In den vergangenen Monaten haben sich zahlreiche Fachleiterinnen und Fachleiter mehrerer Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) in Briefen an Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) gewandt, um auf die fehlende Wertschätzung für ihre Arbeit aufmerksam zu machen und das Ministerium zum Handeln zu bewegen. lehrer nrw kämpft seit Jahren für eine adäquate Bezahlung und Würdigung der Kolleginnen und Kollegen, die die immens wichtige Arbeit als Fachleiter leisten. Um dieses Anliegen zu unterstützen, veröffentlichen wir deshalb an dieser Stelle stellvertretend ein Schreiben der Fachleiterinnen und Fachleiter des ZfsL Arnsberg.
Betreff: Information über die besonderen Herausforderungen im ZfsL-Alltag und daraus resultierende Forderungen
Wir, die Fachleiterinnen und Fachleiter des ZfsL Arnsberg, bilden professionell, engagiert und mit viel Idealismus gute Lehrerinnen und Lehrer für unsere Schulen aus.
Umso eklatanter wirkt daher die Ungerechtigkeit in der Besoldung der Fachleitungen der unterschiedlichen Lehrämter: A 15 vs. A 12Z bei gleichen Revisionsanforderungen und Tätigkeitsprofilen. Dies entspricht im schlechtesten Fall einer Differenz von derzeit 1614 Euro/Monat bei verbeamteten Fachleitungen. Noch größer wird diese Differenz bei den angestellten Kolleginnen und Kollegen. Diese mangelnde Wertschätzung und Ungerechtigkeit verärgert und belastet uns als Fachleiterinnen und Fachleiter im Lehramt HRSGe und G [Hauptschule, Realschule, Gesamtschule und Grundschule; Anm. d. Red.] und sorgt zudem dafür, dass immer mehr ausgeschriebene Stellen nicht besetzt werden können.
Gleiches Geld für gleiche Arbeit
Angemessen wäre: Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit! Das angedachte Vorhaben der Landesregierung, die Eingangsbesoldung auf A 13 anzuheben, begrüßen wir ausdrücklich in Bezug auf unsere Wertschätzung. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass Fachleitungen mit einer Besoldung von A 12Z zukünftige Kolleginnen und Kollegen ausbilden, die anschließend direkt in eine höhere Besoldungsgruppe gelangen als ihre Fachleitungen. In Bezug auf die Gerechtigkeit erfordert die Berufung zur Fachleitungstätigkeit bei jeder Schulform und in derselben Weise ein Beförderungsamt.
Wir als Fachleiterinnen und Fachleiter stellen fest, dass die Summe der Tätigkeitsfelder stark zugenommen hat und weiterhin ansteigt. Dazu führte unter anderem die Verkürzung der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung auf eine Dauer von achtzehn Monaten (OVP 2011) bei gleichbleibender Anzahl an Unterrichtsbesuchen und gestiegenem Arbeitsaufkommen. Lange Fahrzeiten und Wegstrecken, gerade bei einem ZfsL mit einem sehr großen Einzugsgebiet, verschärfen die Situation weiter. Dies bedeutet, dass bei gleichzeitiger Klassenführung – und daraus resultierenden wenigen Besuchstagen – die Umsetzung der Unterrichtsbesuche nahezu unrealisierbar ist. Auch die Koppelung von zwei Unterrichtsbesuchen an einem Tag ist oftmals auf Grund des großen Einzugsbereiches nicht möglich.
Die zusätzlichen großen Themen Inklusion, Digitalisierung und sprachsensibler Unterricht unterstützen wir sehr. Gerade in den ZfsL findet für diese Bereiche eine umfangreiche konzeptionelle Arbeit statt, deren Ergebnisse durch die Multiplikatorenfunktion der Kern- und Fachseminarleitungen zu einem festen Fundament des schulischen Alltags werden. Fach- und Kernseminarleitungen benötigen mehr Anrechnungsstunden, damit diese Themen adäquat weiterentwickelt werden und in die Ausbildung einfließen können. Darüber hinaus fehlen entsprechende Stundendeputate für besondere Aufgaben im ZfsL (zum Beispiel AfG, Pflege der Homepage, …).
Die Entlastungs-Regelung entlastet nicht
Die ’Entlastungs’-Regelung pro Lehramtsanwärterin und Lehramtsanwärter gemäß Anlage 3 OVP 2016 führt zu enormen Engpässen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung für dringend notwendige Ausbildungsaufgaben. Hierfür bleibt zu wenig Zeit. Ein insgesamt höheres Deputat an zusätzlichen Anrechnungsstunden für das ZfsL wäre erforderlich, um individuell diese Aufgaben verteilen und dementsprechend erledigen zu können.
Weitere neue Herausforderungen werden ab 2019 bedingt durch die notwendige gegenseitige Qualifikation der Fachleiterinnen und Fachleiter in den Fächern Mathematik und Deutsch in den G-Seminaren entstehen, da die Kombination der Mathematik-Deutsch-Seminare in der OVP 2011 (Änderung durch Verordnung vom 8. Juli 2018) festgeschrieben ist. Dies ist zwangsläufig an die Erstellung neuer Konzepte gekoppelt, die zusätzlich zur grundlegenden Systementwicklung im ZfsL erfolgen muss. Das stellt schon eine sehr große Herausforderung an die Beteiligten dar. Zusätzlich wird die außerordentliche Art der Herausforderung in der Systementwicklung dadurch verstärkt, dass die meisten Fachleiterinnen und Fachleiter nur eine Teilzeit ihrer Beschäftigung im ZfsL absolvieren. Auch wenn diese Aufgabe zum Tätigkeitsbereich der Seminarausbilderinnen und Seminarausbilder gehört, kann sie beispielhaft für wachsende Arbeitsbelastung herangezogen werden.
Beförderungschancen? Mies!
Insbesondere für den HRSGe-Bereich gilt: Bewerbungen auf Beförderungsstellen (A 13) sind für Fachleiterinnen und Fachleiter oft problematisch, da ihr Einsatz im schulischen System nur mit einem geringeren Stundenumfang möglich ist, die Beförderungsstellen jedoch an die Übernahme zusätzlicher Aufgaben gekoppelt sind. So müssen Fachleiterinnen und Fachleiter mit hohen Stundenanteilen in den Schulen verbleiben oder haben Nachteile im Bewerbungsverfahren.
Fachleiterinnen und Fachleiter sollen und wollen sich in internen Fortbildungen, Dienstbesprechungen, Konferenzen, Gremien und Arbeitsgruppen engagieren. Durch das erhöhte Arbeitsaufkommen kommt es häufig zu Überschneidungen verschiedener Dienstgeschäfte. Es muss ausreichend Gelegenheit geben, sowohl am ZfsL als auch an den Schulen mitzuwirken. Basis hierfür kann eine nach oben geänderte Stundenentlastung in Schule und im ZfsL sein. Dies wäre auch wünschenswert, um weiterhin schulische Entwicklungsprozesse unterstützen zu können. Die Fachleiterschaft ist in besonderer Weise über aktuelle Veränderungen und Neuerungen im System Schule bestens informiert und wird daher oft von Schulleitungen in beratender Funktion eingebunden.
Das beste Rezept gegen Lehrermangel? Motivierte Fachleiter!
Den Unterricht können die Fachleitungen in den Lehrämtern nicht kontinuierlich planen, da sie durch die variierende Anzahl an Lehramtsanwärtern und das strikte Verbot, Überstunden anzusammeln, teilweise jedes Halbjahr anders eingesetzt werden müssen. Erzieherische Arbeit kann so nicht kontinuierlich fortgesetzt werden. Die Schulleitungen erfahren keinerlei Kontinuität und Sicherheit in ihrer Unterrichtsverteilung bzw. Stundenplangestaltung.
Wir sind das wichtigste Rezept gegen den Mangel an gut ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern. Wir sind die Multiplikatoren in der Lehrerausbildung. Eine zeitnahe Verbesserung an den oben genannten Stellen wirkt sich um ein Vielfaches auf die Qualität der Lehrerausbildung, des Unterrichts, auf die Arbeit der Lehrerschaft, das Ansehen in der Öffentlichkeit (Werbung neuer Lehrerinnen und Lehrer) und somit auf die Entwicklung der Schulen in NRW und letztendlich auch auf die positive Entwicklung der Kinder aus.
Zentrale Forderungen
Wir wollen uns weiterhin jeder neuen Herausforderung stellen und gewohnt engagierte Arbeit leisten. Zusammenfassend ergeben sich hieraus folgende resultierende Forderungen:
- die dringend notwendige Wertschätzung und Gerechtigkeit in Form eines gleichen Beförderungsamtes für alle Schulformen,
- die deutliche Anhebung der Anrechnungsstunden für die immer komplexere Planung und Durchführung der Seminararbeit (zwei Unterrichtsstunden Seminar ergeben im Moment eine Anrechnungsstunde Grundentlastung),
- die Anpassung der Kilometerpauschale,
- Chancengleichheit in Revisionsverfahren für Beförderungsstellen,
- die Schaffung eines Entlastungsdeputats an den ZfsL mit entsprechenden Stunden für besondere Aufgaben,
- die Zulässigkeit von Überstunden in einem geringen Umfang zum einfachen Ausgleich von Fluktuationen im laufenden Schuljahr.
Die vielen unbesetzten Fachleitungsstellen in den Bereichen HRSGe und G spiegeln auf sehr deutliche, alarmierende Art und Weise die nicht vorhandene Attraktivität und Wertschätzung unserer wichtigen Aufgabe wider. Auch im Hinblick auf den gegenwärtigen Lehrermangel, die damit verbundene verstärkte Öffnung für den Seiteneinstieg und somit weiter wachsenden Herausforderungen erscheint uns ein zeitnahes Handeln unabdingbar.
Die unterzeichnenden Kolleginnen und Kollegen des Kollegiums des ZfsL Arnsberg
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