Fälle der Verunglimpfung von Lehrern im Internet häufen sich mit der verstärkten Nutzung desselben. Und damit auch die Frage der Betroffenen, was nun? Was tun? Eins vorweg: Die Annahme, dass Lehrkräfte in solchen Fällen machtlos, zahnlos, rechtlos sind, ist grundfalsch.

Die Nutzung des Internets wird immer mehr zur Selbstverständlichkeit, vor allem seit dies mithilfe von Smartphones auch ’mobil’, das heißt zu jeder Zeit und grundsätzlich auch von jedem Ort aus möglich ist. Immer mehr und immer jüngere Schüler besitzen Smartphones. Manch ein Lehrer wünscht sich sicher, dass Smartphones generell an Schulen verboten werden, wie es nach den Plänen von Präsident Emmanuel Macron in Frankreich ab Herbst dieses Jahres der Fall sein soll.

 

Lügen, Manipulationsversuche, Verunglimpfungen, Diskriminierungen

Grund für die Skepsis ist auch die Erkenntnis, dass der Schwerpunkt der Nutzung des Internets, sei es über Smartphones oder andere Geräte, nicht die Recherche zur Lösung von Schulaufgaben ist, sondern die Pflege und Erweiterung von Kontakten sowie der teils minutiöse Austausch unter Freunden und Bekannten über soziale Netzwerke. Dies bringt leider aber auch immer öfter und weit über Freunde und Bekannte hinaus hässliche Auswucherungen wie die Verbreitung von Lügen, Manipulationsversuche, Verunglimpfungen und Diskriminierungen sowie Hate-Speeches, Fake-News und Cybermobbing mit sich. Wahrlich als Fluch stellt sich dabei die Ausstattung von Smartphones mit Kameras dar.

Das Problembewusstsein für derart unangenehme Vorkommnisse wächst ebenso wie Hilfsangebote. Über das EU-Portal ’klick-safe’, über die Landesstelle für Gewaltprävention und Prävention von Cybergewalt an Schulen beziehungsweise über die Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz findet man in Nordrhein-Westfalen beispielsweise Rat und Hilfe speziell für das schulische Umfeld.

 

Thema Cybermobbing ist im Landtag angekommen

Auch der Landtag in Düsseldorf diskutiert aktuell, wie man Schulen im Kampf gegen Cybergewalt unterstützen kann und fasst dabei die Lehreraus- und -fortbildung ins Auge. Kein schlechtes Ansinnen – denn wenn Lehrer sich auf diesem Gebiet bilden, können davon zweifelsohne nicht nur Schüler, sondern auch sie selbst profitieren. Dennoch wird die eine oder andere Lehrkraft, die unvermittelt auf ein kompromittierendes Foto und einen demütigenden Kommentar über sich selbst im Internet stößt, nach wie vor auf folgenden inneren Konflikt stoßen: Am liebsten wäre ihr einerseits ein »Schwamm drüber!«. Auf der anderen Seite sollten sich Täter doch schonungslos dafür verantworten. In jedem Falle ahnt sie, dass auch im Nachhinein noch ein fader Beigeschmack bleiben wird.

Die Verunglimpfung durch Schüler als solche wird den Kollegen dabei oftmals noch nicht einmal umhauen. Schließlich ist man in gewisser Weise ja auch stets der ’natürliche Feind’ der einem anvertrauten mehr oder weniger bildungsbeflissenen Jugendlichen. Häufig kennt man ja sogar seine ’Pappenheimer’. Im Unterschied zu Taten der realen Welt kommt aber bei Fällen im Internet, das heißt bei Cybermobbing, hinzu, dass der oder die Täter oft anonym bleiben und dass Reichweite und Wirkungsdauer einer Verunglimpfung im Internet im wahrsten Sinne des Wortes so ’unfassbar’ sind. Es ist nachvollziehbar, wenn sich Lehrer in dieser Situation machtlos fühlen und es ungleich schwerer fällt, eine Entscheidung zu treffen, inwieweit man sich gegen den oder die Vorfälle wehrt.

 

Lehrer sind nicht machtlos gegen Cybermobbing

Um diese Entscheidung auf annähernd klarer Grundlage treffen zu können wie bei einem Konflikt in der realen Welt, sollte aber jede Lehrkraft wissen, dass sie sich keinesfalls machtlos fühlen muss. Sie ist weder rechtlos, noch fehlt es an der Durchsetzungsfähigkeit ihrer Rechte. Betroffenen stehen dabei verschiedene Wege zur Verfügung. Natürlich kommen zunächst Maßnahmen des Schulrechts gegen jeden – bekannten – Täter ab dessen Einschulung in Betracht.

Wer im Internet eine Lehrperson attackiert und über vierzehn Jahre alt ist, kann sich zudem aber auch strafbar machen und zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt werden. Diffamierungen können verschiedene Tatbestände verwirklichen. Sie können eine Beleidigung nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB), Üble Nachrede nach § 186 StGB oder eine Verleumdung nach § 187 StGB darstellen. Wird ein Übel angedroht, stehen Nötigung (§?240 StGB), Erpressung (§ 253 StGB) oder Bedrohung (§ 241 StGB) im Raum. Bei längeren Schikanierungen könnte eine Nachstellung (§ 238 StGB) vorliegen. Findet sich der Lehrer auf kompromittierendem Bild- oder Videomaterial wieder, können die Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB) oder der höchstpersönliche Lebensbereich (§ 201 a StGB) verletzt sein.

Da Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen, kann sogar eine Strafbarkeit nach dem sogenannten ’Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie’, dem KunstUrhG, gegeben sein.

 

Auf der Spur von ’SchwarzeMaus49’ und ’Killi-Billi’

Eine Lehrkraft kann dabei den notwendigen Strafantrag selbst stellen. Wird sie in Ausübung ihres Amtes attackiert, ist damit überdies der Staat gleichzeitig selbst einem Angriff ausgesetzt, so dass auch die dienstvorgesetzte Stelle einen eigenen Antrag stellen kann. Der Umstand allein, dass oft nicht klar ist, von wem die Tat verübt wurde, muss nicht vor einem Antrag zurückschrecken lassen. Denn der Staatsanwaltschaft ist es möglich, die IP-Adresse des Gerätes dessen zu ermitteln, der sich hinter einem Pseudonym wie ’Schwarze-Maus49’ oder ’Killi-Billi’ versteckt.

Zivilrechtlich können Verletzungen der Persönlichkeitsrechte bereits gegen Täter ab dem siebten Lebensjahr geltend gemacht werden. Es kommen Unterlassungs-, Widerrufs- Ergänzungs- oder Berichtigungsansprüche in Betracht, bei materiellen Schäden auch Schadensersatz- und Geldentschädigungsansprüche.

 

Wie rechtsverletzende Inhalte aus dem Netz verschwinden

Da mag der eine oder andere denken: »Geld? Von einem Schüler? Das brauche ich nicht. Aber die Demütigung, verbreitet über das Internet, soll verschwinden und keinesfalls nochmals passieren! Nur wie bekomme ich die da raus? Das Internet vergisst doch bekanntermaßen nicht!« – Wer sich als Betroffener in dieser Reaktion wiederfindet, sollte sich vergegenwärtigen, dass man sich nicht auf den Täter konzentrieren muss, sondern den Betreiber des Internetportals, auf dem die Demütigung erschienen ist, auf Löschung der betreffenden Inhalte in Anspruch nehmen kann. Der Betreiber hat im Unterschied zum Täter in der Regel auch kein Interesse daran, dass rechtsverletzende Inhalte in seinem Verantwortungsbereich verbreitet werden und wird den Ansprüchen daher eher nachkommen.

Keinem Lehrer ist zu wünschen, dass er das Voranstehende im Zusammenhang mit eigenen Erfahrungen liest. Doch wie man sieht, muss auch Cybermobbing gegen einen Lehrer kein Kampf gegen unsichtbare Schatten bedeuten. Die Kenntnis der rechtlichen Möglichkeiten kann zumindest zu einem souveräneren Umgang mit der Situation führen.

 

Info:

lehrer nrw plant für den 9./10. Oktober eine Fortbildung zum Thema ‘Mobbing gegen Lehrer’. Details werden zu gegebener Zeit in dieser Zeitschrift und unter www.lehrer-nrw.de veröffentlicht.

Christopher Lange

Originalausgabe (PDF-Datei)


 

Nach oben