Die aktuelle Rechtslage beim Filmeinsatz in der Schule.

Carpe diem! – Die Bedeutung dieses lateinischen Ausspruchs kennt wohl jeder: Nutze den Tag! Aber bei der Frage, von wem er stammt – dem römischen Dichter Horaz –, muss der eine oder andere vermutlich passen. Das abgeleitete Zitat »Carpe diem, nutzet den Tag, Jungs! Macht etwas Außergewöhnliches aus eurem Leben!« ist da vielleicht sogar geläufiger – wer kennt nicht Robin Williams als Lehrer John Keating im Kinostreifen ’Club der toten Dichter’? Ganze Generationen von Schülerinnen und Schülern schauen seit Anfang der 1990er Jahre das Filmdrama um den freigeistigen Mentor und seine Schüler-Gefolgschaft. Und wo? – Allzu häufig im eigenen Schulunterricht mit ihrem Lehrer zur gemeinsamen Inspiration hinsichtlich der essentiellen Lehren für das Leben.

 

Stolperfalle Urheberrecht

So sehr man als Lehrkraft überzeugt sein kann, mithilfe eines Films ein Tor zu lebhaften und lehrreichen Debatten in und mit der Klasse eröffnen zu können, so unsicher ist man manchmal vorab wegen der Frage, ob und inwieweit er überhaupt zur Vorführung berechtigt ist und welche Konsequenzen diese nach sich zieht.

Es lohnt sich jedoch, diesbezüglich auf der Höhe der Zeit zu sein. Denn Literaturverfilmungen beispielsweise können nicht selten eine fruchtbare Grundlage für lehrreiche Debatten, Meinungsaustausche und Erörterungen sein, ebenso wie wissenschaftliche Filme die Vermittlung gerade von naturwissenschaftlichen Lehrinhalten ungemein befördern können. Warum sollte man diese Mittel nicht ausgiebig nutzen?

Dass derartige Werke allerdings einfach ungeachtet der Rechte insbesondere der Filmschaffenden oder der Vertreiber genutzt werden könnten, darf heutzutage niemand denken – die Devise »war ja nur einmal« oder Ähnliches gelten hier nicht. Wer sich dessen an sich bereits bewusst war, sollte dennoch für sich prüfen, ob er auch die neue Rechtslage seit dem ersten März dieses Jahres kennt.

 

Neue Rechtslage

Zu diesem Stichtag ist das Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (UrhWissG) in Kraft getreten. Dieses versucht, den Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken unter anderem an Schulen einfacher zu machen und außerdem für eine adäquate Vergütung der Rechteinhaber zu sorgen. Ob mit den Regelungen wirklich ein Weg gefunden wurde, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen gegensätzlichen Interessen zu schaffen oder ob dies ein nicht allzu tauglicher Versuch ist, zwei Herren gleichzeitig zu dienen, wird sich zeigen. Eine Vereinfachung gegenüber der früheren Rechtslage ist aber nicht von der Hand zu weisen. Denn der Gesetzgeber hat die Schranken, das heißt Ausnahmen, von Urheberrechten erweitert.

Wesentlich ist dabei, dass Lehrkräfte nun bis zu fünfzehn Prozent eines Filmes ohne jegliche Erlaubnis zeigen dürfen, so §60?a Absatz 1 Urhebergesetz (UrhG). Dies bedeutet, dass zur Illustration des Unterrichts Ausschnitte von bis zu fünfzehn Prozent des Gesamtwerkes vorgeführt, verbreitet, vervielfältigt oder auf andere Art – wie zum Beispiel in einer Schul-Cloud – öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen.

 

Nicht länger als fünf Minuten?

Nicht nur ausschnittsweise, sondern vollständig erlaubnisfrei dürfen vergriffene Werke sowie Werke geringen Umfangs genutzt werden. Zwar mag sich der eine oder andere daran stören, dass gerade für diese besonders praxisrelevante Situation nicht eindeutig definiert ist, wann ein ’geringer Umfang’ überschritten ist; die explizite Erwähnung von einzelnen Beiträgen aus derselben Fachzeitschrift oder wissenschaftlichen Zeitschrift und von Abbildungen nützt im Zusammenhang mit einer Filmvorführung natürlich wenig. Zur Orientierung kann hier die allerdings auf die Maximallänge von fünf Minuten eines Films beziehungsweise Videos abgestellt werden, die schon bislang nach dem bisherigen Vertrag zwischen den Ländern und Verwertungsgesellschaften als maßgeblich galt.

Nicht erlaubnisfrei dürfen dagegen Werke genutzt werden, die ausschließlich für den Unterricht an der Schule geeignet, bestimmt und entsprechend gekennzeichnet sind (§60?a Absatz 3 UrhG). Diese Regelung soll die Hersteller von Schulmedien schützen.

Bedingung jeder Nutzung ist nach §60 a UrhG, dass diese im Rahmen des Unterrichts an Bildungseinrichtungen erfolgt. Dies beinhaltet Prüfungen (§60?a Absatz 1 Nummer 2 UrhG) und moderne Lehrformate über das Internet. Davon werden auch die Vor- und Nachbereitung der Stunden umfasst sein, nicht aber sonstige Vorhaben wie etwa die Nutzung im Zuge der Schulverwaltung. Ebenso wenig erlaubnisfrei ist die Verwendung im Unterricht zu kommerziellen Zwecken. Entscheidend dabei ist die Gewinnerzielungsabsicht. Ob die Schule privat oder öffentlich ist, spielt keine Rolle.

 

Vorsicht mit YouTube-Videos

Mancher Film findet sich im Internet auf YouTube oder anderen Plattformen. Dann liegt die Versuchung nahe, den Film zum Beispiel über einen Laptop und einen Beamer, das heißt im Wege des Streamings zu zeigen oder den Schülern vorzuschlagen, auf ihren eigenen Geräten das entsprechende Material abzurufen. Dabei ist jedoch unbedingt darauf zu achten, ob die Inhalte nicht offensichtlich unberechtigt im Internet veröffentlicht wurden. Bei kompletten Werken kann im Allgemeinen nicht davon ausgegangen werden, dass diese mit Erlaubnis der Rechteinhaber hochgeladen wurden.

Hat eine Lehrkraft die Frage der Erlaubnis zur Nutzung hinreichend geklärt, so muss sie daran denken, dass die Nutzung von Filmmaterial bis auf einige Ausnahmen zu vergüten ist (§60 h UrhG). Die Vergütung kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden und ist vom Schulträger, nicht aber von der Lehrkraft oder den Schülern zu entrichten. Das neue Recht vereinfacht die Lage insofern, als dass nunmehr pauschale Abrechnungen für die Angemessenheit einer Vergütung ausreichen.

 

Grauzone bei privat erworbenen Filmen

Wer angesichts all des Vorgenannten denkt, er macht es sich einfacher, indem er ein privat und legal erworbenes Werk zeigt, stößt jedoch auf eine weitere Hürde: Denn es ist nur zulässig, derartige Filme im nicht-öffentlichen Rahmen vor miteinander verbunden Personen zu zeigen. Dies beinhaltet Familie und Freunde, aber ob davon eine Schulklasse oder gar darüber hinausgehende Schülergruppe umfasst ist, ist in der Rechtsprechung noch nicht eindeutig geklärt. Selbst wenn sich Lehrer und Schüler sowie Schüler untereinander noch so sehr ans Herz gewachsen sind, befände man sich bei der Vorführung eines privat erworbenen Films in einer Grauzone und sollte daher davon eher Abstand nehmen.

 

In der Praxis?…

Was bedeutet das Ganze nun, wenn man als Lehrkraft nicht nur Ausschnitte aus einem Film herausfiltern will, sondern ein Gesamtwerk darbieten will? – Man greift auf lizensierte Kopien zurück, die an Medienzentren von Kommunen, staatlichen Trägern oder Kirchen vor Ort oder online angeboten werden, oftmals sogar kostenfrei. Bei Filmen, die immer wieder gezeigt werden sollen, sollte die Schule einen direkten Erwerb mit Lizenz überlegen.Soweit, so klar? – Dann ’Film ab!’

Christopher Lange

Originalausgabe (PDF-Datei)


 

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