dass Eltern die Lehrer ihrer Kinder als eine
Art Ausführungsbevollmächtigte ihrer Vor-
stellungen betrachten und so behandeln, sei
es aus Unkenntnis oder aus Missverstehen
der beschriebenen Grundsätze. Eltern schie-
ben dabei vielfach auch eine im Vergleich zu
den Lehrkräften vermeintlich engere zeitli-
che Verfügbarkeit vor. Unter anderem durch
Elternvereine werden sie zudem über ihre
entsprechenden Rechte dezidiert informiert.
Lehrersein auf der anderen Seite ist ein Be-
ziehungsberuf, der ein starkes Verantwor-
tungsgefühl mit sich bringt. Dies ist schwie-
rig für die Distanzierungsfähigkeit. Es kommt
daher immer wieder vor, dass Lehrkräfte sich
dazu treiben lassen, situationsbedingt auch
unberechtigten Forderungen nachzugeben,
weil sie unsicher sind, wann und wo die An-
sprüche der Eltern ihre Grenzen haben.
Die Informations- und
Beratungspflicht …
§ 44 SchulG und § 9 Allgemeine Dienstord-
nung (ADO) legen eine Informations- und
Beratungspflicht der Eltern durch die unter-
richtenden Lehrer fest. Diese betrifft die in-
dividuelle Lern- und Leistungsentwicklung
wie auch das sonstige Verhalten. Verstöße
gegen die Schul- oder Hausordnung der
Schule, Fernbleiben vom Unterricht oder
Suchtprobleme sind beispielhaft dafür. Mit
der Informations- und Beratungspflicht kor-
respondiert eine Pflicht der Eltern, sich nicht
erst dann informieren und beraten zu las-
sen, wenn Probleme auftauchen.
Eine Art der grundsätzlichen Information
über den Leistungsstand ist durch die Aus-
gabe von Zeugnissen, ’Blauen Briefen’ so-
wie individuellen Lern- und Förderempfeh-
lungen zwar vorgegeben (§ 50 SchulG), da-
rüber hinaus bestimmt die Schule aber
selbst, wie der Beratungspflicht nachzukom-
men ist. Den organisatorischen Rahmen da-
für legt die Schulkonferenz fest (§ 65 Absatz
4 Nr. 14 SchulG). Übliche Formate sind der
halbjährliche Elternsprechtag und die El-
ternsprechstunde.
Bereits in diesem Kontext kann es im
Schulalltag zu einem Missverständnis kom-
men, und zwar von Lehrerseite: Sollten El-
tern nicht teilnehmen, gilt nicht einfach
»Dann beim nächsten Mal!«, sondern man
muss ihnen in Ausnahmefällen an individu-
ell verabredeten Terminen zur Verfügung
stehen, so § 9 Absatz 3 ADO.
Wie die Information und Beratung der El-
tern abgesehen von diesen festen Terminen
verlaufen kann, ist von der Lehrkraft zu be-
stimmen – in dem erwähnten von der Schul-
konferenz gezogenen Rahmen und – soweit
angebracht – mit Erläuterung der Bewer-
tungsmaßstäbe (§ 44 Absatz 2 Satz 2
SchulG). Im Regelfall läuft dies auf ein Ge-
spräch in der Schule, ein Telefonat oder ei-
nen Austausch per E-Mail hinaus. Dies kann
auf Initiative der Lehrkraft oder auf Bitten
der Eltern zustande kommen. Wichtig ist
dreierlei: Die Lehrkraft muss die Informatio-
nen und die Beratung so vermitteln können,
wie sie es beabsichtigt und es zum Wohle
des Kindes gereicht. Die Eltern müssen sich
ausreichend informiert und beraten fühlen.
Und das Ganze sollte dabei nach allgemein
üblichen Regeln gesellschaftlicher Konven-
tionen ablaufen.
… hat auch ihre Grenzen
Dies bedeutet zum Beispiel, dass gegen den
Willen der Lehrkraft ein Gespräch nicht am
Abend und nicht am Wochenende stattfin-
den muss, nur weil es den Eltern gerade zeit-
lich passt. Ebenso wenig muss es über eine
private Verbindung, sei es Festnetz oder Mo-
bilfunk, geführt werden. Ohnehin darf die
Lehrkraft nicht von der Schulleitung zur
Herausgabe privater Telefonnummern oder
E-Mail-Adressen angehalten werden. Aus-
künfte müssen auch nicht erteilt werden,
wenn dadurch Unterrichtsstunden oder
dienstliche Veranstaltungen im Ablauf ge-
stört würden. Ebenso kann ein Austausch mit
Eltern abgebrochen werden, wenn sich Emo-
tionen aufschaukeln oder sich die Lehrkraft
Beleidigungen, Bedrohungen oder nötigen-
dem Verhalten ausgesetzt sieht. Treffen sich
Eltern und Lehrkräfte zufällig im Supermarkt
oder anderen Orten, muss die Gelegenheit
nicht genutzt werden, Auskünfte zu erteilen.
Eltern im Unterricht
So nachvollziehbar es oft ist, wenn sich Lehr-
kräfte durch Eltern bedrängt fühlen, was ja
meistens dann der Fall ist, wenn das Verhält-
nis zu ihnen oder dem Kind ohnehin konflikt-
beladen ist – einer Forderung sollten sie
nicht ablehnend gegenüberstehen: der nach
Teilnahme an einer Unterrichtsstunde. Denn
auch wenn man dies verständlicherweise als
Kontrolle empfindet und es Überwindung
kosten kann, die Klassentür zu öffnen, so
bleibt dies ein ausdrückliches Recht der El-
tern (§ 44 Absatz 3 Satz 1 SchulG), welches
auch deren Information dienen kann. Letzt-
lich kann es sich als probates Mittel zur
Förderung eines partnerschaftlichen Zusam-
menwirkens von Lehrern und Eltern erwei-
sen.
RECHT
§
AUSLEGER
Christopher Lange leitet die Rechtsabteilung
des
lehrer nrw
E-Mail: Rechtsabteilung@lehrernrw.de
29
6/2019 ·
lehrer nrw
Foto: AdobeStock/kritchanut