Was charakterisiert eine gute Schule? Eine führungsstarke, entscheidungsfreudige Schulleitung. Engagierte Lehrerinnen, Lehrer und Schulsozialpädagogen. Ein in sich stimmiges, durchdachtes Konzept. Anregende Unterrichtsmaterialien. Natürlich. Aber auch die Architektur spielt eine wesentliche Rolle.

Architektur hilft beim Lernen. Das räumliche Umfeld bestimmt maßgeblich den Lernerfolg und die Motivation der Schülerinnen und Schüler – und ihrer Lehrer. Die Planung von Schulgebäuden muss sich deshalb von langen Fluren und Raumschachteln verabschieden: Wer eine neue Schule entwerfen oder eine bestehende Schule umbauen will, sollte zuerst an das Lernen selbst denken. Denn wir wissen heute sehr viel genauer als früher, wie Lernen funktioniert. Moderne Schularchitektur sollte so faszinierend sein, dass sich die Schülerinnen und Schüler gerne mit ihr identifizieren. Klare architektonische Aussagen können Lernende und Lehrende anregen. Das beginnt in einer gelungenen, die Sinne anregenden Außengestaltung mit visuellen räumlichen Bezügen und Begenungsangebote und setzt sich sukzessive in den Gebäudestrukturen fort.

 

Sanierungsstau an NRW-Schulen

Es geht also nicht allein darum, ob Schulgebäude und Klassenräume, in die in vielen nordrhein-westfälischen Kommunen über Jahrzehnte hinweg nichts investiert worden ist, optisch in die Jahre gekommen sind. Selbstverständlich ist der Sanierungsstau ein vorrangiges Problem. Die 1,12 Milliarden Euro, die das Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes vom Bund für Sanierung, Umbau und Erweiterung von Schulgebäuden bekommt, werden dringend benötigt. Genau so wichtig ist aber die Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der modernen Schularchitektur selbst. Das räumliche Umfeld ist neben den Lehrern und Mitschülern der dritte Pädagoge, die Lernumgebung erzieht ästhetisch und soll Schülerinnen und Schüler in ihrer Entwicklung fördern, statt sie zu behindern. Deshalb sollten sich Lehrerinnen und Lehrer nicht dafür rechtfertigen müssen, architektonisch gute Schulen zu fordern. Die Kommunen als Schulträger sollten die Wirkung von Architektur auf den Lebensraum Schule in den Fokus stellen – und mit Sanierung, Umbau und Erweiterung von Schulgebäuden Architekturbüros beauftragen, die sich engagiert mit dem aktuellen Stand der Pädagogik und den Anforderungen an eine moderne Schule auseinandersetzen. Früher gab es nur Frontalunterricht, mittags gingen die Kinder nach Hause. Heute ist das Lernen individualisierter, und die Schülerinnen und Schüler verbringen mehr Zeit in der Schule. Gerade deshalb sollte jeder Schüler eine ideale Umgebung bekommen.

Nicht meckern. Machen!

Vorstellungen davon, wie die perfekte Architektur zum Lernen aussehen könnte, haben nicht nur Architekten, sondern ganz originär wir Lehrerinnen und Lehrer: Die kommunalen Schulträger sind bei ihren Schulbaumaßnahmen daher gut beraten, uns Nutzer bereits in der Frühphase der Planungen mit einzubeziehen und einen regen Austausch mit der Schule zu suchen. Nur so kann das Ziel erreicht werden, Schulen beispielsweise nicht nur energetisch zu sanieren oder am Einsturz zu hindern, sondern auch pädagogisch an die  Anforderungen unserer Zeit anzupassen.

Eine Vielzahl gelungener Projekte zeigt zudem, dass eine gelungene Schularchitektur nicht nur in Neubauten realisiert werden kann. Manchmal reicht es schon aus, das Gebäude optisch aufzufrischen, Glasflächen für zusätzlichen Lichteinfall und unerwartete Durchblicke zu konzipieren oder die Pausen- und Freiflächen neu anzulegen. Inspirationen gibt es genug. Das Design hinterlässt beim Betrachter starke Eindrücke: Schule kann auch schön sein!
lehrer nrw wird in den nächsten Ausgaben in loser Folge Beispiele für herausragende Schularchitektur vorstellen.

Sollten Sie, liebe Leserinnen und Leser, selbst solche Beispiele kennen, freut sich die Redaktion über eine Info unter presse@lehrernrw.de.

 

Info:

Nordrhein-Westfalen erhält im Rahmen des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes vom Bund 1,12 Milliarden Euro. Der Bund hat den Ländern insgesamt 3,5 Milliarden Euro für Investitionen finanzschwacher Gemeinden und Gemeindeverbände in die Schulinfrastruktur zur Verfügung gestellt. Förderfähig sind Investitionen für die Sanierung, den Umbau, die Erweiterung und ausnahmsweise auch der Ersatzbau von Schulgebäuden. Zu ‘Schulgebäuden’ zählen auch Schulsporthallen, Außenanlagen und Mensen, Arbeits- und Werkstätten sowie Labore.

 

Die Autorin:

Claudia Blazejewski, Jahrgang 1963, ist Diplom Architektin und Städtebauingenieurin. Nach der Geburt ihres Sohnes wechselte sie 2007 in den nordrhein-westfälischen Schuldienst. Sie ist Lehrerin an der Adolf-Reichwein-Realschule in Witten.

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Praxisratgeber für Lehrerräte

Lehrerräte sind ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Lehrerkollegium und der Schulleitung. Sie haben Mitgestaltungsmöglichkeiten und Entscheidungskompetenzen, aber auch große Verantwortung, etwa im Hinblick auf personalvertretungsrechtliche Aufgaben. Über Rechte und Pflichten von Lehrerräten informiert lehrer nrw in einem neu aufgelegten Praxisratgeber.

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Eigenverantwortlichkeit an Schulen vom 24. Juni 2008 und der Verordnung zur Änderung der Verordnung über beamtenrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 20. Juni 2008, zuletzt geändert durch die Zuständigkeitsverordnung vom 21. Januar 2013, verfügen die Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen als bereits selbstständige Schulen, spätestens ab dem Schuljahr 2013/2014 aber an fast allen Schulen über weitere personalrechtliche Befugnisse und Entscheidungsspielräume. 

 

Personalvertretungsrechtliche Aufgaben

Die damit korrespondierenden personalvertretungsrechtlichen Aufgaben werden ab diesem Zeitpunkt durch den Lehrerrat zusätzlich zu seinen schulmitwirkungsrechtlichen Aufgaben wahrgenommen. Laut Zuständigkeitsverordnung vom 21. Januar 2013 ist der Katalog der Dienstvorgesetztenaufgaben in zwei Stufen gegliedert. Die entsprechenden Beteiligungsrechte der Lehrerinnen und Lehrer werden dabei auf die Ebene der einzelnen Schule verlagert. Die Reichweite der Aufgaben der Lehrerräte hängt davon ab, in welchem Maße dem/der Schulleiter/in Aufgaben des Dienstvorgesetzten übertragen worden sind. 

Die Zunahme der Eigenverantwortung der einzelnen Schulen soll zur Steigerung der Qualität der Bildungseinrichtungen beitragen und letztendlich die Ausbildung der Schüler/innen nachhaltig verbessern. Damit dieses Konzept funktioniert, ist es unerlässlich, die Lehrerratsmitglieder angemessen über ihre Mitgestaltungsmöglichkeiten und Entscheidungskompetenzen zu informieren. 

 

Aktualisierter Praxisratgeber

Sven Christoffer, stellvertretender Vorsitzender des Hauptpersonalrats für Lehrerinnen und Lehrer beim MSB NRW, und Sarah Heks, Vorsitzende des Lehrerrats an der Johannes-Kepler-Realschule, haben den bewährten Praxisratgeber für Lehrerräte aktualisiert und überarbeitet. Er vermittelt in Ergänzung zu den von lehrer nrw angebotenen Lehrerratsfortbildungen (Grund- und Aufbauschulungen) die wichtigsten Fakten und gibt wertvolle Tipps für die Praxis.

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Chancen für Realschüler

In Hückeswagen hat sich in enger Kooperation mit regionalen Unternehmen ein Berufskolleg etabliert, das exemplarisch zeigt, wie ein erfolgreiches Miteinander zwischen Schule und Wirtschaft funktionieren kann. Hier werden Ausbildung und Abitur in einem Programm angeboten – ideal für leistungsstarke Realschüler.

Von Harald Pflitsch ist ein Bonmot aus Jugendzeiten überliefert: »Ich konnte Shakespeare im Original lesen – aber in England keinen Kaffee bestellen.« Nichtsdestotrotz wurde aus ihm ein erfolgreicher Unternehmer, der den Familienbetrieb zu einem weltweit aktiven Spezialisten für Kabelverschraubungen und Kabelkanäle ausgebaut hat.

Pflitsch ist ein Mensch, der über den Tellerrand schaut. 2009 entwickelte er die Idee, »engagierten Jugendlichen neue Chancen zu einem besseren Schulabschluss zu bieten und sie näher an die Wirtschaft zu bringen«. Aus dieser Vision entstand mit tatkräftiger Unterstützung durch weitere Gesellschafter das ‘Berufskolleg Hückeswagen – Privatschule Bergischer Unternehmen’. 2010 kamen die ersten Schüler ans BKHW, das in kürzester Zeit eine beeindruckende Erfolgsgeschichte geschrieben hat. 

 

Bundesweit einzigartig

Kern des Konzepts ‘Mach dein Abi dual’ ist, dass die Schüler Ausbildung und Abitur (bzw. Fachabitur) kombinieren können. Das ist bundesweit einzigartig, betont das BKHW auf seiner Homepage. Als Ausbildungsberufe bietet das Berufskolleg Industriekaufmann-/frau, Industriemechaniker/in und Zerspanungsmechaniker/in an. Darüber hinaus können Schüler mit Fachhochschulreife und einer mindestens zweijährigen, abgeschlossenen kaufmännischen oder technischen Berufsausbildung in Hückeswagen die allgemeine Hochschulreife erwerben. 

Diese Ausrichtung entspricht dem Bedarf der regionalen Wirtschaft, die das Berufskolleg Hückeswagen trägt. Die Einrichtung ist eine staatlich anerkannte private Ersatzschule. Die Finanzierungslücke zur Vollkostendeckung trägt ein Förderverein. Das Rückgrat der Trägergesellschaft und des Fördervereins bilden sechs renommierte bergische Unternehmen, die Kapital und Engagement einbringen. Insgesamt 22 Unternehmen aus der Region sind Ausbildungspartner des Berufskollegs. Die Schüler sind in der Regel drei Tage pro Woche im Ausbildungsbetrieb und zwei Tage im Berufskolleg, wo sie das Rüstzeug fürs Abitur erwerben. 

 

Partnerschaft mit Realschule

Die Nähe zur Wirtschaft ist kein Nachteil, ganz im Gegenteil: »Es gab noch nie einen Versuch seitens der Unternehmen, auf die Schule Einfluss zu nehmen«, betont Dieter Schruff. Er war 25 Jahre lang Leiter der Realschule Hückeswagen und ist heute pädagogischer Beirat des BKHW. Die örtliche Realschule ist Partner des Berufskollegs. Das ist naheliegend, denn das Konzept des BKHW baut auf dem mittleren Schulabschluss auf. Realschüler sind mithin die ideale Klientel. Zwei Lehrkräfte der Realschule unterrichten im Austausch auch in den Klassen des Berufskollegs. Einer von ihnen ist Thorsten Schmalt. »Traditionell haben wir an unserer Realschule sehr viele Kinder mit Gymnasialempfehlung, da es kein Gymnasium vor Ort gibt. Die Kooperation mit dem Berufskolleg ist ein Glücksfall für unsere leistungsstarken Schülerinnen und Schüler. Durch gezielte Förderung können wir ein hoch attraktives Schulangebot bis zum Abitur in Hückeswagen anbieten«, sagt der Pädagoge. »Durch die sehr enge Kooperation und den Austausch von Lehrkräften entwickeln sich nicht nur beide Schulen sehr positiv weiter, darüber hinaus ergibt sich dank der Verzahnung mit den regionalen Unternehmen ein interessantes Angebot an Ausbildungsplätzen auch für Schülerinnen und Schüler, die nicht parallel bis zum Abitur gehen möchten.«

Ein Spaziergang ist es nicht, Ausbildung und Abitur in drei Jahren zu schaffen. »Unsere Bildungsgänge sind anspruchsvoll«, sagt BKHW-Geschäftsführerin Gabriele Döbler. Wer diesen Weg gehen möchte, sollte leistungsstark und motiviert sein. Die Lernbedingungen sind top. Das Schulgebäude im ehemaligen Marienhospital von Hückeswagen bietet hochmoderne Klassenräume, ein Selbstlernzentrum, zwei Schülercafés und Aufenthaltsräume. Alle Schüler erhalten Notebooks, die sie in der Schule, im Betrieb und zu Hause nutzen können. 

 

Nicht mehr als achtzehn Schüler pro Klasse

Aktuell unterrichten vierzehn Lehrkräfte am BKHW rund einhundert Schülerinnen und Schüler. Die derzeit kleinste Klasse hat zehn Schüler, die größte achtzehn. Nicht nur wegen dieser idealen Rahmenbedingungen ist die Identifikation von Schülern und Lehrern mit dem Berufskolleg hoch. »Bei uns herrscht ein besonderer Teamgeist«, hebt Gabriele Döbler hervor. Das erste Element der Ausbildung am Berufskolleg Hückeswagen ist immer ein Teambuilding-Seminar. Nicht von ungefähr ist die Fehlstundenquote minimal, und es gibt fast keinen Unterrichtsausfall. Die Ausbildung am Berufskolleg ist sehr praxis- und wirtschaftsnah, heißt es auf der Homepage: Business Englisch statt Shakespeare, Gesprächsführung und Präsentationstechnik statt Balladen von Goethe. 

Die ersten Absolventen haben das Berufskolleg Hückeswagen 2013 verlassen. Es zeigt sich, dass sehr viele den Unternehmen, in denen sie ihre Ausbildung gemacht haben, treu geblieben sind. Nicht wenige nutzen auch das Sprungbrett für ein Studium – mit der Option, später als Fach- und Führungskraft wieder zurückzukehren.

 

Info

Berufskolleg Hückeswagen – Privatschule Bergischer Unternehmen gGmbH

www.berufskolleg-hueckeswagen.de

 

Bildungsgänge

  • Allgemeine Hochschulreife für Berufserfahrene Abitur (Vollzeit) in einem Jahr
  • Industriekauffrau/-mann Allgemeine Hochschulreife (Abitur) + Ausbildung in drei Jahren
  • Industriemechaniker/-in Zerspanungsmechaniker/-in Fachhochschulreife (Fachabitur) + Ausbildung in drei Jahren optional Abitur im vierten Jahr

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