Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute hatte am 27. Oktober zu einer Tagung in Düsseldorf zum Thema ‘Lebendige Mehrsprachigkeit’ eingeladen. Die Stärkung der Mehrsprachigkeit wird also nun auch von der Politik als eine Bereicherung für die ganze Gesellschaft angesehen.

Zugewanderte Familien haben insgesamt rund 190 verschiedene Herkunftssprachen nach Nordrhein-Westfalen mitgebracht. In einem ersten Schritt machen sich nun im Rahmen der Landesinitiative ‘Lebendige Mehrsprachigkeit’ sechs Modellregionen auf den Weg, mehrsprachige Angebote vor Ort auszubauen: Von der Kita über die Grundschule und weiterführende Schule bis hin zum außerschulischen Bereich gibt es die unterschiedlichsten Ideen, wie die Kinder in ihren Herkunftssprachen gestärkt werden können. Weitere Regionen sollen (Schritt für Schritt) folgen.

Klute – der scherzhaft auch Staatssekretär für Mehrsprachigkeit genannt wurde – ist Schirmherr dieser bundesweit einmaligen Initiative, mit der die Landesregierung, der Landesintegrationsrat und die Landesweite Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren (LaKI) die Mehrsprachigkeit in Nordrhein-Westfalen gezielt fördern wollen.

Ein Schatz, den es zu pflegen gilt

Fakt ist: Nordrhein-Westfalen will die Mehrsprachigkeit von Kindern, ob mit oder ohne Migrationshintergrund, besonders fördern, weil Mehrsprachigkeit einen Mehrwert hat. Die Haltung hat sich also geändert. Kinder dürfen jetzt auf dem Schulhof in ihrer Muttersprache kommunizieren. Hatten so genannte Gastarbeiterkinder noch einen ‘Klotz am Bein’, tragen Kinder, die heute mehrsprachig – eventuell sogar mit ‘doppelter Erstsprachigkeit’ – aufwachsen, einen Schatz mit sich, den es zu pflegen gilt.

Die Erkenntnisse der Wissenschaft werden also mit vierzigjähriger Verspätung von der Politik endlich wahrgenommen. »Kindern mit Migrationshintergrund, die ihre Herkunftssprache beherrschen, fällt es leichter, vernünftig Deutsch zu lernen. Außerdem können sie sich besser konzentrieren, Konflikte leichter lösen und sich besser in andere Menschen hineinversetzen«, sagte Klute. Zusätzlich helfe ihnen die Pflege der Mehrsprachigkeit aber auch, ein Bewusstsein für ihre kulturelle Herkunft zu entwickeln. »Kinder, die mehrsprachig aufwachsen, haben nicht nur persönlich große Vorteile im Leben, die ganze Gesellschaft profitiert davon.« Betont wurde aber auch, dass das Wichtigste sei, Deutsch zu lernen. Ohne Deutsch zu beherrschen, würde man die Schule nicht erfolgreich abschließen können. Ein wissenschaftlicher Impuls von Prof. Dr. Elvira Topalovic von der Uni Paderborn unterstrich die Bedeutung der Sprache und der Mehrsprachigkeit.

Herkunftssprache und Fremdsprache sind gleichwertig

Fazit: Die Haltung zur Mehrsprachigkeit muss sich in unserer Gesellschaft noch weiterentwickeln. Herkunftssprachlicher Unterricht muss als gleichwertig mit den ‘normalen’ Fremdsprachen wahrgenommen werden. Das muss unterstützt werden durch•    Stärkung des bilingualen Lernens •    Bewusstseinsänderung in der Öffentlichkeit•    Intensivere Ausbildung aller Erzieher und LehrerJetzt aber ist schon klar, dass es wie immer zu wenig Geld und zu wenig Personal gibt. Klute selbst reduzierte die Regionen auf Quartiere.Beispiele der Umsetzung der Landesinitiative kamen neben den Kreisen Paderborn und Warendorf aus Bonn, wo die zweithäufigste Sprache nach Deutsch unabhängig von den aktuellen Flüchtlingszahlen Arabisch ist, aus Dortmund unter anderem mit dem Projekt ‘Sprachbrücken’ (durchgängig von Kindertageseinrichtungen bis zur Grundschule), aus Gelsenkir- chen, wo unter anderem das Vorschulprogramm ‘Hocus&Lotus’ erprobt wird, und aus Krefeld, wo man stolz auf sein Kommunales Integrationszentrum ist, das seit 2013 besteht.Heribert Brabeck

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