Um methodisch und didaktisch innovative MINT-Unterrichtsstunden bekannt zu machen, suchen der Ernst Klett Verlag und der Bundesverband MNU Bundesverband zur Förderung des MINT-Unterrichts zum sechsten Mal die besten Ideen.

Dass der MINT-Unterricht nicht abstrakt sein muss, beweisen die alljährlichen Einsendungen zum Wettbewerb ‘Innovative MINT-Unterrichtsideen’ von jungen Lehrkräften und Referendarinnen und Referendaren. Gesucht werden erneut innovative Unterrichtseinheiten in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Den Gewinnern winken Geldpreise und die Bekanntmachung ihrer Beiträge in Fachkreisen.

»Neugier wecken, lebensnahe Fragen stellen, Verständnis schaffen. Das prägt den Unterricht in den MINT-Fächern«, beschreibt Prof. Matthias Kremer vom Staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung in Rottweil und MNU-Vorstand seine Vorstellung eines guten Unterrichts in den MINT-Fächern. Um Schülerinnen und Schüler nachhaltig für die naturwissenschaftlichen Fächer zu motivieren, entwickeln Lehrkräfte viele methodisch und didaktisch innovative Unterrichtsstunden. Diese zu identifizieren und bekannt zu machen, ist Ziel des Wettbewerbs, der sich gezielt an Referendarinnen und Referendare sowie Junglehrerinnen und Junglehrer mit maximal fünf Jahren im Schuldienst richtet. 

Erprobte Unterrichtsstunden können noch bis zum 30. November 2017 zum Wettbewerb eingereicht werden. Das Preisgeld in Höhe von 750 Euro für den ersten Platz, 500 Euro für den zweiten Platz und 250 Euro für den dritten Platz wird durch den Ernst Klett Verlag gestiftet. Prämierte Unterrichtsstunden werden auf den MNU-Referendars-/ Junglehrertagungen im Jahr 2018 vorgestellt. Die Verleihung der Preise findet im Rahmen des 109. MNU-Bundeskongresses am 26. März 2018 in München statt.

Info:

Informationen und Ausschreibung: www.mnu.de/wettbewerbe#innovative_unterrichtsideen

Zur Originalausgabe (PDF-Datei)


 

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Der Roboter als Lehrer

Sie sind unbegrenzt belastbar, werden nicht krank, leisten bereitwillig Überstunden und verfügen über gigantisches Wissen: Roboter. Die kleinen technischen Helfer mit den großen Prozessoren könnten Lehrkräfte im Unterricht unterstützen. Phantastereien von Science-Fiction-Nerds und Technik-Freaks? Von wegen.

Allerorten wird er vermeldet, der Lehrermangel an den nordrhein-westfälischen Schulen. Vielerorts bleiben Stellen unbesetzt, gerade in den ländlichen Regionen. Die Landesregierung plant Imagekampagnen für den Lehrerberuf. Und auch Schulministerin Yvonne Gebauer denkt darüber nach, wieder vermehrt Seiteneinsteiger als Lehrerinnen und Lehrer einzusetzen, um dem Personalmangel vor Ort entgegenzuwirken.

In dieser Gesamtsituation sendet der WDR-Hörfunk im September 2017 ein Feature über den Lernroboter Nao und seine Einsatzmöglichkeiten in der Schule. Frank Görgens, stellvertretender Vorsitzender von lehrer nrw? und Leiter einer Kölner Gesamtschule, beschäftigte sich bereits 2015 mit diesem Thema und ließ es recht schnell fallen, denn es lag nahe, dass es nicht relevant werden würde in den Schulen in Nordrhein-Westfalen. Nun scheint es im Zuge des Lehrermangels und dem Trend zur Individualisierung von Lernprozessen (wieder) ein Thema zu werden. Bei aller Technik-Affinität – die Vorstellung hat auch etwas Gruseliges.

 

Nao und Pepper – zwei Freunde fürs Leben?

Bei Recherchen zu diesem Thema stößt der Autor schnell auf die Namen von Nao und Pepper. Beides sind sogenannte humanoide und programmierbare Roboter mit einem menschlichen Erscheinungsbild. Beide werden federführend von einer französischen Firma gebaut und seit 2006 (Nao) bzw. 2014 (Pepper) vertrieben. Die Anschaffungskosten liegen bei rund 7000 Euro für Nao und knapp 1500 Euro für Pepper, wobei hier monatliche Kosten hinzuzurechnen sind. Beide Roboter muten in ihrem Erscheinungsbild und in ihren Interaktionsmustern vermeintlich ‘menschlich’ an. Pepper wird von der Produktionsfirma gar als emotionaler Roboter bezeichnet, der in Beziehung mit dem Besitzer und Nutzer gehen kann und soll.

 

Was können die beiden?

Nao wird bereits in einer Berliner Schule in einem Modellprojekt und als Assistent an der Marburger Universität eingesetzt. Hier wird die Technologie in unterschiedlichen Kontexten erprobt. Sie leitet Yogaübungen für Grundschüler an, leistet Unterstützung beim Vokabellernen oder übernimmt einfache Erklärungen in Plenarphasen. Im Rahmen des Spracherwerbs wird die Technologie in sogenannten Internationalen Klassen eingesetzt.

 

Ein Gefühl des Misstrauens

Technologie im Rahmen des individualisierten Unterrichts einzusetzen, ist mehr als sinnvoll. Sie eröffnet die Möglichkeiten der motivierenden Veranschaulichung von Unterrichtsinhalten. Sie ermöglicht oftmals einen mehrkanaligen Zugang zu unserer Welt. Gut eingesetzt kann sie differenzierte Rückmeldung zu Schülerarbeiten geben. Immer von Menschen programmiert in einem klar umrissenen Einsatzbereich als Unterrichtsmedium. Und welche Möglichkeiten sollen hier erprobt werden? Allerorten wird im Zusammenhang mit dieser Technologie beteuert, dass es bei der Implementation dieser Technologie nicht darum geht, die Lehrperson zu ersetzen. Vielmehr soll ein professioneller, allzeit verfügbarerer Assistent etabliert werden. Und doch stellt sich ein Gefühl des Misstrauens bei dieser Entwicklung ein. Es stellt sich die Frage, was leistet diese Technologie, was ein gut ausgestatteter Tablet-PC nicht zu leisten vermag? Ist es die vermeintlich menschlich anmutende Interaktion zwischen dem Schüler und der Technologie? 

Als Gesellschaft erproben und prüfen wir die Möglichkeiten dieser Technologie auch für Schule und bald vermutlich für pflegerische und soziale Dienste. Vielleicht muss das so sein und kann unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit gar nicht anders gedacht werden. 

 

Die Lehrperson ist unersetzlich

Besser wäre es allerdings, wenn wir als Gesellschaft mehr und zuerst darüber nachdenken würden, wie wir leistungsfähige Menschen, die voller Motivation, Wissen und Empathie mit unseren Kindern zusammen Schule machen wollen, in unsere Schulen bekommen. Es wäre besser, wenn wir eine gute Lehrperson in ihrer Vielfältigkeit und Einzigartigkeit als unersetzlich betrachten und darüber nachdenken, wie wir den Mangel an Lehrpersonen in diesem Sinne ersetzen können.

 

Weitere Infos:

www1.wdr.de/wissen/technik/nao-schulroboter-100.html

 

www.hessenschau.de/gesellschaft/marburger-uni-macht-roboter-zu-assistenten,

uni-roboter-bruder100. html

www.youtube.com/watch?v=JhLfbtf3Gcc

 

Frank Görgens

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Mehr als nur eine zentrale Prüfung

Auch wenn sich das Beben um die letzte ZP10 Englisch (MSA) mittlerweile gelegt hat, lohnt es sich, noch einmal einen Blick darauf zu werfen. Denn die nächste kommt bestimmt! Unfreiwillig hat sich die Prüfung als ein Seismograph unseres Bildungssystems erwiesen. Für alle im Mai Betroffenen ist wünschenswert, dass sich der berechtigte Wirbel nicht wiederholt. 

Um es vorweg zu sagen, es gibt – unabhängig von der Schulform – eine (zunehmende) Diskrepanz zwischen den Vor-/Zeugnisnoten und den Prüfungsergebnissen1. Auffällig ist, dass die Vornoten der Schülerinnen und Schüler über die Jahre sehr stabil geblieben sind. Im Vergleich dazu fielen die erzielten Prüfungsergebnisse (fast) immer schlechter aus. Die Zeugnisnoten wiederum sind praktisch identisch mit den Vornoten – als hätte es die ZP nie gegeben (s. Tabelle Seite 23).

Wie ist das möglich? Wir Lehrkräfte stehen zunehmend vor der schwierigen Aufgabe, den Anspruch der ZP10 mit der Unterrichtswirklichkeit zu vereinbaren. Orientieren sich die Lehrkräfte bei der Vergabe der Vor- und Zeugnisnoten an den Gegebenheiten der Unterrichtswirklichkeit, so sind sie bei der Vergabe der Prüfungsnoten verpflichtet, sich an die vorgegebenen Prüfungsstandards zu halten. Das führt zu der oben beschriebenen Diskrepanz. Es existieren also faktisch zwei verschiedene Standards. Bei der Vergabe der Zeugnisnote greifen die Kolleginnen und Kollegen vor allem auf ihre Einschätzungen aus der Unterrichtswirklichkeit zurück. 

Aber welcher Standard ist nun der objektiv richtige? Das Ministerium definiert den mittleren Schulabschluss auf Basis des europäischen Referenzrahmens (GeR) mit B12. Auch der Kernlehrplan und die Ausrichtung der Lehrwerke basieren auf diesem Niveau. Schüler wie auch Lehrer beklagten das (zu) hohe Anforderungsniveau der Prüfung. Nach genauerer Analyse schließe ich mich diesem Eindruck an. Die Aufgabensets lagen deutlich über dem vom MSW vorgegebenen Niveau B1. Ich möchte diese Einschätzung an einigen Beispielen deutlich machen:

Wortschatz

Die Prüfung enthielt insgesamt mindestens 68 Vokabeln, die in keinem der gängigen Lehrwerke3 enthalten sind. Nur rund ein Viertel davon waren erschließbar. Dagegen sehen die Vorgaben4 für die Prüfung einen Wortschatz vor, der »den SuS geläufig sein soll und nur gelegentlich unbekanntes

Vokabular enthält«5.

Hörverstehen

Entgegen der definierten Niveaubeschreibung, die ‘einfach strukturierte Hörsequenzen’, und die Erschließung ‘wesentlicher Elemente’ fordert, mussten die Schüler beim Hörverstehen jede Aufgabe inhaltlich und sprachlich detailliert durchdringen, um sie lösen zu können. Zudem wurde ausschließlich detailliertes Hörverstehen überprüft. Alltagsrelevantes Global- und auch Selektivverstehen blieb – im Gegensatz zu vorherigen Prüfungen6 – unberücksichtigt. 

Inhaltlicher Anspruch

Im gesamten Prüfungsteil 1 wirkte sich neben der hohen Dichte unbekannten Vokabulars nicht nur die komplexe Grammatik, sondern auch ein kognitiv sehr anspruchsvoller Inhalt erschwerend auf das Textverständnis aus. Ein Satz aus dem Lesetext macht das deutlich:

»Sitcoms are allowed to play with cultural stereotypes, such as the rich madam, the poor maid, the old racist Afrikaner and the Zulu grandmother, freeing the show’s writers and viewers to explore the contradictions and complexities of South Africa today.«7

Auch dies entspricht nicht wirklich dem definierten Anspruchsniveau, das ‘gradlinige’ und ‘unverschachtelte Texte’ vorsieht.

Schreiben

Auch der Prüfungsteil 2 lag aufgrund seiner sprachlichen und inhaltlichen Komplexität über dem definierten Niveau B1, wie folgendes Beispiel (Aufgabe 2) zeigt:

»Explain how the narrator creates an atmosphere of nervous excitement and sympathy, and how Martine’s reaction and behaviour reflects this.«8 

Der Erwartungshorizont setzte bei den Schülern analytische Fähigkeiten und ein Abstraktionsniveau voraus, die im Schulalltag der Sekundarstufe I eher die Ausnahme sind. Beim Lesen der Schülertexte klaffen Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinander. Oder anders gesagt: Das, was viele Schüler schrieben, deckte sich selten mit dem Erwartungshorizont, den das Auswertungsraster vorsieht.

Vergleichbar abstrakte und kognitiv anspruchsvolle Aufgabenstellungen sind in keinem der üblichen Lehrwerke9 zu finden. Lehrkräfte gehen aber davon aus, dass die – vom MSW zugelassenen Lehrwerke10 – mit den Prüfungsaufgaben korrespondieren und sich zur Prüfungsvorbereitung eignen. Hier offenbart sich die Grundproblematik, die zwischen Unterrichtsrealität und Ministeriumsanspruch – oder zwischen Theorie und Praxis – besteht. 

»Wenn die Schülerinnen und Schüler so schlecht in den Prüfungen abschneiden, dann müsst ihr Lehrer eben besseren Unterricht machen« – schon haben wir das Problem ausgemacht! So einfach ist es jedoch nicht. Doch was ist zu tun? Kurzfristig ist es nötig, auf die Einhaltung des vorgegebenen Niveaus B1 zu achten und folgende Punkte bei der Entwicklung kommender Prüfungen stärker zu berücksichtigen:

  • Deutliche Reduzierung unbekannten Wortschatzes (Umsetzung des vorgegebenen Niveaus (GeR B1), d.h. eine stärkere Orientierung am Wortschatz gängiger Lehrwerke)
  • Hör- und Leseverstehenstexte, die weniger abstrakt & komplex sind und sich inhaltlich stärker an der Unterrichtspraxis (unter anderem Lehrwerksmaterialien) orientieren
  • Überprüfung aller (alltagsrelevanter) Hör- und Lesestile, wie selektives und globales Verstehen
  • Prüfungsaufgaben (Hör- und Leseverstehen), die wesentliche Informationen überprüfen (‘einfach strukturierte Hörsequenzen’/‘Überprüfung wesentlicher Informationen’)
  • Prüfungsaufgaben (Schreiben), die weniger kognitiv und abstrakt sind und ‘gradlinige Texte’ von Schülern einfordern
  • Formulierung von Erwartungshorizonten, die die zu erwartenden Schülerantworten abbilden
  • stärkerer Fokus auf Alltagsrelevanz bei der Auswahl von Inhalten 

Ob die strikte Einhaltung des vorgesehenen Niveaus dazu führt, die Kluft zwischen Vor-/ Zeugnisnote und der Prüfungsnote abzubauen, bleibt abzuwarten. Zunächst einmal steht zu befürchten, dass sich die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit auch in den Ergebnissen der letzten Englisch ZP10 niederschlägt – trotz einer von der alten Landesregierung hektisch verfassten veränderten Auswertungsanleitung. In diesen Tagen werden die landesweiten Ergebnisse der letzten ZP10 veröffentlicht. Wir sollten sie im Sinne eines Systemmonitorings aufmerksam analysieren.

Peer Brändel,
Lehrer

Fußnoten

  1. www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/cms/zentrale-pruefungen-10/uebersicht/uebersicht-zp-10.php
  2. www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/cms/zentrale-pruefungen-10/faecher/getfile.php?file=1517 ebcl.eu.com/wp-content/uploads/2011/11/CEFR-all-scales-and-all-skills.pdf
  3. Klett, Redline Band 6 & Cornelsen EG21 Band B6
  4. ebda.
  5. ebda.
  6. vgl. Prüfungssets ab 2009
  7. ZP10 Englisch Lesetext MSA HT 2017
  8. Prüfungsset Englisch MSA NT A 2017
  9. Klett, Redline Band 6 & Cornelsen EG21 Band B6
  10. vgl. www.schulministerium.nrw.de/docs/Schulsystem/Medien/Lernmittel/Realschule/index.html

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