Outdoor-Unterricht sorgt bei Schülerinnen und Schülern für mehr Lernbereitschaft. Sagt jedenfalls eine wissenschaftliche Studie. Dann muss das ja wohl stimmen.

Im Freien in naturwissenschaftlichen Fächern unterrichtet zu werden, erhöht die Motivation von Schülerinnen und Schülern. Eine Studie der Technischen Universität München (TUM) und der Universität Mainz legt deshalb nahe, in der Sekundarstufe I öfter Outdoor-Unterricht anzubieten. 

Basis dieser bemerkenswerten Erkenntnis waren die ’Forscherwochen’ am Schülerforschungszentrum Berchtesgadener Land. In den Jahren 2014 bis 2016 nahmen rund 300 Schülerinnen und Schüler daran teil. Das Programm basiert auf dem Lehrplan für naturwissenschaftliche Fächer der Sekundarstufe I. Der einwöchige Aufenthalt wird im klassischen Unterricht vorbereitet. Höhepunkt der Forschungswoche ist eine zweitägige Forschungsexpedition mit Experimenten. 

Sowohl vor als auch nach dem Kurs füllten die Schüler und Schülerinnen für eine Studie, die an der TUM entwickelt wurde, einen Fragebogen aus, der sich mit ihrer Zufriedenheit und der allgemeinen Motivation bezogen auf ihre Autonomie befasste. Zum Abschluss der Woche berichteten die Schülerinnen und Schüler erneut über ihre Erfahrungen während des Outdoor-Unterrichts. 

In der Studie zeigte sich, dass die Grundbedürfnisbefriedigung beim Unterricht im Freien signifikant höher ist als im Klassenzimmer. Vor allem Erfolgserlebnisse steigerten beim Unterricht im Freien die Motivation. Wer hätte das gedacht? Der Mathe-Depp, der in geschlossenen Räumen ein kapitales Brett vorm Kopf hat, kapiert unter freiem Himmel auf einmal die Prozentrechnung. Und es kommt noch besser: Die Forscher halten sogar positive Effekte auf die physische und psychische Gesundheit der Kinder für möglich. 

Über das Wetter während der Forscherwochen im Berchtesgadener Land erfährt der geneigte Leser leider nichts. Man hätte gern gewusst, wie sich Dauerregen auf die Grundbedürfnisbefriedigung und die Motivation auswirkt. Auch die physische Gesundheit könnte bei ausgiebiger Beregnung in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Grat zwischen Abhärtung und Angina ist schmal.

Abgesehen von den Unbillen des Wetters gibt es allerdings in der Tat wenig Argumente für überdachten Unterricht. Klassenräume sind im Winter meistens zu kalt und im Sommer meistens zu warm. Und der Schimmelpilz, der in manch unsaniertem Gebäude prächtig gedeiht, könnte der physischen Gesundheit der Probanden sogar noch abträglicher sein als gelegentlicher Regen.

Zu überlegen wäre nun noch, welche Kombination aus Unterrichtsort und Unterrichtsfach am produktivsten ist: Mathe am Strand? Englisch im Wald? Deutsch am Berg? Geschichte im Freibad? Sport auf dem Bauernhof?

Aber das ist sicher Thema einer anderen Studie.

Jochen Smets

Originalausgabe (PDF-Datei)


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