Über Wetter- und Politik-Kapriolen

Wir leben in stürmischen Zeiten. Das gilt nicht nur für die teils heftigen Wetterkapriolen im ersten Jahresdrittel, sondern auch für die bundespolitische Lage. Wir konnten in den letzten Wochen orkanartige Bewegungen feststellen. Das Wahl-Debakel in Thüringen, um nur ein Beispiel zu nennen, hat mindestens CDU und FDP in eine tiefe Krise gestürzt. Ein Ende des entstandenen Chaos ist noch nicht abzusehen.

Unsere landespolitische Lage stellt sich im Vergleich dazu wesentlich geordneter da. Die schwarz-gelbe Landesregierung arbeitet trotz Minimal-Mehrheit weitgehend konzentriert und wohltuend geräuschlos. Welche landespolitischen Folgen die bundespolitischen Ambitionen von Ministerpräsident Armin Laschet haben werden, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall hat sich Laschet in der Führungskrise der CDU entschlossen positioniert und mit der Einbindung von Jens Spahn einen Coup gelandet.

Passen Sie auf sich auf!

Das Corona-Virus hat das Land fest im Griff. Am 13. März beschloss die Landesregierung, dass alle Schulen in NRW zunächst bis zum Beginn der Osterferien (6. April) geschlossen sind. Ob sich die Ausbreitung des Virus bis dahin soweit verlangsamt hat, dass eine Wiederaufnahme des Unterrichtsbetriebs nach den Osterferien möglich ist, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall ist diese Situation eine enorme Herausforderung für die gesamte Schulgemeinschaft. Bitte passen Sie auf sich auf!

Was die Bildungspolitik angeht, wird derzeit – mal wieder – eine Vereinheitlichung von Bildungsstandards auf Bundesebene diskutiert. Ob eine tatsächliche Umsetzung Sinn macht und vor Ort in den einzelnen Bundesländern zu besseren Ergebnissen führt, wage ich persönlich vorsichtig zu bezweifeln. Es besteht die große Gefahr, dass sich eine Gleichschaltung von Bildungszielen auf Bundesebene zwangsläufig am niedrigsten Niveau orientieren wird. Im Sinne der Bildungsqualität, die wir bei lehrer nrw immer vehement eingefordert haben und einfordern werden, wäre das eine fatale Entwicklung.

Viele schulpolitische Baustellen in Nordrhein-Westfalen

Auch in Nordrhein-Westfalen ist die schulpolitische Lage nicht so rosig, wie wir es von einer Landesregierung unter CDU und FDP erhofft hatten! Dazu können Sie aus Ihrer Praxis vor Ort eine Fülle an Missständen vortragen, die einfach von der Politik nicht gesehen werden (wollen). Die rot-grüne Schulideologie spüren Sie immer noch hautnah an Ihrem Arbeitsplatz in Ihren Schulen und in Ihren Kommunen. Nennenswerte Veränderungen zum Besseren kommen in den Schulen bisher kaum an.

Die Schulformdiskussion wird vor Ort durch die Kommunen entschieden. Staatssekretär Mathias Richter lässt ihnen viel Spielraum. Er zeigt sich an dieser Stelle zurzeit ziemlich schillernd! Von einer politischen Führung unter schwarz-gelber Regierung kann man hier nicht sprechen. Das zeigt sich leider auch in der Besoldungsfrage: Der Finanzminister blockiert die von der Landesregierung versprochene Beseitigung der bestehenden
Besoldungsungerechtigkeiten im Schulbereich. Unsere Forderung heißt nach wie vor: »A 13 für alle originär ausgebildeten Lehrkräfte« – das muss eine Selbstverständlichkeit sein!

Eine von uns langjährig geforderte Nachqualifizierung für Seiten- und Quereinsteiger ist noch immer nicht festgeschrieben. Man arbeitet im Wissenschaftsministerium gemeinsam mit dem Schulministerium daran. Ziel muss es sein, dass es auch in diesem Bereich Qualifikations- und Aufstiegsmöglichkeiten gibt. Vor dem Hintergrund des Lehrermangels wird sich diese fehlende Expertise im Schulalltag weiter ausbreiten können, wenn nicht zügig gegengesteuert wird. Davon kann zurzeit noch keine Rede sein.

Fach Wirtschaft: Erfolg mit Schattenseiten

Das Fach Wirtschaft ist unter dieser schwarz-gelben Regierung wieder an die Schulen gekommen – eine langjährige Forderung von uns, die schon einmal von einer CDU/FDP-geführten Regierung aufgegriffen und in einen sehr erfolgreichen Modellversuch überführt wurde. Der wurde bekanntlich von der damaligen grünen Schulministerin Sylvia Löhrmann auf Eis gelegt. Nun gibt es also nicht nur einen Schulversuch, sondern ein festes Schulfach Wirtschaft. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass die Ausarbeitung in die Hände des Instituts Qua-Lis gekommen ist. Wir hätten an dieser Stelle gern mehr Initiative zeigen wollen durch die Einbindung von Fachleuten aus Schule, Universität, Industrie, Handel und Handwerk, so wie es uns vor Jahren auch unter schwarz-gelber Regierung in Nordrhein-Westfalen gelungen war.

Personalratswahlen: Nutzen Sie Ihr Stimmrecht!

Lehrermangel, Besoldungs-Ungerechtigkeit, überbordende Bürokratie, mangelnde Unterstützung, miserable Ausstattung, Mobbing und Gewalt gegen Lehrer: Die Mängelliste an unseren Schulen ist lang. Darum sind die Personalratswahlen in diesem Jahr so immens wichtig. Denn die Zeiten für uns Lehrkräfte werden rauer und schwieriger. Sie erleben es selbst oder in Ihrem unmittelbaren Umfeld: Ihre persönlichen Belange finden innerhalb des Systems kaum noch Gehör; Sie müssen um Ihre Entlastungsmöglichkeiten kämpfen; Sie haben Probleme mit der Bürokratie; Ihnen wird aus sachfremden Erwägungen eine Beförderung verwehrt; Sie werden gemobbt oder hintergangen: Dann sind Sie bei Ihrem Personalrat gut aufgehoben und an der richtigen Adresse. Hier kann Ihnen geholfen werden! Die Personalräte wissen, wie Ihnen zu Ihrem Recht verholfen wird. Unsere Personalräte sitzen an der entscheidenden Position, nämlich gleich vor Ihrer Dienststelle. Diese ist verpflichtet, mit den Personalräten auf Augenhöhe zu verhandeln und ihnen Mitbestimmung und Einblick in Entscheidungsgründe zu gewähren. Die Dienststelle muss sich für ihr Handeln gegenüber den Personalräten verantworten. Das ist der Sinn dieses Systems. Beide Parteien sind gemäß dem Landespersonalvertretungsgesetz also gleichgestellt.

Nutzen Sie dieses Recht ausgiebig! Lassen Sie sich beraten! Lassen Sie sich helfen! Lassen Sie sich begleiten! Und vor allem: Wählen Sie Ihre Personalräte! Denn dieses Recht ist nicht selbstverständlich, es ist schützenswert! Sorgen Sie an Ihren Schulen für eine hohe Wahlbeteiligung!

Wir bei lehrer nrw kämpfen unermüdlich für Sie. Bitte sorgen Sie mit Ihrer Stimme dafür, dass wir das auch weiterhin kraftvoll tun können!

Brigitte Balbach

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