Wer wissen will, wo an den Schulen aktuell der Schuh drückt, dem kann ich nur nachdrücklich empfehlen, regelmäßig Personalversammlungen zu besuchen und den Wortbeiträgen der Kolleginnen und Kollegen aufmerksam zu lauschen.

In meiner Funktion als Vorsitzender des Hauptpersonalrats für Lehrkräfte an Realschulen habe ich im vergangenen Herbst an den Bezirkspersonalversammlungen in Düsseldorf und Münster teilgenommen. Zudem habe ich als Vertreter unseres Verbandes die Personalversammlungen für Lehrkräfte an Gesamt-, Gemeinschafts- und Sekundarschulen in Köln und Düsseldorf besucht. Unabhängig vom Bezirk und der Schulform ähneln sich die Problemfelder, die auf diesen Veranstaltungen von den Lehrkräften thematisiert wurden: belastende Arbeitsbedingungen, dramatischer Lehrkräftemangel, zu wenig Ressourcen zur Umsetzung der Inklusion, ungerechte Besoldung bzw. Vergütung, frustrierte Vertretungslehrkräfte, die sich seit Jahren mit befristeten Arbeitsverträgen an unseren Schulen über Wasser halten müssen…

Der Lehrkräftemangel und seine Folgen

Die Arbeitsbedingungen von Lehrkräften sind auch deshalb zurzeit so dramatisch schlecht, weil die meisten Schulen unterbesetzt sind und insbesondere zur Bewältigung der Inklusionsaufgaben zu wenig Fachpersonal zur Verfügung steht. Die Verantwortung für diese Situation trägt die rot-grüne Vorgängerregierung, die es zum einen versäumt hat, aktuelle Lehrerbedarfsprognosen anzustellen (die letzte stammte aus dem Jahr 2011!) und zum anderen den Inklusionsprozess in einem Tempo (und ohne Steuerung) in die Fläche getrieben hat, ohne sorgfältige Berechnungen anzustellen, ob eine bedarfsgerechte Personalausstattung an Sonderpädagogen für diesen Prozess vorhanden ist. Insofern nimmt es auch nicht Wunder, dass die neue Inklusionsformel 25 – 3 – 1,5 nicht unmittelbar greifen wird, da durch diese Rechengröße zwar die notwendigen Stellen geschaffen werden, diese aber nicht alle sofort mit den entsprechenden ’Köpfen’ besetzt werden können. Die Formel hat aber dennoch ihre Berechtigung, ist durch sie doch sichergestellt, dass bis zum Endausbau im Jahre 2024/2025 mehr als 6000 zusätzliche Sonderpädagogenstellen im Gemeinsamen Lernen geschaffen werden, die der Landtag durch die Verabschiedung der Eckpunkte zur Neuausrichtung der Inklusion bereits bewilligt hat.

Bezirksregierungen mauern bei der Entfristung von Arbeitsverträgen

Umso verwunderlicher ist es, dass insbesondere die Bezirksregierung Köln häufig Anträge von an Schulen befristet Beschäftigten auf Entfristung ihrer Arbeitsverträge ablehnt. Diese Personen haben häufig über Jahre – ohne Einweisung und Unterstützung und trotz miserabler Bezahlung – bewiesen, dass sie im System Schule zurechtkommen und eine wertvolle Bereicherung darstellen können. Laut Erlass müssen Arbeitsverträge von befristet beschäftigtem Personal an Schulen nach sieben Jahren entfristet werden, eine Entfristung kann (unter anderem laut Aussage von LMR Bals vom MSB) aber durchaus auch schon viel früher erfolgen. Diese Botschaft wird in den Bezirksregierungen bis heute bedauerlicherweise leider nur sehr selten vernommen und umgesetzt. Immerhin können mittlerweile auch alle Beschäftigten, deren Arbeitsverträge entfristet sind, an einer einjährigen Basisqualifizierung (’Pädagogische Einführung’) teilnehmen. Diesen erfreulichen Fortschritt hat eine Initiative des Hauptpersonalrats Realschulen erwirkt.

Gleiche Bezahlung bei gleicher Ausbildung

In einer Vielzahl von Anträgen auf den Personalversammlungen fand sich die Forderung nach einer einheitlichen Eingangsbesoldung. Hintergrund: Seit der Reform der Lehrerausbildung aus dem Jahr 2009 sind die Ausbildungszeiten lehramtsübergreifend einheitlich lang. Die rot-grüne Landesregierung hat es seinerzeit versäumt, die sich daraus ergebende Konsequenz einer einheitlichen Eingangsbesoldung zu ziehen.

Dieses Versäumnis muss die schwarz-gelbe Landesregierung nunmehr korrigieren. lehrer nrw? hat Ministerpräsident Laschet deshalb in einem ’Brandbrief’ dazu aufgefordert, das gegebene Wahlversprechen einzulösen. Wichtig ist unserem Verband hierbei, dass die Bestandslehrkräfte in die Besoldungsanhebung nach A13 bzw. EG13 miteinbezogen werden. Jede andere Lösung würde zu einem sozialen Unfrieden an den Schulen führen, der weder aushaltbar noch hinnehmbar wäre. Eine stufenweise Anhebung der Gehälter von Bestandslehrkräften – wie sie in anderen Bundesländern teilweise praktiziert wird – ist aus Sicht von lehrer nrw? ein gangbarer Weg.

Die Tagesordnung der nächsten Gemeinschaftlichen Besprechung (GB) des Hauptpersonalrats Realschulen mit Schulministerin Yvonne Gebauer Mitte Mai ist entsprechend gut gefüllt. Bei dieser Gelegenheit werden wir auch wieder ein Überblickstableau aller Anträge aller Realschulpersonalversammlungen aus dem Jahr 2018 überreichen. Sie vermitteln nämlich ein eindrucksvolles Bild davon, wo der Schuh wirklich drückt!

Sven Christoffer

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