Die aktuelle schulpolitische Lage in Nordrhein-Westfalen, der Mülheimer Kongress und der bevorstehende Personalratswahlkampf waren die beherrschenden Themen bei der Sitzung des Hauptausschusses, dem höchsten Gremium von lehrer nrw, am 29. März in Dortmund.

Der Mülheimer Kongress, der in diesem Jahr am 27. und 28. November stattfindet, greift wieder ein hoch aktuelles Thema auf: Das Tagungsmotto lautet: »Die Lehrkraft zwischen analog und digital«, erläuterte die lehrer nrw-Vorsitzende Brigitte Balbach. Zur hochkarätigen Referentenriege gehört unter anderem der Psychologe und Hirnforscher Prof. Markus Kiefer von der Universität Ulm. Er erklärt, warum das Schreiben mit der Hand auch und besonders im Computerzeitalter wichtiger denn je ist. Prof. Hans-Ulrich Baumgarten gibt Antworten auf die Frage, wie Bildung in einer digitalisierten Welt aussehen kann. Der Gymnasiallehrer und Autor Michael Felten spricht über ’Hattie und die Konsequenzen der Digitalisierung’.

Fortschritte bei 132c-Schulen

Aus der Arbeit des Hauptpersonalrats für Realschulen berichtete der HPR-Vorsitzende Sven Christoffer. Er ging auf die Fortschritte bei den so genannten §132c-Realschulen ein, die einen zusätzlichen Hauptschul-Bildungsgang eingerichtet haben. Auch dank der Beharrlichkeit des HPR hat das nordrhein-westfälische Schulministerium inzwischen den Stellenzuschlag auf zweieinhalb Lehrerstellen angehoben, so dass die dreizehn betroffenen Schulen nun eine äußere Differenzierung des Bildungsgangs bis zur Hälfte der Stundentafel anbieten können. Schwierig ist nach wie vor der Inklusionsprozess, wie verschiedene Rückmeldungen aus dem Hauptausschuss zeigten. Vor allem der Personalmangel schlägt hier voll durch. Zwar habe das Ministerium Verbesserungen angekündigt, aber die zugesagten Sonderpädagogen seien in der erforderlichen Anzahl gar nicht auf dem Markt.

Schleppend verlaufe auch die Digitalisierung – trotz der Bund-Länder-Einigung über den Digitalpakt. Das Geld fließe zwar – aber die Verteilung sei Sache der jeweiligen Schulträger. Und die behandeln die einzelnen Schulen teilweise sehr unterschiedlich, je nach politischer Konstellation in den Stadt- und Gemeinderäten, berichteten einige Sitzungsteilnehmer.

‚Lehrkräfte stärken’

Die Personalratswahl 2020 warf bereits ihre Schatten voraus. lehrer nrw? will im Wahlkampf den Markenkern des Verbandes herausarbeiten. Das Thema ’Lehrkräfte stärken’, das sich in der aktuellen und sehr erfolgreichen ’Superhelden-Kampagne’ widerspiegelt (»Wir kämpfen für Sie«) wird dabei eine zentrale Rolle spielen.

Jochen Smets

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Realschul-Boom in OWL

Die Realschulen in Ostwestfalen-Lippe glänzen erneut mit rekordverdächtigen Anmeldezahlen. Die Schulform erfreut sich (wieder) großer Beliebtheit bei Eltern und Schülern.

Nachdem die Realschulen im Regierungsbezirk Detmold bereits im letzten Jahr sehr gute Anmeldezahlen aufweisen konnten, gelang es in fast allen Kreisen, diese für das Schuljahr 2019/ 2020 noch einmal zu steigern – teilweise in Rekordhöhe. Der landesweite Trend (wieder) zu Realschulen spiegelt sich insbesondere auch in Ostwestfalen-Lippe wider. Beispielhaft kann unter anderem die Stadt Bielefeld genannt werden, wo bei den neun städtischen Realschulen – davon eine Neugründung zum Schuljahr 2018/2019 – insgesamt 919 Anmeldungen (2018/2019: 912) eingingen. Vier Bielefelder Realschulen weisen einen deutlichen Anmeldeüberhang aus, wobei die Luisenschule mit 202 und die Realschule Heepen mit 165 Anmeldungen hervorstechen. Auch die durch reges Elternengagement gerettete Bosseschule konnte die notwendige Anmeldehöhe deutlich überspringen.

Anmelderückgang an Gesamtschulen

In der Stadt hat sich ein schulübergreifender Elternrat Realschulen gegründet, um die Interessen dieser Schulform zu vertreten. Das Bielefelder Westfalen-Blatt titelte in der Ausgabe vom 2. März 2019: »Ablehnungen unvermeidbar – an Gymnasien kein G9-Effekt. Bielefelder Realschulen verzeichnen erneut hohe Anmeldezahlen«. Die vier städtischen Gesamtschulen haben hingegen einen Anmelderückgang von 512 auf 434 zu verzeichnen und noch zahlreiche freie Plätze zur Verfügung. Einige Bielefelder Realschulen profitieren sicherlich auch von Zugängen aus angrenzenden Kommunen, die im Rahmen des Schulkompromisses von 2011 ihre häufig gut funktionierenden Realschulen (vorschnell?) aufgaben und dortige Eltern nun für ihr Kind eine bewährte Schulform im gegliederten Schulsystem wünschen und dafür auch einen längeren Schulweg in Kauf nehmen. Im Kreis Herford verzeichnete die Realschule Enger mit 159 Anmeldungen so viele wie noch nie. Ebenso konnte die Realschule Steinhagen im Kreis Gütersloh die Rekordanmeldungen von 100 Kindern im letzten Jahr auch dieses Mal wiederholen.

Eltern retten Realschule

Fast sensationell sind auch die Anmeldezahlen an der Hoffmann-von-Fallersleben-Realschule in der Kreisstadt Höxter. Diese sollte ursprünglich vor sechs Jahren ebenso wie die Hauptschule auslaufend gestellt werden, da nach der Gründung einer protegierten Sekundarschule für die mit langer Tradition in Höxter verankerte Realschule noch nicht einmal ein sogenannter Restbedarf gesehen wurde. Erst äußerst engagierten Eltern gelang es mit mehreren erfolgreichen Verfahren beim Verwaltungsgericht Minden und einem sehr erfolgreichen Bürgerbegehren, den Fortbestand der Schule zu sichern, was auch größere überregionale mediale Aufmerksamkeit auf sich zog. Während die Sekundarschule zum neuen Schuljahr lediglich 55 Anmeldungen aufwies und das dortige Gymnasium 75 Anmeldungen meldete, wurden an der Realschule insgesamt 103 Mädchen und Jungen angemeldet, was sicher auch als ausdrückliche Anerkennung der qualitativen Arbeit der Schule gewertet werden kann.
Interessant ist gewiss auch die Tatsache, dass in Altenbeken (Kreis Paderborn) aller Voraussicht nach erneut im Bezirk eine neue Realschule zum neuen Schuljahr an den Start gehen soll, die in diesem Fall von einem Elternverein getragen wird.

Ideologisch Totgesagte leben länger

Fazit des diesjährigen Anmeldeverfahrens in Abwandlung eines alten Sprichwortes: Ideologisch Totgesagte leben anscheinend nicht nur länger, sondern auch intensiver. Die Intensität könnte noch deutlich gesteigert werden, wenn die Benachteiligung unter anderem bezüglich der Pflichtstundenzahl und der Relation ’Schüler je Stelle’ aufhörte. Hoffen lässt die Formulierung im schwarz-gelben Koalitionsvertrag: »Wir werden die Gleichbehandlung aller Schulformen wiederherstellen. Die Benachteiligung von Realschulen und Gymnasien werden wir beenden.« Wir warten drauf!

Elmar Miller
stellvertretender Vorsitzender des
lehrer nrw Kreisverbandes Paderborn-Höxter

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Mathematikdidaktischer Hilferuf

Zum Beitrag ’Die Kompetenzfalle’ der Mathematik-Fachdidaktiker Ysette Weiss und Rainer Kaenders (Ausgabe 1/2019) hat die Redaktion eine Stellungnahme erreicht, die wir im Folgenden veröffentlichen.

Der Artikel der Fachdidaktiker Weiss und Kaenders ’Die Kompetenzfalle’ bescheinigt den Lehrenden des Faches ‘Mathematik’ die Fähigkeit, ihre Schüler und Schülerinnen auf die Anforderungen der Zentralen Prüfungen vorzubereiten. Die Lehrenden arbeiten, um den standardisierten Aufgabenformaten gerecht zu werden, bei Vergleichsarbeiten und Abschlussprüfungen mit Materialien, die speziell als Arbeitshefte und Lernhilfen von Verlagen für eine halbjährige Phase vor den vorgegebenen Terminen entwickelt wurden und vom benutzten Schulbuch abgekoppelt sind.

Durch Taschenrechner, Kassen-scanner und Computer hat sich die Antwort auf die beliebte Frage »Wofür brauchen wir das?« verschoben auf Grunderfahrungen und einen exemplarischen Umgang mit symbolischen, formalen und technischen Elementen der Mathematik, die überall essenziell benannt werden können. Die Kernlehrpläne sind in der Grundidee weit entfernt davon, dass Mathematik (in der Schule) nur Rechnen, also Arithmetik, ist. Die benötigten Basiskompetenzen mit Schätzen, Überschlagen und immer wieder Kopfrechnen zu entwickeln, erfordert Zeit und Geduld. Die Implementierung der Kernlehrpläne führt zu einer weiteren Entfernung des Unterrichtsfaches Mathematik von den Alltagserfahrungen der Lernenden und von der Stringenz der Hochschulmathematik.

Beim Erwerb der Kompetenz Geometrie wird der beobachtbare schleichende Verlust feinmotorischer Fähigkeiten beim Umgang mit Zirkel und Lineal durch Gleichsetzung mit elektronischen Werkzeugen berücksichtigt, obwohl damit auch im Kompetenzbereich Funktionen konstruiert und gezeichnet wird. Dieses aus der Antike herrührende Bildungsgut wird zu früh an die Medien abgegeben. Der Kompetenzbereich Stochastik ist gegenüber den vorhergehenden Richtlinien neu geordnet und ausgeweitet, da die Verarbeitung von Daten in der globalisierten und digitalen Welt eine wachsende Rolle spielt. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung kann die soziale Problematik der Spielsucht in den Unterricht einbeziehen.

Es stellen sich neben die vier inhaltsbezogenen Kompetenzbereiche die prozessbezogenen: Argumentieren, Problemlösen, Modellieren und Werkzeuge. Diese acht Fachkompetenzen bilden durch Vernetzung und flexible Nutzung die mathematische Grundbildung. Die Schulbuchverlage bieten unterschiedliche Strategien, um heterogenen Lerngruppen mit verschiedenen Niveaus der Sprach- und Lesekompetenzen und teilweise geringer Übungsbereitschaft ein Basiswissen durch eine vielfältige Aufgabenkultur mit mathematischer Begriffsbildung anzubieten. Die methodische Ausgestaltung des Unterrichts bleibt in der Verantwortung der Lehrenden; sie kann durch schuleigene Lehrpläne der Fachkonferenzen auch fächerübergreifend gestaltet werden.

Soweit ein paar Schlaglichter auf die Praxis beim Erwerb mathematischer Kompetenzen, die standardisiert in verschiedenen Prüfungen abgefragt werden. Die Prüfungen verlangen von Lehrenden und Lernenden einen Aufwand, der nicht auf die Unterrichtsarbeit zurückwirkt. Die im Unterricht vielfältig praktizierte Aufgabenkultur und der Aufbau eines strukturierten Grundwissens beim einzelnen Lernenden werden durch diese Vorgehensweise konterkariert. Eine viel zu große Anzahl von Lehrenden in der Sekundarstufe I unterrichtet nach bestem Wissen und Gewissen das Fach ‘Mathematik’ mit pädagogischen Erfahrungen – ohne ein auf das Fach Mathematik bezogenes Studium – unter Verwendung des eingeführten Schulbuches als Curriculum.

Seit gut fünfzehn Jahren begleiten die Lehrerinnen und Lehrer mit hohem Engagement das Experiment ’Kompetenzabfrage’, das nun reif ist zur Evaluation. Wie immer das Ergebnis ausfällt; für die Nachfolgeprojekte ist ein Team mit Praktikern aus den zugehörigen Schulformen und den fachlichen Hochschullehrern der Lehrerausbildung, der empirischen Bildungsforschung, Wirtschaft und Handwerk vonnöten.

Kathrein Schadow

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Kickoff – Schulleitungen im lehrer nrw

Nicht nur Lehrerinnen und Lehrer nutzen die vielfältigen Angebote von lehrer nrw, auch Schulleitungen lassen sich hier beraten oder werden umfassend informiert. Aber fühlen sich die Schulleitungen auch ausreichend durch den Verband vertreten?

Zur Klärung dieser Frage konnten sich Schulleitungen am 20. März in Dortmund an der Veranstaltung ’Kickoff – Schulleitungen organisiert im Verband lehrer nrw’ beteiligen. Das Auftakttreffen sollte dazu beitragen, Perspektiven und Belange von Schulleitungen im Verband zu stärken und über den Verband und die Vertretungen in Personalräten die Arbeitsbedingungen von Schulleitungen in Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen zu verbessern.

Breites Themenspektrum

In der Eröffnungsrunde sammelten die Moderatoren Jörn Schürrle und Olaf Korte folgende Anliegen der Teilnehmenden:

  • Sicherheit in Rechtsfragen
  • Forderung nach stabiler Schulsituation insbesondere im Hinblick auf schneller werdende Veränderungen und Schulschließungen
  • Entlastung in der Personalentwicklung zum Beispiel durch Unterstützung bei der Stellenbesetzung von Lehrerstellen, aber auch bei der Besetzung von Schulleitungsstellen unter anderem bei langfristigen Erkrankungen
  • Unterstützung bei der Qualitätssicherung als Aufgabe von Schulleitung
  • Stärkung der Position der Schulleitungen in der Zusammenarbeit mit Schulträgern, Bezirksregierung und ähnlichem
  • Schulleitung als Berufsbezeichnung (Veränderungen in Aufgabenbereichen vom Pädagogen zum Manager)
  • allgemeiner Beratungsbedarf
  • Bedeutung der Netzwerk-Arbeit

Logineo und Ferien-Präsenz

Die Eröffnungsrunde zeigte aber auch, dass es schulformspezifische Schwerpunkte gibt, die ggf. in eigenen Arbeitsgruppen diskutiert werden müssen.

Sven Christoffer, der als Hauptpersonalratsvorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des Verbandes zusammen mit Justitiar Christopher Lange als Gast an der Veranstaltung teilnahm, gab einen kurzen Einblick in die derzeitige Arbeit des Hauptpersonalrates, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeit der Schulleitungen steht. Hier wurde die immer noch andauernde Diskussion um die Einführung von Logineo und die damit verbundenen Haftungsfragen für Schulleitungen sowie die Forderung der Bezirksregierung Köln nach verbindlichen Präsenzzeiten in der Schule für Schulleitungen in den Ferien ausgeführt. Die Frage nach der Durchführung der dienstlichen Beurteilungen für die A?13-Stellen wurde sehr kontrovers diskutiert und zeigte, dass nicht in allen Bereichen ein Konsens herzustellen ist.

Wie geht es weiter?

Wenn der Verband die Interessen der Schulleitungen vertreten soll, müssen die Belange von den Schulleitungen auch angemessen artikuliert werden.

Alle Teilnehmenden waren sich daher einig, dass nach der Kickoff-Veranstaltung regelmäßige Treffen für einen kontinuierlichen Austausch folgen sollten. In Form von Fortbildungsveranstaltungen sollen Themenschwerpunkte mit Referenten, aber auch der inhaltliche Austausch zwischen Schulleitungen und dem Verband im Mittelpunkt der weiteren Arbeit stehen. Angedacht wurden auch regionale Treffen und eine Schulleitungsrunde.

Olaf Korte
korte@lehrernrw.de

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