Das Schulministerium hat gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern aller Hauptpersonalräte, der Hauptschwerbehindertenvertretungen, der Gleichstellung und der Bezirksregierungen neue Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrerinnen und Lehrer erarbeitet, die nunmehr veröffentlicht worden sind und zum 1. Januar 2018 in Kraft treten.

Heribert Brabeck, mein Vorgänger im Amt des stellvertretenden HPR-Vorsitzenden Realschulen, hat für den Hauptpersonalrat an zahlreichen Sitzungen dieser Arbeitsgruppe teilgenommen. Seine Eindrücke waren rundweg positiv: Es habe eine konstruktive Arbeitsatmosphäre geherrscht, die Zusammenarbeit sei vertrauensvoll und gewinnbringend gewesen, und die Anliegen des HPR Realschulen sowie der übrigen Vertreterinnen und Vertreter der Beschäftigten hätten im Wesentlichen Eingang gefunden in die umfassende Überarbeitung der Richtlinien.

 

Die Beurteilungsrichtlinien aus dem Jahr 2003: veraltet und hochproblematisch

Maßgeblich für dienstliche Beurteilungen ist Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes: Öffentliche Ämter sind nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergeben (‘Bestenauslese’). Aber wie findet man heraus, wer die oder der Beste ist? Dass die bisher gültigen Richtlinien unter diesen Gesichtspunkten gleich in mehrfacher Hinsicht problematisch sind, stellt Ministerialrätin Judith Hennevogl, Leiterin der oben genannten Arbeitsgruppe, in ‘Schule NRW’ (09/2017) dar:

»Der von Artikel 33 Absatz 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerberinnen und Bewerber um ein Beförderungsamt hat vor allem anhand aussagekräftiger, das heißt aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen. (…) Derzeit finden sich die einzelnen Aussagen zu Leistung und Befähigung der Lehrkräfte in einem Fließtext, der in ein Gesamturteil mündet. Bei gleichem Gesamturteil muss die Schulaufsicht nach den Vorgaben der Rechtsprechung die Einzelbewertungen in den Blick nehmen (sogenannte inhaltliche Ausschöpfung) und steht dann vor dem Problem, dass die Aussagen in den Fließtexten schwer miteinander zu vergleichen sind. Diese stammen oft auch von unterschiedlichen ‘Autoren‘ – denn seit 2006 sind die Schulleitungen auch für die Beurteilungen vor dem ersten Beförderungsamt zuständig.«

 

Umstellung vom Freitext auf eine Punktebewertung

Neu sind deshalb einheitliche Beurteilungsmerkmale, die nach einer Bewertungsskala von einem bis fünf Punkten bewertet werden. Diese sind:

  1. Unterricht oder Ausbildung
  2. Diagnostik und Beurteilung
  3. Erziehung und Beratung
  4. Mitwirkung an der Schul- oder Seminarentwicklung
  5. Zusammenarbeit
  6. Soziale Kompetenz

Für Funktionsämter sind zusätzlich die folgenden Beurteilungsmerkmale zu bewerten:

  1. Organisation und Verwaltung
  2. Beratung
  3. Personalführung und -entwicklung

Für die Bewertung der Leistungs- und Befähigungsmerkmale und die Bildung des Gesamturteils findet folgende Skala Verwendung:

  • übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße: 5 Punkte,
  • übertrifft die Anforderungen: 4 Punkte,
  • entspricht den Anforderungen: 3 Punkte,
  • entspricht im Allgemeinen noch den Anforderungen: 2 Punkte
  • entspricht nicht den Anforderungen: 1 Punkt

 

Gewichtung

Das Gesamturteil wird dann auf der Grundlage der Einzelbewertungen gebildet; dabei darf nicht mathematisch vorgegangen werden. Die Richtlinien machen vielmehr Vorgaben zur Gewichtung: So sind bei der Beurteilung einer Lehrkraft während der laufbahnrechtlichen Probezeit und vor der Übertragung des ersten (funktionslosen) Beförderungsamtes die oben stehenden Merkmale 1 bis 3 von besonderem Gewicht. Bewirbt sich eine Lehrkraft hingegen auf eine Führungs-und Funktionsstelle, dann haben die Merkmale 5 sowie 7 bis 9 besondere Bedeutung.

 

Einheitlicher Beurteilungszeitraum

Bisher knüpfte jede dienstliche Beurteilung an das Datum der zuletzt erstellten Beurteilung an. Nach aktueller Rechtsprechung ist jedoch insbesondere das aktuelle Leistungs-und Befähigungsbild für die Personalauswahl entscheidend. Deshalb sind nunmehr nur noch die Leistungen der letzten drei Jahre zu beurteilen. Das entlastet die Beurteilerinnen/Beurteiler und legt – wie von den Gerichten eingefordert – den Schwerpunkt auf das aktuelle Leistungs- und Befähigungsbild.

 

Unterm Strich

Die überarbeiteten Beurteilungsrichtlinien setzen – unter anderem durch die Umstellung auf ein Punktesystem – Anforderungen der Rechtsprechung an die Vergleichbarkeit und Aktualität dienstlicher Beurteilungen um. Ob das Ziel einer einfacheren und rechtssicheren Anwendung erreicht wird, wird der Praxistest im nächsten Jahr zeigen.

 

Zum Nachlesen:

Die neuen ‘Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Leiterinnen und Leiter an öffentlichen Schulen und Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung des für Schule zuständigen Ministeriums’ (BASS 21-02 Nr. 2) sind in der Septemberausgabe von ‘Schule NRW’ ab Seite 35 veröffentlicht. Zudem enthält das Amtsblatt des MSB eine zusammenfassende Darstellung der Beurteilungsrichtlinien von Judith Hennevogl, der zuständigen Ministerialrätin (S.?16 – 18). Eine Liste häufig gestellter Fragen und Antworten zu den ab 1. Januar 2018 geltenden Beurteilungsrichtlinien (FAQ-Liste BRL) ist im Bildungsportal abrufbar (http://url.nrw/Beurteilungsrichtlinien-Lehrkraefte).

Sven Christoffer

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