Dr. Stefan Battel, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie

Probleme mit verhaltensoriginellen Schülern, schwierigen Eltern, nicht immer ganz einfachen Kollegen oder ganz allgemein Stress im Beruf kennt jede Lehrkraft. Darum startet lehrer nrw ab dieser Ausgabe eine neue Kolumne mit Dr. Stefan Battel. Der Kinder- und Jugendpsychiater wird künftig regelmäßig Antworten auf Fragen aus dem Lehreralltag geben.

Das Mitwirken in meiner Profession als Kinder- und Jugendpsychiater und systemischer Familientherapeut in eigener Praxis mit familientherapeutischem Schwerpunkt in der Zeitschrift ’lehrer nrw’ ist in der Hauptsache durch zwei Umstände motiviert. Durch meine schulbiographische ’Selbsterfahrung’ als sogenannter ’Schulversager’ mit nachgeholtem Abitur entwickelte sich hinsichtlich Schule und Lernen bei mir die Maxime, »der erste Schritt zum Lernen ist die Liebe zum Lehrer«.

Auf die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler kommt es an

Für mich heißt das übersetzt, dass das Lernen auch in der heutigen digitalen Zeit wesentlich von der Beziehungsgestaltung Lehrer – Schüler abhängig ist. Daraus erklärt sich auch meine zweite Motivationsquelle, die gespeist ist durch meine Tätigkeit als Kinder- und Jugendpsychiater und der daraus resultierenden Zusammenarbeit mit den verschiedensten Schulformen. Bei ungefähr achtzig bis neunzig Prozent der Anmeldungen in unserer Praxis ist ein unmittelbares oder zumindest randständiges Thema im Rahmen des Schulkontextes Vorstellungsgrund.

Die verschiedensten Vorstellungsanlässe wie Konzentrationsstörungen, Abklärung von Teilleistungsstörungen, Verdacht auf ADHS/ADS, Schulvermeidung, drohende Suizidalität, süchtiges Verhalten etc. sind meiner Ansicht nach nur in einem gelungenen Kooperationsmiteinander zwischen Pädagogik/Psychologie/Psychiatrie im Sinne des Kindes/Schülers und dessen Familie aufzulösen. Im ersten Schritt ist zu analysieren, welche Gefühlsgrundlage bzw. welche Leidensgrundlage zur entsprechenden Symptomatik geführt hat und in welchem Kontext diese spürbar wird.

Den schulischen Kontext einbeziehen

Gerade im Sinne eines systemischen Ansatzes ist für mich die Einbeziehung des schulischen Kontextes durch die persönliche Beziehungsaufnahme zu den entsprechenden Lehrern unabdingbar für das Verständnis der vorgebrachten Herausforderungen, die für den Klienten nicht mehr als diese gesehen werden, sondern teilweise als massive unüberwindbare Lebensprobleme interpretiert werden. Die Herausforderung in der Kooperationsgestaltung bezieht sich auf ganz alltägliche Erscheinungen wie Terminabsprachen, Erreichbarkeit, Ferien, Motivation etc. – Alltagsanforderungen, denen wir alle mit mehr oder weniger Schwierigkeiten begegnen.

Gleichwohl zeigt sich die oftmals über Jahre gewachsene, als gut erlebte Kooperation hinsichtlich der uns anvertrauten Schüler mit ihren Familien als ein entlastendes Momentum auf allen Seiten. Symptome bzw. eine Diagnose sind in den jeweiligen Kontexten in der Regel selten scharf begrenzt. Emotional erlebte Überforderungen spielen in unterschiedlicher Ausprägung mit unterschiedlichen Adressaten und im jeweiligen Kontext (Schule, Familie, Therapeut etc.) unterschiedliche Rollen.

In den folgenden Kolumnen werde ich versuchen, an alltagsnahen Beispielen die Thematik zu verdeutlichen. Ich freue mich auf einen spannenden Diskurs.

Zur Person:

Dr. med. Stefan Battel ist seit 2007 niedergelassener Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie mit eigener Praxis in Hürth bei Köln und seit 2012 systemischer Familientherapeut (DGSF). Im Rahmen des lehrer nrw-Fortbildungsprogramms greift er in einer Vortragsreihe regelmäßig verschiedene Themen aus dem Bereich der Jugendpsychologie auf.

Originalartikel (PDF-Datei)