»Gewerkschaften: Kampf statt Co-Management« – mit diesem Slogan warb die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) auf zahlreichen Plakaten im Landtagswahlkampf um Wählerstimmen. Handelt es sich dabei lediglich um die reißerische Parole einer linksradikalen Kleinpartei oder steckt hinter dieser Aufforderung nicht doch auch eine nachdenkenswerte Kritik?

Immer mal wieder wird mir die Frage gestellt, ob ich es mir nicht auch vorstellen könnte, in der Schulleitung zu arbeiten. Schließlich seien das in jahrelanger Personalratsarbeit angesammelte Wissen und die in diesem Zusammenhang gemachten Erfahrungen sicherlich nützlich für die Ausübung von Schulleitungsaufgaben. Meine Antwort ist dann immer sehr eindeutig: Schulleitungen sitzen häufig zwischen allen Stühlen. Sie bekommen jede Menge Druck von der schulfachlichen Aufsicht, geben den an die Kolleginnen und Kollegen weiter, haben diesen gegenüber aber gleichzeitig eine Fürsorgepflicht und müssen den Interessen von Schülern und Eltern gerecht werden. Mehr Quadratur des Kreises geht gar nicht!

Dagegen verfügen Personalräte über eine geradezu traumhafte Rollenklarheit: Sie sind von den Beschäftigten gewählt und haben ausschließlich deren Interessen gegenüber der Dienststelle zu vertreten – und das möglichst kompetent und mit der nötigen Portion Leidenschaft. Wer diese Maximen beherzigt und die Bodenhaftung nicht verliert, gerät nicht in die Gefahr zum ‘Co-Manager’ oder zur ‘kleinen Dienststelle’ zu werden. Ob man mit dem Ministerium zu gemeinsamen Lösungen kommt, die für beide Seiten tragfähig sind, hängt dann vom Einzelfall ab. Zwei Beispiele seien hier genannt.

 

Leitlinien für Lehrkräfte im Gemeinsamen Lernen

Vertreter der Hauptpersonalräte haben mit Vertretern des Ministeriums für Schule und Weiterbildung in einer Arbeitsgruppe an ‘Leitlinien für Lehrkräfte im Gemeinsamen Lernen’ gearbeitet. Vorgabe der Dienststelle war, dass alle Fixierungen im Papier ‘ressourcenneutral’ sein müssten. Wenn ich als Personalrat aber der Auffassung bin, dass die Kolleginnen und Kollegen vor Ort die Inklusionsarbeit mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht bewältigen können, hätte eine Unterschrift des Hauptpersonalrats Realschulen unter die ‘Leitlinien’ eine fatale Signalwirkung gehabt. Der Hauptpersonalrat Realschulen hätte sich zum ‘Co-Manager’ einer ideologiegesteuerten Inklusionspolitik des Ministeriums für Schule und Weiterbildung gemacht, die die Realität nicht in den Blick nimmt. Umso mehr hat es mich gefreut, dass nicht nur alle lehrer nrw-Mitglieder des Hauptpersonalrats Realschulen die ‘Leitlinien’ geschlossen abgelehnt haben, sondern sich auch Vertreter weiterer Fraktionen sich diesem Votum angeschlossen haben. Insgesamt haben lediglich drei der sieben Hauptpersonalräte ihre Bereitschaft zur Unterschrift signalisiert!

 

LOGINEO NRW

In der letzten Ausgabe dieser Zeitschrift hatte ich ausführlich dargestellt, warum der Hauptpersonalrat Realschulen eine Dienstvereinbarung zur ‘Einführung, Nutzung und Weiterentwicklung von Logineo NRW in Schulen in NRW’ nicht mitzeichnet und stattdessen auf das klassische Mitbestimmungsverfahren setzt. Kern des Problems ist, dass der Hauptpersonalrat die Lehrkräfte bei der vorgesehenen dienstlichen Nutzung privater Endgeräte (BYOD – Bring Your Own Device) nicht ausreichend geschützt sieht. Und auch hier gilt: Wenn ich als Personalrat dieser Auffassung bin, kann ich nicht anders handeln, nur um nicht in die Außenseiterrolle zu geraten. Zudem enthält die Dienstvereinbarung weitere kritische Formulierungen. Unter dem Punkt ‘Nutzung der E-Mail-Komponente’ heißt es: »Es ist nicht zumutbar, dass Lehrkräfte ständig ihr Mail-Fach kontrollieren.« Ein paar Zeilen weiter wird den Lehrkräften aber genau das zugemutet: »Eine Nachricht per E-Mail gilt als zur Kenntnis genommen, wenn sich die Lehrkraft oder das weitere Schulpersonal nach Versand der E-Mail wieder an der Schule aufhält und somit verpflichtet ist – analog zur Nachricht in Papierform – Informationen aus dem Postfach oder E-Mail-Posteingang zur Kenntnis zu nehmen.« Im Klartext: An jedem Anwesenheitstag in der Schule muss die Lehrkraft ihre Mails checken. Tut sie das – aus welchem Grund auch immer – nicht, begeht sie eine Dienstpflichtverletzung. Wer glaubt, dass eine solche Vorgabe nicht zu einer Mehrbelastung der Kolleginnen und Kollegen führt, muss schon sehr lange keinen Kontakt mehr zur Basis gehabt haben …

 

Kämpfen lohnt sich

In einem Vorgespräch zum anstehenden Mitbestimmungsverfahren hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung die Bedenken des Hauptpersonalrats Realschulen jedenfalls sehr ernst genommen und eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet, die in der Sache helfen können (Einführung von LOGINEO NRW an allen Realschulen des Landes ohne BYOD, Pilotierung von LOGINEO NRW an einer begrenzten Zahl von Realschulen mit BYOD unter enger Begleitung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung, des Hauptpersonalrats und der Wissenschaft inklusive externer Evaluation, weniger dirigistische Formulierungen zum Beispiel bei der Nutzung der E-Mail-Komponente …). Mein Zwischenfazit lautet jedenfalls: Manchmal kann es sich lohnen, den mühsameren Weg auf sich zu nehmen. Dafür muss man aber Kämpfer sein …

Sven Christoffer

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