überschlagen
und immer wieder Kopfrechnen zu entwi-
ckeln, erfordert Zeit und Geduld. Die Imple-
mentierung der Kernlehrpläne führt zu einer
weiteren Entfernung des Unterrichtsfaches
Mathematik von den Alltagserfahrungen der
Lernenden und von der Stringenz der Hoch-
schulmathematik.
Beim Erwerb der Kompetenz Geometrie
wird der beobachtbare schleichende Verlust
feinmotorischer Fähigkeiten beim Umgang
mit Zirkel und Lineal durch Gleichsetzung
mit elektronischen Werkzeugen berück-
sichtigt, obwohl damit auch im Kompe-
tenzbereich Funktionen konstruiert und
gezeichnet wird. Die-
ses aus der Antike her-
rührende Bildungsgut wird zu früh an die
Medien abgegeben. Der Kompetenzbereich
Stochastik ist gegenüber den vorhergehen-
den Richtlinien neu geordnet und ausge-
weitet, da die Verarbeitung von Daten in
der globalisierten und digitalen Welt eine
wachsende Rolle spielt. Die Wahrschein-
lichkeitsrechnung kann die soziale Proble-
matik der Spielsucht in den Unterricht ein-
beziehen.
Es stellen sich neben die vier inhaltsbezo-
genen Kompetenzbereiche die prozessbezo-
genen: Argumentieren, Problemlösen, Mo-
dellieren und Werkzeuge. Diese acht Fach-
kompetenzen bilden durch Vernetzung und
flexible Nutzung die mathematische Grund-
bildung. Die Schulbuchverlage bieten unter-
schiedliche Strategien, um heterogenen
Lerngruppen mit verschiedenen Niveaus der
Sprach- und Lesekompetenzen und teilwei-
se geringer Übungsbereitschaft ein Basis-
wissen durch eine vielfältige Aufgabenkul-
tur mit mathematischer Begriffsbildung an-
zubieten. Die methodische Ausgestaltung
des Unterrichts bleibt in der Verantwortung
der Lehrenden; sie kann durch schuleigene
Lehrpläne der Fachkonferenzen auch fä-
cherübergreifend gestaltet werden.
Soweit ein paar Schlaglichter auf die Pra-
xis beim Erwerb mathematischer Kompe-
tenzen, die standardisiert in verschiede-
nen Prüfungen abgefragt werden. Die
Prüfungen verlangen von Lehrenden und
Lernenden einen Aufwand, der nicht auf
die Unterrichtsarbeit zurückwirkt. Die
im Unterricht vielfältig praktizierte
Aufgabenkultur und der Aufbau eines
strukturierten Grundwissens beim
einzelnen Lernenden werden durch
diese Vorgehensweise konterkariert.
Eine viel zu große Anzahl von Leh-
renden in der Sekundarstufe I un-
terrichtet nach bestem Wissen
und Gewissen das Fach ‘Mathe-
matik’ mit pädagogischen Erfah-
rungen – ohne ein auf das Fach
Mathematik bezogenes Studi-
um – unter Verwendung des
eingeführten Schulbuches als Curriculum.
Seit gut fünfzehn Jahren begleiten die
Lehrerinnen und Lehrer mit hohem Engage-
ment das Experiment ’Kompetenzabfrage’,
das nun reif ist zur Evaluation. Wie immer
das Ergebnis ausfällt; für die Nachfolgepro-
jekte ist ein Team mit Praktikern aus den
zugehörigen Schulformen und den fach-
lichen Hochschullehrern der Lehrerausbil-
dung, der empirischen Bildungsforschung,
Wirtschaft und Handwerk vonnöten.
Kathrein Schadow
SCHULE & POLITIK
Schulleitungen
im
lehrer nrw
Nicht nur Lehrerinnen und Lehrer nutzen die vielfältigen
Angebote von
lehrer nrw
, auch Schulleitungen lassen sich hier
beraten oder werden umfassend informiert. Aber fühlen sich die
Schulleitungen auch ausreichend durch den Verband vertreten?
Z
Z
ur Klärung dieser Frage konnten
sich Schulleitungen am 20. März
in Dortmund an der Veranstaltung
’Kickoff – Schulleitungen organisiert im
Verband
lehrer nrw
’ beteiligen. Das Auf-
takttreffen sollte dazu beitragen, Perspek-
tiven und Belange von Schulleitungen im
Verband zu stärken und über den Verband
und die Vertretungen in Personalräten die
Arbeitsbedingungen von Schulleitungen in
Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschu-
len zu verbessern.
Breites Themenspektrum
In der Eröffnungsrunde sammelten die
Moderatoren Jörn Schürrle und Olaf Korte
folgende Anliegen der Teilnehmenden:
Sicherheit in Rechtsfragen
Forderung nach stabiler Schulsituation
insbesondere im Hinblick auf schneller
werdende Veränderungen und Schul-
schließungen
Entlastung in der Personalentwicklung
zum Beispiel durch Unterstützung bei
der Stellenbesetzung von Lehrerstellen,
aber auch bei der Besetzung von Schul-
leitungsstellen unter anderem bei lang-
fristigen Erkrankungen
Unterstützung bei der Qualitätssiche-
rung als Aufgabe von Schulleitung
Stärkung der Position der Schulleitun-
gen in der Zusammenarbeit mit Schul-
trägern, Bezirksregierung und ähnli-
chem
Schulleitung als Berufsbezeichnung (Ver-
änderungen in Aufgabenbereichen vom
Pädagogen zum Manager)
allgemeiner Beratungsbedarf
Bedeutung der Netzwerk-Arbeit
Logineo und
Ferien-Präsenz
Die Eröffnungsrunde zeigte aber auch,
dass es schulformspezifische Schwerpunk-
te gibt, die ggf. in eigenen Arbeitsgruppen
diskutiert werden müssen.
Sven Christoffer, der als Hauptperso-
nalratsvorsitzender und stellvertretender
Vorsitzender des Verbandes zusammen
mit Justitiar Christopher Lange als Gast
an der Veranstaltung teilnahm, gab einen
kurzen Einblick in die derzeitige Arbeit
des Hauptpersonalrates, die in unmittel-
barem Zusammenhang mit der Arbeit der
Schulleitungen steht. Hier wurde die im-
mer noch andauernde Diskussion um die
Einführung von Logineo und die damit
verbundenen Haftungsfragen für Schul-
leitungen sowie die Forderung der Be-
zirksregierung Köln nach verbindlichen
Präsenzzeiten in der Schule für Schullei-
tungen in den Ferien ausgeführt. Die Fra-
ge nach der Durchführung der dienstli-
chen Beurteilungen für die A 13-Stellen
wurde sehr kontrovers diskutiert und
zeigte, dass nicht in allen Bereichen ein
Konsens herzustellen ist.
Wie geht es weiter?
Wenn der Verband die Interessen der
Schulleitungen vertreten soll, müssen
die Belange von den Schulleitungen
auch angemessen artikuliert werden.
Alle Teilnehmenden waren sich daher
einig, dass nach der Kickoff-Veranstal-
tung regelmäßige Treffen für einen kon-
tinuierlichen Austausch folgen sollten. In
Form von Fortbildungsveranstaltungen
sollen Themenschwerpunkte mit Refe-
renten, aber auch der inhaltliche Aus-
tausch zwischen Schulleitungen und
dem Verband im Mittelpunkt der weite-
ren Arbeit stehen. Angedacht wurden
auch regionale Treffen und eine Schullei-
tungsrunde.
Olaf Korte
korte@lehrernrw.de
Foto: Korte
Olaf Korte, selbst Leiter einer Realschule,
moderierte die Kickoff-Veranstaltung in
Dortmund.
Kickoff
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SENIOREN
Auf Beethovens Spuren
A
A
m 5. Februar besichtigten die
lehrer
nrw
-Senioren die Beethoven-Stadt
Bonn. Bei der Führung durch die Altstadt
waren viele Highlights der früheren Bundes-
hauptstadt zu sehen: der Münsterplatz mit
der Beethovenstatue, der Kreuzgang des
Bonner Münsters, das Kurfürstliche Schloss,
heute ein Gebäude der Rheinischen Fried-
rich-Wilhelms-Universität, der Hofgarten,
das Bonner Rathaus mit dem Gedenkstein
der Bücherverbrennung und der Brunnen
mit der Marktfontaine von 1777, der Garten
des Beethovenhauses und die barocke
Bischofskirche der Stiftung Namen-Jesu-
Kirche der Altkatholiken. Nach einem Erfah-
rungsaustausch beim Mittagessen ging es
dann am Nachmittag in die Ausstellung
’Ernst Ludwig Kirchner, erträumte Reisen’.
Chancen und
Möglichkeiten der
Digitalisierung
’Bildung im und für das Alter – Digitali-
sierung’, das war das Thema der Sit-
zungstage des VDR im Thomasberg, an
denen auch die
lehrer nrw
-Seniorenver-
treter Manfred Berretz, Bernardette Trom-
petter und Konrad Dahlmann teilnahmen.
Den Tagungsauftakt bildete eine Bil-
dungsexkursion nach Bonn mit einer
Führung durch das ’Haus der Geschich-
te’ und einem Rundgang auf dem ’Weg
unserer Demokratie’ am Rheinufer.
Zu interessanten Themen mit verschie-
denen Referenten wurde referiert und
diskutiert: ’Digitalisierung – Wie lernen
wir im Alter?’ lautete ein Vortrag, der
auf die Bedeutung und Nutzungsmög-
lichkeiten digitaler Medien einging. Ein
Referat zum Thema ’Fake News statt
Faktentreue’ zeigte, wie Darstellungen
manipuliert werden können und welche
Instrumente sich zur Überprüfung von
Nachrichten eignen.
Der VDR-Bundesvorsitzende Jürgen
Böhm sprach über zukunftsorientierte
Medienbildung in der Schule. Ein Erfah-
rungsaustausch über Bildungsangebote
in den einzelnen Landesverbänden bilde-
te den Abschluss der Veranstaltung.
In Kürze
Es sind noch ein paar Plätze frei für
das vom 9. bis 11. Juli stattfindende
IT-Seniorenseminar in Königswinter.
Anmeldungen über die Geschäftsstel-
le: Telefon: 02 11/1640971.
Am 2. Juli geht es für die Senioren
des
lehrer nrw
nach Ostwestfalen.
Besucht wird das gerade renovierte
Denkmal ’Porta Westfalica’ und die
ebenfalls fertiggestellte ’Schacht-
schleuse’ bei Minden.
Anmeldungen ab sofort bei:
Gertrud Tölle, Telefon: 0 2953/583
oder E-Mail: g_toelle@t-online.de
Foto: Dahlmann
Die
lehrer nrw
-Delegation auf der Rathaustreppe in Bonn.
Vom dicken Stahlblock
zum dünnen Blech
A
A
m 14. März stand der Stahlhersteller
Thyssen Steel auf dem Exkursionsplan
der
lehrer nrw
-Senioren. Nach einer kurzen
Einführung zur heutigen Situation des Un-
ternehmens und einer Fahrt auf dem gesam-
ten Betriebsgelände ging es in das Warm-
bandwalzwerk Hier liegen schon meterwei-
se Brammen, ausgekühlter Stahl – verfeinert
mit etwas Mangan, Silizium, Phosphat, je
nach gewünschter Spezifikation des Abneh-
mers – zur Weiterverarbeitung bereit. Gut
ausgerüstet mit Helm, Schutzbrille und Ge-
hörschutz ging es in die riesige Halle. Die
hintereinander geschalteten Wärmeöfen ge-
ben die rotglühenden Stahlblöcke frei. Mit
einer Geschwindigkeit von rund fünfzig
Stundenkilometern rasen diese tonnen-
schweren Blöcke durch die Walzstraße und
werden nach und nach zum Blech mit einer
Dicke von etwa eineinhalb Millimetern aus-
gewalzt. Alle Teilnehmer waren sehr beein-
druckt – nicht zuletzt von der Hitze, die in
der Halle herrschte, und dem automatisier-
ten Produktionsablauf auf der ’Hochge-
schwindigkeitsstrecke’.
Foto: Dahlmann
Stilecht im Stahlwerk:
die
lehrer nrw
-Senioren bei Thyssen Steel
FORTBILDUNGEN
Lehrerräteschulungen
In seinen bewährten Lehrerräteschulungen informiert
lehrer nrw
wieder über die rechtlichen Grundlagen der
Arbeit der Lehrerräte. Die Teilnahme ist kostenlos.
D
D
ie Lehrerrätefortbildungen 2018 tei-
len sich auf in Basis- und Aufbau-
schulungen. In der Basisschulung er-
halten neu gewählte und auch bereits im
Amt befindliche Lehrerratsmitglieder Infor-
mationen über die rechtlichen Grundlagen
ihrer Arbeit. Neben den Rechtsvorgaben und
dem Wahlverfahren werden die laut LPVG
(Landespersonalvertretungsgesetz) vorgese-
henen personalvertretungsrechtlichen Betei-
ligungstatbestände – insbesondere die Mit-
bestimmung – sowie die dafür notwendigen
Bedingungen und das durchzuführende Ver-
fahren anhand von Fallbeispielen erläutert
und vermittelt.
Die Aufbauschulungen werden als Fort-
setzung der Basisschulung angeboten und
beinhalten eine Festigung sowie Erweite-
rung der bisher vermittelten Kenntnisse. In
diesem Zusammenhang zielt die schwer-
punktmäßige Erläuterung schulspezifischer
Rechtsvorgaben verstärkt auf eine Auswei-
tung der Beratungskompetenz. Gleichzeitig
werden auf der Grundlage praktischer Bei-
spiele und anhand bereits vorhandener Er-
fahrung Kommunikations- und Konfliktlö-
sungsstrategien erarbeitet, die sowohl den
sachgerechten Umgang mit den Kolleginnen
und Kollegen wie auch die konstruktive Zu-
sammenarbeit der verschiedenen schulischen
Gremien erleichtern und sicher stellen sollen.
Lehrerräteschulungen 2018 im Regierungsbezirk Köln
Veranstaltung Datum/Uhrzeit Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar I
Dienstag, 4. Juni 2019
9:00 bis 16:00
Köln
Käthe-Kollwitz-Realschule
Petersenstraße 7, 51109 Köln
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar III
Dienstag, 2. Juli 2019
9:00 bis 16:00
Köln
Käthe-Kollwitz-Realschule
Petersenstraße 7, 51109 Köln
Lehrerräteschulung
Basisseminar/Grundschulung
Dienstag, 17. September 2019
9:00 bis 16:00
Köln
Käthe-Kollwitz-Realschule
Petersenstraße 7, 51109 Köln
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar II
Dienstag, 5. November 2019
9:00 bis 16:00
Köln
Käthe-Kollwitz-Realschule
Petersenstraße 7, 51109 Köln
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar III
Dienstag, 3. Dezmber 2019
9:00 bis 16:00
Köln
Käthe-Kollwitz-Realschule
Petersenstraße 7, 51109 Köln
Lehrerräteschulungen 2018 im Regierungsbezirk Düsseldorf
Veranstaltung Datum Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar I
Mittwoch, 30. Oktober 2019
9:00 bis 16:00
Krefeld
Albert-Schweitzer-Realschule
Lewerentzstraße 162, 47798 Krefeld
Lehrerräteschulung im Regierungsbezirk Arnsberg
Veranstaltung Datum Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar III
Mittwoch, 6. November 2019
9:30 bis 15:30
Arnsberg
Hotel & Restaurant Menge
Ruhrstraße 60, 59821 Arnsberg
Lehrerräteschulung im Regierungsbezirk Detmold
Veranstaltung Datum Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar I
Donnerstag, 7. November 2019
9:00 bis 16:00
Paderborn
Hotel Aspethera
Am Busdorf 7, 33098 Paderborn
Lehrerräteschulung im Regierungsbezirk Münster
Veranstaltung Datum Ort Anschrift
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar II
Mittwoch, 26. Juni 2019
9:30 bis 15:30
Münster
Johannes-Gutenberg-Realschule
Am Klosterwald 30, 48165 Münster
Lehrerräteschulung
Aufbauseminar III
Montag, 30. September 2019
9:30 bis 15:30
Münster
Johannes-Gutenberg-Realschule
Am Klosterwald 30, 48165 Münster
Information/Anmeldung: Interessenten können sich unter www.lehrernrw.de/fortbildungen nach Rücksprache mit ihrer Schulleitung anmelden. Teilnahmegebühren werden nicht erhoben.
Für die Bewirtung mit Speisen und Getränken sorgt
lehrer nrw
. Die Reisekosten beantragen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an ihren Schulen,
die auf Antrag bei ihrer Bezirksregierung die verauslagten Reisekosten aus einem gesonderten Budget erstattet bekommen.
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lehrer nrw
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FORTBILDUNGEN
Stressmanagement
durch Achtsamkeit
In diesem Seminar lernen die Teilnehmer Möglichkeiten
zur Förderung des Selbstmanagements sowie unterstützende
achtsamkeitsbasierte Übungen im Umgang mit heraus-
fordernden Arbeitssituationen kennen.
R
R
eferent Jürgen Kalweit vom Essener Ins-
titut ’entspanntundkreativ’ bietet für
lehrer nrw
ein Tagesseminar an, in dem die
Teilnehmer einen Eindruck bekommen von
dem, was die Praxis der Achtsamkeit in
ihrem Leben und Arbeitsalltag positiv verän-
dern kann. Diese Einführung in die Achtsam-
keitspraxis vermittelt die wissenschaftlich
fundierte Methode der Achtsamkeit nach
Jon Kabat Zinn, begleitet durch intensive
praktische Übungen. An diesem Fortbil-
dungstag werden auch spezielle Achtsam-
keitsübungen trainiert für den direkten
Einsatz im Arbeitskontext in Form von
gezielten Präsenzpausen.
Inhalte
Reflexion von Stress - und Stressauslösern
Förderung der Gesundheit & Resilienz
durch Achtsamkeit
Die Kraft der Achtsamkeit –
Achtsamkeitsübungen
Training Achtsamkeit am Arbeitsplatz
(TAA)
Methoden
Fachvorträge und Reflexionsrunden
Vielfältiger Austausch in
der Gruppenarbeit
Achtsamkeitsübungen
Vermittlung von Präsenzpausen
Seminarunterlagen
Handout/Power-Point-Präsentation
als PDF-Datei/Audiodateien
Foto: AdobeStock/Styf
SEMINAR-INFO
Titel: Psychosoziale Belastungen: Stress-
management durch Achtsamkeitspraxis
Termin: 26. Juni 2019,
9:30 Uhr bis 16:00 Uhr
Ort: Hotel Franz | Steeler Straße 261
45138 Essen
Referent: Jürgen Kalweit
Anmeldung: www.
lehrer nrw
.de/
fortbildungen.html
Das innere Gleichgewicht finden:
Wie das geht, lernen die Seminarteilnehmer
durch Achtsamkeitsübungen.
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FORTBILDUNGEN
Seminar-
Nr.
Titel
Thema
Wann
Uhrzeit
Wo
Referenten
Kurzinhalt
Gebühr
Mitglied
Gebühr
Nicht-
mitglied
Anmelde-
schluss
2019-0605 Konstruktive Konflikt-
bewältigung in
schulischen Kontexten
mit individuellen
Fallbesprechungen
Gewalt gegen
Lehrkräfte
Mittwoch
05.06.2019
09:00 bis
16:00 Uhr
Leonardo Royal Hotel
Köln – Am Stadwald
Dürener Straße 287
50935 Köln
Anette
Rüth
Die Interaktionsdichte des Lehreralltags birgt ein
hohes Konfliktpotenzial. Im Seminar wird vor dem
Hintergrund der gewaltfreien Kommunikation und
des Schemamodus-Modells ein vertiefter Einblick
in die (sozial-) psychologischen Wirkfaktoren von
Konflikten gegeben. Darauf aufbauend werden im
zweiten Teil anhand konkreter Fallbeispiele der
Teilnehmer konkrete Praxishilfen entwickelt und
anhand von Rollenspielen eingeübt.
150 EUR
200 EUR
auf
Anfrage
2019-0626
Stressmanagement
durch Achtsamkeits-
praxis
Psychosoziale
Belastungen
Mittwoch
26.06.2019
09:30 bis
16:00 Uhr
Hotel Franz
Steeler Straße 261
45138 Essen
Jürgen
Kalweit
Sie lernen die Praxis der Achtsamkeit zur Förderung
des Selbstmanagements sowie unterstützende acht-
samkeitsbasierte Übungen im Umgang mit heraus-
fordernden Arbeitssituationen kennen. Konkrete leicht
durchführbare Präsenz-Pausen runden das Seminar
ab – diese bekommen Sie als Handout und als Audio-
dateien zur Verfügung gestellt.
150 EUR 200 EUR
auf
Anfrage
2019-0708 Binnendifferenzierung Arbeits-
organisation
und
-techniken
Montag
08.07.2019
09:00 bis
16:00 Uhr
Ringhotel Drees
Hohe Straße 107
44139 Dortmund
Dorthe
Leschni-
kowski-
Bordan
Professioneller Umgang mit den Herausforderungen
heterogener Klassen. Praktische Methoden bieten die
Möglichkeit, den eigenen Unterricht phasenweise
differenziert zu gestalten.
130 EUR
180 EUR
22.05.2019
2019-0709 IT-Schulung für Senioren Internet und
Social Media
Di. - Do.
09.07. bis
11.07.2019
14:00 bis
13:00 Uhr
Maritim Hotel
Königswinter
Rheinallee 3
53639 Königswinter
Pia
di Lauro
150 EUR
200 EUR 28.05.2019
2019-1113 Stimme:
stimmig & gesund!
Gesundheits-
prävention
Mittwoch
13.11.2019
09:30 bis
16:00 Uhr
Stadthotel Münster
Aegidiistraße 21
48143 Münster
Claudia
Duschner
In diesem Seminar erhalten Sie Handwerkszeug
für den langfristig gesunden und effektiven Umgang
mit Ihrer Stimme, um Druck und Belastung abzubauen
und Volumen und Verständlichkeit aufzubauen.
Inhalte werden stärkende Körperhaltungen,
eindeutige Botschaften und effizientes Sprechen sein.
Mit Atem-, Stimm- und Sprechübungen erleben,
stabilisieren und erweitern Sie Ihr stimmliches
Potenzial.
120 EUR 170 EUR 02.10.2019
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Von wegen
Ruhestand!
L
L
ehrer sein ist ein Knochenjob, wer
mag das bestreiten? Und wer es tut,
wird zumindest sagen, es ist ganz si-
cher »kein Zuckerschlecken«. Wer will vor
diesem Hintergrund länger im Schuldienst
stehen, als er muss oder ursprünglich ge-
plant hat?
Nun ja, wohl diejenigen, die merken,
man möchte trotz allen Stresses noch nicht
von den schönen Seiten des Berufes las-
sen. Im einen oder anderen Fall spielen
vielleicht auch finanzielle Gründe eine Rol-
le. Manche möchten vielleicht einen per-
sönlichen Beitrag zum Kampf gegen den
Lehrermangel leisten. Die Zahl der Interes-
senten spricht jedenfalls für Aktualität und
Bedeutung der Thematik.
15 000 Lehrkräfte fehlen
Was auch immer die Motive sein mögen,
im Allgemeinen werden Interessenten mit
offenen Armen willkommen geheißen, so die
Signale aus dem Schulministerium. In einer
Verlautbarung vom Oktober letzten Jahres
stellte Staatssekretär Mathias Richter he-
raus, nichts unversucht zu lassen, um Ange-
bot und Nachfrage hinsichtlich der Stellen
für Lehrkräfte ins Lot zu bringen. Die Zahl
von fehlenden Kräften im Bereich der Grund-
schulen, Berufskollegs, der Sekundarstufe I
sowie der sonderpädagogischen Förderung
(auf die kommenden zehn Jahre gerechnet
insgesamt ungefähr 15000 Personen) könne
nicht hingenommen werden.
Im Rahmen des Maßnahmenpaketes zur
Verbesserung der Lehrkräfteversorgung be-
stehen dabei für Lehrkräfte, die demnächst
ausscheiden oder bereits im Ruhestand be-
ziehungsweise in Rente sind, durchaus
überlegenswerte Lockangebote des Schulmi-
nisteriums, um Lehrkräfte zurück an die
Schulen zu holen.
Möglichkeit 1:
Hinausschieben des Ruhe-
standes oder Renteneintritts
Für Beamte und Beamtinnen kann der Ein-
tritt in den Ruhestand um bis zu drei Jahre,
höchstens aber bis zur Vollendung des sieb-
zigsten Lebensjahres hinausgezögert wer-
den. Zu beachten dabei ist jedoch, dass dazu
nicht nur einerseits ein Antrag der Beamtin
beziehungsweise des Beamten erforderlich
ist, sondern dass dies andererseits im kon-
kreten Einzelfall auch im dienstlichen Inte-
resse liegen muss. Dies kann durchaus lukra-
tiv sein: Wer zum Zeitpunkt der Regelalters-
grenze bereits den Höchstruhegehaltssatz,
das heißt 71,5 Prozent der ruhegehaltsfähi-
gen Dienstbezüge, erreicht hat, erhält ab da
einen Besoldungszuschlag in Höhe von zehn
Prozent des monatlichen Grundgehalts. Wer
vom Höchstruhegehaltssatz noch entfernt
RECHT
§
AUSLEGER
von CHRISTOPHER LANGE
Lehrer werden händeringend gesucht. Darum ködert die
Politik auch (angehende) Ruheständler, noch ein paar Jahre
im Schuldienst dranzuhängen. Doch wie geht das in der
Praxis? Und für wen lohnt sich das?
Immer noch gefragt: Angesichts des grassierenden Lehrermangels macht das Schulministerium
Lehrkräften, die bereits im Ruhestand sind oder darauf zugehen, durchaus interessante Angebote.
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3/2019 ·
lehrer nrw
ist, steigert die Versorgungsansprüche um
jährlich 1,8 Prozent.
Auch nicht verbeamtete Lehrkräfte kön-
nen grundsätzlich die automatische Beendi-
gung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Re-
gelaltersgrenze hinausschieben (§ 41 Satz 3
SGB VI), um so Rentenzuschläge bezie-
hungsweise die Erhöhung der Renten-
versicherungsansprüche zu erreichen.
Möglichkeit 2:
Einsatz im Rahmen eines
befristeten Tarifbeschäfti-
gungsverhältnisses
Weitere Möglichkeiten bestehen im Rahmen
befristeter Tarifbeschäftigungsverhältnisse.
Der Einsatz erfolgt unabhängig von den im
Dienst erreichten Beförderungs- und Funkti-
onsämtern schlicht in der Funktion als Leh-
rerin oder Lehrer.
In erster Linie erfolgen die Einsätze zu
Vertretungszwecken. Bereits Anfang 2018
hat die Landesregierung auf eine Anfrage
im Landtag geantwortet, dass auch vakante
Lehrkräftestellen vorübergehend auf diese
Weise besetzt werden. Letztlich wird über
die Einsatzdauer nach Lage des Einzelfalls
entschieden.
Wer nicht bereits von einer Schulleitung
angesprochen wurde, sollte selbst initiativ
werden und seine ehemalige Schulleitung
oder die einer Schule der Wahl gezielt kon-
taktieren. Unkomplizierter ist es selbstver-
ständlich, über das einschlägige Portal
www.verena.nrw.de nach veröffentlichtem
Bedarf zu schauen.
Wie viel Hinzuverdienst
ist möglich?
Selbst wer sich vorrangig aus Freude am
Beruf für eine Tarifbeschäftigung interessiert,
stellt unweigerlich die Frage nach dem Ver-
dienst, der »dabei herausspringt«. Als Ange-
höriger des öffentlichen Dienstes wird ihm
zudem vielleicht in Erinnerung kommen, dass
Hinzuverdienste nicht ohne Weiteres unbe-
grenzt möglich sind.
Maßgeblich ist für alle die Eingruppierung
in der Funktion als Lehrkraft nach dem Tarif-
vertrag über die Eingruppierung und die Ent-
geltordnung für die Lehrkräfte der Länder
(TV EntgO-L): Für die aktuell pensions- oder
rentennahen Jahrgänge mit dem Lehramt
Realschule (altes Lehramt) wäre das E 13.
Für diejenigen mit dem Lehramt Sek. I wäre
es E 11. Um die vollen Ansprüche bei der
Stufenzuordnung beanspruchen zu können,
ist es ratsam, keine längeren Unterbrechun-
gen als von sechs Monaten seit dem letzten
Beschäftigungsverhältnis zu haben.
Begriffe wie Tarifvertrag und Entgeltord-
nung werden für Beamtinnen und Beamte
mehrheitlich Neuland sein. Ebenso neu wie
erfreulich dürfte für sie sein, dass die nach
§ 66 Absatz 13 Landesbeamtenversorgungs-
gesetz (LBeamtenVG) geltende Hinzuver-
dienstgrenze für den Fall des Ruhestandes
und der Weiterbeschäftigung im öffentlichen
Dienst ausgesetzt ist. Dies gilt bislang zwar
nur bis zum 31. Dezember 2019, aber das
Schulministerium setzt sich nach eigener Aus-
sage dafür ein, diese Aussetzung noch weiter
zu verlängern. Damit ist zweifelsohne ein
mächtiger Anreiz geschaffen, vorübergehend
auch eine größere Stundenzahl zu geben.
Beihilfeanspruch
unverändert
Ist eine Lehrkraft schon vor Erreichen der
Regelaltersgrenze in den Ruhestand getre-
ten, weichen die Hinzuverdienstgrenzen et-
was ab, sodass die Lage vom Landesamt für
Besoldung und Versorgung erläutert werden
sollte. Erfreuen wird alle Pensionärinnen
und Pensionäre, dass der Beihilfeanspruch
unverändert bleibt. Nicht vergessen werden
sollte allerdings, dass vor Erreichen der Re-
gelaltersgrenze eine Beitragspflicht zur Ar-
beitslosenversicherung besteht.
Etwas freier stellt sich die Situation für
die Lehrkräfte dar, die nicht im Beamtenver-
hältnis stehen und eine Rente beziehen. Ab
der Regelaltersgrenze können sie unabhän-
gig von Ausnahmeregeln von jeher unbe-
grenzt dazuverdienen. Vorher gelten Gren-
zen, die bei der Deutschen Rentenversiche-
rung im Einzelfall geklärt werden können.
Die Sozialversicherung ist für Rentner und
Rentnerinnen dagegen ein nicht zu vernach-
lässigender Aspekt: Ab Regelaltersgrenze
muss nachvollziehbarerweise in die Kran-
ken- und Pflegeversicherung (oberhalb einer
geringfügigen Beschäftigung bis 450 Euro),
aber nicht mehr in die Renten- und Arbeits-
losenversicherung eingezahlt werden. Vor
der Regelaltersgrenze lohnt eine Beratung
beim Sozialversicherungsträger.
Mitreden bei Einsatzort
und -umfang
Diese bürokratischen Rahmenbedingungen
sollte man ebenso wie die Steuerpflicht hin-
sichtlich der zusätzlichen Einkünfte im Hin-
terkopf haben. Anders als in den meisten
Fällen zuvor, ist aber zumindest davon aus-
zugehen, dass man in Bezug auf Schulort
und Einsatzumfang eigene Arbeitsbedingun-
gen mit dem Arbeitgeber in einem Maß mit-
bestimmen kann, wie es im regulären
Dienst oder außerhalb des Lehrerberufes
nur selten vorkommt.
RECHT
§
AUSLEGER
Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw
E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de
Foto: AdobeStock/pressmaster
lehrer nrw ·
3/2019
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ANGESPITZT
E
E
s gibt Überlegungen, die Schulferien
künftig schon freitags anfangen zu
lassen. Das erscheint sinnvoll, denn
dann ist außer notorischen Klimawan-
del-Verleugnern und unverbesserlichen
Strebern sowieso keiner mehr in der
Schule. Der Rest ist anderweitig be-
schäftigt. Die einen sind auf Klima-De-
mo. Die anderen sitzen im Flieger.
Manchmal verschieben sich eben die
Prioritäten. Malle ist nur einmal im Jahr,
‘fridays for future’ jede Woche.
Ja, es gibt offenbar gute und es gibt
böse Schulschwänzer. Die guten sind
die, die freitags für mehr Klimaschutz
demonstrieren. So viel gesellschaftli-
ches Engagement der Generation
Smartphone findet sogar die Politik
durchaus löblich, auch wenn die Schul-
ministerin die Spaßbremse gibt und an
so profane Dinge wie die Schulpflicht
erinnert.
Die bösen Schulschwänzer sind hin-
gegen nicht von hehren Zielen, sondern
von schnöden egoistischen Motiven ge-
trieben. Zwei, drei Tage vor den Ferien
sind die Flüge so schön billig. Dafür
könnte es an anderer Stelle teuer wer-
den. Denn Schulen und Schulbehörden
haben den Ferienverlängerern den
Kampf angesagt. Laut Medienberichten
ist die Zahl der Bußgelder wegen Feri-
enverstößen von knapp 1200 in 2017
auf rund 1650 im letzten Jahr gestie-
gen. Im Regierungsbezirk Münster ist es
besonders teuer, für den Flug ins Blaue
blauzumachen. Die dortige Bezirksre-
gierung, so berichtet der WDR, berech-
Friday for holiday
net für jeden Fehltag 100 Euro Ferienzu-
schlag pro Kind und Elternteil. Da ist ei-
ne vierköpfige Familie, die zwei Tage frü-
her gen Süden jettet, ruckzuck mit 800
Euro dabei. Da muss der Flug dann
schon sehr billig sein, damit sich das
lohnt.
Ebenso wie für die Schüler (Klima
oder Karibik?) stellt sich am Freitag vor
den Ferien auch für die Politik die Gewis-
sensfrage: Soll man die bösen Schwän-
zer bestrafen und die guten nicht? Denn
ob gut oder böse: Geschwänzt ist ge-
schwänzt. Für dieses Dilemma wäre der
vorgezogene Ferien-Freitag natürlich ei-
ne prima Lösung: Friday for holiday! Da
bleibt es dann den Schülern selbst über-
lassen, ob sie sich im Nieselregen fürs
Klima engagieren oder unter Palmen ihre
Caipirinha schlürfen – natürlich nur in
der Happy Hour, da ist es billiger.
Jochen Smets
Einer meiner Lieblingssketche von Heinz Erhardt war ein Dialog, in dem jedes Wort mit G beginnen muss:
Geliebte Gisela! – Geliebter Gregorius! Günstige Gelegenheit! Gatte ging?…
Diese Wortspiele schulen sehr gut die Denkflexibilität und Wortfindung.
Daher biete ich in dieser Ausgabe einige Varianten als Übung an.
1. Finden Sie möglichst lange Sätze, bei denen jedes Wort mit dem gleichen Buchstaben beginnt.
Schaffen Sie je einen Satz zu jedem Buchstaben des Alphabets?
Zum Beispiel: »Obwohl Oma ordentlich Ostereier orderte, organisierte Opa ordinäre Oberschwestern,…«
2. Die Wörter müssen nicht mit dem gleichen Buchstaben beginnen, dürfen aber nur jeweils den selben Vokal enthalten:
Zum Beispiel: »Ulf ruft Justus ruck zuck zum Bus und sucht Gudruns Mund zum Kuss. Punkt und Schluss!«
3. Jedes Wort muss ein und denselben Diphthong (ei, eu, au) enthalten, darf aber auch weitere Vokale enthalten
Zum Beispiel: »Ein greiser Polizeimeister bleibt bei seinem Papagei.
Derweil reinigt eine fleißige Ameise meine beige Seidenbluse.«
Nachösterliches
Rätsel
Da hat der Osterhase wohl zu tief ins Eierlikörglas geschaut.
In jeder Reihe ist ein Motiv nicht nur gedreht, sondern auch
gespiegelt. Finden Sie heraus, welches es ist?
HIRNJOGGING
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lehrer nrw
D E N K E N O R
A R E I D E C H
M B S A M E N S
E E E M O T O E
E N L A M A T O
I L E N A G E M
S E D N D O R F
E R N T E I C H
AUFGABE 2:
AUFGABE 1:
AUFGABE 3:
Über Feedback zu meinen
Gehirnjogging Übungen
würde ich mehr
sehr freuen:
mail@heike-loosen.de
Heike Loosen
Wortsalat
Bei dieser Übung empfiehlt es sich, das Buchstabenquadrat ir-
gendwo hinzulegen und im Laufe der Tage immer wieder drauf
zu schauen.
Sie werden erstaunt sein, dass Sie plötzlich noch Wörter finden,
die Sie beim ersten Versuch nicht gefunden haben.
Finden Sie alle Wörter, die in diesem Quadrat versteckt sind.
Dabei können die Wörter auch um eine oder mehrere Ecken ver-
laufen. Hauptsache, die Buchstaben stoßen aneinander.
Wortfindung und Satzbildung deluxe
Jetzt mitmachen:
Mitglieder werben,
tolle Preise gewinnen!
Zusätzlicher Anreiz: Die drei Werber, die am
Ende des Aktionszeitraums die meisten Mitglieder*
für den Verband gewonnen
haben, können sich eine Wo-
chenendreise für zwei Perso-
nen, ein Smartphone, ein Fern-
sehgerät oder eine Digitalka-
mera im Wert von je 500 Euro
aussuchen!
Machen Sie mit
bei der großen
lehrer
nrw
Mitglieder-Wer-
beaktion! Schon für
zwei geworbene Mit-
glieder* erhalten Sie
einen Gutschein über
50 Euro. Wenn Sie
drei neue Mitglieder*
für
lehrer nrw
begeis-
tern können, verdoppelt sich der Gutschein auf 100 Euro. Wel-
chen Wunsch Sie sich damit erfüllen möchten, liegt ganz an
Ihnen: Zur Auswahl stehen Gutscheine u.a. für Saturn/
Media Markt, Jacques‘ Weindepot, die Parfümerie-Kette
Douglas, die Mayersche Buchhandlung, Amazon,
ein Fußball-Bundesligaspiel Ihrer Wahl oder ein
Zeitungs- bzw. Zeitschriftenabonnement.
Sie wollten schon immer mal nach
Berlin oder Hamburg, Wien oder Paris?
Sie könnten ein neues, schickes
Smartphone, einen Flachbildfernseher
oder eine hochwertige Digitalkamera
gebrauchen? Sie möchten sich eine er-
lesene Flasche Wein, ein gutes Buch,
ein Sport-Event oder ein anderes klei-
nes Highlight gönnen? Mit
lehrer nrw
ist das kein Problem. Die Erfüllung ei-
nes dieser Wünsche kostet Sie nur
ein wenig Überzeugungskraft.
Informationen gibt es über die
lehrer nrw
-Geschäftsstelle,
02 11 / 164 09 71 info@lehrernrw.de
Die Mitglieder-
Werbeaktion
läuft bis zum
15. Februar
2020.
Hinweis: Alle Fotos haben nur Symbolcharakter. Die Abbildungen sind nicht identisch mit den Artikeln,
die
lehrer nrw
im Rahmen der Mitglieder-Werbeaktion als Gewinn auslobt.
* nur Vollzahler, keine Lehramtsanwärter oder Pensionäre
Fotos: PIXELIO/MEV/Fotolia