Über die Sicherstellung von Qualität durch das Landesinstitut QUA-LIS

Gehören Sie zu den Menschen, die ein faules Ei schnell und effektiv entsorgen (wegen des Gestanks möglichst weit weg!), oder verarbeiten Sie dieses – die Tatsache ignorierend – für sich und Ihre Familie lecker und optisch appetitlich, darauf hoffend, dass es keiner merkt und dass es keine großen Folgen für den Verkoster hat? An Ihrer Antwort wird sich zeigen, ob Ihnen Qualität für sich und Ihre Lieben wichtig ist!

 

Inquisition an den Schulen

Ähnlich verhält es sich auch mit der Qualität im Schulwesen. Die Qualitätsanalyse (QA) der Abteilung 4Q der Bezirksregierung kommt nach den von QUA-LIS ausgearbeiteten Verfahren an die Schulen – sie ist jedoch meist unwillkommen. Denn sie erkennt faule Eier im Land kaum und untersucht viele frische und gesunde Eier auf Mängel (übrigens auch die, die bereits ein öffentliches Verfalldatum aufweisen!). Dabei versäumt sie jedoch, die jeweiligen Schulen mitzunehmen und ihnen ihre Vorgehensweise bei der Überprüfung transparent zu machen. Auf Augenhöhe! Die Unternehmungen von 4Q an den Schulen in Nordrhein-Westfalen verkommen so seit Jahren zur Inquisition. Schulen fürchten sie wie die Pest!

Das Institut QUA-LIS macht landesweit ebenfalls in Sachen Qualität von sich reden. Aktuell ist es auch noch landesweit ins Gerede gekommen. Wie das?

 

Wirbel um ZP10-Prüfungen

Die Zentrale Prüfung in Klasse 10 (ZP10) im Fach Englisch sorgte für Wirbel im Land: Lehrer, Eltern und Schüler beschwerten sich öffentlich und im internen Raum über die Aufgabenstellungen. lehrer nrw wurde mit E-Mails von Lehrern überschüttet, die sich über Überforderungen, Unterforderungen, Ahnungslosigkeit der Aufgabenverfasser, Qualitätsabsenkungen und ein zu hohes oder auch zu niedriges Aufgabenniveau beklagten.
Gleichzeitig heizten betroffene Schüler die Öffentlichkeit auf, indem sie einen Hype im Internet per Online-Petition initiierten. 

Auf Anfrage des Hauptpersonalrats Realschulen beim Ministerium reagierten dort die Sachbearbeiter angemessen und versuchten zu retten, was zu retten möglich war in der kurzen Zeit, die nach dem Schreibtermin blieb. Die Ministerin machte die Problematik zur Chefsache und erweiterte gar das Angebot des Hauses um die Möglichkeit, die Arbeit auf Wunsch und nach Beratung durch den Korrekturlehrer auch nachschreiben zu können. Das war ein faires Angebot.

 

Unstimmigkeiten im Verfahren

Im Hauptpersonalrat haben wir uns in diesem Zusammenhang erklären lassen, inwieweit QUA-LIS die Wertigkeit und die Qualitätsangemessenheit seiner Aufgaben für diese und andere Prüfungen grundsätzlich eruiert. Systemisch scheint das Verfahren auf den ersten Blick nämlich keinen Fehler aufzuweisen. Allerdings haben sich bei der Überprüfung des tatsächlichen aktuellen Verfahrens bei den diesjährigen ZP10 an unterschiedlichen Stellen im systemischen Ablauf Unstimmigkeiten gezeigt. Unklar ist zum Beispiel, ob der Praxistest, dem jede Aufgabe durch Lehrkräfte unterzogen wird, tatsächlich bei den Aufgaben der diesjährigen ZP10 bestanden worden ist. Was ist daraus für die Zukunft zu folgern?

Mein persönlicher Vor- oder Nachteil (je nach Sichtweise) ist es, den Dingen ständig und ohne Unterlass, hartnäckig, gründlich und ohne Ansehen auch meiner Person auf den Grund zu gehen. Das kann auch schon mal übel ausgehen – auch für mich. (Die letzte Ministerin hat mich auch schon mal deswegen schwer gerüffelt.) Dabei kommen übrigens recht oft unerwarteter Weise ganz unglaubliche Dinge heraus, die durchaus gravierende Folgen haben können.

Anspruch und Wirklichkeit

Der Hype der Schüler im Internet und die damit einhergehende öffentliche Aufmerksamkeit, die eine ZP10 normalerweise nie erreicht, führten dazu, dass sehr viele Lehrkräfte sich an mich wandten und mir Informationen gaben, was in diesem und in vergangenen Jahren alles schief gelaufen war und was in ihren Augen grundsätzlich einer Änderung bedarf. Berücksichtige ich diese vielen Informationen, so stelle ich fest, dass zwischen dem von Schülern Gelernten und dem von QUA-LIS Geforderten bereits seit Jahren (und nicht nur in diesem Jahr) offenbar eine recht große Lücke klafft, die jetzt sichtbar geworden ist! Dies trifft nicht nur das Fach Englisch, sondern auch andere Fächer, wie die Kollegen mir mitteilten. 
Das Remonstrieren der Kollegen ist im Sande verlaufen; viele haben sich mit bestehenden Missständen arrangiert. Ihren Frust kann man daran ablesen, dass sie lediglich ihre vermehrte Arbeit mit Korrekturen während des Verfahrens bemängelten und nicht mehr die Sache als Ganzes betrachten konnten. So weit sind wir mit unseren Maulkörben in Nordrhein-Westfalen schon gekommen: Wir haben den Glauben und die Zuversicht in mögliche Veränderungen fast schon verloren! 
Zahlreiche Lehrer, viele Eltern und übrigens auch einige Schülergruppen zeigten sich jedoch dankbar für das genaue Hingucken, das öffentliche Aussprechen und den offensichtlichen Willen, die Qualität der Bildung insgesamt und insbesondere der Qualitätsprüfer in Nordrhein-Westfalen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die Zeichen stehen in Nordrhein-Westfaeln auf Veränderung: Packen wir alle mit an!

Brigitte Balbach

Zur Originalausgabe (PDF-Format)

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