»Denke nie, gedacht zu haben, denn das Denken der Gedanken ist gedankenloses Denken…« 

Eigentlich war die Sache mit der Integration von Flüchtlingskindern geklärt, dachte ich. Ministerin Löhrmann war zwar nicht unserer Forderung nach dem Regelunterricht vorgeschalteten landesweiten Deutschkursen in gesonderten Klassen an allen Schulformen unseres Landes gefolgt, dennoch war die Problematik erkannt worden und der Gedanke einer möglichst schnellen Integration von Flüchtlingskindern in die Schulgemeinschaft gemeinsames Integrationsziel. Soweit unser Denken. 

Währenddessen dachten Andere anders. Und schafften Fakten fernab von Gemeinsamkeiten, sei es im Denken oder im Handeln. In Mülheim formierte sich zu Beginn des letzten Schuljahres eine Art Dependance einer Realschule, die ausschließlich Zuwandererkinder zusammenführte und getrennt von allen anderen Schülern ganzjährig unterrichtete. Dies geschah auf Beschluss der Kommune. Wer im MSW davon Kenntnis hatte, bleibt uns auch im Hauptpersonalrat Realschulen bisher verborgen. Wir hätten das auch unter der damaligen Leitung nicht gedacht… Diese Dependance geht jetzt in das zweite Schuljahr von weiteren. Geändert hat sich an der Zusammensetzung der Schülerschaft nichts.

 

Flüchtlingsschule in Hagen

Während des Beginns einer neuen Ära im Schulministerium unter Ministerin Yvonne Gebauer weitete sich die oben beschriebene schulische Kollektivlösung auf andere Kommunen aus, jetzt ist die Stadt Hagen im Spiel. Auch dort wird eine Realschulleiterin mit der Aufgabe betraut, eine Dependance ihrer Realschule gut zwei Kilometer entfernt ausschließlich für Zuwandererkinder ohne Deutschkenntnisse aufzubauen und zu leiten. Dies geschieht mit Hilfe einer Dienstanweisung. Das Ministerium wurde zunächst nicht einbezogen (warum auch – dort wird zu viel gedacht!). Erst auf die Einlassung des Hauptpersonalrats Realschulen ließ sich die Landesleitung von der Kommune über deren Entscheidung informieren. Die Bezirksregierung hatte die Gründung wohlwollend begleitet und die ‘Eingeweihten in der Sache’ ebenso wie die Schulleiterin unter Drohungen und Hinweisen auf dienstliche Anweisungen (sprich: Beamtenstatus) gefügig gemacht. Ich sage nur ‘Maulkorb’, was die Androhung des Verrats von Dienstgeheimnissen impliziert (schriftliche Beweise liegen uns vor). Seitdem denkt auch das Ministerium darüber, allerdings wissen wir im Land noch nicht genau wie. Eine öffentliche Stellungnahme steht noch aus. 

 

Flüchtlingskinder ins Abseits manövriert

Das Problem liegt auf der Hand: Kann es tatsächlich sein, dass Kommunen gegen ein Ministerium und seine Philosophie mit Blick auf Flüchtlingskinder eigene Grundsätze zum Umgang mit zugewanderten Kindern umsetzen, ohne diese auch nur mit dem MSB abzusprechen? Können Kommunen mit ihrer Bezirksregierung diesbezüglich Fakten im Land schaffen, die der Philosophie des Ministeriums zuwider laufen? Die Frage nach den Fakten wegen fehlender Kapazitäten an Schulen in einer Kommune ist das Eine, das Andere ist es, sich Landesbedienstete gefügig zu machen, um Kinder weit ab vom Schuss auswärts zu parken und damit ins Abseits zu manövrieren. Wo bleibt da der Gedanke der Integration? Für die nächsten Jahre ist die Ausgrenzung vorprogrammiert, auch wenn die Bezirksregierung nicht müde wird, den besonderen Ausnahmecharakter für ein Jahr zu betonen. Mülheim lässt grüßen.

Die Kinder, um die es in Hagen geht, sind fast ausschließlich Rumänen und Bulgaren. Wir wissen aus unseren ersten Erfahrungen, dass diese Sinti und Roma aus ihrer Vita heraus Frauen nicht als Autorität anerkennen. Bisher sollen ausnahmslos junge Frauen diese Kinder beschulen. Wer denkt sich sowas aus? Übrigens, manche Denke ist kaum zu glauben: Einige Syrer sollen dabei sein; es wurde in der Bezirksregierung darüber nachgedacht, diese ‘besseren Lerner’ an die nächste Gesamtschule zu verteilen. So verkommt Schule zur Resterampe.

 

Nur eine Übergangslösung?

In der Hauptpersonalrats-Sitzung mit der zuständigen Abteilungsleiterin, Frau Blasberg-Bense, sagte diese zu, dass die Separierung der Schüler nur ein vorübergehender Zustand sei. Dies sei keine reguläre, sondern eine befristete Übergangslösung. Da stellt sich mir die Frage, ab wann und unter welchen Bedingungen eine Ausnahmelösung zu einer Regellösung wird?! Ich erinnere: Mülheim geht ins zweite Jahr! Ist das etwa zu scharf gedacht?

Übrigens: lehrer nrw ist bekannt, dass ein drittes Ghetto in Vorbereitung ist. Vor diesem Hintergrund frage ich mich, Sie und das nordrhein-westfälische Schulministerium: Wer im Ministerium nimmt sich dieser schwierigen und problematischen Entwicklung an und legt endlich (!) ein tragfähiges landesweites Konzept zur Integration von Kindern mit Migrationshintergrund auf?! Es ist fast zu spät!

Brigitte Balbach

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