Auf Grundlage der Verwaltungsvorschrift 1.1.2 zu § 1 der APO SI, die die Aufnahme an Schulen regelt, kann der Schulträger ein vorgezogenes Anmeldeverfahren beantragen. An dieser Praxis regt sich unter vielen Schulleitungen Kritik.
Das Anmeldeverfahren der weiterführenden Schulen für das Schuljahr 2020/2021 ist größtenteils abgeschlossen. Vermutlich gab es an einigen Schulen wieder zu wenig Plätze für die vielen Anmeldungen, und Eltern mussten sich eine andere Schule für ihre Kinder suchen. Diese Situation ist nicht neu, und in einigen Kommunen wurde erneut mit einem vorgezogenen Anmeldeverfahren reagiert. Diese Aufnahmepraxis, die in einigen Kommunen betrieben wird, empfinden manche Schulleitungen als ungerecht.
Schulen im Wettbewerb
Schulen stehen seit langem im Wettbewerb zueinander. Dies gilt nicht nur für die Schulformen, vielmehr konkurrieren auch Schulen derselben Schulform in einem Einzugsbereich, der auch über Stadtgrenzen hinausgehen kann. Der Wettbewerbsgedanke wird in Formaten wie dem deutschen Schulpreis oder ähnlichen Wettbewerben gefördert. Der Erfolg einer Schule wird aber auch sehr häufig an den Schüler- bzw. an den Anmeldezahlen gemessen. Hauptschulen wurden geschlossen, weil Anmeldungen der Eltern ausblieben.
Die Anmeldungen sind ein wichtiger Parameter für den schulischen Erfolg. Schulen betreiben viel Aufwand, um ihre Konzepte und pädagogische Arbeit zu präsentieren: Elterninformationsabende, Grundschulbesuchstage, Tag der offenen Tür, aufwändig gestaltete Flyer und vieles andere mehr gehören an vielen Schulen zum Pflichtprogramm. Kolleginnen und Kollegen präsentieren ihre Schule mit viel Engagement und zusätzlicher Arbeit.
Ungleiche Bedingungen
In der Phase, in der nun der Ertrag für den Aufwand generiert wird, sorgen in der Regel die Schulträger mit dem vorgezogenen Anmeldeverfahren für ungleiche Bedingungen. Die Eltern entscheiden sich für eine Anmeldung an der Schule, die ihnen dies zuerst ermöglicht. Eine Entscheidung, bei der sie sich des Ergebnisses nicht sicher sein können, die aber auch nicht unbedingt die rationalen Entscheidungsgrundlagen widerspiegelt. »Wir haben es einfach mal probiert« ist eine Aussage, die ich in vielen Aufnahmegesprächen gehört habe und die nicht wirklich eine bewusste Entscheidung über Schul- und Schulformwahl ausdrückt.
Das vorgezogene Anmeldeverfahren verzerrt den Wettbewerb. Eltern, die nicht unbedingt wissen, welche Schule oder welche Schulform für ihr Kind die richtige ist, melden an der Schule an, die zuerst die Türen öffnet. An den Schulen, die im Nachgang ihr Anmeldeverfahren durchführen, entsteht für Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte der Eindruck, die zweite Wahl zu sein. Es bleibt ungewiss, wie hoch die Zahl derer ist, die sich bewusst für diese Schule entschieden haben – für die diese Schule die erste Wahl war!
Plädoyer für fairen Wettbewerb
Schulformsprecher der Stadt Wuppertal und des Kreises Mettmann haben sich an den Hauptpersonalrat für Realschulen gewandt mit der Aufforderung an das Ministerium, das vorgezogene Anmeldeverfahren abzuschaffen. Ein gleichzeitiges Anmeldeverfahren bedeutet einen fairen Wettbewerb und fördert die bewusste Entscheidung von Eltern für eine Schule oder auch eine Schulform. In Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen wird deutlich, dass in Kommunen mit gleichzeitigen Anmeldungen eine größere Zufriedenheit bei allen Beteiligten besteht.
Olaf Korte
Leiter Referat Schulleitung im lehrer nrw
Zur Originalausgabe (PDF-Datei)