Das Motto des diesjährigen Mülheimer Kongresses war eine Bestandsaufnahme und zugleich ein Versprechen für die Zukunft.

Werfen wir einen Blick auf unsere Verbandsvorsitzenden der letzten Jahrzehnte – Hansjoachim Kraus (verstorben im August dieses Jahres), Ulrich Brambach und Brigitte Balbach – so sehen wir, dass Leidenschaft und damit verbundene Lautstärke immer auch deutliche Auswahlkriterien für den Vorsitz waren und sind. Leidenschaft und Lautstärke setzen indes eine innere Unabhängigkeit voraus. Bei uns müssen Vorsitzende und andere Funktionsträger frei sein, um unabhängig und laut agieren zu können – dies jedoch in dem Bewusstsein, dass sie denen, für die sie verantwortlich sind, aus dem Herzen sprechen – und das laut, um überall gehört zu werden.

 

Leidenschaft und Lautstärke

Leidenschaft war immer eine Charaktereigenschaft unseres Verbandes. Das heißt zum Beispiel: Die Kollegen in den Schulen fühlen sich leidenschaftlich vertreten, besonders auch durch unsere Personalräte, die auch heute eine Leidenschaft für die Belange und Probleme der Kollegen mitbringen. Unsere jeweiligen Politiker im Landtag hören uns zu, manchmal hören sie auch auf uns, ab und zu hören sie bewusst weg. Durch die Schulpolitik bekam diese Leidenschaft oftmals einen Dämpfer, besonders unter der letzten rot-grünen Landesregierung. Es wurde deshalb auch zunehmend laut – nach außen und nach innen. Es war schwer, sich gegen vor allem grüne Ideologen durchzusetzen und auf gesunden Menschenverstand zu pochen. Aber die Zeiten sind nun vorbei, und auch grüne Politik stellt sich wieder den Realitäten. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Da zeigt sich auch ein gewisses christliches Urvertrauen, das alle drei bisherigen Verbandsvorsitzenden als ausgebildete Religionslehrer in sich und in den Verband tragen. Mit Blick auf die Irrungen und Wirrungen der Schulpolitik hat uns der unvergessene Hansjoachim Kraus – angelehnt an das biblische »Fürchte dich nicht« – dieses Bonmot aus seinem Repertoire an er- und gelebten Weisheiten mit auf den Weg gegeben: »Das 11. Gebot: Du sollst dich nicht verblüffen lassen!«

 

An erster Stelle steht der Lehrer

Geändert haben sich von damals bis heute nicht unser schulpolitischer Anspruch, deutlich Gehör im Land zu finden, nicht unsere christlichen Wurzeln, nicht unsere philosophischen Grundlagen, die den Lehrer in den Fokus nehmen, nicht unsere aufmüpfige und klare Art, Politiker zu fordern. Im Zentrum unserer Aufmerksamkeit steht aber stets der Lehrer – und zwar an erster Stelle!

Uns ist deutlich geworden, dass wir im Gemenge von Interessen und Ideologien der Politiker, der Universitäten und Hochschulen, der Eltern und anderer gesellschaftlicher Gruppierungen unterzugehen drohten. Die Lehrkraft drohte schwach zu werden, unter der Last der Ansprüche anderer unterzugehen. Es ging in unseren Augen nicht mehr darum, mitzuspielen und dabei uns selbst zu verlieren, sondern unsere Anliegen, Ziele sowie unsere Philosophie wieder in den Fokus zu stellen. Und so beschlossen wir, uns diese Aufgabe, den Lehrer zu stärken, auf die Fahne zu schreiben: vom Realschullehrerverband zum lehrer nrw

Klar und kompromisslos

Seitdem schreiben wir täglich Geschichte und setzen uns mit unseren Fortbildungsprogrammen, mit unserer Politik und mit unserer Philosophie für die Lehrkräfte im Land ein: klar, deutlich, unmissverständlich und oft kompromisslos. Wir arbeiten dabei nach innen durch unsere große Fortbildungsabteilung, durch eine gewachsene, professionelle Rechtsabteilung, die täglich direkt von den Kollegen angesprochen werden kann, durch zahlreiche gut geschulte Personalräte und durch ein spezielles Gesundheitsprogramm. Letzteres bietet seit kurzem auch eine Hotline zu einem Psychiater. Sie ermöglicht es unseren Mitgliedern, Schwierigkeiten mit Eltern, Schülern und Kollegen gegenüber einem Arzt offenzulegen, um dessen persönlichen Rat zu erbitten.

Tagungen und Kongresse, Zusammenkünfte mit anderen Verbänden und Gewerkschaften, Zusammenschlüsse wie zum Beispiel aktuell mit dem VLW und dem VLBS zur nächsten didacta in Köln sowie eine sehr enge Zusammenarbeit mit dem VDR auf Bundesebene runden unsere auf Lehrkräfte fokussierte Arbeit ab.

Das alles fordert viel Kraft, Leidenschaft und Durchhaltevermögen!

 

Kraftquelle und Begegnungsort

Vor diesem Hintergrund war der Mülheimer Kongress immer schon ein Ort der Begegnung, eine Kraftquelle und eine Gelegenheit, den eigenen Horizont zu erweitern. Der MüKo ermöglicht jedes Jahr eine politische, gesellschaftliche, wissenschaftliche und auch persönliche Neuorientierung für jeden einzelnen Besucher, sofern er dafür offen ist. Was in Schule läuft, kommt auf den Prüfstand, die aktuelle Schulpolitik wird analysiert und bewertet; neue pädagogische und wissenschaftliche Ansätze werden diskutiert. Korrekturen und Neubewertungen für die tägliche Arbeit in Schule bieten sich damit jedem Teilnehmer an.

Hinzu kommen zahlreiche neue Begegnungen mit Kollegen, Referenten, Politikern und vielfältigen anderen Besuchern. Bestehende Beziehungen werden gefestigt und vertieft. Der Verband lebt von Beginn an davon. Diese Veranstaltung ist die Schmiede, in der die Werte, für die wir stehen, jedes Jahr erneuert, überprüft und gefestigt werden.

 

Es lohnt sich, ihn zu besuchen!

Wir werden daran festhalten, denn diesen schulpolitischen Austausch brauchen die Menschen in diesem Land und braucht das Land selbst! Weil Erziehung und Bildung unserer Kinder das höchste Gut und die vornehmste Pflicht sind, die wir gemeinsam haben. Auf diesem Wege einer Auseinandersetzung im Miteinander lässt sich Zukunft gut und differenziert gestalten!

Brigitte Balbach

Zur Originalausgabe (PDF-Format)

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