Während sich die Landesregierung für steigende Inklusionsquoten feiert, sind viele Schulen und Lehrkräfte mit der Umsetzung des Inklusionsprozesses überfordert und allein gelassen. »Die Landesregierung ergötzt sich an der Quote und ignoriert die Qualität«, kritisierte die lehrer nrw-Vorsitzende Brigitte Balbach kürzlich bei einer Expertenanhörung im Landtag. Weder ein Konzept noch angemessene Rahmenbedingungen seien zu erkennen.

Die Integration und Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit förderpädagogischem Unterstützungsbedarf an den Schulen der Sekundarstufe I war ein Thema, dass die schulische und schulpolitische Diskussion in letzten Jahren maßgeblich beeinflusst und bestimmt hat. Mittlerweile ist dieses Thema durch die Diskussion über Einsteigerklassen oder auch Internationale Klassen etwas in den Hintergrund geraten.

Heterogenität ist schulischer Alltag

Die Heterogenität der Lerngruppen ist seit langer Zeit in allen Schulformen angekommen und somit schulischer Alltag. Eine Diskussion über die Vor- und Nachteile der Heterogenität von Lerngruppen ist obsolet, insoweit auch rückwärtsgewandt. Es gilt vielmehr, die Heterogenität zu gestalten. lehrer nrw? beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit den Bedingungen und dem organisatorischen Rahmen, der dazu beiträgt, dass die Bildungs- und Erziehungsarbeit gelingen kann. lehrer nrw ?blickt auf die Heterogenität der Lerngruppen an nordrhein-westfälischen Schulen als etwas, das gestaltbar ist und unter guten Rahmenbedingungen als Bereicherung für die schulische Bildungs- und Erziehungsarbeit mit den Schülerinnen und Schülern verstanden wird. Entscheidend für das Gelingen des Inklusionsprozesses sind unter anderem folgende Faktoren:

Fortbildung der Kollegien im Umgang mit unterschiedlichen Förderschwerpunkten
Die Kollegien sollen umfänglich und kontinuierlich von ausgewiesenen Experten aus dem Unterrichtsalltag des gemeinsamen Lernens professionell und alltagstauglich fortgebildet werden. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Themenfelder wie Teamteaching, Diagnostik von Leistungshemmnissen, Erstellung von Förderplänen und der rechtliche Rahmen der Leistungsbewertung in der zielgleichen und zieldifferenten Förderung in den Blick zu nehmen.

Personal-, Raum- und Materialressourcen

Die Schulen sind so auszustatten, dass Personal-, Zeit-, Raum-, und Materialressourcen eine flexible Differenzierung der Schülerinnen und Schüler (innere und äußere Differenzierung), Teamteaching und erforderliche Absprachen innerhalb der Lehrer(innen)- teams möglich machen. Dazu gehören eine Doppelbesetzung aus Regelschullehrkraft und Sonderpädagoge in allen inklusiv arbeitenden Klassen, aber auch Entlastungsstunden, um inklusiv unterrichtenden Lehrkräften Freiräume zur Vorbereitung und für Absprachen mit Sonderpädagogen und Inklusionsassistenten zu geben.

 

Organisatorischer Rahmen mit verbindlichen Verantwortlichkeiten in multiprofessionellen Teams

Es muss ein landesweit einheitlicher konzeptioneller Rahmen geschaffen werden, der Zuständigkeiten, Arbeitsinhalte und Verantwortlichkeiten in multiprofessionellen schulischen Teams aus Lehrern der allgemeinen Bildung, Förderpädagogen, Schulsozialarbeitern und Schulpsychologen definiert.

Entwicklung der Förderschulen

Die Expertisen der Förderschulen sind so zu erhalten, dass ein wohnortnahes Förderschulangebot für die Schülerinnen und Schüler vorgehalten wird und die Eltern für ihre Kinder ein Wahlrecht zwischen gemeinsamem Lernen an einer inklusiven Schule und sonderpädagogischer Förderung haben. Auch die Bildung von Schwerpunktschulen, die sonderpädagogische Förderkompetenz bündeln, kann zum Gelingen des Inklusionsprozesses beitragen.

Frank Görgens

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