Der Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Stefan Battel gibt in seiner Kolumne regelmäßig Antworten auf Fragen aus dem Lehreralltag. Diesmal geht es um die Wahrnehmung der Corona-Pandemie, in der die zunehmend schriller werdende Diskussion zwischen Panik und Verharmlosung springt.

Ich habe mir lange den Kopf zerbrochen darüber, wie ich diese Kolumne nennen könnte. Geht es Ihnen ähnlich? Ich schwanke zwischen ängstlichem Blick auf irgendwelche Zahlen, die von irgendjemandem berechnet wurden, die einen scheinbar hochwissenschaftlichen zukunftsorientierten Prognosewert für Gesundheit/Krankheit haben. Ich entnehme Informationen über unsere klassischen Medien, aber auch viele andere Medien mit – meiner Einschätzung nach – fundiertem wissenschaftlichem Hintergrund.

Angst und Panik entgegentreten

Angst und Panik zu verbreiten ist in der jetzigen Situation (seit mehr als sieben Monaten) aus meiner Sicht kontraindiziert. Schaut man sich einmal das relativ ’junge’ medizinische Fachgebiet der Psychoneuroimmunologie (erforscht Wechselwirkungen der Psyche, des Nervensystems und des Immunsystems) an, so gibt es mittlerweile viele fundierte Berichte darüber, dass anhaltender Stress, ausgelöst durch anhaltende Angst und panikmachende Situationen, zu einer physiologischen deutlichen Abnahme der Immunantwort bzw. Immunstabilität beiträgt.

Den üblichen Stress, den wir eventuell zwei Wochen vor Prüfungen haben etc. macht etwas mit uns (auch schon messbar), jedoch die Dimension, über Monate in anhaltendem angstinduziertem Stresserleben zu sein, wirkt sich sehr deutlich auf Veränderungen der Effizienz unseres Immunsystems aus. Ein nicht immer gut wirkendes Mittel bei Angstpatienten ist es, sich mit der Realität zu beschäftigen. Zwar weiß ich um das Verhältnis zwischen Flugzeugabsturzopfern und Straßenverkehrsopfern, und trotzdem befreit mich dies nicht unbedingt von meiner Flugangst.

Nicht auffressen lassen

Jedoch ist es enorm wichtig, der Realität beizeiten ins Auge zu blicken. Die Angst ist mittlerweile in unserem Leben sehr präsent. Wir hören oder lesen Überschriften wie ’extremer Anstieg’, ’katastrophale Folgen’, ’explodierende Zahlen’ etc. – wie wirkt sich dies eigentlich auf die kindliche Seele aus? Dazu anhand eines Fallbeispiels nächstes Mal mehr. Lassen wir es mit einer ausgewogenen Meinungsfindung und wohlwollendem Diskurs nicht zu, dass wir aufgefressen werden – von der Angst vor unseren Mitmenschen, es geht um Deeskalation!

Zur Person:

Dr. med. Stefan Battel ist seit 2007 niedergelassener Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie mit eigener Praxis in Hürth bei Köln und seit 2012 systemischer Familientherapeut (DGSF). Im Rahmen deslehrer nrw-Fortbildungsprogramms greift er in einer Vortragsreihe regelmäßig verschiedene Themen aus dem Bereich der Jugendpsychologie auf.

Originalbeitrag (PDF-Datei)


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