Der Kollege Ferdinand Kümmertsich ist gestählt durch unzählige Schlachten in Konferenzen, Bezirksregierungsbüros und Elternsprechtagen. Mit reichlich Berufs- und Lebenserfahrung ausgestattet, blickt er mit einem Augenzwinkern auf den ganz normalen Wahnsinn des Systems Schule.
Es war einmal…«, ja so fangen alle Märchen an. »Das Ministerium verspricht…«, so fangen auch alle Märchen an. Ach ja, diese Märchen. Immer wieder ein Thema des Deutschunterrichts in Klasse?5, aber langsam alt, langweilig und bekannt. Darum habe ich mir nach so vielen Dienstjahren einmal ein neues Märchen ausgedacht:
Es war einmal eine kleine grüne Fee, die gerne in der Schullandschaft etwas ’Großes’ bewirken wollte. Da aber die Fee zu klein war, suchte sie die Freundschaft zur großen roten Fee. Um aber nun als kleine grüne Fee in den Elfenbeinturm in Düsseldorf reinzukommen, muss man leider gewählt werden. So kamen die Feen auf die Idee, für sich zu werben, damit das gemeine Fußvolk sie auch wähle. Das Fußvolk vertraute den Feen und wählte diese.
Und so bereitete die kleine grüne Fee eine Revolution der Schullandschaft vor. Da die Schülerinnen und Schüler ihres Reiches in vielen Studien so schlecht abschnitten, wollte die kleine grüne Fee dies nicht hinnehmen und hat mal ganz schnell für einen besseren Notendurchschnitt gesorgt, indem unter anderem – nicht wie bisher – die Hälfte der Punktzahl in der Abschlussprüfung eine ausreichende Leistung ergab, sondern glatt eine befriedigende Leistung. Auch die Grundschule war nicht vor ihr gefeit. Das ’Kleine 1×1’ wurde ersatzlos gestrichen, da man sich ja mit ’Plus-Rechnen’ das Ergebnis zusammenklamüsern kann. Eine kleine Schreibwerkstatt im Bergischen wurde reicher als Bill Gates, da man nun das ’Schreiben nach Gehör’ einführte und somit mehr LRS-Schülerinnen und -Schüler schaffte, als überhaupt jemand ertragen kann.
Das alles fand das Fußvolk nicht gut und entschied sich bei der nächsten Wahl für eine kleine gelbe Fee. Die Erwartungen waren groß. Die kleine gelbe Fee sollte nun innerhalb ihrer Amtsperiode alles rückgängig machen. Sie betrat vorsichtig den Elfenbeinturm und stellte fest, dass ihre Vorgängerin mehr Scherben produziert hatte, als nach einem Polterabend mit 3000 Gästen. So begab sich die kleine gelbe Fee daran, die Scherben passend zusammenzusuchen und den Teller wieder zu kleben. Da aber viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Elfenbeintürmchens so sehr von der kleinen grünen Fee zuvor beeinflusst worden waren, versteckten sie einfach die Klebertuben. Da saß sie nun, die kleine gelbe Fee mit vielen Scherben, die nicht zueinander passen wollten und wenn sie passten, dann hatte sie keinen Kleber, um die Teller zusammenzukleben.
Ach, würde die kleine gelbe Fee mal mehr von dem, was sie tut, präsentieren und sich nicht auf Dinge einlassen, die nicht zu realisieren sind. Es geht letzten Endes um Schülerinnen und Schüler, aber die spielen leider für Feen sowie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Elfenbeinturm nur eine kleine Rolle, aber für die ausführenden Lehrer eine große?…
Euer alter Kollege
Ferdinand Kümmertsich
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