Zwei Standpunkte zum Weg zurück zum neunjährigen Abitur

Die schwarz-gelbe Landesregierung will mit den Gymnasien zum Abitur nach neun Jahren zurück. Ab dem Schuljahr 2019/2020 soll an den Gymnasien der neunjährige Bildungsgang (G9) wieder eingeführt werden. So ist es im Koalitionsvertrag verankert. Das Kabinett hat das G9-Gesetz inzwischen auf den Weg gebracht. 

Nach dem Willen der CDU-FDP-Koalition soll der Regelfall ab dem Schuljahr 2019/2020 ein G9 Gymnasium sein. Einmalig kann bis zum 31. Januar 2019 auf Beschluss der Schulkonferenz mit Zweidrittel-Mehrheit das Gymnasium im G8 verbleiben. Schulträger können gegen den Beschluss ein Veto einlegen. Danach kann der Schulträger bestimmen, ob eine Schule von G8 nach G9 oder umgekehrt umgewandelt oder neu eingerichtet wird. Die Umstellung auf G9 beginnt mit dem Schuljahr 2019/2020. Sie umfasst die Jahrgänge 5 und 6 des Gymnasiums, also auch die Kinder, die zum Schuljahr 2018/2019 im Gymnasium aufgenommen wurden.

Nach der G9 Leitentscheidung hat sich eine politische Debatte entwickelt. Es geht um die Frage, ob die Gymnasien die G8-Option behalten oder flächendeckend und Ausnahme zu G9 zurückkehren sollten. Stellvertretend für diese beiden Positionen legen hier die FDP und die Landeselternkonferenz NRW ihre Meinung dar.

Originalausgabe (PDF-Datei)

Landeselternkonferenz NRW: Schluss mit der Strukturdebatte!

Der Referentenentwurf der Landesregierung zur Einführung von G9 legt fest, dass es neben G9- auch G8-Gymnasien geben kann, aber kein Modell dazwischen. Diese Regelung lehnt die Landeselternkonferenz NRW ab, denn dies führt zu einer Zersplitterung der gymnasialen Schullandschaft in Nordrhein-Westfalen! Die Verantwortung für die G8/G9-Entscheidung wird zuerst den Schulen und dann den Schulträgern übertragen – die Landesregierung entzieht sich ihrer Verantwortung!

Eine ähnliche Strategie wird bei den Wochenstunden in der Sekundarstufe I verfolgt. Es soll nur Vormittagsunterricht möglich sein (180 Pflichtwochenstunden), aber durch freiwillige acht Ergänzungsstunden darf gefördert und gefordert werden. Wieder liegt die Verantwortlichkeit bei den Schulen, ob Ergänzungsstunden angeboten werden sollen oder nicht. Konflikte sind so vorprogrammiert. Die Landesregierung ist nicht inhaltlich gestalterisch tätig, sondern bedient einzelne Interessengruppen. 

Es fehlt ein inhaltliches Konzept mit den daraus abzuleitenden Anforderungen: Durch verpflichtende Ergänzungsstunden und Beginn der zweiten Fremdsprache ab Klasse 7 könnten beim Übergang von der Grundschule an das Gymnasium die unterschiedlichen Voraussetzungen ausgeglichen, die Chancengleichheit erhöht, sowie soziale Nachteile verringert werden. So würde auch der Umfang der problematischen ‘Abschulung’ reduziert werden.
Mittels einer Flexibilisierung der Oberstufe kann auf die individuellen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler eingegangen werden. Begleitender zusätzlicher Unterricht ab Klasse 9 sollte das Überspringen der Einführungsphase vorbereiten. Eine Modularisierung der Qualifizierungsphase ermöglicht ein ‘Abitur im eigenen Takt’!

Dr. Ulrich Meier

Mitglied im Vorstand der Landeselternkonferenz (LEK) NRW

Origianlbeitrag (PDF-Datei)


FDP NRW: Gymnasien vor Ort sollen selbst entscheiden

Bei der Debatte um den gymnasialen Bildungsgang stehen für uns Freie Demokraten die Qualität der Bildung und die Bedürfnisse der Schüler im Mittelpunkt. Die Umsetzung von G8 hat an vielen Gymnasien und bei vielen Familien zu dem Gefühl der Überforderung, Zeitnot und letztlich Frustration geführt. Der Wunsch vieler Schüler, Lehrer und Eltern nach einer Rückkehr zu G9 wurde in den letzten Jahren immer deutlicher. Diesen Wunsch respektieren wir. Deshalb hat die NRW-Koalition aus CDU und FDP gemeinsam die Leitentscheidung für G9 getroffen. Werden die Schulen nicht aktiv, werden sie 2019 automatisch nach G9 überführt. G8 soll aber weiterhin dort möglich sein, wo es gewünscht ist. Zu erzwingen, dass alle Gymnasien wieder auf G9 umstellen, wäre für uns der falsche Ansatz: Denn es gibt Gymnasien, die bei G8 bleiben und ihre erfolgreichen Konzepte weiterführen möchten. 

Als Freie Demokraten wollen wir mehr Gestaltungsmöglichkeiten für Schulen. Für uns ist es daher ein erster Schritt zu mehr Schulfreiheit, dass Gymnasien vor Ort selbst entscheiden, ob sie G8 beibehalten wollen, statt automatisch zu G9 überzugehen. Die Entscheidung für G8 soll in der Schulkonferenz mit großer Mehrheit (Zwei Drittel + eine Stimme) getroffen werden können. Damit kann keine der betroffenen Gruppen der Schülerinnen und Schüler, Eltern oder Lehrkräfte vollständig überstimmt werden. Auch zentrale Rechte des Schulträgers bleiben gesichert. Wir wollen im Schulgesetz auch eine spätere Umwandlung auf Grundlage einer Bedürfnisprüfung ermöglichen. Das Land wird alle Schulen auf ihrem Weg bestmöglich unterstützen. Wir wollen eine jahrelang schwelende Debatte beenden, damit die Schulen in Nordrhein-Westfalen zukünftig in Ruhe an weltbester Bildung arbeiten können.

Franziska Müller-Rech

Schulpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion

Originalbeitrag (PDF-Datei)


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