Nicht jedem ist die Bedeutung der Dachverbände bewusst. lehrer nrw firmiert unter dem Berufsverband VDR und der Gewerkschaft dbb und Tarifunion. Das ist deshalb besonders wichtig, weil die Lehrerschaft auch auf Bundesebene dadurch gut vertreten ist und bei den Tarifverhandlungen mit am Tisch sitzen kann.

Bei den Tarifverhandlungen – das wird häufig von den beamteten Lehrkräften übersehen – geht es in der Regel auch darum, die Prozente auszuhandeln, die dann für die Besoldungserhöhung der Beamten als Maßstab gelten. Zudem muss auch stets in den Bereichen Dienst-und Versorgungsrecht, d.h. Beihilfe, Eingangsvergütung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Rente und Versorgung, verhandelt werden. Also: Dachverbände sind wichtige Verbände für jeden Einzelnen, ob Angestellter oder Beamter, ob Rentner oder Pensionär.

Ende April fand in Würzburg eine Bundesvorstandssitzung des VDR, unseres Berufsverbandes, statt. Zentrale Themen sind stets die bildungspolitischen Entwicklungen in den einzelnen Bundesländern, die häufig nach Landtagswahlen neue Akzentuierungen erfahren, zum Beispiel die Auswirkungen der Zuwanderung durch Flüchtlinge auf die einzelnen Schulen oder die Ergebnisse der KMK (Kultusministerkonferenz), die regelmäßig in Berlin tagt. Daneben wird über die Aktivitäten der einzelnen Gruppierungen im Verband berichtet und die Ergebnisse ausgewertet sowie neu geplant. Die Fachkommission Schule, Bildung und Wissenschaft des DBB erarbeitet beispielsweise zurzeit Vorschläge zur Digitalisierung im Schulbereich und zu den Führungsstrukturen.

Präsenz in Berlin

Sehr erfreulich hat sich die Zusammenarbeit mit dem DL (Deutscher Lehrerverband) entwickelt. Ab April steht dem VDR auch in Berlin eine Geschäftsstelle beim DL (Dominicusstraße 3, 10823 Berlin) zur Verfügung. So ist eine bessere Anbindung an das politische Geschehen der Hauptstadt gegeben.

Ebenfalls Ende April fand eine Sitzung des Hauptausschusse des dbb nrw statt. Die Beamten- und die Tarifpolitik stehen hier immer im Mittelpunkt. Zum ersten Mal sind Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Besoldung ergangen (Richterbesoldung und A-Besoldung). Damit sind Kriterien zur amtsangemessenen Alimentation genannt, an denen die Finanzminister wohl nicht mehr vorbeikommen können. Eine willkürliche Besoldungsanpassung nach Kassenlage, wie wir in der Vergangenheit des Öfteren erlebt haben, dürfte damit zukünftig ausgeschlossen sein.

Kleinkrämerei statt großer Wurf

Es sollte der große Wurf werden: die Dienstrechtsreform. Zehn Jahre hat man gebraucht, um nach dem Föderalismusbeschluss ein eigenes Dienstrecht vorzulegen. Viel Papier – sonst nichts. Von einem ‘modernen’ Dienstrecht keine Spur. Nachdem Finanzminister Norbert Walter-Borjans im Vorfeld für die Reform Kostenneutralität gefordert hatte, war nichts anderes zu erwarten. Die Frage wird erlaubt sein, wann ein den Anforderungen an eine moderne Gesellschaft orientiertes Dienstrecht für den öffentlichen Dienst auf den Weg gebracht werden kann, wenn nicht in Zeiten voller Kassen? Besonders zu kritisieren ist, dass die nicht zu rechtfertigende, diskriminierende Zuweisung bei gleicher Ausbildung (Mastergrad) in unterschiedliche Einstiegsämter nicht beseitigt wird. Strittig sind unter anderem weiterhin der Familienzuschlag, die Probezeit, die Kindererziehungszeiten. Eine Jubiläumszuwendung soll es wohl wieder geben. Die Laufbahnverordnung sieht nicht mehr vier Laufbahnen vor, sondern zwei: den einfachen und den höheren Dienst. Abschließend sei noch ein Hinweis auf die Wertschätzung der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen in Person der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft für den öffentlichen Dienst erwähnt. Seit ihrem Amtsantritt hat sie es bis heute nicht für nötig erachtet, auch nur einer der vielen Einladungen des dbb Bund (jährliche Arbeitstagung in Köln) und/oder des DBB NRW (zwei Hauptausschusssitzungen pro Jahr) nachzukommen. Die Arroganz der Macht lässt grüßen!

Ulrich Brambach

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»Die Schule entlässt unsere Jugend als ökonomische Analphabeten«

Im Interview mit lehrer nrw plädiert Thomas Rick, NRW-Landesvorsitzender des Verbandes ‘Die Familienunternehmer – ASU e.V.’, mit Nachdruck für die Einführung des Schulfachs Wirtschaft.
Wie ist es aus Ihrer Sicht um die ökonomische Bildung junger Menschen bestellt?

Den Übergang von der Schule ins Berufsleben müssen Absolventen aller Schultypen meistern, ohne eine fundierte Vorstellung von Wirtschaft und wirtschaftlichen Zusammenhängen zu haben. Das sind meine erschreckenden Erfahrungen als ehemaliger Schüler, als Vater eines schulpflichtigen Kindes und als Unternehmer, der sich in verschiedenen Bildungsprojekten, wie zum Beispiel ‘Schüler im Chefsessel’, aktiv engagiert.

Bei unserem bundesweiten Verbandsprojekt ‘Schüler im Chefsessel’ lernen Schülerinnen und Schüler einen Tag lang den Arbeitsalltag eines Unternehmers sowie die Arbeitsabläufe in einer Firma kennen. Dabei ist mir aufgefallen, dass die meisten Schüler an wirtschaftlichen Fragen stark interessiert sind. Gleichzeitig habe ich gemerkt, dass den Schülern einfache wirtschaftliche Grundbegriffe völlig fremd sind und sie wenig bis gar nichts über wirtschaftliche Zusammenhänge wissen. Die nordrhein-westfälische Jugend versteht nicht einmal die Tagesschau – sobald es um Wirtschaftsthemen geht.

Das heißt im Klartext: Die Schule entlässt unsere Jugend als ökonomische Analphabeten. Das heißt aber auch: Wenn Nordrhein-Westfalen nicht Schlusslicht beim bundesweiten Wachstum bleiben möchte, dann müssen gerade in der Bildungspolitik Veränderungen her, und die rot-grüne Regierung muss ihre ideologischen Scheuklappen ablegen. Wir, der Verband die Familienunternehmer, plädieren eindringlich für die Einführung des Schulfachs Wirtschaft an allen Schulformen.

Meine persönlichen Erfahrungen decken sich übrigens unter anderem mit den Ergebnissen der Jugendstudie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK): Die besagt, dass eine große Mehrheit von 73 Prozent der Jugendlichen sich ein eigenes Schulfach Wirtschaft wünscht. Wir sollten diesen Wunsch unbedingt bedienen und fördern!

Warum ist ökonomische Bildung heute so wichtig?

! Durch die Globalisierung und die zunehmende Ökonomisierung fast sämtlicher Lebensbereiche hat die Komplexität ökonomischer Abläufe außerordentlich zugenommen: Um sich in dieser Welt erfolgreich zurechtzufinden und um bei der Gestaltung unserer Gesellschaft verantwortlich mitreden und handeln (auch unternehmerisch) zu können, ist ökonomische Bildung unabdingbar. Denn: Wer wirtschaftliche Zusammenhänge kennt und versteht, kann die Welt besser mitgestalten – zum Wohle aller! Unsere soziale Marktwirtschaft ist auf mündige, eigenständig denkende Bürger angewiesen, die in der Lage sind, Informationen richtig einzuordnen und zu bewerten, um selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen – am Bankschalter ebenso wie an der Wahlurne.

Zudem gehört zur ökonomischen Bildung selbstverständlich die Förderung des wirtschaftlichen und unternehmerischen Denkens und Handels.

Inwiefern kann ein Schulfach Wirtschaft die ökonomische Bildung fördern bzw. verbessern?

Wichtig wäre ein eigenständiges Schulfach Wirtschaft mit Praxisbezug. Die Schüler müssten also von den Lehrern in ihrer Schüler-Lebenswirklichkeit abgeholt werden. Notwendig dazu sind: gut ausgebildete Wirtschaftsdidaktiker, die möglichst mal in einem Unternehmen gearbeitet haben – und nicht fachfremde Lehrer. Darüber hinaus sollten diese Lehrer ihren Schülern wirtschaftliche Grundbegriffe und Zusammenhänge sowie unternehmerisches Denken und Handeln nachhaltig vermitteln.

Welche Kernthemen müsste das Schulfach Wirtschaft inhaltlich abdecken?

Übergeordnetes Lernziel des Schulfachs Wirtschaft sollte sein, den Schülern autonomes Denken und Handeln innerhalb unserer sozialen Marktwirtschaft zu ermöglichen. Dazu ist es erst einmal notwendig, die wirtschaftlichen Grundbegriffe zu lehren, theoretisches Basiswissen über verschiedene Wirtschaftsmodelle zu vermitteln, die globale Vernetzung ökonomischer Systeme zu erläutern und die Prinzipien der Wirtschaftsethik vorzustellen. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Schüler die komplexen Prozesse des Wirtschaftens sowie der Finanzwelt samt deren Strukturen verstehen, würdigen und kritisieren können. Darüber hinaus müssen Jugendliche aber auch lebensnahe, praktische Kompetenzen erwerben, um sich als aufgeklärte Konsumenten in einer vielschichtigen Produktwelt orientieren zu können. Es geht um ihre Rolle als Erwerbstätige, Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Unternehmer – Familienunternehmer, Gründer und Selbstständige.

Übrigens: Von Herbst 2016 an wird in Baden-Württemberg Wirtschaft als Pflichtschulfach unterrichtet – eingeführt von der grün-roten Landesregierung.

Zur Person:

Thomas Rick ist NRW-Landesvorsitzender des Verbandes ‘Die Familienunternehmer – ASU e.V.’ und Leiter der im Herbst 2015 gegründeten Bildungskommission von ‘Die Familienunternehmer’. Das Kernthema der Bildungskommission lautet: Einführung von Wirtschaft als eigenständiges Schulfach an allen Schulformen.Rick ist geschäftsführender Gesellschafter des Düsseldorfer Familienunternehmens Behrens & Schuleit, das als IT-Dienstleister und Dokumentenlogistiker 75 Mitarbeiter beschäftigt.‘Die Familienunternehmer’ repräsentieren die wirtschaftspolitischen Interessen von 180000 Familienunternehmern in Deutschland, die acht Millionen sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter beschäftigen.www.familienunternehmer.eu

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Keine Zeit zum Zocken

Müssen Hausaufgaben sein? Wäre es nicht besser, wenn der Unterricht erst um 9:00 Uhr anfangen würde? Diese und andere Themen werden derzeit heiß diskutiert – nicht nur unter Lehrkräften. Darum wollen wir an dieser Stelle künftig die zu Wort kommen lassen, denen solche Themen ebenso unter den Nägeln brennen: die Schülerinnen und Schüler.

Hausaufgaben ja oder nein?

Nein. Wir haben oft bis nachmittags Schule, und dann muss ich manchmal noch lernen. Ich habe dann keine Zeit zum Zocken oder Youtuben. Ich finde es reicht aus, wenn wir vor Klassenarbeiten zu Hause lernen müssen.

Wassily, 6. Klasse, 12 Jahre, Gesamtschule Köln

Nein. Ich habe an drei Tagen bis 15:40 Uhr Schule. An den anderen Tagen gehe ich zum Fechten und zu einer Ärztin.

Lilly, 11 Jahre, 5. Klasse

Ja. Manchmal kann ich dann gut Dinge üben. Für Mathe ist das gut. Meine Mutter erklärt mir das dann auch noch einmal.

Julian, 12 Jahre, 6. Klasse

Unterrichtsbeginn erst um 9:00 Uhr?

Ich finde gut, wenn wir erst um 9:00 Uhr in die Schule müssen. Dann kann ich länger schlafen. Dann habe ich mehr Zeit, und es ist nicht so hektisch.

Sanim, 12 Jahre, 6. Klasse

Muss ich dann auch länger bleiben?

Karl, 12 Jahre, 6. KlasseIch habe mich an 8:00 Uhr gewöhnt. Ich wache von alleine auf. Wenn das verändert würde, fände ich das nicht so gut.Lea, 11 Jahre, 6. KlasseIch komme oft zu spät, weil ich die Bahn verpasse. Vielleicht käme ich ja auch um 9:00 Uhr zu spät. Das bringt nichts, außer dass ich länger schlafen kann.David, 10 Jahre, 5. Klasse

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Keine Wahl?

Das Schuljahr nähert sich absehbar dem Ende, der Energiepegel vieler Pädagogen ebenso. Darf man das Wort ‘Obergrenze’ wenigstens in eigener Sache denken?

Seit Monaten häufen sich immer neue Entwicklungen, die zur üblichen Belastung quasi als Bonbon oben drauf kommen – leider extrem saure Bonbons, die muss man nicht mögen – trotzdem kann man nicht dankend ablehnen. Die äußeren Zwänge, Sie wissen schon…

Wunsch

»Wir schaffen das!« Ein frommer, ein verständlicher Wunsch, sicher entstanden aus besten Absichten. Das Top-Thema ‘Flüchtlinge und Integration’ darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass quasi nebenbei noch so viel mehr geschafft werden soll: Binnendifferenziertes Lernen soll nicht nur der Integration, sondern auch der Inklusion dienen. Wie erfreulich, dass uns das digitale Lernen Lösungen verspricht – schade nur, dass es oft an der Ausstattung mit Hardware, qualifizierter externer Wartung und sinnvollen Schulungen für Pädagogen hapert. Außerdem dämmert es mittlerweile vielerorts, dass digitales Lernen kein Allheilmittel sein kann, sondern lediglich partiell bereits funktionierende Strukturen unterstützen könnte – wenn es diese Strukturen denn geben würde.

Wie so oft klaffen Wunsch und Wirklichkeit auseinander. Leere Kassen, Sie wissen schon…

Wirklichkeit

»Wir sind hier nicht bei ‘Wünsch dir was’, wir sind hier bei ‘So isses!’« – so lautet der Aufdruck auf einer der beliebten Motto-Postkarten. Manchmal holt einen die Wirklichkeit ein, manchmal überholt sie einen auch. Das zeichnete sich schon vor dem EU-Gipfel in Brüssel Mitte Februar ab, welcher wegen Erfolglosigkeit auf März vertagt werden musste.

Auch wir Pädagogen müssen mit den Folgen umgehen. Lange schon haben wir das Gefühl, mit heißen Kohlen jonglieren zu müssen, und wenn wir Unterstützung seitens unserer Dienstherren erwarten und erhoffen, werden uns wieder weitere glühende Kohlen zugeworfen. Obergrenzen – auch die der Belastbarkeit – gelten dank Moralkeule und (eingebildeter?) Maulkörbe als abgeschafft.

Patentlösungen…

… gibt es nicht, das wird niemanden überraschen können.In all dem Durcheinander ist es schwer, den Überblick zu bekommen, und es ist erleichternd, Zusammenhänge wenigstens ansatzweise zu verstehen, doch das genügt nicht. Man muss auch den Mut zu Entscheidungen aufbringen, sonst muss man sich damit begnügen, die Entscheidungen anderer ausbaden zu dürfen! Wir erinnern uns an das mantramäßig wiederholte Motto ‘Kein Kind darf zurückbleiben!’ Das müssen wir Pädagogen auch für uns in Anspruch nehmen (dürfen)! Es klingt geradezu ketzerisch für Menschen, die in sozialen Berufen tätig sind, und das sind wir Pädagogen – dennoch lautet die Devise »Loslassen! Ich allein kann die großen Probleme dieser Zeit nicht lösen, deshalb gebe ich die Kontrolle diesbezüglich während der Unterrichtszeit ab.« Auch die breitesten Schultern können keine unbegrenzte Last tragen. Wenn uns niemand den Rücken freihalten will, dann erledigen wir wenigstens das selbst. Eigenschutz geht vor, denn wenn wir uns immer mehr Energie rauben lassen, können wir keine Hilfe mehr sein für die, die uns anvertraut sind.Kümmern wir uns also konsequent um unser Kerngeschäft, das ist und bleibt Bildung und Erziehung. Die Kräfte, die wir haben, sind gebündelt wirkungsvoller. Auch vor diesem Hintergrund ist die Personalratswahl 2016 ein probates Mittel, um aktiv Einfluss zu nehmen – natürlich durch Teilnahme an dieser Wahl!Brigitte Mahn

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