lehrer nrw-Senioren besuchten am 1. Dez. 2022 Soest
Die Westfälische Dombauhütte und die „Wiesenkirche“ standen auf dem Besuchsprogramm. Ebenso der Gang über den Soester Weihnachtsmarkt.
Bei stolzen 4 Grad Celsius traf sich am 1. Dezember 2022 eine Gruppe der lehrer nrw-Seniorinnen und -Senioren in der alten Hansestadt Soest am Bahnhof. Ein kurzer Gang brachte die Gruppe zur Kirche St. Maria zur Wiese, der „Wiesenkirche“.
Nach einem Gruppenfoto vor dem Südeingang der Kirche, auf dem zwei Nachzügler fehlen, führte Herr Stubenhofer, einer der beiden Dombaumeister, in die Wiesenkirche.
Er erklärte die besonderen architektonischen Merkmale dieser außergewöhnlichen Kirche. Sie hat z. B. einen einzigartigen, fast quadratischen Grundriss. Die damals reiche Hansestadt Soest begann 1313 den Bau der dreischiffigen Halle im Stil der französischen Hochgotik. Vollendet wurde sie mit der imposanten Doppelturmanlage im Jahre 1882.
Im zweiten Weltkrieg wurden die aus dem Mittelalter stammenden farbenprächtigen Fenster vorsorglich ausgebaut, so sind sie im Original erhalten geblieben. Trotzdem blieb die Wiesenkirche vor Kriegsschäden nicht verschont. Eine Bombe schlug ein und halbierte einen Pfeiler fast. Beim Wiederaufbau erkannte man, wie das Innere gestaltet war. So konnte die Reparatur entsprechend durchgeführt werden.
Dann beschrieb Herr Stubenhofer ausführlich die Schwierigkeiten, die die starke Witterungsanfälligkeit des traditionellen Steinmaterials (Grünsandstein) den Dombauhütten bereiten. Heute wird der widerstandsfähigere Oberkirchener Sandstein, ein Quarzsandstein, z. B. für die Maßwerkhelme der Türme, verwendet. 2013 wurde die Restaurierung des Südturms zum 700-jährigen Jubiläum der Grundsteinlegung fertiggestellt. Aktuell wird das die Kirche umlaufende Traufgesims restauriert.
Im Anschluss führte Herr Stubenhofer die Gruppe in die Werkstatt der Dombauhütte und gewährte Einblicke in die Arbeit mit den Steinen. Hier werden Repliken der von der Witterung beschädigten Teile mit Hilfe von selbst hergestellten Schablonen in Handarbeit mit Muskelkraft gehauen. Diese wurden von Originalsteinen abgenommen bzw. aus Originalzeichnungen entnommen. Ein anwesender Steinmetzgeselle ließ sich über die Schulter schauen und erklärte seine Arbeit an einem Traufstein, die ein lebenslanges Lernen am und mit dem Stein beinhaltet und viel Durchhaltevermögen und Herzblut fordert.
Herr Stubenhofer, Steinmetz- und Steinbildhauermeister (und Architekt) und sein Geselle brachten der Gruppe ihren Beruf, der auch eine Lebenseinstellung ist, näher. Herzlichen Dank für die Einblicke in ein faszinierendes Handwerk, das leider auch unter dem Mangel an Nachwuchs leidet.
Seit 2018 ist das Bauhüttenwesen in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Die UNESCO würdigt damit die Arbeit der Soester Dombauhütte (www.bauhuette-wiesenkirche.de).
Und es wird sicherlich zu weiteren Einsichten führen, sich der Wiesenkirche noch einmal unter anderen Aspekten als der Architektur zu nähern, Führungen werden regelmäßig von der Tourist Information Soest angeboten. Die Gästeführer erklären gerne Näheres zur Darstellung des westfälischen Abendmahls mit Schinken und Schwarzbrot und weiteren Kunstschätzen.
Nach den ausführlichen und interessanten Einblicken in die Bauhütte musste das Grünsandsteinmuseum aus Zeitgründen etwas zurückstehen und mit kurzen Blicken vorliebnehmen. Hier sind viele Beispiele von Steinen mit Schäden und solchen mit Einschlüssen ausgestellt und warten auf einen Besuch zu einer anderen Zeit.
Dann gab es nach den umfangreichen Einblicken in die Wiesenkirche und die sie restaurierende Dombauhütte „Im wilden Mann“ eine leckere warme Stärkung.
Den Abschluss bildete ein Gang über den Soester Weihnachtsmarkt, der individuell erkundet wurde. Einige zog es auch noch in die Petrikirche und den Dom, in denen Krippen aufgebaut wurden bzw. bis Weihnachten immer wieder ergänzt werden.
So ging ein informativer, vorweihnachtlicher und kalter erster (meteorologischer) Wintertag in Soest zu Ende.
Esther Bülow