Der Hoffnungsträger Sekundarschule, der allerdings vielerorts zur ‘Gesamtschule light’ verkümmert ist, scheint ein wenig zu schwächeln. Stattdessen besinnen sich immer mehr Eltern auf eine bewährte und anerkannte Schulform: Die Realschule scheint sich in Nordrhein-Westfalen zu stabilisieren.

Der Schulfrieden, der seinerzeit zwischen den Regierungsparteien SPD und Grüne sowie der CDU ausgehandelt wurde, gebar eine neue Schulform, die Sekundarschule. In der Folge hatten so manche Kommunen ihre Hauptschulen oder auch Realschulen in Sekundarschulen umgewandelt oder auslaufen lassen. Das war aus meiner Sicht höchst problematisch, weil eine gut funktionierende und erfolgreiche Schulform, wie es die Realschule nun einmal ist, gegen eine neue Schulform, die Sekundarschule, eingetauscht wurde, die sich erst noch bewähren muss.

Erhellender Blick in die Statistik

Im Statistik Telegramm 2015/2016 liegen nun aktuelle Schuleckdaten und Zeitreihen 2006/2007 bis 2015/2016 vor. Sie können (mit Stand April 2016) Auskunft geben über die aktuellen Daten der verschiedenen Schulformen sowie über die Entwicklung der Schuldaten der letzten zehn Jahre.

Es versteht sich von selbst, dass diese Daten nur wenig aussagekräftig sind für einzelne Schulorte. Ebenso lassen sich die Entscheidungen der einzelnen Kommunen für oder gegen eine bestimmte Schulform nicht aus der Statistik herauslesen.

Anzeichen für Trend-Umkehr

Dennoch können allgemeine Trends beobachtet werden. Überraschende Ergebnisse zeigen sich zum Beispiel bei den Übergangsquoten aus der Grundschule zur Realschule. Ist die Anzahl der Schüler, die zur Realschule gewechselt sind, seit der Einführung der Sekundarschule (2012) verständlicherweise stets gefallen, so zeigt sich 2015 erstmals eine Trendwende. Im Verhältnis zum Vorjahr sind über eintausend Schüler mehr zur Realschule angemeldet worden. Gleichzeitig steigt nur noch minimal der Anteil der Schüler, der zur Sekundarschule wechselt; von 2014 auf 2015 sind das mit 0,1 Prozent nur gut 250 Schüler mehr. Auch der Trend zur Gemeinschaftsschule ist in den Jahren 2011 bis 2015 kontinuierlich zurückgegangen.

Schaut man nun auf die Anzahl der Schulen so zeigt sich, dass von 499 öffentlichen Realschulen in Nordrhein-Westfalen 166 auslaufend gestellt sind. Gleichzeitig ergibt sich aber bei den Realschulen in privater Trägerschaft ein entgegengesetzter Trend. Dadurch steigt die Zahl der Realschulen insgesamt in den Jahren 2006 bis 2015 von 555 auf 559, das entspricht einer Steigerung des Anteils von 8,2 Prozent auf 9,3 Prozent.

Realschulen stabilisieren sich

Nun sind die Anmeldungen zu den weiterführenden Schulen erfolgt, und es liegt nahe, auf das Wahlverhalten der Eltern zu schauen. Leider liegen dazu noch keine offiziellen Statistiken vor. Fragt man aber bei einzelnen Schulen oder in einzelnen Kommunen nach, so zeigt sich durchaus eine Stabilisierung der Anmeldungen für die Realschule. Bei den Zahlen für die Sekundarschule empfiehlt es sich, auf das pädagogische Konzept zu achten. So weiß ich, dass Sekundarschulen, die ab der Klasse 7 eine äußere Differenzierung gemäß der Schulformen Hauptschule, Realschule und Gymnasium vorhalten, sehr stark nachgefragt sind, so dass Schüler abgewiesen werden müssen. Andererseits gibt es Kommunen, die alle Realschulen und Hauptschulen nur auf binnendifferenzierte Sekundarschulen umstellen wollten und jetzt jedoch wieder auf dem Rückzug sind. Sie haben in diesem Jahr erneut Anmeldungen zur (auslaufenden!) Haupt- bzw. Realschule zugelassen.Könnte es sein, dass Totgesagte, nicht nur im Volksmund, sondern auch in der nordrhein-westfälischen Schullandschaft, länger leben?

Ulrich Brambach

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