»Wir kämpfen für Sie!« – mit diesem Slogan hat lehrer nrw im Personalratswahlkampf auf Themen aufmerksam gemacht, die unserem Verband besonders am Herzen liegen. Dazu zählte auch die Forderung nach einem dienstlichen Endgerät für jede Lehrkraft in Nordrhein-Westfalen. Zumindest in diesem Punkt lässt sich heute sagen: »Gekämpft und gewonnen!«

Die Corona-Krise hat die Versäumnisse der Vergangenheit im deutschen Schulwesen schonungslos offenbart: Die vielerorts katastrophalen Hygieneverhältnisse (unterirdische sanitäre Anlagen, fehlende Waschbecken, keine Seifenspender, kein warmes Wasser…) haben dazu geführt, dass viele Schulen bei der Wiederaufnahme des Schulbetriebs kaum dazu in der Lage waren, die Corona-bedingten Hygienestandards und Infektionsschutzmaßnahmen angemessen umzusetzen. Der marode Zustand vieler Schulgebäude hat zudem verhindert, dass die (insbesondere nach der Aufgabe des Abstandsgebotes) dringend notwendige Stoßlüftung gar nicht oder nur in unzureichendem Maße möglich war.

Besonders evident ist jedoch in der Krise geworden, dass die digitale Gegenwart der Schulen unseres Landes rückständig ist. Dass die Phase der landesweiten Schulschließungen nicht gleichzeitig das Ende der Bildungsarbeit in Nordrhein-Westfalen bedeutet hat, lag nicht an der digitalen Infrastruktur unserer Schulen, sondern vor allem am Improvisationstalent unserer Schulleitungen und Lehrkräfte.

Die Corona-Krise als Digitalisierungsbeschleuniger

Zumindest im Hinblick auf den Digitalisierungsprozess unserer Schulen scheint die Corona-Krise wie ein Digitalisierungsbeschleuniger zu wirken. Gemeinsam mit vier weiteren im DBB organisierten Lehrerverbänden hatte lehrer nrw im Mai dieses Jahres in einem Positionspapier Forderungen formuliert, um das digitale Arbeiten an unseren Schulen rechtssicher und zeitgemäß zu gestalten. Seitdem hat sich einiges getan: So zählte zu den Forderungen die Bereitstellung von digitalen Endgeräten für Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte. Mittlerweile hat die Landesregierung 103 Millionen Euro für Lehrer-PCs bereitgestellt sowie rund 350000 Endgeräte für Schülerinnen und Schüler, deren Elternhäuser sich das aus wirtschaftlichen und/oder sozialen Gründen nicht leisten können. Für die anfallenden Personal- und Sachkosten zur Administration dieser Geräte ist ein weiterer dreistelliger Millionenbetrag angekündigt.

Die ’LOGINEO-Familie’ wächst

Eine weitere Forderung bezog sich auf die Bereitstellung von Kommunikationsmitteln, die die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung erfüllen. Auch hier hat man endlich Fahrt aufgenommen: Der LOGINEO-Arbeitsplattform ist mittlerweile ein Lernmanagementsystem (LMS) hinzugefügt worden. Zudem stehen ein Messengerdienst sowie ein Videokonferenz-Tool kurz vor dem Rollout.

Im Positionspapier haben wir darauf hingewiesen, dass die Anforderungen des Distanzunterrichts für die Schülerinnen und Schüler eindeutig und rechtssicher definiert werden müssen. Eine entsprechende Verordnung ist mittlerweile auf den Weg gebracht worden.

Auf Dauer wachgeküsst?

Auch wenn die ersten Schritte in die richtige Richtung getan sind, bedarf es zahlreicher weiterer Anstrengungen. Um nur einige Beispiele zu nennen:

  • Noch längst nicht jede Schule verfügt über eine belastbare Internet- und Breitbandausstattung.
  • Es braucht didaktische Konzepte für den digitalen Fernunterricht und eine Fortbildungsoffensive für Lehrkräfte, die den schulformspezifischen Besonderheiten Rechnung trägt.
  • Der Einsatz und die Verwendung digitaler Medien müssen zentraler Bestandteil beider Phasen der Lehrkräfteausbildung in allen Fächern werden.

Fazit: Die Corona-Pandemie hat die Schulen aus ihrem digitalen Dornröschenschlaf wachgeküsst und die politisch Verantwortlichen endlich zum Handeln gezwungen. Ob diese Initialzündung eine nachhaltige Entwicklung nach sich zieht, wird aber erst die Zukunft zeigen.

Sven Christoffer

Zur Originalausgabe (PDF)-Format

Nach oben