Während es früher im Beamtenrecht nur dienstfähige oder dienstunfähige Beamte gab, steht heute mit der begrenzten Dienstfähigkeit bzw. Teildienstfähigkeit und dem Arbeitsversuch im Sinne von §?2 Absatz 6 Arbeitszeitverordnung analog zum Hamburger Modell ein abgestuftes Instrumentarium zur Verfügung. 

Die stufenweise Wiedereingliederung nach dem sogenannten ‘Hamburger Modell’ soll arbeitsunfähigen Beschäftigten nach längerer krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit ermöglichen, sich schrittweise wieder an die bisherige Arbeitsbelastung zu gewöhnen. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, bei krankheitsbedingten Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements anzubieten, gilt auch Beamten gegenüber (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 zu Az. 2 C 22.13). Für Lehrerinnen und Lehrer im Beamtenverhältnis an öffentlichen Schulen ist auch das ‘Hamburger Modell’ analog anwendbar. Es richtet sich als Ausnahme von der Arbeitszeit nach §?2 Abs. 6 in Verbindung mit §?1 Abs. 3 der Arbeitszeitverordnung (AZVO).

Eingliederungsplan

Lehrerinnen und Lehrer im Beamtenverhältnis stimmen zunächst mit ihrem behandelnden Arzt (und ggf. auch mit der Schulleitung) einen Eingliederungsplan ab, der dem Genesungsfortschritt des Betroffenen entspricht. Die Arbeitsaufnahme kann so mit wenigen Stunden täglich beginnen und stufenweise bis zu vollen Arbeitszeit gesteigert werden. Die Vereinbarung, die mit dem Arzt getroffen wird, wird dem zuständigen Personalsachbearbeiter bei der Bezirksregierung auf dem Dienstweg möglichst rechtzeitig vor Beginn der geplanten Maßnahme zugeleitet. Die ärztliche Bescheinigung sollte Beginn und Ende der jeweiligen Stufen, von wann bis wann also mit wie vielen Wochenstunden Unterricht erteilt werden soll, enthalten sowie eine zeitliche Prognose zur Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Zustimmung der Bezirksregierung vor Beginn der Maßnahme zwingend erforderlich ist. Eine Dienstaufnahme ohne Zustimmung ist nicht möglich!

Die Dauer der Maßnahme liegt im Regelfall zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten. Nach §?2 Abs. 6 AZVO kann im Anschluss an eine längere Erkrankung vorübergehend für die Dauer von bis zu sechs Monaten eine Ermäßigung der regelmäßigen Arbeitszeit bewilligt werden, wenn dies nach ärztlicher Feststellung zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess geboten ist. Weiterhin kann in begründeten Ausnahmefällen der Arbeitsversuch für die Dauer von bis zu zwölf Monaten erfolgen, wenn dies nach amtsärztlicher Feststellung aus gesundheitlichen Gründen zur Wiedereingliederung geboten ist. Da die Beteiligung des amtsärztlichen Dienstes bei den Gesundheitsämtern erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen kann, ist eine möglichst frühzeitige Antragstellung empfehlenswert, und zwar insbesondere dann, wenn eine bereits laufende Maßnahme verlängert werden soll. 

Volle Fortzahlung der Dienstbezüge

Die Ermäßigung der regelmäßigen Arbeitszeit erfolgt unter voller Fortzahlung der Dienstbezüge. Lehrerinnen und Lehrer im Beamtenverhältnis an öffentlichen Schulen gelten im Gegensatz zu Tarifbeschäftigten für die Dauer der Maßnahme nicht als dienstunfähig erkrankt und benötigen demnach auch keine Krankmeldung.

Dass die stufenweise Wiedereingliederung nach dem ‘Hamburger Modell’ ausweislich des Wortlauts des §?2 Abs. 6 Satz 1 AZVO im Anschluss an eine länger dauernde Erkrankung bewilligt werden kann, bereitet in der Praxis vor allem dann Probleme, wenn eine länger dauernde Erkrankung unmittelbar zum Beginn einer unterrichtsfreien Zeit endet. Werden für die unterrichtsfreie Zeit nämlich keine Atteste vorgelegt, ist die Lehrkraft verfahrensrechtlich gesund – und uneingeschränkt dienstfähig. Dies hat zur Folge, dass die beabsichtigte stufenweise Wiedereingliederung ab dem ersten Schultag nach der unterrichtsfreien Zeit nicht bewilligt werden kann, da sie nicht im (unmittelbaren) Anschluss an die Erkrankung erfolgen würde. Ein in der Praxis relevantes, jedoch leicht vermeidbares Problem! 

Arbeitsunfähig auch in den Schulferien?

In diesem Kontext steht auch der Hinweis auf die sogenannte Gesund- bzw. Dienstantrittsmeldung vor einer unterrichtsfreien Zeit: Bei allen Erkrankungen, die bis zum Beginn der unterrichtsfreien Zeit andauern, wird von der Bezirksregierung geprüft, ob die Arbeitsunfähigkeit in den Schulferien weiterhin besteht. Lehrkräfte sind grundsätzlich verpflichtet, ihre Arbeitsleistung in der über den Urlaubsanspruch hinaus gehenden Zeit auch während der Schulferien zur Verfügung zu stellen. Schon um Fortbildungen, Besprechungen oder Aufräumaufgaben für diese Zeit planen zu können, kann die Anforderung einer Gesundmeldung begründet sein. Zwar ist eine Bescheinigung des Arztes für die Gesundmeldung nicht zwingend erforderlich, sie kann von der Bezirksregierung jedoch angefordert werden, was insbesondere dann bereits aus Fürsorgegesichtspunkten geschieht, wenn die Genesung bedenklich erscheint. 

Was passiert, wenn die Wiedereingliederung nicht gelingt?

Interessant ist schließlich die Frage, was passiert, wenn die stufenweise Wiedereingliederung nicht gelingt, also die schrittweise erfolgende Gewöhnung an die bisherige Arbeitsbelastung aus gesundheitlichen Gründen scheitert. In seinem oben zitierten Urteil vom 5. Juni 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass in Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten betriebliche Eingliederungsmaßnahmen und das Zurruhesetzungsverfahren in einem zeitlich gestaffelten Stufenverhältnis stehen. Sind betriebliche Eingliederungsmaßnahmen ordnungsgemäß, aber im Ergebnis erfolglos durchgeführt worden, liegen regelmäßig hinreichende Anhaltspunkte für eine an den Beamten gerichtete Weisung vor, sich amtsärztlich auf eine mögliche Dienstunfähigkeit untersuchen zu lassen. Umso wichtiger ist deshalb die Erstellung eines individuell ausgewogenen Eingliederungsplanes!

Michael König

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