Der Entwurf des Lehrerausbildungsgesetzes, den Rot-Grün kürzlich vorgelegt hat, setzt den mit dem Bologna-Prozess begonnenen Irrweg fort. Die Entfachlichung der Lehrerausbildung schreitet voran. Das von Rot-Grün propagierte Lehramtsstudium ist verschult und durchgetaktet. Ein weiteres Manko ist die eklatante Geringschätzung der Fachleiter.

lehrer nrw versteht die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer als einen wesentlichen Baustein eines leistungsfähigen nordrhein-westfälischen Schulsystems. Für 2016 steht eine Änderung des Lehrerausbildungsgesetzes (LABG) an. lehrer nrw weist auf einige bedenkliche Entwicklungen in diesem Themenfeld hin.

Arbeitsbedingungen an den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung

Eine ganz wesentliche Stellschraube für die Qualität der Lehrerausbildung sind die Arbeitsbedingungen an und das Ausbildungspersonal in den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL). Hier muss die Maxime gelten, dass die angehenden Lehrerinnen und Lehrer unter den besten organisatorischen Rahmenbedingungen mit den aktuellsten und besten Inhalten ausgebildet werden. Vor diesem Hintergrund setzt sich lehrer nrw dafür ein, dass die Kernseminar- und Fachleitungen Arbeitsbedingungen vorfinden, die eine hervorragende Ausbildung garantieren. Die angedachten Kürzungen der Entlastungsstunden für Kern- und Fachseminarleitungen sowie die mögliche ‘Zwangsabordnung’ für Lehrerinnen und Lehrer als Fachleitung sind vor diesem Hintergrund ganz sicher die falschen Signale an die Lehrerausbildung.

Fachlichkeit der Ausbildung

Die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer hat zunehmend unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen. Die Anforderungen an die jungen Lehrerinnen und Lehrer werden immer vielfältiger und breiter. Um die beiden wesentlichen Aufgaben Bildung und Erziehung der Schülerinnen und Schüler professionell erfüllen zu können, ist es wesentlich, dass die Lehramtsanwärter gleichermaßen bildungs- und fachwissenschaftliche Inhalte erarbeiten. lehrer nrw versteht eine fundierte fachwissenschaftliche Ausbildung als eine Basis für eine pädagogisch zugewandte Kommunikation und Interaktion zwischen Lehrer/in und Schüler/in. Daher ist bei allen Novellierungen der Lehrerausbildung darauf zu achten, dass die Qualität der fachwissenschaftlichen Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer nicht abgebaut wird. Vor diesem Hintergrund ist die Verschiebung von weiteren fünf Leistungspunkten aus dem fachwissenschaftlichen in den bildungswissenschaftlichen Bereich des Lehramtsstudiums höchst bedenklich.

Ökonomie als eigenes Unterrichtsfach

Die Bedeutung der ökonomischen Grundbildung der Schülerinnen und Schüler ist ein Thema, auf das lehrer nrw? seit Jahren hinweist. lehrer nrw setzt sich für die Schaffung eines eigenen Unterrichtsfaches Wirtschaft ein. Eine Novellierung des Lehrerausbildungsgesetzes eröffnet die Möglichkeit, die Wirtschaftswissenschaften/ Ökonomie aus dem Studiengang Sozialwissenschaft als integrierte Teilwissenschaft herauszunehmen und einen eigenständigen Studiengang Wirtschafft/Ökonomie für angehende Lehrerinnen und Lehrer anzubieten. Diese Maßnahme führt zu einer Aufwertung dieses Fachbereichs und kann ein wichtiger Baustein sein, Schülerinnen und Schülern auf dem Weg zu mündigen Bürgern das nötige Rüstzeug an die Hand zu geben.

Praxisanteile in der Ausbildung

lehrer nrw begrüßt alle Maßnahmen und Planungen, die dazu führen, dass die Praxisanteile in der Ausbildung in sinnvoller und stimmiger Form erweitert werden. Es ist positiv zu werten, dass die angehenden Lehrerinnen und Lehrer bereits frühzeitig im Ausbildungsverlauf durch Praxiserfahrungen die eigene Berufsrolle kritisch reflektieren und den eigenen Blick auf den weiteren Berufsweg kontinuierlich schärfen und erweitern. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die Verwaltungsaufgaben für die Schulen, die begleitenden Lehrerinnen und Lehrer, aber auch für die Studierenden durch überbordende Portfolioarbeiten und/oder Formulare nicht unverhältnismäßig erschwert werden.

Frank Görgens

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