Was grenzenlose Liberalität uns und unseren Kindern antut – das fragt und eruiert Axel Becker in seinem neuen Buch ‘Die Toleranzfalle’.

Axel Beckers soeben erschienenes Buch veranlasste Andrea Huber und Regina Köhler von der ‘Berliner Morgenpost’, den Autor zu interviewen. Mit einem markigen »Liebe heißt auch, konsequent zu sein« treffen sie den Kern schon im Titel. Denn leidenschaftlich wirbt der Autor dafür, Empathie zu haben – und gleichzeitig schon früh deutliche Grenzen zu setzen. Dass die Lehrer sich im Laufe der Zeit eine Haltung angeeignet hätten, die hauptsächlich durch Empathie und Verständnis geprägt sei, wäre nicht verkehrt, wenn es nicht generell an Orientierung fehle.

Empathie und Grenzen

Axel Becker geht es um zwei Dinge: um die Empathie und das Grenzensetzen. Sicherheit sowie ein Gefühl von Zugehörigkeit und Anerkennung brauche ein Kind, damit es sich angenommen fühle. Auf der anderen Seite gelte es aber auch, Grenzen zu setzen: Bestimmte Verhaltens-anforderungen müssten nicht stundenlang diskutiert werden. Schülern müsse deutlich werden, dass es für manche Entscheidungen Autoritätsunterschiede gäbe. Dieses Autoritätsbewusstsein sei zurzeit nicht populär.

Beim Thema ‘Regeln setzen und auf ihre Einhaltung pochen’, lobt der Autor die finnischen Lehrerhelfer. Wenn ein Kind den Unterricht zu sehr störe, dann werde es herausgeholt. Lehrerhelfer arbeiteten dann mit ihm, bis sein Verhalten eine Reintegration möglich mache. So kann der Unterricht für die anderen weitergehen. Schließlich leiden nicht nur die Lehrer unter dem Störer…

Statt sehr schwierige Schüler der Schule zu verweisen, favorisiert Becker eine gesonderte – zumindest zeitweise – Beschulung an einem anderen Ort. Das sei keine Aussonderung, sondern eine Notmaßnahme nicht nur im Interesse des sozialen Umfelds. Es sei eine Verpflichtung der Schule selbst, mit ihren Schülern klarzukommen und nicht zum ‘Wanderpokal’ werden zu lassen. In manchen Fällen würde ein Trainingsraum große Wirkung erzielen, in dem ein Pädagoge versucht, mit dem betreffenden Schüler alternative soziale Verhaltensweisen einzuüben.

Inklusion, Integration und Ideologie

Das Konzept der Inklusion findet Axel Becker als Fernziel gut, es werde aber von ganz vielen nur ideologisch gesehen. Auch wenn man noch so viel Binnendifferenzierung mache, gebe es Kinder, die mit dreißig Mitschülern in einem großen Gebäude und viel zu viel Fachunterricht überfordert blieben. Wenn verhaltensauffällige Kinder ständig Unterrichtshilfen bräuchten, dann sei Inklusion für alle Beteiligten eher belastend als sinnvoll.

Zur Integration der Flüchtlingskinder in bereits eintausend Willkommensklassen(!) in Berlin fordert Becker mehr Personal und Fortbildung der Lehrer, zum Beispiel bezüglich der Vorgabe von Verhaltenswerten für solche Kinder, die mit anderen Normvorstellungen und anderen Verhaltensregeln bei uns ankämen.

Bei der Verweildauer in Willkommensklassen differenziert Becker zwischen denen, die Deutsch schnell erlernen und denen, die schnell zu Mobbingopfern werden können, weil sie nur langsam voran kommen und zu schnell in die Regelklassen gesetzt werden. In beiden Fällen geht er von einer guten Ausstattung aus und fordert mehr Schulhelfer und auch Lehrer.

Die letzte Interviewfrage »Würden Sie den Beruf des Lehrers noch einmal ergreifen?« beantwortet Becker so: »Ja. Sonst hätte ich dieses Buch nicht geschrieben.«

Info:

Axel Becker: Die Toleranzfalle – Was grenzenlose Liberalität uns und unseren Kindern antut
280 Seiten
ISBN 978-3-407-86411-6, 19,95 Euro

Heribert Brabeck

Originalausgabe (PDF-Datei)