53. Mülheimer Kongress: „Generation Social Media“
Welche Auswirkungen auf die Kommunikation und das Lernen im Klassenzimmer hat es, wenn die Kommunikation von Kindern und Jugendlichen außerhalb des Klassenzimmers zunehmend digitaler wird? Dieser spannenden Frage spürt der 53. Mülheimer Kongress unter dem Titel „Generation Social Media“ am 10. November nach.
Schaden Soziale Medien der Generation, die damit aufwächst, oder ermöglichen sie ihr Leistungen, die bisher nicht denkbar waren? Nähern wir uns der Fragestellung an, indem wir zunächst die Begrifflichkeiten klären.
Für den Medienwissenschaftler Philippe Wampfler („Generation Social Media“, 2014) geht es bei Sozialen Netzwerken um „eine Phase der Internetkommunikation, in der Inhalte in Netzwerken geteilt werden, die Gemeinschaften und Beziehungen abbilden“. Im Kern ermöglichen sie demnach Kommunikation, Interaktion sowie Vernetzung. Soziale Netzwerke können Verbindungen und Beziehungen zwischen Usern öffentlich – also für alle einseh- und nachvollziehbar – ausdrücken. Wampfler zufolge sind mit der „Generation Social Media“ Menschen gemeint, deren Erwachsenwerden von digitaler Kommunikation begleitet wurde: „Die Generation Social Media steht mit beiden Beinen im Netz.“
Julia Rieke, Social-Media-Redakteurin beim stern, formulierte das 2014 so: „Mit meinen 26 Jahren gehöre ich noch zu den sogenannten Digital Natives. (…) Ich habe nie gelernt, ohne das Internet zu leben. Meine Sozialisation wurde maßgeblich von Internetbekanntschaften beeinflusst, meinen Musik- und Filmgeschmack verdanke ich Online-Communities der frühen 2000er. Ich lese seit Jahren Blogs oder Tweets von Menschen, die ich noch nie gesehen habe und fühle mich mit ihnen trotzdem so verbunden, als würden wir uns persönlich kennen. Ohne das Internet wäre ich ein anderer Mensch. Das Internet ist Teil meiner Lebenswelt, in der ich nicht zwischen dem echten und dem virtuellen Leben unterscheide. (…) Offline bin ich nur, wenn ich schlafe.“
Medienkompetenz im digitalen Raum
Was bedeutet es für den Lernraum Schule, wenn Kinder und Jugendliche ihre Informationen zunehmend dem Internet entnehmen – und das zumeist ohne pädagogische Begleitung? Positiv festzuhalten ist zunächst, dass die digitale Revolution bewirkt, dass Wissen heute jederzeit und überall abrufbar ist und mehr Menschen an Informationen teilhaben.
Soziale Medien können Skandale aufdecken, staatliche Zensur verhindern und Revolutionen auslösen („Arabischer Frühling“). Im Netz verbreiten sich neben verlässlichen Informationen jedoch auch viele problematische, tendenziöse sowie ungeprüfte Inhalte. Filterblasen, Echokammern, „Fake News“ und Verschwörungstheorien machen es deshalb unabdingbar, dass Schülerinnen und Schülern Medienkompetenz im digitalen Raum vermittelt wird. Das meint nach Wampfler: „Verstehen, wie das Netz funktioniert; es zum Lernen benutzen können und darüber nachdenken, was mit einem selbst und anderen passiert, während man das tut.“
Ziel muss es sein, dass unsere Schülerinnen und Schüler das Netz professionell nutzen, in der Lage sind, sich einen Überblick zu verschaffen und systematisch auf Wissen zugreifen, das sie strukturieren und verarbeiten. Lehrkräften kommt demnach eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, Jugendlichen zu vermitteln, wie sie sich im Netz (und in Sozialen Netzwerken) bewegen und in einer vernetzten Welt der Informationen orientieren können.
Ein gutes Werkzeug
Als Historiker weiß ich, dass der Geschichtsunterricht den Schülerinnen und Schülern in diesem Zusammenhang ein gutes Werkzeug an die Hand gibt: die Quellenkritik. Denn im Internet gelten dieselben Regeln für den Umgang mit Quellen wie sonst auch. Zu hinterfragen ist unter anderem: Wer ist der Urheber der Seite? Ist er glaubwürdig? Sind die Inhalte verständlich? Stimmen die Informationen mit Informationen aus anderen Quellen überein? Welchem Zweck dient die Seite? Welche Absicht hat der Verfasser? Will jemand einseitige oder falsche Informationen verbreiten oder wird sachlich informiert? Soll etwas verkauft werden? Sind die Informationen aktuell oder ist die Seite überholt? Medienkompetenz ist selbstverständlich eine fächerübergreifende Aufgabe, dennoch bin ich der Überzeugung, dass der Geschichtsunterricht hier wertvolle Impulse geben kann und geben sollte.
Social Media: Wissensillusion und Falschmeldungen
Ich hoffe, ich konnte Sie ein wenig neugierig machen auf unseren diesjährigen Mülheimer Kongress. Mit Frau Dr. Svenja Schäfer von der Universität Wien („Wissensillusion durch Social Media als Nachrichtenquelle“) und Frau Nora Denner von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz („Verschwörungstheorie und Co. – Falschmeldungen in sozialen Medien“) konnten wir zwei renommierte Expertinnen auf dem Gebiet der Sozialen Medien gewinnen. Begrüßen dürfen wir zudem die Big Band der Erich-Klausener-Realschule, den Kabarettisten Thomas Schreckenberger mit seinem Programm „Nur die Lüge zählt“ sowie Frau Ministerin Feller, die auch ein Grußwort sprechen wird. Die Vorfreude steigt.
Sven Christoffer
(Vorsitzender lehrer nrw)
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