Seit dem Schuljahr 2015/2016 können Realschulen Schülerinnen und Schüler im Bildungsgang Hauptschule unterrichten und zum Hauptschulabschluss führen. Zurzeit gibt es an dreizehn Realschulen landesweit einen entsprechenden Bildungsgang. Die Rahmenbedingungen waren bisher desaströs. Jetzt bessert das Ministerium für Schule und Bildung endlich nach.

Um dem zunehmend rückläufigen Angebot an Hauptschulen zu begegnen, hat der Landesgesetzgeber seinerzeit mit dem §132c Schulgesetz NRW reagiert. Danach können Kommunen unter bestimmten Voraussetzungen an Realschulen ab der Klassenstufe 7 einen Hauptschulbildungsgang einrichten, um Schulwechsel zu vermeiden. Im Gesetzestext heißt es:

»Schülerinnen und Schüler in dem Bildungsgang (…) werden im Klassenverband mit Schülerinnen und Schülern des Bildungsgangs gemäß §15 Absatz 1 unterrichtet; hierbei sind Formen innerer und äußerer Differenzierung möglich.«

Ideologische Barrieren

Die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I hatte die im Gesetzestext angelegten Möglichkeiten äußerer Differenzierung unter der rot-grünen Vorgängerregierung aus ideologischen Gründen stark eingeschränkt. Sie schrieb vor, dass die äußere Differenzierung des Bildungsganges nur bis zu maximal einem Drittel der Stundentafel zulässig ist. Konsequenterweise hatte Ministerin Löhrmann den §132c-Schulen dann auch lediglich eine systemische zusätzliche Ressource von einer halben Lehrerstelle zur Umsetzung der äußeren Differenzierung zur Verfügung gestellt.

Der Hauptpersonalrat (HPR) Realschulen hat deshalb in den vergangenen Jahren jede Möglichkeit genutzt, gegenüber der Dienststelle zu kritisieren, dass die Schulministerin die §132c-Schulen zu Schulen des längeren gemeinsamen Lernens degradiert hat, die unter Realschulbedingungen arbeiten müssen. Die wiederholten Bemühungen des Gremiums, die Situation an den Schulen zu verbessern, stießen jedoch auf taube Ohren.

Trendwende unter der neuen Ministerin

Nach den Landtagswahlen und dem Einzug einer liberalen Ministerin ins Schulministerium setzte der Hauptpersonalrat seine Anstrengungen fort, die Rahmenbedingungen an den §132c-Schulen zu verbessern. In mehreren Gemeinschaftlichen Besprechungen mit Ministerin Gebauer und Staatssekretär Richter trug der HPR seine Forderungen nach mehr Ressourcen, mehr Möglichkeiten zur äußeren Differenzierung und mehr Gestaltungsfreiraum an den Schulen vor.

Und erfreulicherweise trägt das beharrliche Nachfassen des Gremiums mittlerweile Früchte: In einem ersten Schritt wurde der Stellenzuschlag auf eine Stelle angehoben. Zudem hat das MSB die APO-S I dahingehend abgeändert, dass die äußere Differenzierung des Bildungsgangs nunmehr bis zur Hälfte der Stundentafel möglich ist (um über die fünfzig Prozent hinausgehen zu können, bedarf es einer Gesetzesänderung, an der zurzeit gearbeitet wird). Und zum Schuljahr 2018/2019 wird die systemische zusätzliche Ressource von einer Lehrerstelle auf 2,5 Lehrerstellen (für eine §132c-Schule im Endausbau) angehoben. Das sind Stellen, die die Schulen dringend benötigen werden, um die neuen Möglichkeiten der äußeren Differenzierung auch ausschöpfen zu können. Insgesamt eine erfreuliche Entwicklung!

Info:
Der Zuweisungserlass im Wortlaut:

Als Stellenzuschlag wurde bisher 1,0 Stelle pro Schule zugewiesen. (…) Der Stellenzuschlag wird nunmehr für das Schuljahr 2018/2019 angepasst.

Die Zuweisung der Zuschlagsstellen erfolgt in Abhängigkeit des Ausbaus der Hauptschulbildungsgänge. Im ersten Jahr werden beginnend in der Jahrgangsstufe 7 1,0 Stellen (’Grundstockstellen’), im zweiten bis vierten Jahr aufwachsend jeweils 0,5 zusätzliche Stellen je Schule bereitgestellt.

Im Endausbau werden somit 2,5 Stellen pro Hauptschulbildungsgang an einer Realschule bereitgestellt. Die danach rechnerisch nicht für die ’Grundstockstellen’ benötigten ’Reststellen’ werden den Bezirksregierungen anteilig nach der Anzahl der Realschulen mit Hauptschulbildungsgängen nach §132 c SchulG zur Verfügung gestellt. Die ’Reststellen’ stehen jeweils nur für das laufende Schuljahr zur Verfügung.

Sven Christopher

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