lehrer nrw freut sich über Zuwachs im Autorenteam. Neu an Bord ist der Kollege Ferdinand Kümmertsich. Er ist gestählt durch unzählige Schlachten in Konferenzen, Bezirksregierungsbüros und Elternsprechtagen. Mit reichlich Berufs- und Lebenserfahrung ausgestattet, blickt er mit einem Augenzwinkern auf den ganz normalen Wahnsinn des Systems Schule.

Nein, man glaubt es gar nicht, aber die Zeit ist so weit vorangeschritten, dass nun auch das letzte ’Beamtentablet’ wachgeworden ist und gemerkt hat: Ups, es gibt ja Handys bei den Schülern und Tablets, und sie können damit teilweise besser umgehen als die Lehrerinnen und Lehrer. Denn Kollegen älteren Semesters, wie ich, müssen oftmals nachfragen, wie die Dinger denn funktionieren. Und ehrlich gesagt, die letzte Fortbildung aus dem Jahr 2001 basierte auf Windows 95.

Aber da hat sich nun unser ausgeschlafenes Ministerium etwas ganz Besonderes überlegt: Medienkompetenzteams. Kolleginnen und Kollegen, die ihre wesentliche Aufgabe – das Unterrichten – komplett auf Seite schieben (und dies in Zeiten des Lehrermangels) und alle anderen Kolleginnen und Kollegen nun auffordern, nicht mehr mit Handy und Co. konkurrieren zu müssen, sondern es in allen Unterrichtsfächern mit einzubauen. Natürlich, wie für das Ministerium üblich, alles verschriftlicht und seitenfüllend.

Und wann soll es fertig sein? Gleich morgen! Und das alles in Zeiten des Lehrermangels, wo Kolleginnen und Kollegen fehlen, Aufgaben aufgeteilt werden müssen, §132 umgesetzt werden muss, dabei die Inklusion und Integration nicht auf der Strecke bleiben dürfen, die Elternpflegschaft NRW zur Teilnahme an einem Seminar für gewaltbereite Schüler auffordert, kommt noch obendrauf die Erstellung des Medienkonzeptes zum neuen Medienkompetenzrahmen. Der Witz ist aber, dass viele Schulen gar nicht mit neuartigen Medien ausgestattet sind. Einige freuen sich sogar, dass der Overheadprojektor mit der Aufschrift ’Made in West-Germany’ und der alten Düsseldorfer Postleitzahl (hier noch vierstellig) nach wie vor überlebt, denn einen neuen wird es nicht geben.

Bravo! Sie schaffen es wirklich immer wieder, Packesel noch voller zu packen, so dass immer mehr Lehrerinnen und Lehrer gesundheitlich nicht mehr zur Verfügung stehen und die, die das alles noch gerade so aushalten, die macht man dann mit weiteren neuen Ideen und Konzepten noch platter, bis keiner mehr da ist. Liebes Ministerium, dann müsst Ihr ran! Ja, tatsächlich! Wenn kein Lehrer mehr da ist, dann müsst Ihr eure Schreibtische räumen und ran an die Front. Und schickt uns dann mal einen Erfahrungsbericht ins Sanatorium, wie gut und professionell ihr alle eure eigenen Konzepte umgesetzt habt.

Bevor es aber dazu kommt, lasst uns doch einfach mal wieder unsere hauptsächliche Arbeit machen: Unterrichten!

Macht es gut und bis dahin…

Euer alter Kollege
Ferdinand Kümmertsich

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