Schulbehördliche Vorgaben bauen enormen Druck in den Schulen auf.
Der Lehrkräftemangel ist und bleibt die größte Herausforderung im NRW-Schulsystem. Und das Problem wird sich noch erheblich verschärfen: Denn im Sommer 2026 werden über 2500 Lehrkräfte von Grundschulen und weiterführenden Schulen abgezogen. Sie werden wegen der Umstellung auf das G9-Abitur an den Gymnasien benötigt. Sie waren vom Land über Vorgriffsstellen an anderen Schulformen eingesetzt worden. „Damit fallen an den Schulen der Sekundarstufe I auf einen Schlag rund 1500 Lehrerinnen und Lehrer weg. Wir erwarten, dass die Landesregierung die einjährige Vorlaufzeit bis zum Schuljahresbeginn 2026/27 nutzt und rechtzeitig Konzepte vorlegt, wie diese Lücke adäquat geschlossen werden kann“, fordert der lehrer nrw-Vorsitzende Sven Christoffer.
Vor dem Hintergrund dieses neuerlichen Lochs in der Personaldecke scheint es umso dringlicher, den von Schulministerin Dorothee Feller erst kürzlich vorgestellten „Schulkompass NRW 2030“ noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Geplant sind zusätzliche Lernstandserhebungen in den Klassen 2, 5 und 7 sowie die flächendeckende Einführung von Zielvereinbarungen zwischen der Schulaufsicht und den Schulleitungen aller Schulen. Werden diese verfehlt, muss die betreffende Schule nachsteuern. Zusätzliche Ressourcen gibt es dafür nicht. Stattdessen droht eine Zielvereinbarungs-Inflation. Denn Zielvereinbarungen zur künftigen Schul- und Unterrichtsentwicklung sind auch im Rahmen der regelmäßigen Qualitätsanalyse obligatorisch. Vollends absurd wird es, wenn man bedenkt, dass auch die mittlerweile 923 Startchancen-Schulen im Rahmen dieses Programms ebenfalls Zielvereinbarungen treffen müssen. „In Einzelfällen kann es also vorkommen, dass eine Schule aus drei unterschiedlichen Anlässen Zielvereinbarungen abschließen muss. Das ist weder leistbar noch sinnvoll“, kritisiert Christoffer. „Die Neigung, schulische Leistungen messbar und kategorisierbar zu machen, hat sich seit PISA zu einer Zwangsstörung unseres Schulsystems entwickelt. Bildung lässt sich nicht in Schablonen pressen. Ein solch technisch-administratives Bildungsverständnis impliziert ein grundlegendes Misstrauen gegenüber Schulen, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern. Gute Bildung gibt Raum für Individualität und pädagogische Freiheit. Damit gute Bildung gelingt, brauchen wir kleinere Klassen, weniger Unterrichtsausfall, mehr Zeit für individuelle Förderung sowie mehr Fachpersonal – und nicht noch mehr Druck.“
22.08.2025
Jochen Smets, Pressesprecher
Bei Rückfragen steht Ihnen der Vorsitzende von lehrer nrw, Sven Christoffer, zur Verfügung:
Tel. 0211/1640971 oder mobil 0163/7393230.
Zur Pressemitteilung von lehrer nrw als PDF-Datei
Foto: Adobe Stock