Renate Hendricks

Gastkommentar: Die neue Lernkultur – Lehrer als Lernbegleiter, Reduzierung von Wissen auf standardisierte Kompetenzen, Digitalisierung des Lernens – sorgt bei Lehrkräften für Skepsis und Unruhe. Droht – in Anlehnung an den Vortrag von Prof. Christoph Türcke beim Mülheimer Kongress – eine Lehrerdämmerung? Nein, meint Renate Hendricks, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag.

Die Tätigkeit von Lehrerinnen und Lehrern gehört zu den anspruchsvollsten überhaupt. Es ist gerade erst ein paar Jahre her, als alle deutschen Bildungsforscher vom so genannten ‘Hattie-Faktor’ sprachen: Allein auf den Lehrer kommt es an.
Was Schülerinnen und Schüler lernen, so der Neuseeländer Professor für Erziehungswissenschaften Hattie, bestimmt der einzelne Pädagoge. Alle anderen Einflussfaktoren – materielle Rahmenbedingungen, Schulform oder spezielle Lehrmethoden, Curricula – sind zweitrangig.

Die aktuelle Entwicklung der Lehrereinstellungszahlen in Nordrhein-Westfalen gibt ihm recht: Seit 2010 haben wir in Nordrhein-Westfalen über 20.000 Lehrerstellen erhalten oder neu geschaffen. Trotz herausfordernder Bedingungen, die Lehrkräfte im Schulalltag vorfinden, leisten sie Großartiges. Die Lehrer und Lehrerinnen sind der Garant für eine gute Schule, von ihnen hängt die Qualität und der Erfolg der Schulen ab. Dieser Aufgabe stellen sich in Nordrhein-Westfalen rund 170.000 Lehrerinnen und Lehrer täglich.

Es ist leichtsinnig, diese Leistung in Frage zu stellen. Lehrerinnen und Lehrer geben keinesfalls pauschal vor, was und wie zu lernen ist. Sie sind bereits heute Lernbegleiter, Unterstützer und Beziehungsperson und Vorbild – und das ist meines Erachtens kein Widerspruch. Lehrerinnen und Lehrer haben in Nordrhein-Westfalen eine qualifizierte Ausbildung und mit dem LABG heute eine der modernsten Lehrerausbildungen in Deutschland.
Sie werden sowohl auf heterogene Lerngruppen als auch auf digitale Herausforderungen im Bildungsbereich vorbereitet. Selbstverständlich spielt dabei eine veränderte Lernkultur eine richtungsweisende Rolle.

Dass die Zeit von Lehrerinnen und Lehrern vorbei sein soll oder gar eine Lehrerdämmerung einsetzt, halte ich für einen Irrtum, auch dann, wenn diese Behauptung überspitzt und polemisch von Christoph Türcke vorgetragen wird. Natürlich ist der Lehrerberuf einem stetigen Wandel ausgesetzt. Das unterscheidet ihn übrigens nicht von anderen Berufen. Von Fachlehrerprinzip, Rechtschreibreform, Kopfnoten, Elternarbeit, Kompetenzorientierung der Curricula und Lernstandserhebungen oder dem Schulkonsens reichen die Veränderungen aus den letzten Jahrzehnten.
Unsere Lehrer/innen haben diese Herausforderungen stets angenommen, ihren Schülern und Schülerinnen Orientierung gegeben, dafür gilt ihnen ein Dank.

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