Welche unglaublichen Kapriolen der unbändige Wille zur Gleichberechtigung der Geschlechter in Nordrhein-Westfalen schlägt.

Zurzeit suche ich einen neuen Aufkleber für mein Auto mit dem Spruch ‘Keine Quotenfrau an Bord!’ Man will sich ja sicherheitshalber von der aktuellen Verhunzung des Begriffs ‘Frauenquote’ durch die rot-grüne Landesregierung absetzen. Das sind wir Frauen uns schuldig, denke ich, und den Männern natürlich!

Im Gesetzentwurf vom 2. Dezember 2015 zum Dienstrechtsmodernisierungsgesetz § 19 (6) Satz zwei heißt es: »Frauen sind bei im Wesentlichen gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen.

« Eigentlich ist diese Formulierung insofern deutlich, als sie die klare Absicht erkennen lässt, Frauen im öffentlichen Dienst bevorzugt zu befördern, wenn – ja wenn – welche Bedingung erfüllt ist? Nicht geklärt ist dabei, was die Landesregierung und damit der Gesetzgeber unter ‘im Wesentlichen’ versteht. Hier bleibt der Phantasie bei der Interpretation viel Spielraum. War das von der Landesregierung bewusst so gewollt? Denn der Entwurf ist an dieser Stelle genau so zum Gesetz geworden.

Frauenquote statt Qualität?

Die Kernfrage lautet damit: Ist es die Absicht der Landesregierung, Frauen bei Beförderungen auch dann Männern vorzuziehen, wenn sie geringfügig schlechter bewertet wurden? Das wäre eine völlig neue Sichtweise, die mit dem bisherigen Werte-Maßstab der Qualität nicht zu vereinbaren wäre. Die Frage der Frauenförderung spitzt sich an dieser Stelle auf einen Wechsel der bisherigen Priorität bei Beförderungen zu, nämlich Frauenquote statt Qualität!

Bis zu dem Zeitpunkt dieser Erkenntnis blieb in Nordrhein-Westfalen in der Öffentlichkeit noch alles ruhig. Das Tor im Sinne einer Frauenquote war gefallen, die vermeintliche Gleichberechtigung der Frau um jeden Preis umgesetzt; jetzt galt es, zügig zu handeln und den Sieg der neuen ‘Quoten-Frauen’ auch gegen bisherige bewährte Spielregeln absichern.

Das hätte vielleicht auch geklappt, wenn da nicht immer wieder diese voreiligen, übereifrigen Mitspieler wären, die eigene neue Regeln nicht erkennen können, nicht verstehen können oder im schlimmsten Fall nicht mit ihnen einverstanden sind und diese von hinten torpedieren.

Steilpass des Finanzministers

Und so stürmte der nordrhein-westfälische Finanzminister auf den Platz, sah die Frauenquote heranbrausen (wenn auch leise) und stellte sich ihr mutig (kann man auch übermütig nennen!) in den Weg. Noch bevor sie auf dem Platz ihre Wirkung entfalten konnte, unterlief er die Dienstrechtsreform seiner eigenen Regierung, die am 1. Juli 2016 in Kraft trat, und beförderte im Monat davor schnell noch zahlreiche männliche Beamte per Stellenausschüttung, um einer möglichen Klagewelle der Männer wegen schwerer Verwerfungen, die bei den bisherigen Beförderungsranglisten gemäß bewährten Qualitätsmaßstäben durch die Gesetzesneuerung entstanden waren, entgegen zu wirken. Dies betraf besonders die Finanzverwaltung und die Polizei.

Und da brach ein Sturm im Land Nordrhein-Westfalen los – nicht nur auf dem Platz, sondern auch auf den Zuschauerrängen. Die Presse tobte. Gewerkschaften auch. Voran M. Lehmann, der laut Rheinischer Post vom 15. August 2016 bisher als ‘Vertrauter Walter-Borjans gilt’.

Es stellt sich beim Betrachter des Szenarios die Frage, warum Mitglieder einer Landregierung unbedingt ein Eigentor schießen müssen?! Fühlen sie sich unbeachtet? Mögen sie die Frauenquote nicht und fühlen sich übergangen? Oder folgen sie dem Prinzip der Schadensbegrenzung, indem sie zunächst der Absicht der Landesregierung zustimmen, dann aber wie ein Chamäleon die Farbe wechseln und sich auf die Seite der vom Gesetz Betroffenen stellen? Ja was denn nun: Frauenförderung per Quote um jeden Preis? Oder Qualität bei Beförderungen in den Vordergrund stellen? Wer sich nicht entscheiden kann oder will, kommt leicht unter die Räder, wie wir gesehen haben.

Frauen, die Qualität mitbringen, brauchen keine Quote

Die Frauenquote ist in meinen Augen kein probates Mittel, Qualität im System zu sichern. Frauen, die Qualität mitbringen, brauchen keine Quote. Der Gleichheits- und Gerechtigkeitswahn der rot-grünen Landesregierung zeigt an diesem Beispiel obskure Auswüchse, die gekappt werden müssen. Ein diskriminierender Gedanke steckt dahinter: Frauen sollen nach ihrer Vorstellung gleicher als Männer sein, nicht ihnen gleich! Gleich wären sie, wenn sie ebensolche Qualität zeigen müssten wie die Männer. ‘Im Wesentlichen gleich’ bedeutet aber, dass Sie laut neuem Gesetz im Vergleich gegenüber Männern auch schlechter sein dürfen. Logik verstanden?!

Sie werden laut Gesetz erst den Männern gleich gestellt, weil sie eben von Haus aus schlechter sind. Von welchem Frauenbild geht die Landesregierung hier aus? Auf jeden Fall nicht davon, dass alle Menschen gleich sind. Den Gedanken, dass Frauen schlechter als Männer sind, wenn sie gut sind, finde ich ziemlich abwegig, und dies zeigt ein Frauenbild, dem ich nicht unterliegen möchte. Deshalb oute ich mich an dieser Stelle: Ich bin keine Quotenfrau!

Mittlerweile hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem aktuellen Urteil die systemische Bevorzugung von Frauen bei Beförderungen im öffentlichen Dienst des Landes für verfassungswidrig erklärt. Die Landesregierung will das nicht akzeptieren und geht in Berufung. Es ist eben schwer, Eigentore zu akzeptieren.

Die ideologische Nivellierung der Ungleichheit

Die Absicht einer ideologischen Nivellierung der Ungleichheit von Frauen und Männern ist bei diesem Beispiel ad absurdum geführt worden. Keine Frau möchte eine Quotenfrau sein, die trotz schlechterer eigener Ergebnisse bei der Qualitätsüberprüfung gegen einen männlichen Mitbewerber gewinnt. Sie (und nicht nur sie!) würde es als Makel empfinden. Wir Frauen schaffen das, was wir wollen, auch ohne Quote. Und so manches Angebot schlagen wir auch wegen anderen Gründen aus.

Der Gedanke beruhigt mich, dass es der Landesregierung nicht gelingen wird, Frauen und Männer gleich und ‘gleicher’ zu machen. Denn ich liebe Männer, gerade weil sie anders sind!

Ein Tipp für die Landesregierung: Im Schulbereich sollten wir mal über eine Männerquote nachdenken! Die Zeichen der Zeit stehen dafür gut!

Brigitte Balbach

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